Zeitschrift der Artillerietruppe und der Streitkräftegemeinsamen

ZU GLEICH
Zeitschrift der Artillerietruppe
und der Streitkräftegemeinsamen
Taktischen Feuerunterstützung
Entwicklung der STF im Rahmen des
Framework Nations Concept
Gastbeitrag GenLt a.D. Kersten Lahl
Vernetzte Simulation in der STF
BOLD QUEST - Bewertung der Interoperabilität und
Fähigkeiten von NATO-Staaten
1/2016
D E D I C AT E D T O S O L U T I O N S
ADLER III für die Streitkräftegemeinsame
Taktische Feuerunterstützung
Wir entwickeln seit vielen Jahren Führungs-, Waffeneinsatz- und Simulationssysteme für die Streitkräftegemeinsame
Taktische Feuerunterstützung (STF). Ein
Verbund von Aufklärung, Führung, Wirkung und Unterstützung – lange erprobt,
zukunftssicher und dank unserer Systemkompetenz beherrschbar.
E S G E L E K T R O N I K S Y S T E M - U N D L O G I S T I K - G M B H 4 Te l e f o n 0 8 9 9 2 1 6 - 0 4 m - i n f o @ e s g . d e 4 w w w. e s g . d e
Inhaltsverzeichnis
5
Vorwort des Leiters AusbBer STF/ IndirF und General der Artillerietruppe
6
Ein Wort des Herausgebers
6
Über den Tellerrand geschaut: Klotzen statt Kleckern - immer und überall!
- Die Bekämpfung von Fluchtursachen als sicherheitspolitisches Gebot Gastbeitrag von GenLt a.D. Kersten Lahl
10
Vergessener Held - Der Mann, der den dritten Weltkrieg verhinderte
Streitkräftegemeinsame Taktische Feuerunterstützung (STF)
12
Begriffsbestimmungen STF/ JFS
13
Entwicklung der Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung (STF) im Rahmen des
Framework Nations Concept (FNC)
18
Fachtagung „Führungskreis Artillerie“ 2016
20
Back to the roots - Ausbildung der STF-Koordinierungselemente in der klassischen Operationsart
Verzögerung
23
BOLD QUEST - Fähigkeiten und Interoperabilität auf dem Prüfstand
25
Vernetzte Simulation in der Zentralen Ausbildungseinrichtung STF
28
Truppenführung 2015
32
Joint Fire Support: Erste gemeinsame Ausbildung – ein voller Erfolg
35
Die PzH2000 auf dem Prüfstand in NORWEGEN
40
Mörsermunition neue Generation
3
Aus Mutterhaus und Truppe
42
Unterstützung der Entwicklung der Litauischen (LTU) artilleristischen Fähigkeiten im Rahmen des
NATO Readiness Action Plan (RAP) und der Transatlantic Capability Enhancement and Training Initiative (TACET)
45
Sonderlehrgang zur Ausbildung von acht litauischen Geschützführern PzH2000 ein grundlegender und wesentlicher Schritt im Rahmen der Entwicklung der litauischen Artillerie
48
Binationales Sportfest beim Artilleriebataillon 295
50
KZO in DRESDEN gelandet
52
Verabschiedungsappell des Artilleriebataillons 295 aus der Garnisonsgeimende IMMENDINGEN
54
Führung, Aufklärung, Wirkung und Unterstützung: Die Batterien des Artilleriebataillons 295 auf dem
Truppenübungsplatz BAUMHOLDER
58
Das Artillerielehrbataillon 345 auf dem Truppenübungsplatz GRAFENWÖHR 2015
63
Blick nach vorn - statt zurück/Übergabe Artilleriebataillon 131
65
Schlaglichter beim Artilleriebataillon 131
68
Führerkorps 2./ ArtBtl 131 geschlossen dem Freundeskreis der Artillerietruppe beigetreten
70
Neues aus der Hauptstadt der französischen Artillerie
74
Royal Horse Artillery - PROFIL GBR 3a 2015
78
Personalien
80
Freundeskreis der Artillerietruppe e. V.
81
Auszeichnung der Lehrgangsbesten durch den Freundeskreis der Artillerietruppe e. V.
ZU GLEICH 1/2016
Allgemeine Berichte
82
Wettermodell Artillerie:
Meteorologische Modelldaten für die Artillerie seit zwei Jahrzehnten
86
Einsatz der Marinegeschütze des Westwalls am Oberrhein, Teil 2
93
Buchvorstellungen
97
Aus der Redaktion - in eigener Sache
Impressum
98
Firmenbeiträge
96
4
Inserentenverzeichnis:
Deutscher BundeswehrVerband e. V.
Diehl Defence
ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH
27
104
2 und 92
Freundeskreis der Artillerietruppe e. V.
62
Gesellschaft für Artilleriekunde e. V.
64
Hardthöhenkurier/K&K Medienverlag Hardthöhe
77
KMW KRAUS-MAFFEI WEGMANN
31
roda computer GmbH
Soldatenhilfswerk der Bundeswehr e. V.
Systematic GmbH
103
17 und 102
34
Wir danken den Unternehmen/ Organisationen, die in dieser „ZU GLEICH“ eine Anzeige geschaltet haben für ihr
Engagement und ihre Unterstützung, durch welche die Herausgabe der Truppengattungszeitschrift der Artillerietruppe
erst ermöglicht wird. Beachten Sie bitte auch die redaktionellen Beiträge der Interessenten ab Seite 98.
ZU GLEICH 1/2016
Vorwort
des Leiters AusbBereich STF/ IndirF
und Generals der Artillerietruppe
Im vergangenen Jahr konnten wir den 60sten Geburtstag der
Bundeswehr sowie die 60jährige Mitgliedschaft in der NATO
feiern.
Im April 1956 wurde das erste Artilleriebataillon der Bundeswehr in IDAR-OBERSTEIN aufgestellt und es prägte bis zu
seiner Auflösung im Jahre 2003, gemeinsam mit der Artillerieschule, das Stadtbild unserer schönen Garnisonsstadt. Die
Tradition dieses Verbandes wird nun seit Ende 2014 durch das
Artillerielehrbataillon 345, welches auf dem Klotzberg stationiert ist, weitergetragen. Anlässlich dieses besonderen „Geburtstages“ werden wir am 9. Juli 2016 den Tag der Garnison
begehen und beide Kasernen, die Klotzbergkaserne und die
Artillerieschule, ganz im Sinne der guten Zusammenarbeit
der Dienststellen untereinander und der Patenschaft mit unserer Stadt, für die Öffentlichkeit zugänglich machen. Absicht
ist es, der hiesigen Bevölkerung und weiteren interessierten
Besuchern einen unmittelbaren Einblick in Ausstattung, Leistungsvermögen und Berufsalltag der Bundeswehr sowie in
die Strukturen weiterer ziviler Behörden und Institutionen,
wie Polizei und Feuerwehr, zu ermöglichen.
Abends veranstalten wir für alle Artillerieoffiziere und -unteroffiziere der Bundeswehr sowie geladene Gäste das erste gemeinsame Artilleriebiwak, zu dem ich herzlich einlade. Neben
der Förderung der Kameradschaft sollen mit dieser Veranstaltung auch der Zusammenhalt und das sich Identifizieren mit
unserer Truppengattung weiter ausgebaut und intensiviert
sowie das persönliche Kennenlernen und die Vertiefung der
Zusammenarbeit mit den jeweiligen Vertretern der zivilen
Bereiche am Standort gefördert werden.
Der Ausbildungsbereich STF/ IndirF wird auch dieses Jahr geprägt von den Anstrengungen, unsere Lehrgangslandschaft
im Sinne von streitkräftegemeinsam (joint) und multinational (combined) weiter zu entwickeln. Die Sinnhaftigkeit einer
Multinationalen Ausbildungseinrichtung in IDAR-OBERSTEIN
ist mittlerweile weithin anerkannt und steht somit bei mir unverändert im Fokus.
