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Landesbund
für Vogelschutz
in Bayern e.V.
Presseinformation 39-16
Verband
für Arten- und
Biotopschutz
23.06.16
Neue Rote Liste bedrohter Vogelarten in Bayern vorgelegt
Die meisten Wiesenvögel stehen im Freistaat kurz vor dem
Aussterben – Mehlschwalbe, Mauersegler und Spatz sind gefährdet
Hilpoltstein, 23.06.16 – Das bayerische Landesamt für Umwelt hat am heutigen
Donnerstag die neue „Rote Liste der Brutvögel in Bayern“ vorgelegt. „Dabei
gehören bekannte Vogelarten wie Kiebitz, Feldlerche und nun sogar die
Mehlschwalbe zu den größten Sorgenkindern“, so der LBV-Ornithologe Dr.
Thomas Rödl. Viele Arten werden durch die intensive Landwirtschaft bedroht.
„Wo die Landschaft von Chemieeinsatz und intensiver Nutzung geprägt ist und
es keine Randstrukturen mehr gibt, da können Vögel weder geeigneten
Lebensraum noch ausreichend Nahrung finden“, erklärt Rödl weiter. Am
kritischsten steht es um Vögel der Äcker und Wiesen: Die Bekassine, der
Große Brachvogel und das Braunkehlchen stehen im Freistaat kurz vor dem
Aussterben (Gefährdungsgrad 1) und auch der ehemals weit verbreitete Kiebitz
ist stark gefährdet (2). Neben der Feldlerche gelten nun auch Mauersegler und
Mehlschwalbe als gefährdet (3). Die Kulturfolger Rauchschwalbe und
Haussperling stehen neuerdings auf der Vorwarnliste.
In der neuen Roten Liste wird die aktuelle Situation von 210 bayerischen
Brutvogelarten bewertet, wobei über die Hälfte davon in keinem guten Zustand ist.
„Das Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie der Politik bis 2020, den Verlust der
Artenvielfalt zu stoppen, wird somit klar verfehlt“, sagt Thomas Rödl. Die größten
Verluste gab es bei den Vögeln der Brachen, Wiesen und Felder. „Arten wie der
Ortolan und der Wiesenpieper sind vom Aussterben bedroht. Der Brachpieper gilt in
Bayern nun schon als ausgestorben“, so der LBV-Ornithologe.
Ehemalige Allerweltsvögel wie Haussperling, Mauersegler und Mehlschwalbe
können mittlerweile vielerorts gar nicht mehr als häufig bezeichnet werden. Sowohl
ihre Nahrungsgrundlage als auch geeignete Brutplätze wurden weniger, nicht zuletzt
durch Flächenversiegelung und Gebäudesanierung. „Dabei gäbe es gute Beispiele,
wie bei einer Gebäudesanierung verloren gegangene Brutplätze ersetzt werden
können“, erklärt Thomas Rödl. Und für viele Bayern kaum vorstellbar: „Der
Charaktervogel der bayerischen Biergärten, der Hausspatz auf der Suche nach
Brezenbröseln, ist unter vielen Münchner Biertischen mittlerweile verschwunden und
damit ist auch ein bayerisches Kulturgut bedroht“, erklärt der Ornithologe weiter.
Für den LBV reicht es nicht, Vogelschutz auf die Schutzgebiete zu beschränken, weil
die Arten, die zuletzt die größten Verluste zu verzeichnen hatten, vor allem auch in
unserer Kulturlandschaft leben. Stattdessen fordern die Naturschützer
naturverträglichere Produktionsweisen. „Ohne ein effizientes Greening in der
Landwirtschaft werden die angestrebten Nachhaltigkeitsziele nicht erreicht“,
prognostiziert Thomas Rödl. Und auch die sogenannte Normallandschaft muss
wieder mehr Artenvielfalt zulassen. „Sonst haben wir zwar sehr seltenen Arten
erfolgreich wieder auf die Beine geholfen, aber immer weniger Menschen könnten
sich noch am Lied der Feldlerche auf dem nächstgelegenen Acker erfreuen.“
Diese einzelnen Erfolge bei der gezielten Rettung seltener Vogelarten spiegeln sich
auch in der neuen Roten Liste wider: Manche ehemals als kritisch eingestufte Arten
stehen dank Schutzmaßnahmen - auch des LBV - nun besser da. „So genießen zum
Beispiel die Wiesenweihe und der Wanderfalke einen strengen Schutz und konkrete
Hilfsmaßnahmen greifen sehr gut“, sagt Rödl. Die Bestände von Weiß- und
Schwarzstorch, Wanderfalke und Uhu haben sich sogar so gut erholt, dass sie aus
der Roten Liste entlassen werden konnten.
Info:
Die von Bund und Ländern verfassten Roten Listen werden neuerdings nach
einheitlichen Verfahren und für denselben Zeitraum erstellt. Die in der aktuellen
Roten Liste verwendete Methodik unterscheidet sich aber von den früheren Roten
Listen in Bayern. Die methodische Anpassung bietet jedoch den Vorteil, dass künftig
die Trends aus unterschiedlichen Bundesländern vergleichbar sein werden.
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Ihr Ansprechpartner für weitere Informationen und Interviews:
Dr. Thomas Rödl, LBV-Ornithologe, E-Mail: [email protected], Tel.: 09174/4775-36.
Markus Erlwein, LBV-Pressesprecher, E-Mail: [email protected], Tel.: 09174/4775-80. Mobil: 01726873773.
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