SÜDWESTRUNDFUNK Anstalt des öffentlichen Rechts Radio Fernsehen Internet PRESSE Information Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an. Chefredaktion Hörfunk Zentrale Information SWR Tagesgespräch Postadresse 76522 Baden-Baden Hausadresse Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden Mutherem Aras (BD90/GRÜNE), Landtagspräsidentin Telefon Baden-Württemberg, gab heute, 21.06.16, dem Telefax Südwestrundfunk ein Interview zum Thema: Die AfD und der Antisemitismus – Strategien im Umgang mit den Internet Rechtspopulisten. 07221/929-23981 07221/929-22050 www.swr2.de Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Marie Gediehn. Mit freundlichen Grüßen Zentrale Information Datum: 21.06.2016 Landtagspräsidentin fordert klare Kante gegen Antisemitismus Baden-Baden: Im Fall des AfD-Landtagsabgeordneten Gedeon fordert die badenwürttembergische Landtagspräsidentin Aras „klare Kante“. Die Grünen Politikerin sagte im SWR 2 Tagesgespräch, wer antisemitisch sei, habe in diesem Parlament keinen Platz. Wenn die AfD sage, sie betreibe die Null-Toleranzpolitik im Bereich Antisemitismus, dann müsse sie zeigen, wie ernst sie das nehme und klare Konsequenzen ziehen. Mit Blick auf den politischen Umgang mit der AfD mahnte Aras: „Es kann sich keiner zurücklehnen in diesem Parlament“. Das Parlament werde sich immer, wenn es um Tendenzen von Antisemitismus gehe, damit auseinandersetzen müssen. Aras wörtlich: „Wir haben hier wirklich etwas zu verteidigen, Antisemitismus gehört nicht nach Baden-Württemberg und nicht nach Deutschland“. Wortlaut des Live-Gesprächs: Gediehn: Der AfD-Abgeordnete Gedeon hat den Holocaust in seinen Schriften als „gewisse Schandtaten“ bagatellisiert. Holocaustleugner sind in seinen Worten „Dissidenten“. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Schuster, sagte, es müsse ein Aufschrei durch Landtag und Gesellschaft gehen. War und ist da genug Aufschrei aus Ihrer Sicht? Mutherem: Also zum einen muss man sagen, dass selbst der Chef der AfD-Fraktion, Herr Meuthen, sagt ja oder beurteilt die Passagen in diesem Buch antisemitisch. Insofern ist es erst mal so: selbst in diesen Reihen wird es so gesehen. Es gab tatsächlich schon eine erste Debatte im Landtag, und zwar „aktuelle Debatte zum Thema Weltoffenheit usw.“ Es war breit gefasst und es gab schon einen Aufschrei gegen diese Äußerungen von Herrn Gedeon und weiteren AfD-Mitgliedern. Und in dieser Debatte hat man auch schon gesehen, dass CDU, FDP, Grüne und SPD, also alle anderen Fraktionen im Landtag, schon sehr klar sich positioniert haben, nämlich gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, und ganz klar gesagt haben, dass diese Fraktion bzw. dieser Vorsitzender, wenn er sagt, in seiner Partei gebe es keinen Antisemitismus, sie betreiben eine Null-Toleranz-Politik, dass jetzt klare Kante gezeigt werden muss. Also insofern gab es schon im Parlament einen Aufschrei. Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Gediehn: Diese Sitzung, die Sie angesprochen haben, die war überschrieben mit „Modernes, weltoffenes Baden-Württemberg“. Trotzdem muss man natürlich zusammenfassen: da trat dann Wolfgang Gedeon als Redner auf, ein anderer AfDPolitiker rief: „Das ist schlimmer als in der Nazi-Zeit“. Ist das Parlament noch auf der Suche nach der richtigen Strategie? Mutherem: Ich glaube, das ist eher die AfD. Ich meine, das Parlament kann ja nicht sagen, wer reden soll. Das war natürlich jetzt aus der Debatte, wenn man die Debatte verfolgt, war das natürlich schon merkwürdig, wenn eine Fraktion jemanden mit antisemitischen Vorwürfen konkret befasst und sagt, er ist antisemitisch und wir fordern ihn auf, die Fraktion auszuschließen, und dann in dieser Debatte genau diese Person ans Rednerpult geht und für diese Fraktion redet. Das ist schon mehr als merkwürdig, aber das zeigt eher das Bild der AfD. Da kann ja der Rest des Parlaments oder die Mehrheit des Parlaments nichts