Mit der neuen Ausrichtung des Deutschen Heeres auf
die Landes- und
Bündnisverteidigung und somit
auf das hochintensive
Gefecht
kommt
unserer
Truppengattung
zukünftig wieder
eine ganz andere
Bedeutung zu. Die
Ausbildung muss
hierauf die richtige Antwort geben,
weshalb auch die
taktischen
Lehrgangsinhalte eine
deutliche Veränderung erfahren.
5
Alle Verantwortlichen, auf Verbandsebene, im Amt für Heeresentwicklung III 2 und in unserem Ausbildungsbereich
arbeiten intensiv an der Fähigkeitsverbesserung im Bereich
STF/ IndirF. Die Übungstätigkeit in unseren Bataillonen ist
nicht zuletzt durch unsere internationalen Verpflichtungen
enorm hoch. Der Abbau des materiellen Defizits fordert insbesondere unsere Kameraden in KÖLN, während der Ausbildungsbereich sich den neuen Herausforderungen, beispielsweise durch den im April zum ersten Mal durchgeführten
„Pilotlehrgang Joint Fire Support Coordination Group“, das
Gefechtsstandelement der Brigaden und Divisionen zur Planung, Koordinierung und Durchführung der Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung, stellt.
Ich schließe mit der Hoffnung, möglichst viele Artilleriekameraden am Tag der Garnison hier in IDAR-OBERSTEIN willkommen heißen zu können.
ZU GLEICH 1/2016
Ein Wort des Herausgebers
Liebe Leser der „ZU GLEICH“,
als ich im letzten Sommer gefragt wurde,
künftig als Herausgeber der „ZU GLEICH“
zu fungieren, bin ich diesem Wunsch
als ehemaliger Artillerist (VB, BttrOffz
im GebArtBtl 81, HS-Ltr/S 3 LGrp A ArtS,
BttrChef 4./PzArtLBtl 345, BtlKdr PzArtBt
15) gerne nachgekommen - auch wenn
ich mich in meinem späteren militärischen Leben mit der IT des deutschen
Heeres beschäftigte und der Artillerie
dadurch untreu geworden bin.
Gemeinsam mit Herrn Oberst Fiepko
Koolman, dem Leiter AusbBer STF/IndirF
und General der Artillerie, der für die
Inhalte der Amtsseite verantwortlich
zeichnet, bin ich als neuer Herausgeber
sehr daran interessiert, Ihnen auch künftig ein interessantes, anspruchsvolles und
hochwertiges Heft der „ZU GLEICH“ zur
Verfügung zu stellen.
truppe), durch die Berichterstattung von der
Artillerieschule (korrekt: AusbBer STF/IndirF)
und über unsere Artilleriebataillone, soll die
„ZU GLEICH“ eine kleine Informationsplattform vor allem für die aktiven Artilleristen
und die Artilleristen im Ruhestand bieten.
Zudem berichten wir regelmäßig über den
Freundeskreis der Artillerietruppe e.V., über
allgemeine, zum Teil historische Themen
mit Artilleriebezug (siehe auch den Beitrag
S. 10) und über neue Bücher, die für unseren Leserkreis von Interesse sein können. Im
abschließenden Teil kommen Industriefirmen in engem Bezug zur deutschen Artillerie mit redaktionellen Beiträgen zu Wort.
Die Herausgabe der „ZU GLEICH“ ist nur mit
entsprechender Unterstützung der Industrie möglich. Deshalb empfehle ich Ihnen
besonders auch die Berichte der Firmen zu
ihren Produkten und neuen Fähigkeiten
für die Artillerie.
Unter der Überschrift „Über den Tellerrand geschaut“ wollen wir ab diesem
Heft regelmäßig Artilleristen zu Wort
kommen lassen, die in ihrer militärischen
Laufbahn hohe Führungsverwendungen
bekleidet haben, noch immer aktiv sind
und uns zu interessanten, aktuellen Themen mit unterschiedlichem Blickwinkel
etwas zu sagen haben.
Wir beginnen diese Reihe mit GenLt a.D.
Kersten Lahl, in Uniform zuletzt Befehlshaber des Streitkräfteunterstützungskommandos und danach Präsident der
Bundesakademie für Sicherheitspolitik.
Einzelheiten zu seiner Vita siehe Seite 9.
Mit besten Grüßen
Durch regelmäßige Berichte aus dem konzeptionellen Bereich (STF und Artillerie-
6
Friedrich W. Benz
Über den Tellerrand geschaut
Klotzen statt Kleckern - immer und überall!
- Die Bekämpfung von Fluchtursachen als sicherheitspolitisches Gebot Generalleutnant a.D. Kersten Lahl
Was waren das damals im Kalten Krieg
noch für Zeiten! Nahezu im alleinigen
Fokus der deutschen Sicherheitspolitik
stand die glaubwürdige militärische
Abschreckung. Ein zentraler Schlüssel
lag beim deutschen Heer mit seiner
konventionellen Schlagkraft. Und innerhalb des Heeres spielte die Artillerie eine unersetzliche Rolle - mit ihrer
Feuerkraft, ihrer Fähigkeit zur raschen
Schwerpunktbildung und damit ihrer
ganzheitlichen Bedeutung auf dem Gefechtsfeld.
Schon immer lernte jeder Artillerist von
Beginn an die Feinheiten der sicheren
Schießgrundlagen, das Ermitteln der
Schusswerte per Erdei und Hilfsei, die
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richtige Anwendung des Leitverfahrens, aber auch den Gebrauch der Logarithmentafel, die präzise Justierung
der Richtmittel, die exakte Arbeit am
Feuerleitplan und vieles andere mehr.
Aber nicht nur deshalb bedeutete diese
Ausbildung eine hohe geistige Herausforderung. Denn noch wichtiger: Die
Führer in der Artillerie waren und sind
traditionell diejenigen, die das Ganze
mit weitem Blick voraus durchdenken
müssen und dabei stets im Sinne der
übergeordneten Führungsebene handeln und beraten.
Gewiss sind heute in der modernen
Artillerie manche der früheren Anforderungen überholt. Niemand denkt
mehr daran, eine Gebirgshaubitze zerlegt und auf 12 Mulis verlastet auf den
Watzmann zu verbringen (ja, das gab
es mal!). Die Technik ist weit fortgeschritten und hat vieles revolutioniert,
und auch die militärischen Szenarien
verlangen heute ein teilweise anderes
Wirkungsspektrum als früher. Aber das
oben erwähnte taktische und operative
Grundprinzip der Artillerie bleibt unangetastet, zumindest im Krieg mit hoher
Intensität.
Was hat das mit der modernen Sicherheitspolitik zu tun? Nun, auch hier haben sich die Bedingungen verändert.
In einer zunehmend komplexen Welt
reicht militärische Stärke nicht mehr
hin zur Wahrung von Frieden in Freiheit. Andere Instrumente kommen hinzu und spielen nicht selten sogar eine
Schlüsselrolle - oder oft besser gesagt:
„sollten“ diese spielen. In Zeiten, die uns
in hoher Frequenz mit überraschenden
Krisen in und rund um Europa konfrontieren, brauchen wir einen sehr viel
breiter ausgestatteten Werkzeugkasten
als früher. Wir müssen viel umfassender
denken, uns viel besser vernetzen und
viel weitsichtiger handeln. Wir müssen
also auch auf sicherheitspolitischer
Ebene so manches von den Grundgedanken umsetzen, was die Artillerie im
Gefecht der Verbundenen Waffen immer auszeichnete.
Es gibt derzeit kaum ein Thema, auf
das diese Erkenntnis besser zutrifft als
die Flüchtlingsfrage. Sie ist eine der
wichtigsten Gründe dafür, dass Sicherheitspolitik heute wieder eine gewaltige Aufwertung erfährt - und zugleich
deutliche Schwächen offenbart. Niemand kann heute behaupten, wir Europäer seien absolut erfolgreich in unserer Sicherheitsvorsorge und damit der
aktiven Gestaltung unserer Zukunft.
