Pressemappe 60. Jahresausstellung Seebüll 2016 EMIL NOLDE – DAS SPÄTWERK Inhalt: Pressemitteilung Einzelheiten zur Jahresausstellung 2016 60 Jahre Nolde Stiftung Seebüll Abfolge der Ausstellung Zahlen und Fakten Biographische Übersicht Besucherinformation Kostenlose Welcome Führungen für Flüchtlinge Pressefotos Nolde Stiftung Seebüll Seebüll 31, 25927 Neukirchen 01. März bis 30. November 2016, täglich 10–18 Uhr Telefon +49 (0)4664-983930, Telefax +49 (0)4664-9839329 www.nolde-stiftung.de, [email protected] Seite 1 von 17 PRESSEMITTEILUNG ZUR ERÖFFNUNG DER 60. JAHRESAUSSTELLUNG DER NOLDE STIFTUNG SEEBÜLL EMIL NOLDE – DAS SPÄTWERK 01. März bis 30. November 2016 Glühender Abendhimmel, Gemälde 1945, © Nolde Stiftung Seebüll Das 60. Stiftungsjahr ist Anlass und Ansporn, Emil Nolde noch tiefer und weiter zu erschließen. Auch 60 Jahre nach seinem Tod wissen wir längst noch nicht alles über ihn und sein Werk. In diesem Sinne ist die Stiftung immer wieder und aufs Neue bemüht, den Künstler und seine Kunst in seiner Zeit differenziert und authentisch darzustellen. Erstmals und wirklich umfassend wird in der diesjährigen Jahresausstellung im Nolde Museum Seebüll das Spätwerk Emil Noldes gewürdigt. Er ist einer der herausragenden Künstler, der zu der Entwicklung der modernen Kunst in Deutschland entscheidend beigetragen hat. Trotzdem wurde seinem Spätwerk in den vergangenen Jahrzehnten kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Nolde selbst hat seine Schaffensphasen nie genau definiert. Er fing bekanntlich auch erst relativ spät an zu malen, und seine Bildthemen waren bis ins hohe Alter mehr oder weniger gleich. Künstlerischen Spätwerken wird aufgrund von Wiederholungen und der Rückwärtsgewandheit mancher Künstler oftmals ein nicht unproblematischer Status zugesprochen. Auch Nolde ist sich selbst treu geblieben, hat sich aber im Laufe der Zeit – langsam und für viele kaum sichtbar – auf seinen früheren Werken aufbauend weiter entwickelt. Allerdings sind viele Bilder von ihm erst entstanden, nachdem der von Nolde wesentlich geprägte Expressionismus durch neue Kunstrichtungen abgelöst worden war. Die Kunstwelt hat den späten Nolde bisher eher unterschätzt. Seine Entwicklung in den dreißiger und vierziger Jahren folgt der Vereinfachung bzw. Heraushebung des für ihn Wesentlichen, nämlich dem Stimmungsgehalt hinter den jeweiligen Darstellungen. Das Aufregende und Dramatische des Expressionisten Nolde wandelt sich ins Epische manchmal sogar ins Romantische, er wird weicher und stiller. Seine Inspirationen kommen nicht mehr allein aus der Natur, und er verwendet häufiger seine kleinformatigen “Ungemalten Bilder“ und “Bildskizzen“ als Vorlagen. Allein zwischen 1945 und 1951 entstehen so noch über 100 Ölgemälde. Das inhaltlich bildnerische Vokabular seiner Figurenbilder, der Meere, Landschaften und Blumen und insbesondere die Intensität seiner leuchtenden Farben zeigen die große Stärke des Malers auch in seinem Spätwerk, präsentiert in der neuen umfassenden und einmaligen Jahresaustellung der Nolde Stiftung Seebüll. „Ich male manches u. meine Bilder entstehen in Farben glühend-jung, oft mich selbst überraschend.