Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP)

Nationalrat, XXV. GP
16. März 2016
117. Sitzung / 1
11.34
Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler!
Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren der Bundesregierung! Es ist
gut, dass die Bundesregierung heute hier klar gezeigt hat, dass es eine gemeinsame
Regierungslinie gibt. Dass es eine gemeinsame Regierungslinie gibt, das war nicht
immer so, meine sehr geehrten Damen und Herren – und diesbezüglich stimme ich
überein sowohl mit Frau Abgeordneter Lunacek als auch mit Klubobmann Strache.
Erinnern wir uns zurück: Als im August des letzten Jahres der Außenminister gemeint
hat, dass Durchwinken keine Lösung sei (Abg. Strache: Damals hat er gesagt, wir
brauchen mehr Willkommenskultur! Das war es!), kam prompt die Antwort. Er,
Sebastian Kurz, hat das wortwörtlich gesagt (Abg. Strache: ... und auch gesagt, dass
der Islam ein Teil Österreichs ist!) – werden Sie nicht nervös, Kollege Strache! Sie
können das im ORF nachsehen, es war sogar am Sonntag in der Sendung „Im
Zentrum“ zu sehen, wobei ja nur dann andere als Bundeskanzler Faymann zu Wort
gekommen sind, wenn es Einblendungen gegeben hat, und Minister Kurz ist einmal
eingeblendet worden. Das war ja das Diskussionsformat, wo Sebastian Kurz hier
gesagt hat, Durchwinken ist keine Lösung.
Die Antwort des Bundeskanzlers ist sehr rasch gekommen: An der Seite der deutschen
Kanzlerin stehend hat er gesagt: „Balken auf für die Menschlichkeit“. (Abg. Mayer: Das
war auch dringend notwendig!) – So lautete damals die Formulierung des Herrn
Bundeskanzlers.
Als dann die Innenministerin am 27. Oktober gesagt hat, wir brauchen einen
Grenzzaun für Spielfeld, hat der Herr Bundeskanzler gesagt: Ja, aber es darf nicht
mehr sein als „ein Türl ... mit Seitenteilen“ (Abg. Strache: Das sind aber offene Türen,
die sind nicht versperrt!) – Sie können sich noch erinnern.
Im Jänner dieses Jahres – genauer: am 12. Jänner – hat der Herr Bundeskanzler auf
die Frage, ob es Obergrenzen geben muss, noch gesagt, es gibt keine Obergrenzen.
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hat immer sehr klar das gesagt, was er auch heute
gesagt hat. Er hat nämlich damals gesagt, es gibt Grenzen: bei der Belastbarkeit der
Bevölkerung, bei unseren Ressourcen und bei der Gesellschaft als Ganzes.
(Zwischenruf des Abg. Lugar. – Abg. Mayer: Was ist das?) – Es geht darum, klar
herauszuarbeiten, wer hier die Richtung vorgegeben hat, und das war Reinhold
Mitterlehner, das waren Hanni Mikl-Leitner und der Außenminister (Beifall bei der
ÖVP), wenn Sie es noch immer nicht verstanden haben. Genau darum geht es!
Version vom 14. Juni 2016, 19:10
nach § 52(2) GOG autorisiert
Nationalrat, XXV. GP
16. März 2016
117. Sitzung / 2
(Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) Und es ist sehr gut, dass wir jetzt das
als gemeinsame Regierungslinie haben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mayer.)
Das ist sehr gut! Ich glaube, Sie freuen sich ja auch darüber, dass wir jetzt eine
gemeinsame Regierungslinie haben. (Ruf der Abg. Königsberger-Ludwig: ... EgoProblem!) Nein? Es freut Sie nicht? Für Österreich ist es gut, dass wir jetzt eine
gemeinsame Regierungslinie haben. Das sage ich Ihnen, auch wenn es Sie nicht freut!
(Beifall bei der ÖVP.)
Denn das, was der Herr Bundeskanzler heute gesagt hat, ist im Interesse der
Österreicherinnen und Österreicher. Sogar der freiheitliche Klubobmann muss
zugeben, dass es richtig und im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher ist,
hier eine klare Regierungslinie zu haben. (Zwischenruf des Abg. Lugar. – Abg. Kogler:
Das einzige Positive ist, dass die ...!)
Und das sage ich Ihnen: Das Entscheidende ist jetzt, das in Brüssel zu vertreten, und
das ist nicht einfach. Das in Brüssel durchzusetzen ist nicht einfach! Da ist der Herr
Bundeskanzler enorm gefordert. (Abg. Königsberger-Ludwig: Wo ist der Herr
Außenminister? Kurz weg?)