Dabei geht die Dimension des aktuellen Problems weit über die rund eine
Million Flüchtlinge und Asylsuchende hinaus, die im vergangenen Jahr in
Deutschland Schutz gesucht und dabei
auch eine tiefe Spaltung in der innen-
Umkämpftes Kobane - Luftschlag der Koalition gegen Stellungen von ISIS
(Foto: Orlok/Shutterstock.com)
politischen Debatte ausgelöst haben.
Denn vermutlich stehen wir erst am Anfang eines noch bedeutend größeren
globalen Schubes. Er hat einerseits mit
gravierend unterschiedlichen Lebensbedingungen zwischen konfliktträchtigen und -freien bzw. armen und reichen Regionen zu tun, andererseits
aber auch mit neuen technologischen
Errungenschaften, die durch moderne
Informations- und Kommunikationschancen weltweit Transparenz schaffen
und nebenbei die menschliche Massenmobilität enorm erhöhen. Unter dem
Strich bleibt der reale Migrationsdruck
ungebrochen, vorsichtig ausgedrückt.
Und niemand kann seriös abschätzen,
wie sich dieser Trend weiterentwickelt.
Was bedeutet das für uns Deutsche und
Europäer? Zunächst muss man feststellen: Das sicherlich wichtige Flüchtlingsmanagement allein befreit uns nicht
von den künftigen Risiken. Es geht also
primär nicht nur um den heftigen Streit
darüber, ob eine Willkommenskultur die uns doch eigentlich sehr, sehr stolz
machen darf - eher einer Ablehnungskultur weichen sollte, oder wo genau
eine Art „pragmatischer Balance“ liegen könnte, die unseren berechtigten
Interessen genügt und gleichzeitig mit
unseren Werten im Einklang steht. Auch
eine Beantwortung der Frage, wie denn
der Schutz der Außengrenzen Europas
sinnvoll zu schaffen ist und wie generell die Lasten der Migration fair auf alle
europäischen Staaten verteilt werden
können, hilft uns nur teilweise weiter.
Die Gretchenfrage also, ob „wir das
wirklich schaffen“, ist allenfalls von rhetorischer Bedeutung. Denn erstens ist
ein „Nicht-Schaffen“ überhaupt keine
Option, und zweitens sollten wir tunlichst zwischen primären und sekundären Wirkungen unterscheiden. Was
ist damit gemeint?
Flüchtlingslager Sanliurfa an der türkisch-syrischen Grenze
mit syrischen Kriegsflüchtlingen aus Kobane (Foto: Orlok/Shutterstock.com)
Schauen wir uns zunächst einige beliebig herausgegriffene Fakten an: Weltweit sind derzeit mehr als 60 Millionen
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Über den Tellerrand geschaut
Zum einen etwa die vielen ungelösten
und viel zu oft gewaltsam ausgetragenen Konflikte in den einschlägigen
Regionen - wobei der arabische Raum
keineswegs einen Einzelfall darstellt.
Zum anderen die offenkundigen Folgen des Klimawandels, die das Leben in
ohnehin schon benachteiligten Gebieten immer unerträglicher machen. Und
schließlich der global unausgewogene
demografische Wandel mit Geburtenraten, die in armen Regionen hoch und
umgekehrt in reichen Ländern niedrig
sind. Was das alles in der Summe auf
lange Sicht bedeutet, lässt sich unschwer erahnen.
Juni 2015: Die Flüchtlinge werden an Bord der Fregatte „Hessen“ geholt
(Foto: Bundeswehr/A. Gottschalk)
8
Menschen auf der Flucht, aus unterschiedlichen Motiven, aber mit rapide
steigender Tendenz. In Afrika etwa, dessen Bevölkerung sich in den nächsten
drei Jahrzehnten absehbar verdoppeln
wird, betrifft das heute bereits rund 15
Millionen. In Syrien hat im Zuge des
blutigen Konflikts mehr als die Hälfte aller Bürger ihre lokale Heimat verlassen
müssen. Im politisch ohnehin zerbrechlichen Libanon ist jetzt jeder vierte Einwohner ein Flüchtling aus dem Nachbarland. Und noch eine erschütternde
Erkenntnis: In den vergangenen beiden
Jahren sind über 7.000 Menschen auf
der Flucht im Mittelmeer ertrunken
- wie viele Zigtausende auf dem Landweg durch die Sahara ihr Leben lassen
mussten, bevor sie ihr Zwischenziel der
afrikanischen Küste erreichen konnten,
können wir nur vermuten.
Die Not, sei sie nun real oder gefühlt,
könnte kaum drastischer beschrieben
werden. Oder anders ausgedrückt: Für
uns Europäer bedeuten Wegschauen,
Abschotten oder Aussitzen keine echten Optionen. Der Migrationsdruck ist
einfach zu hoch, und er wird sich immer
wieder neue Ventile suchen. Es reicht
heute nicht mehr hin, globale Risiken
auf Distanz halten zu wollen. Das Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“ trägt
nicht mehr. Und mehr noch: Wenn wir
nur auf die Symptome der Flüchtlingsbewegungen achten, kommen wir aus
der Defensive nie heraus. Dann werden
die Probleme, die uns derzeit zu Recht
ZU GLEICH 1/2016
beunruhigen, zur never-ending-story. Um das in der Sprache der Artillerie auszudrücken: Abriegeln oder gar
Sperrfeuer zur Lösung der Flüchtlingsfrage, das ist ein absurder und zugleich
erfolgloser Ansatz.
Wir müssen schon bedeutend tiefer
bohren. Wir müssen nach den Ursachen
fragen und vor allem gut überlegen, wie
wir diesen begegnen können und wo
Im Ergebnis liegt man gewiss nicht verkehrt, wenn man unkontrollierte und
unkontrollierbare Migrationsbewegungen als eine der größten sicherheitspolitischen Herausforderungen im 21.
Jahrhundert bezeichnet. Sie sind nicht
zuletzt deshalb so schwierig, weil man
sie nur mit international gemeinsamen
Anstrengungen, mit einem breiten Ansatz unterschiedlichster Maßnahmen
und mit einem sehr langen Atem einigermaßen beherrschen kann. Die dringend erforderlichen Antworten verlangen also das Bohren ganz dicker Bretter.
Slowenien, Breznice - Oktober 2015: Als die Balkanroute im Wesentlichen noch offen war
- Tausende Flüchtlinge auf dem Weg Richtung Deutschland
(Foto: Janossy Gergely/Shutterstock.com)
wir dabei auf Grenzen unseres eigenen
Handlungsspielraums stoßen. Auf der
Suche nach möglichen Wurzeln stößt
man ja schnell auf Einleuchtendes:
Aber klar ist auch: Je später wir damit
beginnen, umso unerfüllbarer wird die
Aufgabe.
An dieser Stelle kommen wieder die bereits erwähnten zentralen Forderungen
an eine moderne Sicherheitspolitik ins
Spiel: Umfassend denken, vernetzt handeln und strategisch ausrichten. Die bisherigen Konzepte, die auf verzweifelte
Schadensbegrenzung im Sinne kurzfristiger nationaler Interessen setzen,
reichen in keiner Weise mehr hin. Jetzt
brauchen wir ein gutes Fernlicht, und
darüber hinaus ist das geboten, was
jeder Artillerist als Erfolgsrezept kennt:
Klotzen statt Kleckern und gemeinsames Anpacken mit Zu-Gleich. Man sieht
also, wie wichtig nach wie vor die übergreifenden Weisheiten der deutschen
Artillerie sind - und dies selbst auf fremden Teilen des sicherheitspolitischen
Terrains.