“ Emil Nolde, 1947 Seite 2 von 17 EINZELHEITEN ZUR JAHRESAUSSTELLUNG SEEBÜLL 2016 „Herbstblumen (A)“, Gemälde 1931, Dauerleihgabe aus Privatbesitz © Nolde Stiftung Seebüll Die Nolde Stiftung Seebüll eröffnet am 01. März die neue Saison 2016 mit ihrer 60. Jahresausstellung EMIL NOLDE – DAS SPÄTWERK im ehemaligen Wohn- und Atelierhaus des Malers. Gegenüber den Vorjahren wird in neuer Auswahl und in veränderter Zusammenstellung erstmals das Spätwerk des Malers gezeigt. Zum Jubiläum kann die Nolde Stiftung abermals ein neues Werk in Seebüll präsentieren. Das großformatige Gemälde „Herbstblumen (A)" (1931) befindet sich in Privatbesitz und hat als Dauerleihgabe eine neue Bleibe in Seebüll gefunden. In diesem Jahr wird es erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Neben der Dauerleihgabe werden weitere sechs Gemälde erstmalig in Seebüll ausgestellt: „Heudiemen am Sielzug" (1939), „Flox und Fuchsschwänze" (1940), „Glühender Meeresabend" (1949), „Kalendula und weiße Dahlien" (1951), „Ihre kleine Tochter“ (1951) und „Die Urmutter“ (1947). Zudem sind sensationelle 69 Arbeiten auf Papier noch nie zuvor in Seebüll gezeigt worden. Die Jahresausstellung umfasst insgesamt 178 Exponate aus unterschiedlichen Werkbereichen: Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Graphiken und die ersten Arbeiten Emil Noldes, so genannte Stammbuchblätter, sowie zahlreiche Dokumente. Neues Licht für Emil Nolde Erstmals seit Eröffnung der Nolde Stiftung Seebüll können die Werke in den Kabinetten und im Atelier in buchstäblich neuem Licht erfahren und genossen werden. Mit der kompetenten Unterstützung von Erco Leuchten wurde die Lichtsituation im Nolde Haus optimiert und auf den modernsten LED-Standard gebracht. Die vormals dunkel wirkenden Kabinette erstrahlen nun hell und freundlich, durch die individuelle Ausleuchtung entfalten die Werke Emil Noldes nun ihre ganze Strahlkraft. Ein Genuß für alle Kunstfreunde! Zur 60. Jahresausstellung EMIL NOLDE – DAS SPÄTWERK erscheint in Kürze ein Führer mit Texten von Dr. Christian Ring, Dr. Astrid Becker und Caroline Dieterich, ca. 72 Seiten, ca. 36 Abb., deutsche und dänische Ausgabe, € 7,50. Seite 3 von 17 60 Jahre Nolde Stiftung Seebüll Die Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde besteht am 12. Juni 2016 sechzig Jahre. Mit mehr als 60.000 Besuchern jährlich kann die an der deutsch-dänischen Grenze beheimatete private Stiftung erfolgreich auf ihre 60jährige Tätigkeit zurückblicken: insgesamt besuchten bisher mehr als 4,2 Mio. Menschen das Museum mit den jährlich wechselnden Ausstellungen, um das von Ada und Emil Nolde geschaffene Gesamtkunstwerk zu erleben. Die Stiftung unterstützt und veranstaltet weltweit vielbeachtete Ausstellungen und hat zahlreiche Publikationen zu Leben und Werk Emil Noldes herausgegeben. In der Vergangenheit gab es aber auch Fehleinschätzungen. Legendenbildungen wurden gefördert, ohne die Widersprüche in der Biografie von Emil Nolde hinreichend darzustellen. Seit langem ist bekannt, dass Emil Nolde 1934 als dänischer Staatsangehöriger Mitglied der Nationalsozialistischen Arbeitsgemeinschaft Nordschleswig wurde. Neu ist aber, dass Emil Nolde, obwohl ab 1937 als „entarteter“ Künstler verfemt und 1941 mit Berufsverbot belegt, bis zum Zusammenbruch des Dritten Reiches Anhänger des NS-Regimes blieb. Das belegen erste Ergebnisse einer von der Nolde Stiftung unterstützten historischen Studie über die Verbindungen Emil Noldes zum Nationalsozialismus. Darin wird auch auf die unzureichende Aufklärungsarbeit der Stiftung in den vergangenen Jahrzehnten verwiesen. Erst 2013 haben das Kuratorium und der damals neue Direktor Dr. Christian Ring damit begonnen, die Archive in Seebüll zu öffnen. Die Stiftung sieht sich in der Verpflichtung, in der Vergangenheit entstandene Fehleinschätzungen um die Person Emil Noldes als Phänomen deutscher Nachkriegsverdrängung aufzuklären. Des Weiteren sollen neue Erkenntnisse und Rückschlüsse in die wissenschaftliche Aufarbeitung des umfangreichen Werkes eines der