PDF - Katholische Kirche beim hr

hr2-kultur „Zuspruch“ für Dienstag, 28. Juni 2016
Alexander Matschak, Wiesbaden
Großeltern – Danke!!
Erst letztens ist es wieder mal passiert. An einem ganz normalen Wochentag. Meine
Frau und ich sind morgens aufgestanden: Sie macht sich im Bad fertig, ich gehe runter in die Küche. Räume die Spülmaschine aus, bereite Pausenbrote für die Kinder
vor, decke den Frühstückstisch. Und dann ein Ruf von oben: Deine Tochter ist krank!
38 Grad Fieber. Ja, sie hatte gestern Abend schon gehustet. Auch heute Nacht hatten wir sie ein paar Mal gehört. Was jetzt? In die Schule gehen: Geht nicht. Aber:
Meine Frau und ich müssen beide arbeiten. Also: Oma und Opa anrufen. Auch wenn
es erst halb sieben ist. Schlaftrunken meldet sich meine Mutter. Natürlich ahnt sie
schon, was so ein Anruf in aller Frühe bedeutet. Und natürlich wird sie sich heute um
unsere kranke Tochter kümmern. Ist doch klar. Egal, was sie sich heute vorgenommen hat. Denn: Ihre Enkel haben Vorrang. Vor allem, wenn sie krank sind.
Ohne Großeltern könnten meine Frau und ich manchmal einpacken. Sie sind unsere
Versicherung, unser „Back-Up“, damit wir beide arbeiten gehen können – trotz Ganztags-Betreuungsplätzen in Schule und Kindergarten. Selbstverständlich holen Oma
oder Opa unsere Kinder von der Schule oder vom Kindergarten ab. Kümmern sich
um sie, bis wir von der Arbeit kommen. Spielen mit ihnen, machen Hausaufgaben.
Und klar ist auch: Wenn Schulferien sind, dürfen die Kinder jeden Tag kommen. Oft
genug haben meine Frau und ich uns gefragt: Wie machen das eigentlich die Familien, bei denen Oma und Opa nicht um die Ecke wohnen? Was haben wir da für ein
Glück. Dafür bin ich meinen Eltern dankbar. Sehr dankbar sogar. Denn: Unbezahlbar
ist ihre selbstlose Hilfe.
Bevor jetzt einer denkt: Na, die nutzen die Großeltern ja ganz schön aus! Großeltern
sind natürlich mehr als bloße Alltagsorganisatoren. Schließlich freuen sie sich ja jedes Mal sehr, ihre Enkel zu sehen. Die Beziehung zwischen meinen Kindern und ihren Großeltern: Die erlebe ich als eine ganz besondere. Vielleicht eine Binsenweisheit. Aber: Großeltern können ihren Enkeln zum Beispiel etwas geben, was bei Eltern
mitunter ein ganz schön knapp bemessenes Gut sein kann: alle Zeit der Welt. Hinzu
kommt: Großeltern geben Traditionen weiter, Rituale.
Bei uns zum Beispiel religiöse. Wie das Nachtgebet oder das Gebet vor dem Essen,
das wir mit unseren Kindern beten. Auch das haben wir von den Großeltern übernommen. Und klar: Bei Oma und Opa gehen die Kinder ganz selbstverständlich
Sonntagsmorgens mit in den Gottesdienst. Bei uns ist das oft ein Kampf.
Viele weitere Beispiele könnte ich da nennen. Aber generell ist es so: Als Großeltern
scheint man irgendwie entspannter zu sein. Vor allem im Umgang mit den Kindern.
Vielleicht liegt es daran, was der Schriftsteller Erich Kästner mal gesagt hat: „Erst bei
den Enkeln ist man dann so weit, dass man die Kinder ungefähr verstehen kann.“