September 2015: Syrische Kriegsflüchtlinge signalisieren am Budapester Keti
Bahnhof ihr Reiseziel - Deutschland (Foto: Istvan Czak/Shutterstock.com)
Zum Autor:
GenLt a.D. Dipl.-Kfm. Kersten Lahl
(WBK) und zugleich Kommandeur der
1. Gebirgsdivision (GenMaj).
* 6. Juli 1948 in Bielateal/Kreis Pirna, ev.luth., verh., 3 Töchter. Aufgewachsen in
Gräfelfing bei München. Abitur 1967.
2001 - 2003 Befehlshaber Wehrbereich IV „Süddeutschland“ (Bayern und
Baden-Württemberg) mit Dienstsitz in
München. Danach zunächst Stellvertretender Befehlshaber und ab 2005
Befehlshaber des Streitkräfteunterstützungskommandos (SKUKdo), also des
Führungskommandos der Streitkräftebasis in Köln-Wahn. Pensionierung als
Soldat zu Ende Februar 2008.
Militärische Laufbahn
Diensteintritt 1967 als Jäger in Füssen.
1968 bis 1970 Offizierausbildung in
Sonthofen, Idar-Oberstein und München. 1970 - 1972 Batterieoffizier in
der 4./Gebirgsartilleriebataillon 235
in Bad Reichenhall. 1972 - 1973 Hörsaaloffizier an der Heeresoffizierschule
III in München. Ab 1973 Studium der
Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim, 1978 Abschluss mit
Prädikat als Diplom-Kaufmann. 1979
- 1981 Batteriechef der 4. Batterie des
Gebirgsfeldartilleriebataillons 81 in
Kempten. 1981 - 1983 Generalstabslehrgang an der Führungsakademie der
Bundeswehr in Hamburg. 1983 - 1985
Referent für Planung im Führungsstab der Streitkräfte (FüS) . 1985 -1986
US-Generalstabsausbildung am Command and General Staff College in Fort
Leavenworth, Kansas. 1986 - 1988 G3
im Stab der Panzergrenadierbrigade 31
in Oldenburg. 1988 -1989 Kommandeur
Beobachtungsbataillon 113 in Delmen-
Nach der Pensionierung
als Befehlshaber SKUstgKdo (2007)
horst. 1989 -1991 BMVg, Referent für die
Konzeption der Bundeswehr im Führungsstab der Streitkräfte. 1991 - 1994
(Oberst) Adjutant und militärpolitischer
Berater des Bundespräsidenten Richard
von Weizsäcker.
1994 bis 1996 Brigadekommandeur
Panzerbrigade 34 (BrigGen). 1996 - 2000
Unterabteilungsleiter im BMVg für die
Personalführung des militärischen Spitzenpersonals. 2000 bis 2001 Befehlshaber im Wehrbereichskommando VI
Im Anschluss an seinen aktiven Dienst
übernahm Lahl in Berlin im März 2008
den Posten des Präsidenten der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, der
höchstrangigen ressortübergreifenden
Weiterbildungseinrichtung
Deutschlands auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik, und übergab diesen turnusgemäß
Ende August an Botschafter Heumann
aus dem Auswärtigen Amt. Seither engagiert sich GenLt a.D. Lahl ehrenamtlich
auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik,
so unter anderem als Vizepräsident der
Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP)
und als Leiter des Forum München der
Deutschen Atlantischen Gesellschaft.
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Historischer Rückblick
Vergessener Held
Der Mann, der den dritten Weltkrieg verhinderte
SPIEGEL ONLINE, 21. April 2010
Atomraketen im Anflug: Im September 1983 erlebte Stanislav Petrow den Alptraum. Die sowjetische Frühwarnzentrale meldete den Start amerikanischer Raketen. Die Apokalypse? Oder nur ein Fehlalarm? Dem Oberst blieben Minuten,
um die wohl wichtigste Entscheidung des 20. Jahrhunderts zu treffen.
Von Benjamin Bidder
„Der Himmel“, sagt Stanislaw Petrow,
70, Sohn eines sowjetischen Kampfpiloten, Oberst a. D. der Luftabwehrstreitkräfte, ein Weltenretter im Ruhestand,
„der Himmel hält immer Überraschungen bereit.“ So wie damals, als der Himmel ihn zu täuschen versuchte, aber
Petrow ihm auf die Schliche kam. Er hat
sich nicht blenden lassen.
10
Es war 1983, der Kalte Krieg steuerte
gerade auf seinen Höhepunkt zu. Die
Sowjets hatten seit Mitte der siebziger
Jahre mehr als 400 Raketen des Typs SS20 „Saber“ in Dienst gestellt, Spitzname:
„Schrecken Europas“. Zwei Drittel der
modernen Raketen waren auf Westeuropa ausgerichtet, auf Ziele wie London, Paris, Bonn. Jede Rakete verfügte
über eine Sprengkraft von bis zu einer
Megatonne, 50-mal mehr als die 1945
über dem japanischen Nagasaki abgeworfene Atombombe „Fat Man“.
Im Frühjahr 1983 berechneten Ärzte
aus ULM die Folgen eines Angriffs mit
einer sowjetischen SS-20 auf ihre Stadt.
Ihr Ergebnis: Im Bruchteil einer Sekunde würde über Ulm ein Feuerball von
mehreren Hundert Metern Durchmesser entstehen. Die Innenstadt würde
ausradiert, an der Stelle des gotischen
Münsters ein Krater klaffen. Selbst im
Umkreis von vier Kilometern Entfernung um die City würden Gebäude
wie Kartenhäuser zusammenfallen. Die
Bilanz einer einzigen Bombe: 123.000
Tote, 80.000 Schwerverletzte.
MOSKAU rechnete jederzeit mit
einem Atomangriff
Der Westen reagierte auf die SS-20-Bedrohung seinerseits mit Aufrüstung und ließ in Europa Pershing-II-Raketen
aufstellen: In Washington führte seit
1981 Ronald Reagan das Zepter, der 40.
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Wo Oberst Petrow arbeitete - davon
hatte seine Familie keine Ahnung. Frau
Raissa und die beiden Kinder stellten
nie Fragen. Am 25. September 1983
verabschiedeten sie Petrow, um 20 Uhr
begann seine Schicht in Serpuchow-15.
Der Ort, rund 90 Kilometer südlich von
Moskau, war auf keiner frei erhältlichen
Landkarte verzeichnet, eine geschlossene Stadt, errichtet um einen Stützpunkt
der Streitkräfte der Luftverteidigung.
Hier befand sich die Zentrale des satellitengestützen Raketenwarnsystems
„Oko“, hier diente Oberst Petrow.
Der Feind soll früher sterben
- das ist die Logik des Kalten
Krieges
Oberst a. D. Stanislaw Petrow bei der Verleihung des Deutschen Medienpreises
2011 in der Kongresshalle Baden-Baden
(Foto: dpa /picture alliance )
Präsident der USA wollte die Sowjetunion - das „Reich des Bösen“ - in einem
Wettrüsten in die Knie zwingen.
Die Stimmung war aufgeheizt, MOSKAU rechnete jederzeit mit einem Überraschungsangriff der USA, Sowjetführer
Juri Andropow war überzeugt, Amerika plane den Erstschlag. Noch als Chef
des sowjetischen Geheimdiensts hatte
er deswegen Operation „RJAN“ gestartet: Mitarbeiter der KGB-Residenturen
spähten seit 1981 rund um die Uhr Regierungseinrichtungen in den Hauptstädten des Westens aus. Überstunden
hochrangiger Beamter und nachts hell
erleuchtete Bürofenster galten ebenso als Alarmzeichen wie ein erhöhtes
Briefaufkommen bei der Post und massenhafte Einlagerung von Lebensmitteln. Es hätten Vorbereitungen für einen
Angriff sein können.
Obschon vom Rang Offizier, war Petrow
selbst Zivilist, ein studierter Ingenieur.