wohl bekanntesten deutschen Expressionisten eingebracht werden. Die Stiftung wird alles tun, um die Person Emil Noldes authentisch und differenziert darzustellen und sein umfangreiches Schaffen aufschlussreich und zeitgemäß zu präsentieren. Seite 4 von 17 ABFOLGE DER AUSSTELLUNG Kabinett 1 „Die Natur getreu und genau nachbilden, gibt kein Kunstwerk“ – Emil Nolde im Selbstporträt Selbstbildnis (en face), Tuschpinselzeichnung 1907, © Nolde Stiftung Seebüll Im Selbstporträt löst sich Emil Nolde vom abbildenden Charakter früherer Arbeiten, denn: „Die Natur getreu und genau nachbilden, gibt kein Kunstwerk.“ Nolde befragt sich selbst zunächst in radikalen Tuschpinselzeichnungen. Auch die folgenden farbigen Arbeiten zeugen von künstlerischem Selbstvertrauen und dem souveränen Umgang mit den Materialien. Der Fokus ist immer auf die Augen gerichtet, die den Betrachter anblicken und durchdringen. Seine Markenzeichen Hut und Pfeife setzt er in allen Gattungen ein. Eigens für seine Frau Ada zeichnet er ein Selbstporträt im Kleinformat: Auf der Rückseite des Blattes, durch Faltung und Rahmung verborgen und wohl nur der Empfängerin bekannt, findet sich die dänische Widmung „Min lille Musse, Bussi Bassiken“ – Meinem kleinen Mäuschen, Kuss Dickerchen. Kabinett 2 Erwerbungen der Nolde Stiftung Seebüll aus sechzig Jahren Maske (grimmig, mit schmalen Lippen), Kohlezeichnung 1894, © Nolde Stiftung Seebüll Die Nolde Stiftung verwaltet den umfangreichen Nachlass Emil Noldes, dennoch gibt es Lücken in der Sammlung. Die größte bestand durch Kriegsverlust in der Druckgraphik, deren Komplettierung über die Jahre hinweg nahezu gelungen ist. Doch vor allem wird das Archiv, das Seebüll zur zentralen Forschungsstelle für Leben, Werk und Wirkungsgeschichte Noldes und des deutschen Expressionismus macht, durch Ankäufe ergänzt. So werden zum Beispiel Nolde-Briefe zurückgekauft. Auch wenn Nolde zu den populärsten deutschen Künstlern zählt, wissen wir längst nicht alles über den Maler und sein Werk – das Archiv birgt den Schlüssel zu tieferem Verständnis. Besondere Zuwendungen erhält die Stiftung durch den 2011 gegründeten Verein „Freunde der Nolde Stiftung Seebüll e. V.“ In jüngster Zeit ist der Ankauf von 34 Stammbuchblättern von der Hand Noldes hervorzuheben. Es handelt sich dabei um die frühesten erhaltenen Arbeiten ab 1874. Seite 5 von 17 LÄNGSWAND „Dunkle Gespenster, aus glutheißer Hölle kommend“ – Die gerettete Graphik „Ada“, Holzschnitt 1906, © Nolde Stiftung Seebüll Seit der Begegnung mit den Brücke-Künstlern 1906 setzt sich Emil Nolde intensiv mit der Graphik auseinander. Die ersten Holzschnitte sind zumeist Porträts, die wie im Blatt „Ada“ en-face dargestellt sind und die Verteilung der hellen und dunklen Flächen thematisieren. Ab 1910 fließen Maserung, Risse und Unebenheiten des Holzes wie zum Beispiel in „Dr. S. (Sauerlandt)“ mit ein. Nolde verwahrt die für ihn wichtigsten Exemplare in einem Graphikschrank des Berliner Wohnateliers. Als eine Brandbombe am 15. Februar 1944 das Haus trifft, geht fast die gesamte Graphik in Flammen auf. Doch „von den etwa dreitausend kleineren und größeren Werken wurden aus dem Schutt im Stock darunter ein hinuntergefallenes Päckchen mit ein paar Dutzend halbverbrannten und schwarz angekohlten Graphiken hervorgeholt […]. Die angeschwärzten Graphiken, auf weiße Kartons gelegt, wirkten bisweilen wie dunkle Gespenster, aus glutheißer Hölle kommend.