Genozid PICTURE-ALLIANCE / AKG-IMAGES Der »Generalplan Ost« von 1941/42 und seine Vorstufen für tschechische und polnische Gebiete sind verhältnismäßig gut erforscht, aber relativ unbekannt. Auszug aus einem Text von 1993 des kürzlich verstorbenen Historikers Dietrich Eichholtz SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · DONNERSTAG, 30. JUNI 2016 · NR. 150 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Fallpauschalen Wertberichtigung Richtervorbehalt Aktionstag 2 3 4 6 Sachsen-Anhalt: Für viele Tätigkeiten in der Pflege fehlt heute das Personal. Ein Interview Bremen: Dank Politfilz schluckt die Nord-LB die Landesbank der Hansestadt. Von Simon Zeise Hamburg: Nach Enttarnung verdeckter Frankreich: Erneut demonstrieren Ermittlerinnen in linker Szene will 200.000 Menschen gegen das Senat solche Einsätze regeln neue Arbeitsgesetz Feuerball am Terminal K Genf. Im Krieg in der Ostukraine sind nach Angaben der Vereinten Nationen bislang mindestens 9.449 Menschen getötet worden. Etwa 2.000 davon seien Zivilisten gewesen, erklärte der UN-Untergeneralsekretär für Menschenrechte, Ivan Simonovic, am Mittwoch in Genf. Die meisten von ihnen seien beim willkürlichen Beschuss von Wohngebieten umgekommen. Mindestens 21.843 Menschen wurden den Angaben zufolge verletzt. Dies seien »konservative« Angaben, die tatsächliche Zahl der Opfer seit Beginn der Kämpfe im April 2014 sei wahrscheinlich weit höher. Die Zahlen beziehen sich sowohl auf getötete Soldaten und Milizionäre auf seiten des Kiewer Regimes als auch auf Angehörige der Truppen der international nicht anerkannten Volksrepubliken in der Ostukraine und die dort lebenden Zivilisten. (dpa/jW) AP PHOTO/EMRAH GUREL urz vor 21 Uhr Ortszeit drangen am Dienstag abend drei Selbstmordattentäter in das internationale Terminal des AtatürkFlughafens in Istanbul ein, schossen um sich und sprengten sich schließlich in die Luft. Nach Angaben vom Mittwoch nachmittag starben 41 Menschen, 239 wurden verletzt. Unter den Toten sollen sich zehn Ausländer befinden. Medienberichten zufolge soll zuvor ein Polizist versucht haben, einen der Angreifer zu stoppen und zu durchsuchen. Dem Beamten sei aufgefallen, dass der Täter für die Temperaturen in Istanbul deutlich zu dick angezogen war. Als Reaktion darauf schossen mindestens zwei der Täter mit Schnellfeuergewehren um sich, drangen in den Wartebereich ein und sprengten sich in die Luft. Auf einer Pressekonferenz am Tatort teilte Ministerpräsident Binali Yildirim am Mittwoch morgen mit, dass die Täter mit einem Taxi zum Flughafen gekommen seien. Nach Angaben des türkischen Regierungschefs soll es keinem der Attentäter gelungen sein, die Kontrollstellen an den Eingängen des Airports zu passieren. Videos von Überwachungskameras im Flughafen zeigen jedoch, dass mindestens einer von ihnen in die Ankunftshalle gelangte. Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP ist auf den Aufnahmen zu sehen, wie einer der Attentäter im Terminalgebäude, offenbar getroffen vom Schuss eines Polizisten, zu Boden geht. Im Liegen zündet er dann seinen Sprengsatz. Bilder einer anderen Kamera zeigen einen riesigen Feuerball am Eingang des Terminals. Überall liegen Gepäck und Glasscherben auf dem blutbefleckten Boden. Die Regierung verneinte sofort mögliche Fehler oder Trauer und Entsetzen am Mittwoch morgen vor dem Atatürk-Flughafen in Istanbul Versäumnisse der zuständigen Behörden. Am Tag vor dem Anschlag hatte die türkische Zeitung Aksam noch geschrieben, dass der Flughafen sicher vor Terrorangriffen sei. Unmittelbar nach dem Attentat wurde, wie bei vorherigen Anschlägen in der Türkei auch, ein Veröffentlichungsverbot erlassen, welches alle Berichte über den Anschlag, die Attentäter und mögliche Hintergründe in der Türkei untersagt. Ausgenommen davon sind lediglich die Pressemitteilungen der Regierung. Internetnutzer berichteten zudem, dass der Zugang zu Twitter und Facebook am späten Dienstag abend und am Mittwoch nicht möglich gewesen sei. Bisher hat sich niemand zu dem Attentat bekannt. In türkischen Regierungskreisen geht man jedoch davon aus, dass es sich um eine Tat der Terrororganisation »Islamischer Staat« handle. Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte am Mittwoch zwei namentlich nicht genannte »Terrorismusspezialisten der US-Regierung«, nach denen sich die Miliz selten zu den Attacken bekenne, da die Türkei eines der wichtigsten Transitländer der Organisation sei. Alle im türkischen Parlament vertretenen Parteien nahmen mit deutlichen Worten zu dem Anschlag Stellung. In einer Erklärung der beiden Vorsitzenden der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Figen Yüksekdag und Selahattin Demirtas, heißt es: »Wir verurteilen Terrorangriffe, die sich gegen Zivilisten richten. Es ist von großer Bedeutung, dass wir solidarisch sind und in der ganzen Region den Kampf gegen den IS führen, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht.« Gleichzeitig prangerten die HDP-Vorsitzenden in ihrem Statement an, dass Kräfte wie die türkische Regierungspartei AKP den IS nach wie vor unterstützten. Damit machten sie sich zu Mittätern bei solchen Terrorangriffen. Siehe Seiten 7 und 8 Brüssel will CETA durchdrücken EU-Kommission lässt nationale Parlamente außen vor. Linker Protest formiert sich D ie EU-Kommission will das »Freihandelsabkommen« mit Kanda, CETA, verabschieden, ohne vorher die Parlamente der Mitgliedsstaaten zu befragen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte am Dienstag abend in Brüssel: »Wenn wir EU-Abkommen aus politischen Gründen zur gemischten Zuständigkeit erklären, ist das ein Rezept zur Lähmung der EU.« Die Glaubwürdigkeit der EU stehe auf dem Spiel. Die EU-Handelsbeauftragte Cecilia Malmström sagte, sie hoffe, dass CETA vor Ende Oktober unterzeichnet wer- MAKSIM LEVIN/REUTERS Türkei: Selbstmordattentäter schießen am Atatürk-Flughafen in Istanbul um sich. 41 Menschen getötet und 239 verletzt. Von Kevin Hoffmann, Istanbul UN: Fast 10.000 Tote durch Krieg in Ostukraine den könne. Dann ist ein Besuch des kanadischen Ministerpräsidenten Justin Trudeau in Brüssel geplant. Die Äußerungen aus Brüssel waren ein gefundenes Fressen für die Bundesregierung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) befürworten das »Freihandelsabkommen«, konnten sich aber durch das Vorpreschen Junckers in EU-Skepsis gefallen. Merkel billigt dem Bundestag gerade noch eine beratende Stimme zu: »Egal, wie das Ganze endet, wir werden den Bundestag um eine Meinungsbildung bitten, damit wir sozusagen auch die Partizipation des Bundestages haben«, sagte die Kanzlerin am Dienstag in Brüssel. Gabriel beklagte, die EU-Kommission falle aber allen Gutwilligen in den Rücken. »Das dumme Durchdrücken von CETA würde alle Verschwörungstheorien zu den geplanten Freihandelsabkommen explodieren lassen«, erklärte Gabriel am Mittwoch gegenüber Reuters. Für einen linken Bruch mit der EU wirbt das »Lexit-Network«. Künstler, Wissenschaftler und Linkspolitiker treten für »eine internationalistische Alter- native« und »die Verteidigung anständiger Arbeitsbedingungen und öffentlichen Eigentums« ein. Der Euro sei »ein Werkzeug des internationalen Kapitals«, die EU »kein neutrales Spielfeld«, denn »vor allem die Ereignisse seit der großen Rezession (2007–2009) haben gezeigt, dass das gegenwärtige Integrationsprojekt durch die rückschrittliche Natur seiner Verträge und eine beispiellose Radikalisierung seines neoliberalen Charakters definiert ist«. Simon Zeise http://lexit-network.org/ Siehe Seite 8 Ver.di lehnt »Mogelpackung« ab Frankfurt am Main. Die Gewerkschaft ver.di plant trotz eines ersten Angebots der Gegenseite weitere Warnstreiks im Tarifstreit mit den privaten und öffentlichen Banken. Die in der Nacht zum Mittwoch vorgelegte Offerte, die Gehälter in den nächsten drei Jahren um insgesamt 2,8 Prozent zu erhöhen, sei eine »Mogelpackung«, erklärte ver.di nach der dritten Runde der Tarifverhandlungen. Für die Beschäftigten ergäben sich daraus minimale Lohnsteigerungen von 0,85 Prozent pro Jahr. In den ersten fünf Monaten würden die Gehälter der 230.000 Beschäftigten gar nicht erhöht. Die Gespräche sollen am 12. Juli in Wiesbaden fortgesetzt werden. Ver.di und die Gewerkschaft DBV waren mit der Forderung nach Gehaltserhöhungen um 4,9 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten in die Verhandlungen gegangen. (Reuters/jW) wird herausgegeben von 1.850 Genossinnen und Genossen (Stand 22.6.2016) n www.jungewelt.de/lpg
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