„Die Welt kann froh sein, dass ich in dieser Nacht das Kommando geführt habe
- und kein dumpfer Militär“, sagt Petrow
heute. Vielleicht hätte ein Militär anders
entschieden, streng nach Vorschrift,
vermutlich falsch. Petrow dagegen vertraute seinem Gefühl.
Der Nutzen von Frühwarnsystemen wie
„Oko“ war damals begrenzt. Dessen Satelliten können einen bevorstehenden
Nuklearschlag zwar rund zehn Minuten
früher melden als die klassische Radarüberwachung, doch ihn verhindern, die
Raketen abfangen, das konnte „Oko“
nicht. Immerhin konnte man den vernichtenden Gegenschlag früher starten, als wenn man sich nur auf Radarüberwachung stützt, Dutzende Millionen
Menschen auf der Seite des Feindes
stürben dann wenige Minuten früher.
In der Logik des Kalten Krieges ist das
ein Fortschritt.
Nachdem die Amerikaner als erste ein
eigenes Frühwarnsystem in Betrieb ge-
nommen hatten, arbeiteten die Sowjets
fieberhaft daran, den Rückstand wettzumachen. Ab 1972 wuchsen in Serpuchow-15 die Antennen von „Oko“ in die
Höhe, Petrow war von Anfang an dabei.
Die Computerprogramme stammten
von ihm, und auch das Handbuch zur
Bedienung des neuen Systems. Für Petrow war es der Job, den er sich stets
erträumt hatte. „Ich war so glücklich, als
ich erfuhr, dass ich mit dem Kosmos zu
tun haben würde.“
Sirenen künden vom Beginn der
Apokalypse
Doch an jenem 26. September verwandelte sich der Traum in einen Alptraum. Kurz vor Mitternacht jaulten die
Sirenen, auf dem 30 Meter messenden
Bildschirm vor Petrow leuchteten rote
Buchstaben auf: START. Das System
hatte den Abschuss einer Atomrakete
von einer US-Basis registriert. Spionagesatellit Kosmos 1382, seit einem Jahr
im All, meldete den Beginn der Apokalypse. 25 Minuten blieben bis zum Einschlag, irgendwo in Russland.
Im Kontrollzentrum Serpuchow-15 richteten sich die Augenpaare von 200 Mitarbeitern auf Oberst Petrow. Dass ein
Atomschlag stattfinden würde, schien
damals nicht nur möglich, sondern sogar höchst wahrscheinlich. Russische
Spione hatten kurz zuvor von einem
geplanten Großmanöver der NATO erfahren. „Able Archer 83“ sollte Ende November starten - und einen Atomkrieg
simulieren. Den nervösen Machthabern
in Moskau galt dies als Beweis westlicher Angriffsvorhaben.
Wie nervös die Finger am Abzug waren,
zeigte der Abschuss eines südkoreanisches Passagierjets Anfang September.
Wohl versehentlich war Korean Airlines
Flug 007 in russischen Luftraum eingedrungen. Moskau fackelte nicht lang
und gab den Kampfpiloten den Angriffsbefehl, 269 Menschen starben.
Falscher Alarm oder totale Vernichtung?
Petrow jedoch bewahrte Ruhe. Er erhob
sich von seinem Pult. Jeder seiner Untergebenen sollte ihn sehen. Er konnte
jetzt keine Panik gebrauchen, er brüllte: „Hinsetzen! Weiterarbeiten!“ Petrow
dachte in diesem Moment weder an
die Millionen möglicher Opfer eines
Nuklearkonflikts noch an seine Familie,
er dachte an Teelöffel: Niemand löffelt
einen Wassereimer langsam mit einem
Teelöffel aus, sagte er sich leise, niemals
würden die USA einzelne Raketen auf
die UdSSR feuern. Ein nuklearer Angriff
würde mit der Vernichtungskraft von
Hunderten Raketen gleichzeitig erfolgen, so hatte er es gelernt. „Nur: Sicher
war ich mir in dem Moment natürlich
nicht“, erinnert sich Petrow.
750 Millionen Toten und 340 Millionen
Verwundeten.
Dann rief er seinen Vorgesetzten an.
„Es ist ein falscher Alarm“, rapportierte
Petrow. Die Leitung knisterte. „Verstanden.“ Als Petrow auflegte, jaulten die
Sirenen erneut: Kosmos 1382 meldete
den zweiten Raketenstart und wenig
später den Anflug drei weiterer Raketen. Die Systeme in Serpuchow-15 liefen
einwandfrei, sie melden keine Fehler.
Petrow misstraute den Riesenrechnern,
die in 16 Schränken leise schnurrten,
dennoch: „Wir sind klüger als die Computer. Wir haben sie geschaffen.“
Oberst Petrow hat seiner Frau Raissa nie
erzählt von jener Nacht und den fünf
Raketenphantomen, der Vorfall unterlag der Geheimhaltung. Erst 1998 enthüllte ihn Generaloberst Juri Wotinzew,
damals Petrows Vorgesetzter, in einem
Interview. Raissa aber starb schon 1997
an Krebs. Petrow wohnt jetzt in Frjasino,
einem Vorort von Moskau. Er lebt zurückgezogen, einsam. Der alte Oberst
hat einen Fetzen Firmament an die
speckige Küchenwand gepinnt, er klebt
gleich neben der alten Marienikone,
eine Karte des Sternenhimmels. „Etwas
ergreift mich noch immer“, sagt Petrow,
schlohweißes Haar, buschige Brauen,
„wenn ich in den Kosmos schaue.“
750 Millionen Tote, 340 Millionen Verletzte - die Bilanz eines
Atomkriegs
Niemals war die Welt der atomaren Vernichtung näher als in dieser Nacht, sagt
Bruce Blair, US-Abrüstungsexperte und
heute Chef des World Security Institute.
„Die oberste sowjetische Führung hätte,
wenn sie über einen Angriff informiert
worden wäre und da sie binnen Minuten einen Entschluss fällen musste, die
Entscheidung für einen Vergeltungsangriff getroffen.“ Andropow, der damals
bereits vom Krankenbett aus regierte,
hätte wohl den „roten Knopf“ gedrückt
- und damit einen tatsächlichen Nuklearschlag der Amerikaner provoziert.
Der SPIEGEL berichtete 1983, was ein
Atomkrieg für die Welt bedeuten würde:
Rund 5000 Sprengköpfe würden über
dichtbesiedelten Gebieten in Nordamerika, Europa und Asien niederregnen,
1124 Städte, praktisch alle Zentren mit
mehr als 100.000 Einwohnern, würden
ausgelöscht. Der Cambridge-Mediziner
Hugh Middleton rechnete weltweit mit
Doch dank Stanislaw Petrow kam es
nicht dazu. Nach wenigen Minuten
bestätigen die Radarsysteme seine
Einschätzung. Es war ein Fehlalarm.
Vermutlich täuschte ein von einer seltenen Wolkenformation reflektierter Sonnenstrahl das sowjetische Warnsystem,
Satellit Kosmos 1382 deutete den Lichtblitz als Start einer Rakete.
Tadel von der eigenen Führung,
Ehrung vom Klassenfeind
Petrow bekam damals für seine Heldentat keine Orden, sondern einen Tadel
- weil er vergaß, seine Beobachtungen
im Dienstbuch festzuhalten, während
die Alarmsirenen schrillten. Die Ehrungen folgen erst später - vom einstigen
Klassenfeind. Nach dem Bekanntwerden des Zwischenfalls sandten dankbare Westeuropäer und US-Bürger
Fanpost ins Städtchen Frjasino. Eine
Britin schickte ein Pfund Kaffee, ein
Amerikaner einen Englischkurs - und
Hollywoodstar Kevin Costner 500 Dollar. Petrow reiste nach New York, erhielt
dort den „World Citizens Award“.