“ KABINETT 3 „In geistig freier Art“ – „Phantasien“ und „Ungemalte Bilder“ „Triumph der Weisheit“, Aquarell, © Nolde Stiftung Seebüll Mit den „Ungemalten Bildern“ schließt Nolde an die Werkgruppe der großformatigen „Phantasien“ aus den 1920er- und 1930er-Jahren an. Diese sind oftmals nur schwer zu erfassende Darstellungen mit merkwürdigen Wesen, die allein der Phantasie des Künstlers entsprungen sind. Seinem Freund Hans Fehr schreibt Nolde, dass die Aquarelle „in einer Höhe wie ich sie noch nicht hatte“ und „in geistig freier Art entstanden“ sind. Nolde lässt aus der Farbe heraus die Motive entstehen und umreißt oftmals erst später die Konturen mit Tusche. Bei den „Ungemalten Bildern“ verwendet der Künstler ein kleineres Format, mit dem er seit vielen Jahren vertraut ist. Sie sind konzentrierter und intensiver in Ausdruckskraft und Wirkung und ein Höhepunkt in Noldes Spätwerk. Ihr bildhafter Charakter ermutigt ihn dazu, fast fünfzig der „ungemalten“ Arbeiten (daher die Bezeichnung) auch als Gemälde auszuführen. Bei wenigen erfolgt dies um 1940, bei den meisten nach 1945. Seite 6 von 17 KABINETT 4 "Die Blumen im Garten leuchteten rein und schön mir jubelnd entgegen …“ Drei gelbe Dahlien und Stiefmütterchen, Aquarell, © Nolde Stiftung Seebüll In Gärten findet Emil Nolde Anregungen für seine Kunst: „Die Blumen im Garten leuchteten rein und schön mir jubelnd entgegen.“ In Blumenaquarellen zeigt der Künstler keine Gartenansichten, sondern einzelne Blütenköpfe in leuchtendem Kolorit. Während zunächst die Sommerpflanzen thematisch im Vordergrund stehen, treten im siebten Lebensjahrzehnt vermehrt die Herbstblumen hinzu. Bis zum Lebensende arbeitet Nolde im Aquarell, zumeist angeregt durch die Pflanzen, die ihn im paradiesischen Garten auf Seebüll umgeben. Im Spätwerk werden die zuvor zügige Strichführung abgehackter und unsicherer und die klare Form unregelmäßiger und ungenauer. Während die einzelnen Malschichten weniger subtil ineinander verlaufen, verstärkt sich die Freude an kräftiger Farbigkeit. Diese letzten Werke offenbaren die Zeichen der Müdigkeit des über 80-Jährigen und sind doch Zeugnis seines schöpferischen Willens bis zum Schluss. KABINETT 5 „Hohe herrliche Alpenwelt!“ – Die Schweiz-Aquarelle Skiläuferin, Aquarell 1948, © Nolde Stiftung Seebüll Berühmt ist Emil Nolde für seine Darstellungen der weiten Ebenen Nordfrieslands. Doch zeitlebens begeistert ihn die Alpenwelt, in deren scheinbarer Unberührtheit er die Ursprünglichkeit findet, die er in allem aufzuspüren sucht. Die Liebe zu den Bergen beginnt mit dem Aufenthalt in St. Gallen 1892–1897, wo Nolde gewerbliches Zeichnen am Industrieund Gewerbemuseum lehrt. „Nur zu einigen verwegensten Klettereien reizte es mich, ich konnte es nicht lassen. […] Hohe herrliche Alpenwelt!“ Während in den Aquarellen der 1920er- bis 1940er-Jahre das farbstarke Kolorit in den Darstellungen der Täler leuchtet, ist Nolde bei den Berghängen ein Meister der farblichen Reduzierung mit subtilen Verläufen. Der Künstler gewinnt die Form aus der Farbe heraus und bewahrt die Gegenständlichkeit durch eine Kontur- oder Horizontlinie in den Talaquarellen oder durch warme beziehungsweise dunkle Farbakzente in den Alpenbildern. Seite 7 von 17 KABINETT 6 „… das Meer in seiner ganzen wilden Größe sehen und erfassen.“ Lichtes Meer (zwei weiße Segel), Aquarell 1946, © Nolde Stiftung Seebüll Das Meer begleitet Emil Nolde sein Leben lang. Aufgewachsen im Marschgebiet der Nordsee, war das Meer für Nolde von Kindesbeinen an stets präsent. Als er vor dem Baulärm in Seebüll 1930 nach Sylt flieht, hat er den Wunsch, „[…] möglichst allein und nur beobachtend zu leben und zu malen, und besonders gern wollte ich […] das Meer in seiner ganzen wilden Größe sehen und erfassen.