Seite 30 Fotos: Fotolia (10), Mauritius Images (2), Martin A. Jöchl Herr Dr. Werneck, wie wichtig sind Väter für ihre Kinder? Sehr wichtig. Weil es einfach für ein Kind nichts Besseres gibt, als mit einer weiblichen und einer männlichen Bezugsperson aufzuwachsen. Männer und Frauen, sie reden, sie spielen meist auf unterschiedliche Arten, sie haben differierende Ansichten, sehen Probleme aus anderen Blickwinkeln. Diese Gegensätze sorgen dafür, dass ein Kind schon früh die vielen Seiten des Lebens kennenlernen darf. Was für das Später von großer Bedeutung ist. Und wenn dieser Idealfall – ein ständiger Kontakt zu beiden Elternteilen – nicht besteht? Dann kann geschehen, dass sich in der Phantasie der Kinder die Welt anders darstellt, als sie in Wahrheit ist. Kinder sind in ihren ersten zehn Lebensjahren, in den Kindergärten und Volksschulen, ja hauptsächlich von Frauen umgeben. Wenn auch noch im engsten Umfeld männliche Bezugspersonen fehlen, ist die Gefahr einer Werteverschiebung gegeben. Bei Buben und Mädchen gleichermaßen? Ja. Sowohl Buben als auch Mädchen können in der Folge völlig irrige Vorstellungen von Männern entwickeln. Sie verherrlichen oder verachten sie. Und müssen später erst lernen, sie als das zu sehen, was sie wirklich sind. Ganz normale Menschen. Mit Schwächen – und mit Stärken. D VATERTAG D Sonntag, 12. Juni 2016 Sonntag, 12. Juni 2016 D VATERTAG D Die Chemie der Väter Harald Werneck ist Psychologe und hat Bücher über die Rolle der Väter in unserer Gesellschaft geschrieben. In der „Krone“ erklärt er, warum Männer ihre Kinder genauso gut versorgen können – wie Mütter. Wie die Frauen. Männer, Frauen: Wir alle sollten uns eingestehen, dass wir nicht immer perfekt funktionieren. Auch im Umgang mit unseren Kindern. Die uns kleine Fehler viel großzügiger verzeihen, als wir glauben wollen – und bestimmte Mechanismen instinktiv besser spüren als Erwachsene. Die da wären? Vorweg möchte ich anmerken: Auch in unserer modernen Zeit geht eher die Mutter in Karenz, und der Vater ist untertags außer Haus. Obwohl halbehalbe durchaus fein für die Kinder wäre. Denn: Bis auf das Stillen ist ein Mann von Natur aus genauso gut in der Lage, sein Kind zu versorgen wie eine Frau. Bereits während der Harald Werneck: „Auch bei Vätern ändert sich der Hormonhaushalt.“ Schwangerschaft der Partnerin kommt es bei ihm, wenn er sich auf das Baby freut, nämlich ebenfalls zu Änderungen im Hormonhaushalt. Das Testosteron etwa nimmt ab. Er wird häuslicher, fürsorglicher. Ein Zustand, der auch nach der Geburt noch Monate anhält. Demzufolge müssten alle jungen Eltern im Dauerglück sein. Wenn sie sich bereits in der Phase der Familienplanung klar darüber waren, dass ein Kind eine große Aufgabe bedeutet, sind sie das tatsächlich eher. Und wenn sie einander Gleichberechtigung bei der Baby-Betreuung gestatten. Wieso sollten sie das nicht tun? Leider sind Mütter oft der Annahme, dass sie ihr Kind am besten versorgen können. Und neigen dazu, Aufgaben an sich zu raffen. Das Wickeln, die Zubereitung der Fläschchen. Das Trösten und Streicheln. Was kann das Resultat dieses Verhaltens sein? Der Mann verlernt, seinem natürlichen Impuls – sich ausgiebig um sein Kind zu kümmern – nachzugeben, und lässt seine Frau, nicht zuletzt auch aus Bequemlichkeit, dann einfach „machen“. Manchmal ist das der Anfang vom Ende einer Ehe. Inwiefern? Väter fühlen sich zurückgesetzt, Mütter alleine gelassen und überfordert. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen: Der fatale Sprung in Beziehungen geschieht oft nach der Geburt des ersten Kindes. In Gedanken entstehen bei den Frauen da mitunter erste massive Zweifel an ihren Partnerschaften. Wenn es dann später tatsächlich zur Scheidung kommt – wie sollten Eltern agieren? Wenn ein Kind bisher gerne viel Zeit mit dem Vater verbracht hat, wäre es gut, wenn es das auch weiterhin tun Seite 31 darf. Und: Kinder sollten nicht zu früh mit Stiefmüttern und Stiefvätern konfrontiert werden. Weil sie nach dem Zusammenbruch der Familie ihre beiden Elternteile – wenn schon nicht gemeinsam – für sich alleine haben wollen. Womit die Patchwork-Familie also zum Scheitern verurteilt ist? Nein, das will ich damit nicht sagen. Bloß, es ist für ein Kind einfacher, die neue Freundin des Vaters zu akzeptieren, wenn die Mutter auch schon einen neuen Partner hat. Und wenn die Mutter zuerst eine neue Beziehung eingegangen ist? Das kommt eher selten vor. Obwohl es in der Regel ja die Frauen sind, die Beziehungen beenden. Doch zum Trost: Die Scheidungsraten sind in den vergangenen drei Jahren rückläufig. Wieso dieser Trend? Weil die Familie möglicherweise in unserer Gesellschaft langsam wieder einen höheren Stellenwert bekommt. Auch für Väter. Ich kenne viele junge Männer, die gut bezahlte Jobs ausschlagen, um mehr Zeit zu haben für Frau und Kinder. Und damit ihrem Instinkt sehr offensiv nachgehen. Sie sind selbst Vater von zwei Töchtern. Wie werden Sie den Vatertag verbringen? Mit meinen Kindern natürlich. Wir werden sicherlich viel Spaß miteinander haben. Interview: Martina Prewein
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