„Der Mann, der die Welt rettete“ nannten ihn die Zeitungen aus Übersee, und
„Stan the Man“. „Glauben Sie mir“, sagt
Petrow, „ich bin kein Held. Ich habe nur
meine Arbeit getan.“ So sieht er es. Alle
anderen wissen: Er hat die Menschheit
vor einem nuklearen Inferno bewahrt.
ZU GLEICH 1/2016
11
Streitkräftegemeinsame Taktische Feuerunterstützung/ STF
Joint Fire Support/ JFS
Mit Entscheidung Inspekteur Heer war die Artillerieschule seit dem 4. September 2009 als Ausbildungseinrichtung
STF/ JFS verantwortlich für die Aus- und Fortbildung sowie die Einsatzvorbereitung aller STF-Koordinierungselemente. Der Ausbildungsbereich Streitkräftegemeinsame Taktische Feuerunterstützung/ Indirektes Feuer
(AusbBer STF/ IndirF) hat am 01.07.2015 alle Aufgaben der Artillerieschule übernommen.
DEUTSCHLAND hat in IDAR-OBERSTEIN mit diesem AusbBer STF/ IndirF und seiner Zentralen Ausbildungseinrichtung (ZA) STF bereits eine spezialisierte Ausbildungseinrichtung realisiert. In Verbindung mit den ausgezeichneten
Ausbildungs- und Übungsmöglichkeiten für Indirektes Feuer und Luftnahunterstützung durch Starr- und Drehflügler auf dem benachbarten Truppenübungsplatz BAUMHOLDER, strebt das Heer mittelfristig den weiteren Ausbau
des AusbBer STF/ IndirF zu einem internationalen Ausbildungs- und Übungszentrum STF (MNAusbÜbZSTF) an.
BEGRIFFSBESTIMMUNGEN
STF/ JFS ist
die streitkräftegemeinsame Fähigkeit zur gegenseitigen Feuerunterstützung für die taktische Ebene von Land-, Luft- und
Seestreitkräften sowie Spezialkräften in allen Dimensionen des Einsatzraumes.
STF/ JFS ist ausgerichtet
auf die unmittelbare Feuerunterstützung von Operationen der taktischen Ebene und hat im Rahmen des Verbundes Aufklärung - Führung - Wirkung den koordinierten und reaktionsschnellen Einsatz des am besten geeigneten und im Einsatzraum
verfügbaren nationalen/multinationalen Wirkmittels zum Ziel. Wirkungsforderungen wachsen von unten nach oben (bottom
up) bis zu der Ebene auf, die eine Bekämpfungsentscheidung treffen darf, über Wirkmittel verfügt und diese zuweisen kann.
STF nutzt hierfür die am besten geeigneten Kräfte und Mittel aus dem gesamt verfügbaren Wirkmittelspektrum. Daher muss
STF ebenengerecht im bzw. mit dem JF-Prozess synchronisiert werden. Dies erfolgt ab Brigadeebene aufwärts.
STF
12
STF/ JFS umfasst
nationale und multinationale Aufklärungs- und Wirkmittel von:
- Artillerie und Infanterie (Mörser),
- Heeresfliegern,/ Kampfhubschrauber,
- Luftstreitkräften,
- Seestreitkräften/ Seeluftstreitkräften sowie
- Kräfte und Mittel der Heeresaufklärungstruppe.
Koordinierungselemente auf den jeweiligen taktischen Führungsebenen stimmen alle Erfordernisse untereinander ab.
Dies sind unterhalb der Ebene LCC (JFSCC)
- das Joint Fire Support Team (JFST) auf Einheitsebene,
- das Joint Fire Support Coordination Team (JFSCT) auf Verbandsebene,
- die Joint Fire Support Coordination Group (JFSCG) auf Brigade- und Divisionsebene.
Ein JFST besteht aus einem Boden-Boden-Trupp sowie einem Luft-Boden-Trupp, auch Fliegerleittrupp genannt.
Beide Trupps verfügen über jeweils einen FENNEK. Die Ausstattung der Fahrzeuge ist dabei unterschiedlich, da
die Trupps verschiedene Aufgaben wahrnehmen. Der Boden-Boden-Trupp lenkt das Feuer der boden- und seegestützten indirekten Waffen und den Einsatz der Kampfhubschrauber im Verfahren Close Combat Attack (CCA). Der
Luft-Boden-Trupp lenkt das Feuer von Dreh- und Starrflüglern im Rahmen des Close Air Support (CAS).
Grundlagen:
- BMVg Fü S - GenInsp - Konzeptionelle Grundvorstellungen „Streitkräftegemeinsame Taktische Feuerunterstützung“ (KGv STF) vom Oktober 2006 (Dv-online)
- HA AbtLtr I „Vorläufige taktische Grundlagen Streitkräftegemeinsame Taktische Feuerunterstützung (STF) für
Landoperationen“ vom April 2009
- C2-227/0-0-2080 „Führung der Artillerie“ , Kap. 7, I, vom Juni 2010 (Dv-online)
ZU GLEICH 1/2016
Entwicklung der Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung (STF) im Rahmen des
Framework Nations Concept (FNC)
Major Claudia Bredow, Teamleiter Taktische Einsatzprüfung
Amt für Heeresentwicklung III 2, KÖLN
Einleitung/ Historie
Das Framework Nations Concept
(FNC) ist eine deutsche militärpolitische Initiative, die darauf abzielt, mit
einer Rahmennation und sich freiwillig zusammenschließenden Staaten
NATO-Planungsziele gemeinsam zu
erreichen. Knappe Haushaltskassen
lassen die im Rahmen des NATO Verteidigungsplanungsprozesses (Defence Planning Process) gestellten
Anforderungen an die Mitgliedstaaten nur unzureichend mit Ressourcen hinterlegen und teilweise nicht
erfüllen. Mit dem FNC-Prozess will
DEUTSCHLAND beispielgebend aktiv
die Fähigkeiten im Bündnis verbessern und damit seiner erwarteten
Verantwortung und Rolle im Bündnis
nachkommen.
Basierend auf einem daraus resultierenden Gedankenpapier des NATO-Generalsekretärs wurden nachfolgend
zunächst einzelne NATO-Planungsziele – Targets – genannt und inhaltlich
durch das Bundesministerium für Verteidigung zu sogenannten Clustern zusammengefasst. In diesen Clustern können sich dann interessierte Nationen
zusammenschließen, die entweder besondere Teilfähigkeiten in einer besonderen Ausprägung beistellen können
oder aber bestimmte Fähigkeitslücken
über Kooperationen mindern wollen.
Während des Treffens der NATO-Verteidigungsminister Ende Februar letzten
Jahres bezeichnete Frau Bundesverteidigungsministerin von der Leyen das
FNC als ein wichtiges Produkt für den im
Mai stattfindenden NATO-Gipfel 2014.
Darüber hinaus stellte sie in Aussicht,
bis zum Gipfel entsprechende Memoranda of Understanding abzuschließen
und bereits am Rande des Folgetreffens
der Verteidigungsminister im Juni 2014
eine erste Gruppe mit interessierten Nationen zu bilden.
Und diese Absicht hat sie auch umgesetzt. Im September 2014 wurde während des Verteidigungsminister-Treffens
in WALES ein Joint Letter der 10 FNC-Nationen BELGIEN, KROATIEN, TSCHECHIEN, DÄNEMARK, DEUTSCHLAND, UNGARN, LUXEMBURG, NIEDERLANDEN,
NORWEGEN und POLEN gezeichnet.
Mit diesem 10-Nationen-Brief wurde der
NATO-Generalsekretär über den laufenden Prozess zur Umsetzung des FNC informiert.
