T reffen mit H errn N olde Qualmende Dampfer (Öl auf Sackleinen) 1910, Nolde Stiftung Seebüll Z um ersten Mal trafen wir uns vor mehr als dreißig Jahren: Während eines Urlaubs in Nordfriesland sahen wir im äußersten Norden Schleswig-Holsteins nahe der dänischen Grenze bei Seebüll das Hinweisschild zum Emil-Nolde-Museum. Der expressionistische Maler, der als Emil Hansen im Jahr 1867 im Dorf Nolde in Nordschleswig, heute zu Dänemark gehörend, geboren wurde, war uns zwar ein Begriff, näher beschäftigt hatten wir uns mit ihm bis dahin nicht. So gaben wir uns gänzlich unvoreingenommen der Wirkung der Nolde’schen Malerei hin. Unser Eindruck war durchaus zwiespältig: Nicht völlig begeistert waren wir von der Vielzahl der farbenfrohen Aquarelle, die, soweit ich das in Erinnerung habe, in der Mehrzahl nordfriesische Landschaften und immer wieder Blumen darstellten. Vielleicht waren wir damals auch noch nicht bereit, uns auf expressionistische Kunst einzulassen. Vielleicht war es auch dem Umstand geschuldet, dass unser VW-Bus nach dem Muse- umsbesuch in eine Werkstatt abgeschleppt werden musste. Jedenfalls blieb meine Erstbegegnung mit Emil Nolde nicht unbedingt ein Highlight. Das hat sich im Laufe der Jahre deutlich gewandelt. Mittlerweile gehören Besuche von Kunstmuseen zu regelmäßig und gerne getätigten Aktivitäten auf Reisen. Auch hängt ein Nolde-Bild seit Jahren in unserer Wohnung. Wir haben den Stil dieses Malers nicht zuletzt wegen unserer Vorliebe für die nordfriesische Landschaft schätzen gelernt. Der Maler war von 1906 bis 1907 Mitglied der Künstlergruppe Brücke und begegnete in Berlin dem norwegischen Maler Edvard Munch. Emil Nolde war allerdings auch umstritten. Er bekannte sich offen zum nationalsozialistischen und antisemitischen Gedankengut. Trotzdem wurde seine Kunst schließlich von der NS-Führung als entartet diffamiert. Mit großer Freude erfuhr ich, dass die Kunsthalle Hamburg eine Ausstellung zeigte mit dem Titel „Nolde in Hamburg“. Links: Schiff Unten:Kleiner im Dock (Öl Dampfer (Tuscheauf Leinwand, pinselzeichnung 1910, Nolde1910, Nolde StifStiftung Seebüll tung Seebüll 2 1 32 Dampfer (Tuschepinselzeichnung 1910, Nolde Stiftung Seebüll durchblick 2/2016 Nolde besuchte Hamburg regelmäßig auf seinen Reisen. Von seinem Wohnsitz im deutsch-dänischen Grenzgebiet aus war Hamburg für ihn die nächstgelegene Großstadt und eine wichtige Station auf dem Weg nach Berlin, wo er in den Wintermonaten lebte und arbeitete. Die pulsierende Hansestadt faszinierte Nolde: Im Februar und März 1910 wohnte er für mehrere Wochen direkt in einer Pension am Hafen und verarbeitete seine Eindrücke unmittelbar. In rascher Folge entstanden über 100 Werke, die in dieser Ausstellung zusammen mit nahezu 100 weiteren zu sehen sind. Es handelt sich um noldetypische farbintensive Gemälde und Aquarelle sowie Tuschpinselzeichnungen, Radierungen und Holzschnitte. Charakteristisch ist der kräftige Pinselstrich im Vordergrund, der in den Ölbildern den Wellengang hervorhebt. Im Gegensatz dazu sind Menschen oder Hafengebäude im Hintergrund oft nur schemenhaft angedeutet. Der Maler muss sich während seines Aufenthaltes besonders intensiv von dem bunten Treiben am Hamburger Hafen inspiriert haben lassen. Häufige Motive sind daher Schlepper und Boote und auch die im Hafen arbeitenden Menschen. In den zahlreichen Tuschepinselzeichnungen dominiert das Motiv der qualmenden Hafenschlepper, wobei die Bandbreite von der gegenständlich klaren Darstellung (1) bis hin zu stilisierten Formen (2) reicht. Mein zweites Treffen mit Emil Nolde. Diesmal eindeutig zu meiner uneingeschränkten Begeisterung. Und das liegt gewiss nicht allein an meiner Hamburg-Affinität. Angetan war ich auch von der Hamburger Kunsthalle, die die Werke zum Thema „Nolde in Hamburg“ hervorragend in Szene gesetzt hat. Uli Hoffmann Nur gültig bis 30. Juni 2016 Alle Fotos: Uli Hoffmann Immer wieder ein Motiv in der Hamburger Kunsthalle: Schiffe im Hafen 2/2016 durchblick 33
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