“ 1946 begleitet Nolde seine Frau Ada in den Kurort St. Peter, wo sie durch die Luftveränderung eine Besserung ihrer Gesundheit erhofft. Voller Sorge sucht er Zerstreuung in der Arbeit. Es entsteht eine Folge lyrisch gestimmter Meeraquarelle, die sich in Themenwahl, Format, Farbigkeit und Gestaltungsweise eng an die „Ungemalten Bilder“ anschließen. Ohne jede Vorzeichnung werden diese Meerstimmungen formuliert. Ihre monumentale Anlage verleitet Nolde, einige von ihnen – wie auch bei den „Ungemalten Bildern“ – auf die Leinwand zu übertragen. ATELIER Die religiösen Bilder: „Nicht Gott vor mir haben (…), sondern Gott in mir, heiss und heilig wie die Liebe Christi.“ „Jesus und die Schriftgelehrten“, Gemälde 1951, © Nolde Stiftung Seebüll Die religiösen Bilder zählen zu den bedeutendsten und zugleich zu den umstrittensten Arbeiten von Emil Nolde. Nach seiner Einschätzung entstanden 1909 die ersten Gemälde dieser Reihe, 1911/12 schuf er mit dem neunteiligen „Das Leben Christi“ das Hauptwerk. Allein die Mitteltafel „Die Kreuzigung“ ist das größte Gemälde im gesamten Œuvre Noldes. Um dieses maßgebliche Werk in der ehemaligen „Werkstatt“ Noldes ausstellen zu können, wurde der Boden um etwa einen Meter gesenkt und die Nordfenster zugemauert. In seinen „biblischen und Legendenbildern“, wie Nolde diese Werkreihe nannte, sah er sich nicht an die genaue Wiedergabe eines biblischen Ereignisses oder kirchlichen Dogmas gebunden. Er schilderte ein persönliches, phantastisches Erlebnis, das tief in seinem Inneren geborgen war, das er „innerlich glühend“ empfand, in völliger künstlerischer Freiheit. Seite 8 von 17 ZAHLEN UND FAKTEN ZUR JAHRESAUSSTELLUNG 2016 Exponate insgesamt 178 GEMÄLDE 50 Bildersaal einschl. Aufgang Ehem. Werkstatt Wohnräume 32 14 4 AQUARELLE UND ZEICHNUNGEN 87 Selbstbild Erwerbungen Phantasien „Ungemalte Bilder“ Blumen Schweiz Meere 8 6 3 45 6 10 9 GRAPHIK 20 Radierungen Lithographien Holzschnitte Angebrannte Graphik 3 11 1 5 KUNSTHANDWERK DOKUMENTE 3 18 Erstmals ausgestellt sind auf Seebüll: 7 Gemälde 51 Aquarelle 18 Druckgraphiken Seite 9 von 17 EMIL NOLDE. BIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT 1867 – 1884 Emil Nolde ist am 7. August 1867 als vierter Sohn des Bauern Niels Hansen im Dorf Nolde nahe Tondern im deutsch-dänischen Grenzland geboren. 1884 – 1888 Lehre als Holzbildhauer und Zeichner in der Sauermannschen Möbelfabrik und Schnitzschule in Flensburg. 1888 – 1891 Wanderjahre als Schnitzer und Zeichner in Möbelfabriken in München und Karlsruhe, nebenher Besuch der Kunstgewerbeschule; zwei Jahre in Berlin. 1892 – 1897 Lehrer für ornamentales Zeichnen und Modellieren am Industrie- und Gewerbemuseum in St. Gallen. Erste Landschaftsaquarelle, Zeichnungen der Bergbauern. Finanzieller Erfolg durch die Veröffentlichung farbiger Zeichnungen als "Bergpostkarten"; Nolde gibt das Lehramt auf, um freier Maler zu werden. 1898 – 1900 München. Die Akademie unter Franz Stuck lehnt ihn ab. Besuch der Malschule Friedrich Fehr und der Hölzel-Schule in Dachau. Paris: Akademie Julian, Studien im Louvre. 1901 – 1902 Sommer im Fischerdorf Lildstrand an der Nordküste Jütlands. Kopenhagen. Im Februar 1902 Heirat mit Ada Vilstrup, einer dänischen Schauspielerin. Hansen ändert seinen Namen in Emil Nolde. Atelier in Berlin, im Sommer in Jütland, danach in Flensburg. 1903 – 1905 In den Sommermonaten auf der Insel Alsen (bis 1916), im Winter in Berlin. Wegen Erkrankung von Ada Nolde 1904/5 ein halbes Jahr in Italien. Im Herbst 1905 Radierfolge der "Phantasien". 1906 – 1909 Bis Ende 1907 Mitglied der Künstlergruppe "Brücke". Begegnung mit Edvard Munch. 