Zeichnung des Joint Letter während des Verteidigungsminister-Treffens in WALES im September 2014. (Quelle: KdoH Plg)
Entwicklung in Deutschland
Auch in DEUTSCHLAND wurden die bisher definierten Cluster national zur Prüfung hinsichtlich einer deutschen Beteiligung oder sogar der Übernahme der
Verantwortung als Rahmennation an
die Teilstreitkräfte gegeben. Eine Rahmennation definiert sich über ein breit
angelegtes Fähigkeitsprofil, das kleineren, eher spezialisierten Nationen, die
Integration ihrer Fähigkeiten erlaubt.
Zentrale Rolle der Rahmennation ist
die Koordination der Beiträge der Mitgliedsnationen eines Clusters zu Gunsten der Erfüllung von Fähigkeitszielen
im Rahmen des NATO-Verteidigungsplanungsprozesses.
Nach eingehender Prüfung meldete
das deutsche Heer neben den Beiträgen der anderen Teilstreitkräfte im
Februar 2014 so die Bereitschaft zur
Übernahme der Verantwortung als
Rahmennation für das Cluster Joint
Fire Support in der sogenannten „Priority Shortfall Area“ Joint Fires. Es ist
derzeit der einzige Beitrag des Heeres
zum FNC und wurde durch das Bundes-
ministerium der Verteidigung gebilligt
und angemeldet.
Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren der fortgeschrittene
konzeptionelle Stand der „Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung (STF)“ in DEUTSCHLAND, Art
und Umfang der Umsetzung der konzeptionellen Vorgaben in Ausbildung
und Übung sowie die Relevanz dieser
Fähigkeit im Bündnis.
So erfährt die deutsche Konzeption
der STF, oder besser „Joint Fire Support
(JFS)“, international im Bündnis hohe
Akzeptanz. Sie dient als eine der Grundlagen der derzeit in der letzten Phase
der Ratifizierung befindlichen AArty-P
5 (Doctrine Indirect Fire) der NATO und
damit der Standardisierung.
Hinsichtlich der Lage im Bereich der
Ausbildung ist zunächst festzustellen,
dass vier wesentliche Rahmenbedingungen sowohl national als auch international die Ausbildung STF/ JFS
beeinflussen. Die Einsatzorientierung,
die Komplexität und der „Joint & Com-
bined“- Charakter dieser Fähigkeit erfordern die Umsetzung von STF/ JFS
bereits im Grundbetrieb. Ziel ist es, die
geeignetsten, verfügbaren nationalen
und multinationalen luftgestützten
oder bodengebundenen Wirkmittel
für die taktische Ebene koordiniert und
zeitgerecht zur Feuerunterstützung bereitzustellen. So ist die Betriebssprache
STF/ JFS naturgemäß Englisch und es
kommen ausschließlich NATO-Verfahren zum Einsatz.
Die Ressourcenknappheit hinsichtlich
strukturell abgebildeter Wirkmittel, die
kostenintensive Nutzung luftgestützter
Plattformen und der Einsatz von Präzisionsmunition machen eine besondere
Koordination und teilweise Zentralisierung notwendig. Und nicht zuletzt
bestimmt die teilstreitkraft- und truppengattungsübergreifende Abbildung
die Ausbildungslandschaft STF/ JFS.
Aus dieser Perspektive kommt der
Ausbildungseinrichtung STF/ IndirF
in DEUTSCHLAND eine besondere Bedeutung zu. Im Gegensatz zu anderen
europäischen Bündnispartnern verfügt
STF
14
NLD-BEL-DEU Expertengespräche in IDAR-OBERSTEIN im Februar 2015
Quelle: AusbBerSTF/ IndirF
ZU GLEICH 1/2016
DEUTSCHLAND bereits heute über eine
Einrichtung, die den o. g. Herausforderungen gerecht werden kann. Der
Ausbildungsraum
IDAR-OBERSTEIN/
BAUMHOLDER bietet herausragende,
in dieser Dichte und Qualität in anderen
Nationen nicht vorhandene Möglichkeiten. So ist auf dem Truppenübungsplatz BAUMHOLDER der nahezu uneingeschränkte Einsatz von luftgestützten
und bodengebundenen Wirkmitteln
möglich. Die Ausnahme bildet nur der
Einsatz der Präzisionsrakete GMLRS
Unitary aus dem Raketenwerfer MARS
lig im deutschen Heer. Hier ist die mit
der Luftwaffe und der Marine gemeinsame „Ausbildung und Übung in einer
Hand“ keine leere Worthülse mehr.
Dafür ist das Heer mit der Wahrnehmung
der Pilotaufgabe STF für die gesamten Streitkräfte beauftragt. Das heißt,
Teilstreitkräfte-übergreifende Verantwortung für die Entwicklung und Umsetzung STF in allen Planungskategorien, eingebettet in ein multinationales
Umfeld. Damit sind alle Grundlagen zur
Übernahme der Verantwortung als Rah-
NLD-BEL-DEU Expertengespräche in IDAR-OBERSTEIN im Februar 2015
Quelle: AusbBerSTF/ IndirF
II, die aus schießsicherheitsrelevanten
Gründen derzeit nicht in DEUTSCHLAND verschossen werden darf.
Bereits heute existiert im Ausbildungsbereich STF/ IndirF in IDAR-OBERSTEIN
eine auch für das Heer bisher kaum
erreichte Simulationslandschaft bzw.
-verknüpfung. So können simulationsgestützte Individualausbildung und
Verfahrenstraining mit dem scharfen
Schuss kombiniert werden.
Eine teilstreitkraft-übergreifende, auch
strukturell hinterlegte Abbildung der
Teilfähigkeiten STF/ JFS ist wohl einma-
mennation in diesem in hohem Maße
einsatzrelevanten Cluster gegeben.
Aktueller Sachstand
Vor diesem Hintergrund ist es das erklärte Ziel DEUTSCHLANDS, die Zielerreichung für die Mitgliedsstaaten im
Cluster Joint Fires maßgeblich über eine
Verbesserung der Ausbildungskooperation zu erreichen. Schwerpunkt ist die
Verbesserung der Ausbildung und InÜbung-Haltung auf Individual- und Teamebene bis hin zur Joint Fire Support
Coordination Group (JFSCG), verbunden mit einer gesteuerten Übungskoor-
dination und eines entsprechenden
Ressourcen-Sharings. Dies soll über die
Bereitstellung einer Multinationalen
Ausbildungs- und Übungseinrichtung
JFS (MNAusbÜbEinrJFS) in DEUTSCHLAND am Ausbildungsbereich STF/
IndirF in IDAR-OBERSTEIN erreicht werden. Das Leitmotiv dafür lautet „Kooperation durch Integration“ und nicht
„Kooperation durch Assimilation“. Das
heißt, dass der Ausrichtung STF/ JFS
folgend, nicht eine Fähigkeit oder Ausbildung gegen Bezahlung bereitgestellt
wird, sondern dort wo machbar und gewollt, eine „tiefe“ Integration, z. B. durch
die Gestellung von Ausbildern, Wirkmitteln, Einsatzerfahrung und Zusammenwirken auf konzeptioneller Ebene,
erfolgt.
Unterstützt wird dieser Ansatz durch
die im Januar dieses Jahres erfolgte
Zeichnung des Memorandum of Agreement „Joint Fires Observer“ (JFO) durch
DEUTSCHLAND. Damit ist DEUTSCHLAND Mitglied im sogenannten Joint
Fire Support Executive Steering Committee, welches als Gremium maßgeblich die Rahmenbedingungen für STF/
JFS im Koalitionsrahmen bestimmt.