dafür, wer ans Rednerpult geschickt wird. Damit muss sich die AfD auseinandersetzen. Gediehn: Man könnte sich ja auch als politischer Gegner, ich sag’s mal salopp, zurücklehnen und glauben und darauf hoffen, dass jetzt etwas passiert, nämlich eine Entzauberung: „die demontieren sich gerade selbst“. Ist das ein Weg? Mutherem: Ich glaube, zurücklehnen kann sich niemand in diesem Parlament. Klar ist, dass wir eine dunkle Geschichte haben, dass wir das aufgearbeitet haben. Das hat lange genug gedauert. Und ganz klar ist, Antisemitismus und Rassismus haben in Baden-Württemberg nichts zu suchen, in Deutschland nichts zu suchen. Und deshalb wird sich das Parlament, werden sich die anderen Fraktionen, sicher nicht zurücklehnen, sondern immer, wenn es Tendenzen von Antisemitismus und Rassismus gibt, werden die anderen Fraktionen sich damit auseinandersetzen müssen und müssen diese Punkte auch herausarbeiten. Also da kann sich keiner zurücklehnen. Gediehn: Sie fordern selber auch angemessene Konsequenzen von der AfD und sagen zugleich, betonen, Sie selbst, also der Landtag, die Verwaltung, haben keine Handhabe. Fühlen Sie sich ohnmächtig in Ihrem Amt? Mutherem: Ich sag mal, ich kann jetzt keinen Ausschluss, dass kann keiner außer der AfD selber, also jetzt tatsächlich vollziehen. Wenn die AfD allerdings sagt, sie betreibe die NullToleranz-Politik im Bereich Antisemitismus, dann muss sie zeigen, wie ernst sie dieses wirklich nimmt und dann muss sie einen, gegen den sie selber oder zu dem sie sagt, er sei antisemitisch, also das sind jetzt die Worte von Herrn Meuthen ungefähr, dann müssen sie schon auch klare Konsequenzen ziehen. Und dann hat eine Fraktion andere Möglichkeiten als eine Landtagspräsidentin. Er ist ja frei gewählt und insofern liegt der Ball bei der Fraktion der AfD und nicht bei mir. Ich muss darauf achten, dass die AfD insgesamt und insgesamt alle Parlamentarier sich an die Gepflogenheiten halten, was im Parlament üblich ist. Und da gehören natürlich auch Debatten dazu und da gehört auch dazu, dass man sich so benimmt und so verhält, dass keine Zwischenrufe kommen wie: „Es ist ja schlimmer als in der Nazi-Zeit“. Ich meine, ich muss ehrlich sagen, das war eine Gänsehaut-Debatte. Ich hätte mir nicht erträumen lassen, dass wir hier im baden-württembergischen Parlament, in Deutschland, jemals dieses Thema so diskutieren würden. Es war schon echt Gänsehaut. Gediehn: Jetzt sagen Sie, heute liegt der Ball im Feld der AfD-Fraktion. Diese Sitzung heute hat einen völlig offenen Ausgang im Fall Gedeon. Parteichef Meuthen hat seinen Verbleib in der Fraktion daran geknüpft. Jetzt fürchten Beobachter oder können sich vorstellen, dass es sogar eine Spaltung dieser Fraktion gibt. Darf sowas eine Landtagspräsidentin denn freuen? Mutherem: Freuen tut mich das gar nicht. Es wäre mir sehr viel lieber, dass Antisemitismus in dieser Gesellschaft null Komma null Platz hat und zwar egal in welcher Partei, egal in welcher Gesellschaft. Jetzt geht es darum, dass wirklich jeder klare Kante zeigt und sagt, wir dulden das nicht, und wer antisemitisch ist, der hat in diesem Parlament keinen Platz. Und der Ball liegt eben bei der AfD. Also freuen tu ich mich darüber ganz sicher nicht. Ich glaube nicht, dass Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) irgendeine Fraktion sich darüber freut, welche Debatte wir gerade im Landtag haben. Das passt nicht zum baden-württembergischen Landtag, es passt auch nicht zu Baden-Württemberg. Baden-Württemberg hat sich schon wirklich sehr viel früher als viele andere Bundesländer vorbildhaft gezeigt in punkto Weltoffenheit, modernes Baden-Württemberg usw. Das passt einfach nicht zu uns. Und wir haben hier wirklich etwas zu verteidigen. (Anti-) Rassismus gehört nicht nach Baden-Württemberg, gehört nicht nach Deutschland. - Ende Wortlaut - Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
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