20 SCHLESWIG-HOLSTEIN JOURNAL ♣ stil & Wert Die gestreifte Ziege Wie Emil Noldes Kunst in den Brennofen kam. Kuratorin Caroline Dietrich vom Nolde Museum in Seebüll hatte die zündende Idee. Die Nolde-Ziege aus Keramik ist ein Renner. VON JULIA VOIGT Wenn Jens Maß von der Friesentöpferei das Nolde Museum in Seebüll betritt, strecken sich die Hälse der Besucher und so mancher wirft eilig einen Blick in seinen großen Plastikkorb. Endlich kommt wieder Nachschub, freuen sich auch die Museumsangestellten, denn die Bestellliste ist lang und häufig kommt die Frage: „Wann gibt es wieder Ziegen?“ Das Objekt der Begierde ist bei Lieferung noch gut temperiert, da es backfrisch aus dem Brennofen geholt wurde. „Sie gehen weg wie warme Semmeln“, freut sich der hochgewachsene Mann mit den zerzausten Haaren und Tonstaub auf den Schuhen. Die glasierte Keramikziege gibt es in zwei Ausführungen, einmal mit hell- und einmal mit dunkelgrünen Streifen. Die Urziege selbst ist allerdings aus Murano-Glas und ver- mutlich in irgendeinem Kaufhaus erstanden worden – gekauft von niemand geringerem als Emil Nolde. Sie und ein mexikanisches Sonnenemblem, das er von einer seiner SüdamerikaReisen mitgebracht hat, dienten ihm 1920 als Motiv und inspirierten ihn zu einem Bild, das schlicht „Stillleben mit gestreifter Ziege“ heißt. Noch bis vor ein paar Mona- Vorbild aus Glas ten befand sich das Kunstwerk im Privatbesitz seiner zweiten Ehefrau Jolanta Nolde. Im letzten März konnte es für das Museum gekauft werden, worüber sich Kuratorin Caroline Dietrich besonders freut. „Es ist mit seiner Leuchtkraft eines der stärksten Fotos: Voigt Ölgemälde von Nolde.“ Der Künstler hat Zeit seines Lebens Figuren und Objekte zusammengetragen, die sich immer wieder in seinen Bildern wiederfinden. Von wertlosem Nippes bis hin zu seltenen Kirchenstatuen war alles dabei. „Er komponierte die Dinge miteinander, spielte mit ihnen und veränderte sie in ihrer Form und Farbigkeiten nach seinen Vorstellungen“, erklärt die Fachfrau. In einer Vitrine sind die Original-Modelle neben dem Gemälde im Bilderzimmer des Museums ausgestellt. Jung, dynamisch und engagiert war es auch Caroline Dietrich, die auf die Idee kam, dass die gestreifte Ziege sich eigentlich auch ganz gut für den Museums-Shop eignen könnte. „Ich möchte gern, dass unsere Besucher Nolde zum Anfassen haben.“ Versuch macht klug, dachte sie sich und durch-
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