1908 Aquarelle in Cospeda bei Jena. Mitglied der Berliner Secession. 1909 erste religiöse Bilder "Abendmahl", "Pfingsten", "Verspottung". 1910 – 1912 Ausstellungen in Hamburg, Essen, Hagen. Bilder vom Hamburger Hafen. Besuch bei Ensor in Ostende. Auseinandersetzung mit dem Vorstand und Ausschluß aus der Berliner Secession; Mitglied der "Neuen Sezession". 1911 Graphikkatalog von Gustav Schiefler. Bilder vom Berliner Nachtleben, Theaterzeichnungen, Studien im Völkerkunde-Museum. 1911/12 neun Bilder "Das Leben Christi". 1913 – 1914 Reise über Moskau, durch Sibirien, Korea, Japan, China in die Südsee als Mitglied der "Medizinisch-demographischen Deutsch-Neuguinea-Expedition". Seite 10 von 17 1915 – 1925 Im Jahr 1915 88 Gemälde, darunter „Grablegung“. 1916 Umzug von der Insel Alsen nach Utenwarf an der Westküste. 1919 Nordseehallig Hooge, Folge phantastischer Aquarelle. Mitglied im Arbeitsrat für Kunst, Berlin. 1920 kommt Nordschleswig mit Utenwarf an Dänemark, Nolde wird dänischer Staatsbürger. 1921 Paris, England, Spanien, Zürich. Monographie von Max Sauerlandt. 1924 Italien, Venedig, Rapallo, Arezzo und Wien. 1926 – 1932 Nolde verlässt Utenwarf, Bau des Hauses Seebüll nach eigenen Entwürfen. Zum 60. Geburtstag „Jubiläumsausstellung“ in Dresden, anschließend Hamburg, Kiel, Essen, Wiesbaden. Ehrendoktor der Universität Kiel. Zweiter Band von Schieflers Graphikkatalog. Bau eines Hauses in Berlin-Dahlem nach Entwürfen von Mies van der Rohe scheitert. Sommer 1930 Insel Sylt. 1931 Mitglied der Preußischen Akadamie der Künste. Erster Band der Selbstbiographie „Das eigene Leben.“ 1931 - 1935 „Phantasien“, großformatige Aquarelle. 1933 – 1945 Nach der Regierungsübernahme der Nationalsozialisten 1933 hofft Nolde, dass sich die Befürworter seiner Kunst innerhalb der neuen Regierung durchsetzen werden. Nolde nimmt als Ehrengast Heinrich Himmlers am Festakt aus Anlass des zehnten Jahrestages des HitlerPutsches in München teil. Im August 1934 bekräftigt Nolde durch die Mitunterzeichnung des „Aufrufs der Kulturschaffenden“ seine Unterstützung für Hitlers Führer-Rolle. Im Folgemonat wird er als dänischer Staatsbürger Mitglied der „Nationalsozialistischen Arbeitsgemeinschaft Nordschleswig“ (NSAN), einer Organisation der deutschen Volksgruppe im dänischen Grenzbereich, die im Jahr darauf durch die Gründung der „Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei Nordschleswig“ (NSDAPN) gleichgeschaltet wurde. Im November 1934 erscheint der zweite Band der Autobiographie „Jahre der Kämpfe“. Darin bezeichnet sich Nolde als Vorkämpfer gegen eine angeblich "jüdische" Dominanz in der deutschen Kunstwelt. 1937 werden von Nolde 1.052 Werke in deutschen Museen beschlagnahmt. In der kunstverachtenden Ausstellung „Entartete Kunst“ ist Nolde von allen Künstlern am stärksten vertreten. Seine Bilder werden als Verfallskunst an den Pranger gestellt. Den ihm erneut nahegelegten Rücktritt aus der Preußischen Akademie der Künste lehnt Nolde mit Verweis auf seine Parteimitgliedschaft ab. 1938 verfasst der Künstler mehrere anbiedernde Briefe, u.a. an Goebbels, um eine Rückgabe der aus seinem Privatbesitz beschlagnahmten Bilder zu erreichen. Dies gelingt, im Dezember erfolgt die Rückgabe der Werke und zudem sind auf den späteren Stationen der Ausstellung „Entartete Kunst“ keine seiner Werke mehr zu sehen. Nach einem Erlass des Reichskunstkammerpräsidenten Ziegler gegen die sogenannte "Verfallskunst" befürchtet Nolde weitere Beschlagnahmungen, und lagert ab April 1941 Werke bei Bekannten aus. Nolde muss im Juni dem „Ausschuß zur Begutachtung minderwertiger