Energiewende: Umbruch als Chance nutzen

Editorial
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Energiewende: Umbruch als
Chance nutzen
Andreas Kuhlmann, Vorsitzender
der Geschäftsführung, Deutsche
Energie-Agentur (dena)
Die Energiewende verändert sich. Die
Herausforderungen, die in den kommenden 15 Jahren zu bewältigen sind, unterscheiden sich fundamental von dem,
was in den vergangenen 15 Jahren auf
der Agenda stand. Neue Technologien
und immer mehr dezentrale Komponenten stellen die Energieversorgung dar.
Es gilt, den Wandel zu erkennen und
die neue Vielfalt intelligent in einem
vernetzten System zusammenzuführen.
Die erste Phase der Energiewende ist
vorbei, die zweite hat längst begonnen.
In Phase eins ging es im Wesentlichen
darum, erneuerbare Energien aus der
Nische zu holen und sie zur tragenden
Säule der Stromversorgung zu machen.
Heute ist der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien „Mainstream“,
eine selbstverständliche Grundlage
aller weiteren Schritte. Es ist Zeit, dass
wir die Perspektive wechseln und die
Herausforderungen der zweiten Phase
in den Blick nehmen.
In keinem anderen Land der Welt ist
die Vielfalt der Energieversorgung derart
ausgeprägt wie in Deutschland. Eine
Vielzahl dezentraler Einheiten wartet
darauf, systemdienlich miteinander
verbunden zu werden. Strom, Wärme,
Verkehr, Industrie – in allen Bereichen
wird an der Energiewende gewerkelt und
überall stellt man fest, dass die besten
Synergien dann entstehen, wenn über
die Grenzen einzelner Sektoren hinweg
gedacht wird. Ein ideales Labor für
vielfältige Innovationen und deutsche
Ingenieurskunst.
Das alles ruft eine Vielzahl neuer
Akteure auf den Plan. Mit dabei: jede
Menge Startups, die – frei von alten
Lasten – neue Ideen mitbringen und
die Energiewende von morgen denken.
Energiewirtschaft – ob alt oder neu –
wird nur noch ein Sektor von vielen
sein. Digitalisierung und disruptive
Entwicklungen werden den Druck auf
die etablierten Player weiter erhöhen,
sie bieten aber auch viel Potenzial für
das Gelingen der Energiewende.
von Flexibilität, weil der Energieverbrauch ihrer Anlagen und Geräte sich
steuern lässt. Deshalb gewinnt auch das
Aggregieren der Daten von dezentralen
Einheiten immer mehr an Bedeutung.
Was heißt das für den Elektro­
großhandel? Als Bindeglied zwischen
Produzent und Handwerk kommt ihm
mehr denn je eine wichtige Vermittlerund Beratungsfunktion zu. Voraussetzung dafür ist, Trends eng zu verfolgen
und früh zu erkennen, wo sich neue
Märkte und Geschäftsmodelle auftun.
Informiert bleiben und sich weiterbilden. Das ist keine leichte Aufgabe, aber
es lohnt sich, im Dialog mit anderen
Stakeholdern nach Lösungen zu suchen.
Dafür setzt sich auch die dena ein,
denn die Potenziale sind groß und die
Entwicklungen höchst spannend.
Einige Trends zeichnen sich schon ab.
Digitalisierung ermöglicht Transparenz
von Energieverbräuchen. Das wiederum
hilft bei der Energieeffizienz und der
Entwicklung von Dienstleistungen. Die
Bedürfnisse der Verbraucher bekommen
mehr Gewicht, deren Gestaltungsoptionen wachsen. Unternehmen und
Haushalte werden immer mehr auch zu
Anbietern im Energiesystem, zum Beispiel von Strom aus kleinen Solar- oder
Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, oder
ElektroWirtschaft – Ausgabe 6/2016
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