Ersteinschätzung der Unternehmen in Deutschland zum Brexit

Ersteinschätzung der Unternehmen in Deutschland zum Brexit
IHK-Blitzumfrage bei über 5.600 Unternehmen in Deutschland:
ႛ Der Außenhandel mit dem Vereinigten Königreich erhält eine spürbare Delle, mittelfristig
dürfte er aufgrund des beschlossenen Austritts aus der EU sogar noch stärker sinken.
ႛ Investitionen und Beschäftigung deutscher Unternehmen im Vereinigten Königreich werden
sinken.
ႛ Unternehmen befürchten vor allem eine Zunahme von Handelshemmnissen durch den britischen EU-Austritt. Politische und rechtliche Unsicherheiten, wie z. B. hinsichtlich der Stabilität des EU-Binnenmarkts, werden ebenfalls als hohes Risiko genannt.
Ex- und Importe sinken mittelfristig
Investitionen in Deutschland stabil
Nach der Entscheidung im Vereinigten Königreich über einen Austritt aus der Europäischen Union (EU) erwarten die Unternehmen in Deutschland kurzfristig eine schwächere Entwicklung der Exporte nach Großbritannien. Auch die Importe nach Deutschland leiden aufgrund der gestiegenen konjunkturellen Unsicherheiten für Großbritannien. Zwei Drittel der Unternehmen rechnen
während der voraussichtlich zweijährigen
Verhandlungsphase zumindest mit einem
konstanten bilateralen Handel.
Die unmittelbaren Auswirkungen des Brexit
auf die Investitionen der Unternehmen in
Deutschland sind überschaubar: 91 Prozent
der befragten Unternehmen planen keine
Anpassung der Investitionen und 95 Prozent
beabsichtigen keinen Auf- oder Abbau der
Beschäftigung in Deutschland. Die Auswirkungen werden vielmehr langfristig von den
Ergebnissen der Austrittsverhandlungen bestimmt. Allerdings planen die in Deutschland ansässigen Tochterunternehmen britischer Konzerne, schon kurzfristig zu reagieren: 21 Prozent der britischen Niederlassungen hierzulande wollen mehr in Deutschland investieren und sogar fast jedes vierte
Unternehmen will die Zahl der Beschäftigten steigern. Ein Signal für eine Verschiebung von Geschäftsschwerpunkten von der
britischen Insel in die Mitgliedsländer der
EU – und somit auch nach Deutschland.
Nach einem vollzogenen Austritt aus der EU
erwartet jedoch mittelfristig rund die Hälfte
der Unternehmen sinkende Ausfuhren und
einen Rückgang der Importe aus dem Vereinigten Königreich. In der Ernährungsindustrie sind es sogar mehr als zwei Drittel der
Unternehmen, die von einem Rückgang der
Exporte ausgehen. Für diese Branche zeigt
sich damit die große Bedeutung des gemeinsamen Binnenmarkts. Ein durchgeführter Brexit wird sich somit negativ auf die
Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland
auswirken.
Sinkende Investitionstätigkeit in UK
Die Investitionen deutscher Unternehmen in
Großbritannien werden aufgrund des Brexit
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1
aller Voraussicht nach sinken. Über ein Drittel (35 Prozent) der deutschen Unternehmen
mit Tochterunternehmen, Zweigstellen oder
Filialen im Vereinigten Königreich will seine
Investitionsbudgets nach unten anpassen.
Nur sieben Prozent wollen ihre Ausgaben
steigern. Zudem planen 26 Prozent mit einer
geringeren Anzahl an Beschäftigten. Die
Mehrheit rechnet jedoch derzeit mit einer
gleich bleibenden Entwicklung. Diese Zahlen
deuten darauf hin, dass der Wirtschaftsstandort Großbritannien durch den Brexit
deutlich geschwächt wird.
heit ist mit Händen zu greifen und wirkt bereits kurzfristig als Dämpfer für die Konjunktur.
Bisher hat der DIHK für das Jahr 2016 ein
Wachstum der Exporte nach Großbritannien
in Höhe von 5,0 Prozent erwartet. Aufgrund
der kräftigen Abwertung des Pfundes und
der konjunkturellen Schwächung der Wirtschaft im Vereinigten Königsreichs gerade
bei den Investitionen senkt der DIHK seine
Prognose für das Exportwachstum nach
Großbritannien auf -1,0 Prozent für das
Jahr 2016 und auf -5,0 für das Jahr 2017.