Kunsterzeugnisse“ der Reichskammer eine Auswahl von 4 Gemälden und 18 Aquarellen vorlegen. Im August 1941 wird Nolde aus der „Reichskunstkammer“ ausgeschlossen und erhält die Untersagung, sich auf jedem Gebiet der bildenden Künste beruflich sowie nebenberuflich zu betätigen; damit geht ein Verkaufs- und Ausstellungsverbot einher. Nolde verliert seinen Anspruch auf immer knapper werdendes Malmaterial; er hat Sorge, dass dieser Ausschluss ein „Malverbot“ bedeutet. Dennoch wendet sich Nolde nicht von den Nationalsozialisten ab, sondern hofft weiterhin auf eine Anerkennung seiner Kunst durch das nationalsozialistische Regime mit dem er bis 1945 sympathisiert. Am 20. November 1941 teilt die Reichskunstkammer Nolde mit, dass die zur Prüfung eingereichten Werke beschlagnahmt bleiben, und erinnert ihn an seine Pflicht, künftig seine Werke der Kammer vorzulegen, bevor er sie „der Öffentlichkeit übermittelt". Nach Noldes juristischem Beistand, Hans Fehr, bedeutet dies, dass das „Malverbot“ des früheren Seite 11 von 17 Schreibens aufgehoben wurde. Von 1942 bis 1944 entstehen elf Blumengemälde sowie ein Figurenbild. Insbesondere aber malt Nolde zahlreiche kleinformatige Aquarelle, die er „Ungemalte Bilder“ oder auch „Bildskizzen“ nennt, da sie zur späteren Ausführung als Ölbild geplant sind. Im Mai/ Mitte Juni 1942 fährt Nolde nach Wien. Das erhoffte Treffen mit Reichstatthalter von Schirach kommt nicht zustande, doch dieser verspricht, sich für Noldes Kunst einzusetzen. Eine Aufhebung oder Lockerung der gegen Nolde verhängten Maßnahmen erfolgt jedoch nicht. Im Februar 1944 wendet sich Nolde mit Verweis auf seine Parteimitgliedschaft an den neuernannten Direktor der Berliner Vereinigten Staatsschulen, Otto von Kursell, und bittet ihn vergeblich, sich für die Aufhebung des Berufsverbots einzusetzen. Am 15. Februar 1944 zerstören Bomben Noldes Berliner Wohnung; etwa 3.000 Graphiken, Aquarelle und Zeichnungen sowie die Werke von Paul Klee, Wassily Kandinsky, Oskar Kokoschka, Lyonel Feininger und Ernst Josephson gehen in Flammen auf. 1946 – 1955 Im August 1946 entlastet der Entnazifizierungsausschuss Kiel Nolde trotz Parteimitgliedschaft, und interpretiert dabei die NS-Ablehnung von Noldes Kunst als "Absage gegen das Regime". Es erfolgt die endgültige testamentarische Verfügung über die zukünftige Stiftung. Am 2. November 1946 stirbt Ada Nolde. Am 22. Februar 1948 heiratet Nolde ein zweites Mal, die 26-jährige Jolanthe Erdmann, Tochter des Komponisten und Pianisten Eduard Erdmann. Bis 1951 entstehen noch über 100 Gemälde, meist nach den kleinformatigen Aquarellen, bis 1955 unzählige Aquarelle. Nolde erhält zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen, unter anderem die Stefan Lochner Medaille der Stadt Köln (1949), den Grafik-Preis der XXVI. Biennale von Venedig (1952), und den Orden Pour le mérite (1952). Er ist mehrfach auf der Biennale in Venedig vertreten (1950, 1952, 1956), in Kassel auf der documenta 1955. 1956 Emil Nolde stirbt am 13. April in Seebüll. Die testamentarisch verfügte „Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde“ wird am 12. Juni 1956 als rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts anerkannt. Wie von Nolde testamentarisch bestimmt, wird sein langjähriger Vertrauter Joachim von Lepel der Direktor. Die Stiftung hat den Auftrag, den umfangreichen Nachlass Emil Noldes in Seebüll im Sinne des Künstlers zu verwalten, sein Werk der Nachwelt zu erhalten und weltweit zu vermitteln. Die erste Jahresausstellung im Noldehaus eröffnet 1957. Seite 12 von 17 BESUCHER-INFORMATION Ausstellung