Wirtschaftstag 2016 | Podiumsdiskussion zum Thema „Mobilität 4.0“ Thesenpapier Frank Sportolari, United Parcel Service Deutschland Inc. & Co. OHG Digitalisierung stärkt Handel und Logistik – und verlangt nach internationaler Perspektive Die Güterverkehrsbranche sieht sich wachsenden Herausforderungen für die Mobilität gegenüber. Angesichts dynamisch wachsender Arbeitsteilung und damit einhergehender Warenströme wird Infrastruktur zunehmend zu einem begrenzenden Faktor. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an eine ressourcenschonende Logistik. Gesetzgeberische Vorgaben, politische Zielstellungen und ebenso die Nachhaltigkeitsziele der Unternehmen weisen auf Notwendigkeiten der aktiven, zukunftsfähigen Gestaltung notwendiger Verkehre hin. Es gilt also eine für die Wirtschaftsentwicklung und individuelle Kaufentscheidungen essentielle Mobilität von Gütern für die Zukunft zu erhalten. Gleichzeitig müssen Ansprüche an die Verringerung der CO2-Ausstöße und anderer Schadstoffe wirksam adressiert werden. Verkehre der Zukunft müssen somit effizient, ressourcenschonend und umweltverträglich sein. Dabei wird der Verkehrsträger Straße absehbar weiterhin den wesentlichen Teil der Warenströme abbilden müssen. Somit stellt sich in diesem Bereich ganz besonders die Frage nach effizienzsteigernden Strategien. Mit der Digitalisierung scheint eine gezielte Steuerung von Verkehrsströmen in greifbarer Nähe. Mit Mitteln der modernen Verkehrsplanung ließe sich immer dort steuernd eingreifen, wo sich der Verkehr zu ballen droht. Instrumente zur Echtzeitanalyse liegen bereits vor und sollten konsequent genutzt werden. Digitale Steuerung wird es in Zukunft ermöglichen, dass Unternehmen ihre Flotten täglich optimiert einsetzen. So können überflüssige Fahrten konsequent ausgeschlossen werden. Fahrassistenzsysteme fördern das ökoeffiziente Fahren und erhöhen ebenso die Verkehrssicherheit. Im Fernverkehr zeigen Tests mit dem sogenannten Platooning, bei dem mehrere oder sogar viele Fahrzeuge mit Hilfe eines Steuerungssystems in sehr geringem Abstand hintereinander fahren können, bestehende Effizienzpotentiale, ohne dass die Verkehrssicherheit beeinträchtigt wird. Nachhaltige Mobilitätskonzepte in Städten beinhalten weit mehr als die Weiterentwicklungen der Antriebstechnik. Gerade hier bestehen große Potentiale für eine nachhaltige und damit stadtverträgliche Gestaltung durch Verkehrsorganisation und -planung. Entsprechend sind digitale Verkehrsinformationssysteme ein möglicher Nutzen für Behörden ebenso wie für Nutzer lokaler Infrastrukturen. Es muss das Ziel aller Beteiligten sein, den begrenzten Stadtraum nachhaltig und intelligent zu nutzen. Das beinhaltet auch die Entwicklung neuer Logistik- und Belieferungskonzepte, die nicht im Widerspruch zu einer hochwertigen Versorgung, lebenswerten Gestaltung und intensiven Nutzung von Stadträumen stehen. Für den Verkehrssektor als Ganzes birgt die Digitalisierung große Potentiale, um Infrastrukturen effizienter zu nutzen, die sich nicht beliebig erweitern lassen. Dafür notwendig ist ein konsequenter Ausbau der infrastrukturellen Voraussetzungen für moderne Datendienste. Gleichzeitig stiften digitale Systeme nur dann ihren vollen Nutzen, wenn sie auf einheitlichen internationalen Standards und rechtlichen Regeln aufbauen. Ein einfaches Beispiel für die hier bestehenden Herausforderungen ist die schwierige Diskussion um ein einheitliches europäisches Mautregime, wo untereinander kompatible nationale Systeme gleichen Anforderungen genügen würden, an der Algarve wie in Lappland. Die Digitalisierung wird ebenfalls ein Treiber sein, für den Zusammenschluss von 28 nationalen Märkten zu einem europäischen Binnenmarkt, um Konsumenten und Wirtschaftsunternehmen einen besseren Zugang zu Produkten und Dienstleistungen – sowohl digital als auch nicht-digital – zu ermöglichen. Digitalisierung ermöglicht Teilhabe und neue Wachstumsmöglichkeiten, gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). So ist ein wachsender Anteil der exportierenden KMU online und umgekehrt unterstützt der elektronische Handel die Exportstrategien von Unternehmen. In einer Welt, in der Absatzmärkte überall sein können, können erfolgreiche Exporteure die Nachfrage dadurch maximieren, dass sie online gehen. Onlineauftritt und Logistik werden zu Schlüsselfaktoren im Wettbewerb. Diese Zusammenhänge werden durch eine von UPS beauftragte Studie unter europäischen KMU eindrucksvoll bestätigt. Allerdings ist der Anteil der KMU, die exportieren, bisher noch relativ gering. Ein noch kleineres Segment erschließt bereits Märkte außerhalb der EU. Nationale Märkte bilden hier eine Art Komfortzone, die zu verlassen mit Unwägbarkeiten identifiziert wird. Der Aufbau eines europaweiten Marktes für E-Commerce-Aktivitäten wird durch Aspekte wie Geoblocking, exklusive Vertriebsverträge, umsatzsteuerliche Anforderungen und den Mangel an internationalen Zahlungssystemen verlangsamt. Befragte KMU in Deutschland nennen besonders häufig die Internetsicherheit, Exportregularien und Zollabfertigung als relevante Hemmnisse. Dies verweist ebenfalls auf die Relevanz von verlässlichen und ebenso einheitlichen wie transparenten Strukturen im digitalen Handel und internationalen Geschäftsverkehr. Einheitliche rechtliche Rahmenbedingungen und Informationsanforderungen spielen eine zentrale Rolle für die Zukunftsstrategien von Unternehmen. Im Logistiksektor, wo ökologische und wirtschaftliche Effizienz Hand in Hand gehen, sind digitale Lösungen seit langem auf dem Vormarsch und bieten gleichwohl noch vielfältige Möglichkeiten. Die Bedeutung der Digitalisierung für Wachstum und Beschäftigung wird weiter zunehmen und bietet besondere Chancen mittelständische Unternehmen – gerade auch im internationalen Kontext. Die Aufgabe, diese Entwicklungen zu unterstützen, ist von hervorgehobener Bedeutung, um Wohlstand auf nachhaltige Weise zu sichern.
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