Vorteile des Binnenmarkts fallen weg
Deutsche Unternehmen sehen das größte
Risiko beim Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU in einer Zunahme nichttarifärer Handelshemmnisse etwa durch zusätzliche Bürokratielasten, Bescheinigungen
oder auch Unterschiede in der Rechtssetzung. Zudem befürchten die Unternehmen
zunehmende politische und rechtliche Unsicherheiten im Geschäftsverkehr, wie zum
Beispiel durch Austrittsbestrebungen weiterer Länder aus dem EU-Binnenmarkt. Dies
zeigt auch, welche Bedeutung der europäische Binnenmarkt für deutsche Unternehmen hat.
Welche genauen Auswirkungen der Brexit
für Unternehmen im In- und Ausland hat,
ist derzeit nicht abschließend absehbar und
hängt wesentlich vom Inhalt und Ausgang
der Austrittsverhandlungen ab – und welche
wirtschaftspolitischen Schritte die britische
Regierung unternehmen wird. Die Unsicher-
Wachstum der Exporte nach
Großbritannien
in Prozent; *DIHK-Prognose
11,1
12,8
-1,0
-5,0
2014
2015
2016*
2017*
Die Befragung zu den Auswirkungen des
Brexit-Votums wurde von den Industrieund Handelskammern (IHKs) vom 27. bis
zum 29. Juni 2016 durchgeführt. Insgesamt
5.672 Unternehmen aus dem gesamten
Bundesgebiet haben an der Umfrage teilgenommen.
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Jedes zweite Unternehmen rechnet mittelfristig mit
sinkenden Exporten nach UK …
•
Ein Großteil der Unternehmen (69%) erwartet eine stabile Entwicklung der
Exporte während der Übergangsphase
•
Mittelfristig rechnet jedoch mehr als jedes zweite Unternehmen mit sinkenden
Ausfuhren – in der Ernährungsindustrie sind es sogar 68%
Mit welcher Entwicklung der Exporte nach Großbritannien rechnen Sie für Ihr Unternehmen nach
dem britischen EU-Austritt?
InderVerhandlungsphase(bis2Jahre)
Mittelfristig(ab2Jahre)
geringere
Exporte
51%
geringere
Exporte
27%
gleich
bleibende
Exporte
69%
höhere
Exporte
4%
gleich
bleibende
Exporte
45%
Saldo:47
Saldo:23
höhere
Exporte
4%
Ersteinschätzung der Unternehmen in Deutschland zum Brexit
… und plant für die Zeit nach der
Verhandlungsphase niedrigere Importe
•
Auch ein Absinken der Importe erwarten viele Unternehmen erst für die Zeit
nach der Verhandlungsphase
•
Lediglich 5 Prozent rechnen mit höheren Importen aufgrund des Brexit
Mit welcher Entwicklung der Importe aus Großbritannien rechnen Sie für Ihr Unternehmen nach
dem britischen EU-Austritt?
InderVerhandlungsphase(bis2Jahre)
Mittelfristig(ab2Jahre)
geringere
Importe
49%
geringere
Importe
28%
gleich
bleibende
Importe
67%
gleich
bleibende
Importe
46%
höhere
Importe
5%
Saldo:23
Saldo:44
höhere
Importe
5%
Ersteinschätzung der Unternehmen in Deutschland zum Brexit
Höhere Investitionen in deutsche
Tochterunternehmen britischer Konzerne
•
Nur jedes zehnte Unternehmen passt seine Investitionspläne in Deutschland
auf Grund des Brexits an
•
Mehr als jedes fünfte Tochterunternehmen britischer Konzerne plant mit
höheren Investitionsausgaben im Deutschland
Planen Sie aufgrund des britischen EU-Austritts eine Anpassung der Investitionsausgaben Ihres
Unternehmens in Deutschland?
AlleUnternehmen
NurTochterunternehmenbritischer
Konzerne
geringere
Ausgaben
7%
gleich
bleibende
Ausgaben
72%
geringere
Ausgaben
5%
gleich
bleibende
Ausgaben
91%
höhere
Ausgaben
4%
höhere
Ausgaben
21%
Saldo:+14
Saldo:1
N=53
Ersteinschätzung der Unternehmen in Deutschland zum Brexit
Sinkende Investitionstätigkeit in UK
•
Über ein Drittel (35%) der deutschen Unternehmen mit Tochterunternehmen,
Zweigstellen oder Filialen in UK passen ihre Investitionsausgaben aufgrund
des Brexit an
•
58 Prozent sehen keinen Anpassungsbedarf
Planen Sie aufgrund des britischen EU-Austritts eine Anpassung der Investitionsausgaben Ihres
Unternehmens in UK?