EMIL NOLDE – DAS SPÄTWERK Öffnungszeiten 01. März bis 30. November 2016 Täglich geöffnet (auch feiertags): 10.00–18.00 Uhr Kontakt Telefon +49 (0)4664-98 39 30, E-Mail [email protected] Internet www.nolde-stiftung.de Führungennnn Führungen durch die Ausstellung nach Absprache Aktuelle Termine & weitere Angebote unter www.nolde-stiftung.de Malschule Programm von März bis November Kurs-Angebot unter www.nolde-stiftung.de „Kinderzeit“: An mehreren Samstagen in den Sommerferien 14.00–16.00 Uhr Malschule für Kinder und alle, die mitmachen möchten, p. P. € 5,00 Eintrittspreise Erwachsene € 8,00, Gruppen ab 5 Personen p.P. € 6,00; Kinder bis 12 Jahren freier Eintritt; Schüler ab 13 Jahren/Auszubildende/Studenten € 3,00; Familienkarte (2 Erwachsene, 3 Kinder) € 15,00; Rollstuhlfahrer: € 3,00 (eine Begleitperson je Rollstuhlfahrer: Eintritt frei) Jahreskarte Seebüll (nicht übertragbar) € 20,00; NEU: Jahreskarte für die Malschule (alle Kurse, ein Preis); Erwachsene € 80,00; Kinder € 40,00 NEU: Kostenlose Welcome Führungen, siehe nächste Seite Kooperation Kombi-Ticket mit dem Kunstmuseet i Tønder, Dänemark € 10,00 Museumsshop Publikationen über Leben und Werk des Malers Emil Nolde, Ausstellungskataloge, Kunstplakate, Nolde-Kalender 2016, Kunstkarten, Lesezeichen, Produkte aus dem Garten Seebüll u.v.m. (geöffnet während der Öffnungszeiten des Museums) Seite 13 von 17 Kostenlose Welcome Führungen für Flüchtlinge Die Nolde Stiftung Seebüll bietet seit 2015 und bis auf Weiteres kostenlose "Welcome Führungen" in englischer Sprache für Flüchtlinge mit deren Betreuern an. Die Nolde Stiftung Seebüll sieht sich als einen Ort der Begegnung und Partizipation. Mit dieser Aktion soll ein klares Zeichen gesetzt werden, dass Flüchtlinge in Nordfriesland und in Seebüll willkommen sind. Zugleich soll das Angebot auch einen Beitrag zur Integrationshilfe leisten und die Möglichkeit der kulturellen Begegnungen schaffen. Die Initiative entsteht in Zusammenarbeit mit der Arbeiterwohlfahrt Schleswig Holstein. Anmeldungen bitte an: [email protected] Seite 14 von 17 Pressefotos Jahresausstellung Seebüll 2016 (Bitte anfordern per E-Mail an [email protected]) EMIL NOLDE – DAS SPÄTWERK 1. Emil Nolde, „Herbstblumen (A)“, Gemälde 1931, Dauerleihgabe aus Privatbesitz, © Nolde Stiftung Seebüll 2. Emil Nolde, „Ochsen am Morgen" Gemälde 1939 © Nolde Stiftung Seebüll 3. Emil Nolde, „Frühmorgenflug" Gemälde 1940 © Nolde Stiftung Seebüll 4. Emil Nolde, „Großer Mohn (rot, rot, rot)" Gemälde 1942 © Nolde Stiftung Seebüll 5. Emil Nolde, „Glühender Abendhimmel" Gemälde 1945, © Nolde Stiftung Seebüll 6. Emil Nolde, „Triumph der Weisheit" Gemälde 1946 © Nolde Stiftung Seebüll 7. Emil Nolde, „Triumph der Weisheit“ Aquarell © Nolde Stiftung Seebüll Seite 15 von 17 8. Emil Nolde, „Freundinnen" Gemälde 1946 © Nolde Stiftung Seebüll 9. Emil Nolde, „Emil Nolde" Gemälde 1947 © Nolde Stiftung Seebüll 10. Emil Nolde, „Hohe Sturzwelle" Gemälde 1948 © Nolde Stiftung Seebüll 11. Emil Nolde, Selbstbildnis (en face) Tuschpinselzeichnung Jena 1907 © Nolde Stiftung Seebüll 12. Emil Nolde, Exotisches Paar und Blüten Aquarell © Nolde Stiftung Seebüll 13. Emil Nolde, Blumenfreundin Aquarell © Nolde Stiftung Seebüll Seite 16 von 17 14. Emil Nolde, Roter Mohn Aquarell © Nolde Stiftung Seebüll 15. Emil Nolde, Drei gelbe Dahlien und Stiefmütterchen Aquarell © Nolde Stiftung Seebüll 16. Emil Nolde, Skiläuferin Aquarell 1948 © Nolde Stiftung Seebüll 17. Emil Nolde, Lichtes Meer (zwei weiße Segel) Aquarell 1946 © Nolde Stiftung Seebüll Seite 17 von 17
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