Der Herr Bundeskanzler hat am Sonntag gesagt: „Schauen Sie, den Herrn Orbán, den
werde ich als Letzten überzeugen. Da habe ich eine Liste, da hake ich immer ab, wen
ich schon überzeugt habe. Den habe ich mir sicherheitshalber unten
aufgeschrieben.“ – Daher, Herr Bundeskanzler, habe ich auch auf meiner Checkliste
Orbán für das Schlussgespräch unten aufgeschrieben. (Abg. Glawischnig-Piesczek:
Was soll denn diese ...?)
Den ersten Punkt auf meiner Checkliste, ich glaube, den können wir abhaken. Die
Koalition der Willigen ist abgesagt. (Zwischenruf des Abg. Lugar. – Abg. GlawischnigPiesczek: Was soll das?) Balken auf ist abgesagt, das können wir abhaken, aber dann
bin ich mit dem Abhaken schon am Ende, denn die anderen Punkte sind noch offen,
beispielsweise Punkt zwei, die Sicherung der EU-Außengrenzen.
Die Sicherung der EU-Außengrenzen brauchen wir, damit Länder wie Österreich,
Deutschland und Schweden nicht weiterhin die Hauptlast bezüglich der Flüchtlinge zu
tragen haben, denn die anderen waren dazu nicht bereit. Die wirksame Sicherung der
EU-Außengrenzen muss geschafft werden, denn sonst werden wir diese
Massenmigration, die droht, nicht in den Griff bekommen.
Herr Bundeskanzler, was werden Sie im Europäischen Rat konkret tun, um es zu
schaffen, dass man zu einer konkreten Beschlussfassung zur Sicherung der EUAußengrenzen kommt?
Version vom 14. Juni 2016, 19:10
nach § 52(2) GOG autorisiert
Nationalrat, XXV. GP
16. März 2016
117. Sitzung / 3
Dritter Punkt: die Hotspots in Gang bringen. – Sie, Herr Bundeskanzler, haben mit
Ihrem damaligen Freund Tsipras Hotspots bereits besucht. Es ist aber zu wenig, die
Hotspots zu besuchen. Das Entscheidende ist, dass diese endlich ihre Arbeit
aufnehmen. Das muss gelingen, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der FPÖ.)
Vierter Punkt: die gerechte Verteilung der Flüchtlinge. – Dazu haben Sie uns
mitgeteilt – ich habe bei der Sendung „Im Zentrum“ aufmerksam zugehört –, dass Sie
mit Hollande schon Gespräche geführt haben.
Ja, reden ist wichtig, aber das Entscheidende bei der Aufteilung der Flüchtlinge sind
Lösungen. Daher frage ich mich, Herr Bundeskanzler: Wie schaffen wir diese
Lösungen? Da sind wir von einem Hakerl sehr weit entfernt, da habe ich bisher keine
Bewegung auf europäischer Ebene bemerkt. (Zwischenruf des Abg. Mayer.)
Ein ganz wesentlicher Punkt, Herr Bundeskanzler, ist folgender: kein Blankoscheck für
die Türkei. (Beifall bei der ÖVP.) – Sie haben es heute hier gehört: Bei der derzeitigen
Situation in der Türkei – und da stimme ich hundertprozentig mit Abgeordnetem Cap
überein bei dem, was er zur Türkei gesagt hat – müssen wir sehr aufpassen, dass es
da keinen Blankoscheck gibt in Richtung Visa-Liberalisierung und in Richtung EUBeitritt. Würde es so etwas geben, dann hätten wir wieder ein Problem in der Koalition,
Herr Bundeskanzler. Also sehr aufpassen, was einen Blankoscheck für die Türkei
betrifft! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Bundeskanzler
Faymann verlässt die Regierungsbank und begibt sich aus dem Sitzungssaal.)
Herr Bundeskanzler, wir unterstützen Sie (Rufe bei der FPÖ: Wo ist der Herr
Bundeskanzler?), wenn Sie auf europäischer Ebene das vertreten (neuerliche
Zwischenrufe bei der FPÖ – Abg. Kogler: Für das Protokoll: Der Herr Bundeskanzler
verlässt demonstrativ den Saal!), was wir in der Bundesregierung in Wien gemeinsam
beschließen. Tun Sie alles, dass die Probleme auf europäischer Ebene kleiner werden!
Das erwarten wir uns! Dafür haben Sie unsere Unterstützung.
Aber nochmals, von meiner Seite: Vorsicht, was die Türkei betrifft! (Beifall bei der
ÖVP.)
11.42
Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Klubobmann Dr. Strolz zu Wort. – Bitte.
Version vom 14. Juni 2016, 19:10
nach § 52(2) GOG autorisiert