NurUnternehmenmitTochterunternehmen/
Zweigstellen/FilialeninUK
geringere
Ausgaben
35%
gleich
bleibende
Ausgaben
58%
höhere
Ausgaben
7%
Saldo:28
Ersteinschätzung der Unternehmen in Deutschland zum Brexit
Kaum Auswirkungen auf die
Beschäftigung in Deutschland
•
Der Großteil der deutschen Unternehmen (95%) plant keine Anpassung der
Anzahl der Beschäftigten in Deutschland
•
Jedes vierte Tochterunternehmen britischer Konzerne (24%) plant
Personalaufbau an deutschen Standorten
Planen Sie aufgrund des britischen EU-Austritts eine Anpassung der Beschäftigung Ihres
Unternehmens in Deutschland?
NurTochterunternehmenbritischer
Konzerne
AlleUnternehmen
geringere
Beschäftigte
nzahl
3%
gleich
bleibende
Beschäftigte
nzahl
95%
gleich
bleibende
Beschäftigte
nzahl
71%
höhere
Beschäftigte
nzahl
2%
geringere
Beschäftigte
nzahl
5%
höhere
Beschäftigte
nzahl
24%
Saldo:+19
Saldo:1
Ersteinschätzung der Unternehmen in Deutschland zum Brexit
Personalabbau in UK
•
Mehr als jedes vierte deutsche Unternehmen (26%) mit Tochterunternehmen,
Zweigstellen oder Filialen in UK sieht die Notwendigkeit, die Zahl der
Beschäftigten vor Ort zu reduzieren
•
Immerhin 72 Prozent wollen ihre Beschäftigtenzahl konstant halten
Planen Sie aufgrund des britischen EU-Austritts eine Anpassung der Beschäftigung Ihres
Unternehmens in UK?
NurUnternehmenmitTochterunternehmen/
Zweigstellen/FilialeninGB
gleich
bleibende
Beschäftigte
nzahl
72%
geringere
Beschäftigte
nzahl
26%
höhere
Beschäftigte
nzahl
2%
Saldo:24
Ersteinschätzung der Unternehmen in Deutschland zum Brexit
Unternehmen befürchten mehr Bürokratie
•
Deutsche Unternehmen sehen das größte Risiko in der Zunahme nicht-tarifärer
Handelshemmnisse etwa durch zusätzliche Bürokratielasten, Dokumente und
Bescheinigungen oder auch Unterschiede in der Rechtssetzung
•
Die hohe Bedeutung politische und rechtliche Unsicherheit zeigt, wie wichtig
der Binnenmarkt für deutsche Unternehmen ist
In welchen Bereichen sehen Sie Risiken durch den britischen EU-Austritt?
Zunahme nicht-tarifärer Handelshemmnisse
73%
Politische und rechtliche Unsicherheit
71%
Zunahme tarifärer Handelshemmnisse
68%
Pfundabwertung, Wechselkursrisiken
66%
Verlangsamung des britischen Wirtschaftswachstums für mehrere Jahre
58%
Hürden beim Erbringen von Dienstleistungen in Großbritannien
37%
Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in der EU für mehrere Jahre
23%
Ersteinschätzung der Unternehmen in Deutschland zum Brexit
Statistik: Antwortenverteilung
Unterhält Ihr Unternehmen Geschäftsbeziehungen zu Großbritannien?
ja(wirexportierenProdukte/Dienstleistungen)
48%
ja(wirimportierenProdukte/Dienstleistungen)
21%
ja(habenTochterunternehmen/Zweigstellen/FilialeninGB)
ja(sindTochterunternehmeneinesbritischenKonzerns)
13%
1%
nein
40%
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Statistik: Antwortenverteilung
Größenklasse(AnzahlBeschäftigter)
Branche
Ernährungsin
Fahrzeugbau dustrie
3%
2%
100499
24%
2099
29%
Gummi/Kunst
stoff
4%
Chemie/Phar
ma
5%
Dienstleistungen
24%
500999
6%
ab1.000
8%
119
33%
Elektrotechnik
/Elektronik
9%
Sonstige
20%
Metallerzeug
ung,
bearbeitung
10%
Maschinenbau
12%
Großhandel
11%
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Redaktion
Bereich Außenwirtschaftspolitik und -recht
Kevin Heidenreich, Sophia Antonia Krietenbrink
Grafiken
Sebastian Titze
Stand
Juli 2016
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