weiterlesen - St. Josef Kamp

HL. BENEDIKT - PATRON EUROPAS
“WEGWEISUNGEN”- FÜR EIN EINIGES EUROPA?
UNRUHIGE ZEITEN
Europa erlebt zurzeit unruhige Zeiten, steht vor besonderen Herausforderungen:
“Brexit”, Griechenland mit seiner Finanzkrise, der Ukrainekonflikt, die Völkerwanderungen mit unzähligen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Terror, Gewalt und
Armut - Menschen, die auch vor Europas Grenzen stehen. …
Und wie handelt das “christliche Abendland”?
Es gibt - Gott sei Dank - diejenigen, die die Not der Gefüchteten sehen und handeln, die eine Willommenskultur pflegen und Hilfe lesiten. Aber es gibt auch
diejenigen, die dicht machen, sich abschotten- und ausgrenzen, die Mitmenschen
diskriminieren, Ängste schüren, Feindbilder entwickeln und sich zu sogenannten
“Beschützern des christlichen Abendlandes” aufspielen.
Ende Mai reiste ich ins ehemalige Sudetenland, im heutigen Tschechien gelegen, um
den Geburtsort meiner verstorbenen Mutter kennenzulernen, die vor 71 Jahren, am
Fronleichnamstag 1945, mit meinem
Bruder, der gerade ein Jahr alt war, über
Nacht ihre Heimat fluchtartig verlassen
musste. Vater, der früh verstorben ist, befand sich damals noch in Kriegsgefangenschaft. So ist sie damals mit ihrer Familie
zum Füchtling geworden, war auf Hilfe und
Unterstützung anderer Menschen angewiesen. Sie hat seitdem ihre Heimat nie
wieder gesehen.
Flucht, ein Schicksal. das viele Familien auch im Jahr 2016 - erleben müssen.
Auf meiner Reiseroute lag das berühmte
Benediktinerkloster Melk an der Donau.
Eine gute Gelegenheit hier Station zu machen, um das Kloster zu besichtigen.
Es hat sich gelohnt, denn das “Weltkulturerbe” bot neben schön gestalteter Räume,
einer beeindruckenden Baukunst und Architektur, auch eine sehr informative Ausstellung über das Leben des Heiligen Benedikt.
Die schriftlichen Aufzeichnungen seiner Ordensregel beginnen mit der großen Initiale
„A“, des ersten Wortes in der Regel: Ausculta
= HÖRE. In diesem Sinne luden Räume und
Ausstellung ein, hineinzuhören, in die Gedanken-, Lebens - und Glaubenswelt des
heiligen Benedikt, der zu den großen Heiligen zählt und als Patriarch des abendländischen Mönchtums und als Patron Europas verehrt wird.
Seine Ordensregel „Ora et labora“ (Bete und
arbeite), so kürzest zusammengefasst, ist
über Jahrhunderte hinweg eine Regel, die
auch zur Kultivierung Europas und somit zur
Entwicklung des christlichen Abendlandes
beigetragen hat.
Doch wie steht es um das christliche Abendland? Diese Frage wird an diesem Ort für
mich sehr konkret und lebendig.
SEHEN - URTEILEN - HANDELN
Vielleicht können Erfahrungen des Hl. Benedikt Wegweisungen auch für das heutige Europa sein - für alle, die europäische Weltoffenheit leben möchten und für
ein offenes Europa Mitverantwortung tragen.
Auch Benedikt erlebte damals unruhige Zeiten, zur Zeit der Völkerwanderung in
Rom - Ende des 6. Jahrhundert.
Ziellosigkeit und innere Leere führen zu Gefühlen der Sinnlosigkeit, lassen
Menschen unruhig sein, das spürte Benedikt. Auf der Suche nach Lösungen zog
er sich zurück, lebt völlig alleine und unerkannt in seiner Höhle, fern von den
Menschen und von der Zeit, in der er lebt. Zu Ostern kommt ein Priester, macht
ihm bewusst, das Ostern ist, Auferstehung des Herrn. Benedikt kommt heraus,
wird Mittelpunkt einer kleinen Mönchsgemeinde und durch besondere Ereignisse
lernt er: Er muss sich aufmachen - mit seinen Gefährten neue Wege gehen.
Die Mönche leben miteinander, beten und arbeiten miteinander und bauen ihr
Kloster. Immer wieder liegt ein Stein in der Mitte. Er kann gehoben werden, wenn
eigene Vorstellungen dem Ganzen dienen und Gott die eigentliche Mitte ist.
Das Kloster auf dem Berg beginnt zu leuchten. Menschen kommen, suchen Halt,
Wegweisung und Sicherheit. Die Mönche teilen ihre leiblichen und geistlichen
Schätze, sind offen für alle Menschen, die auf der Suche nach einem festen Ort
unterwegs sind.
Was wirklich wichtig ist, lernt Benedikt mit seinen Mönchen im täglichen Miteinander. Es gibt Junge und Alte, Geschickte und Ungeschickte, Starke und
Schwache, die miteinander ihren Weg gehen, miteinander schaffen sie es.
Benedikt lernt durch Ereignisse, selbst durch junge Mitbrüder, was Gottes Wille
ist. Im hohen Alter in der Begegnung mit seiner Schwester Scholastika muss er
noch lernen, dass Liebe wichtiger ist als das Gesetz.
“Europa braucht eine Neubesinnung!”, fordern besorgte Europäer, mit dem Blick
auf die Ziele und Werte, die Europa vereint haben und die Europa bisher ausmachten.
Egoistische Denkmuster mit Abschottungstendenzen und Ausgrenzung bringen
keine langfristigen Lösungen. Es braucht creative Ideen und die “Auferstehung”,
den “Aufstand der Anständigen”, die mutig eine Kultur des Miteinanders pflegen
und vertreten, dabei die Würde jedes Menschen im Blick behalten und Nächstenliebe und solidarisches Handeln vorleben. Hier braucht es viele “Gutmenschen”.
Nur im Miteinander hat Europa eine Zukunft.
Ich denke, dass Werte, wie sie der Hl. Benedikt in seiner Zeit vertreten und
vorgelebt hat, Anregung für ein Europa des “Heute und Morgen” sein können.
19-06-2016
Hans-Peter Niedzwiedz