Und DEUTSCHLAND ist damit, nach einer entsprechenden Zertifizierung der
Ausbildungseinrichtung, dazu berechtigt, JFO mit international anerkannter
Zertifizierung auszubilden. Ohne näher
auf die Detailqualifikationen eines JFO
einzugehen, ist dieser in den Teilfähigkeiten STF/ JFS breit ausgebildet, verfügt jedoch nicht über die Qualifikation,
um z. B. den Einsatz eines luftgestützten
Wirkmittels über eine entsprechende
„Weapon Release Authority“ (Freigabeentscheidung) auszulösen. Er kann
allerdings z. B. in Zusammenarbeit mit
einem ausgebildeten und qualifizierten
„Joint Terminal Attack Controller“ (Fliegerleitoffizier, ehem. Forward Air Controler) den Beobachtungs- und Wirkbereich eines Joint Fire Support Teams
(JFST) wesentlich vergrößern. Bezogen
auf den JFO haben die US-Streitkräfte ihre Kooperation im Aufbau einer
akkreditierten
JFO-Ausbildungseinrichtung am Ausbildungsbereich STF/
IndirF in IDAR-OBERSTEIN angezeigt.
Ein erster rein nationaler Pilotlehrgang
wurde bereits im Oktober 2015 erfolgreich durchgeführt. Weitere Schritte
ZU GLEICH 1/2016
STF
15
sind die Durchführung eines, durch die
US Air Ground Operation School begleiteten Lehrgangs und abschließend
der Akkreditierungslehrgang durch die
Joint Fire Support Executive Steering
Committee (JFS ESC) zu Beginn des 2.
Halbjahres 2016. Dieses wird durch den
US Joint Staff J-6 DD C5I, Chief, Joint Fires Division (JFD) geführt.
Insgesamt hatten in einem ersten Schritt
die NIEDERLANDE, BELGIEN, TSCHECHIEN, UNGARN, POLEN und KROATIEN im
Rahmen des FNC weiterführendes Interesse bekundet. Außerhalb der NATO
zeigen ebenfalls ÖSTERREICH und die
SCHWEIZ Interesse an einer intensivierten Ausbildungskooperation, wobei
insbesondere mit ÖSTERREICH bereits
richtungsweisende Kooperationsprojekte existieren.
STF
16
Die ersten sogenannten Expertengespräche wurden seit November 2014
mit der TSCHECHISCHEN REPUBLIK,
UNGARN, den NIEDERLANDEN und
BELGIEN am Ausbildungsbereich STF/
IndirF unter Leitung des Kommandos
Heer und fachlicher Federführung Amt
für Heeresentwicklung durchgeführt.
Die Gespräche mit POLEN erfolgten
im April 2016, mit KROATIEN, SLOWENIEN und FINNLAND im Juni 2016 und
mit UNGARN werden im Juli bereits
die Folgegespräche geführt. Darüber
hinaus haben mittlerweile zusätzlich
FRANKREICH, NORWEGEN, RUMÄNIEN, LITAUEN, LETTLAND und ESTLAND
so konkretes Interesse angezeigt, dass
hier ebenfalls Expertengespräche im 2.
Halbjahr 2016 stattfinden werden.
Die Expertengespräche dienen dazu,
zunächst das grundsätzliche Interesse
der Clusternationen zu ermitteln. Erst
in einem zweiten Schritt, nach erfolgter nationaler Billigung des grundsätzlichen Vorgehens, sollen dann detaillierte Kooperationsinhalte festgelegt
werden.
Die bisherigen Ergebnisse lassen Optimismus zu. Als Schnittmenge aller Gespräche sind folgende Kooperationsfelder von besonderem Interesse:
•
Die Teilnahme an der deutsch-niederländischen
Abschlussübung
ZU GLEICH 1/2016
GRIFFIN STRIKE; zunächst im Beobachterstatus,
•
die Teilnahme an der Ausbildung
der STF/ JFS-Koordinierungselemente auf Teamebene, abgestützt
auf die vorhandene Simulationslandschaft,
•
die gemeinsame Einrichtung eines
STF/ JFS-Übungskalenders,
•
der Austausch von Ausbildern bis
hin zur dauerhaften Stationierung
in DEUTSCHLAND,
•
die Teilhabe an einem auch national aufzustellenden Joint Terminal Attack Controller Competence
Centre (JTACCC) ab 2017 sowie
•
die gemeinsame konzeptionelle
Weiterentwicklung.
Mit FRANKREICH konnte bereits eine
Teilnahme an einem ersten multinationalen JFST-Lehrgang mit einem Geschützzug und Teilen eines Feuerunterstützungszuges für 2016 vereinbart
werden.Von besonderem Vorteil ist das
vormals bereits genannte deutsche
Leitmotiv für Kooperation durch Integration.
Ziele und Aussichten der STF
im FNC
Die Realisierung des Clusters STF/ JFS in
DEUTSCHLAND ist nun mit Nachdruck
zu fördern. Insbesondere die Einrichtung einer multinationalen (europäischen) Ausbildungs- und Übungseinrichtung STF/ JFS ist erklärtes Ziel und
wurde im Beitrag Heer zur Mittelfristigen Zielsetzung 2016 im Zwischenziel
2 abgebildet.
Ein erster Schritt wäre die Einrichtung
eines Joint Terminal Attack Controler Competence Centers (JTACCC) als
zentrales Element zur Ausbildung, InÜbung-Haltung, Überwachung, Koordinierung und Weiterentwicklung der
Joint Terminal Attack Controler (JTAC/
Fliegerleitoffiziere) in den deutschen
und bei entsprechendem Interesse
auch internationalen Streitkräften. Dieses, zu Beginn durch die die Luftwaffe
bemannte Element, würde gleichzeitig
mit der Zentralen Ausbildungseinrichtung STF den Nukleus für die spätere MNAusbÜbEinrJFS bilden und soll
noch in diesem Jahr mit ersten Teilen
aufwachsen. Eine besonders gute Möglichkeit für das Einbringen eines deutschen Beitrages in eine multinationale
und im Bündnis hoch priorisierte Fähigkeit, bei einem vergleichbar geringen
Preisschild. In einem zweiten Schritt
wird dann durch die Beschaffung eines
NATO-zertifizierten Ausbildungssimulators für die JFST und JTAC im Jahr 2016
die Bandbreite der Ausbildungsmöglichkeiten nochmals erhöht und Voraussetzungen für die weitere Kooperationen geschaffen.
Das Interesse von Nationen außerhalb
des FNC, wie z. B. ÖSTERREICH, ITALIEN
und der SCHWEIZ, unterstreichen die
Zweckmäßigkeit des bisherigen Vorgehens. Dies spricht für eine Ausweitung
des FNC auch auf Partnership-for-Peace-Nationen der NATO.
Eine MNAusbÜbEinrJFS fasst Aufklärungs- und Wirkmittel, Ressourcen und
Fähigkeiten an einem Ort zusammen.
Nur so können unter den vorherrschenden finanziellen Bedingungen gemeinsam die Voraussetzungen geschaffen
werden, die erforderlichen Fähigkeiten
und Fertigkeiten für die Ausbildung
im Bereich STF/ JFS langfristig in der
erforderlichen Breite und Tiefe aufzubauen und zu erhalten. Theorie, Simulation, praktische Ausbildung bis
hin zum scharfen Schuss, orientiert an
NATO-Verfahren, sind der Schlüssel für
eine multinationale Ausbildungseinrichtung. Mit einer MNAusbÜbEinrJFS
würde DEUTSCHLAND konsequent seiner Rolle im Cluster Joint Fires des FNC
gegenüber den kooperationsbereiten
europäischen Nationen gerecht werden.
Soldatenhilfswerk der Bundeswehr e.V.
Not lindern, Hoffnung geben:
Über 58 Jahre Soldatenhilfswerk der Bundeswehr e.V.
Kameradschaft ist ein Kernelement der Inneren Führung
in der Bundeswehr. Das Soldatenhilfswerk der Bundeswehr e.V. (SHWBw) geht mit bestem Beispiel voran und
mit ihm seine Spender. Die Aufgabe des Soldatenhilfswerks, Soldaten und ihren Familien die Hand in unverschuldeten Notlagen zu reichen, ist heute so aktuell wie
zum Zeitpunkt seiner Gründung am 18. Oktober 1957.
Als Selbsthilfeorganisation aller Soldaten/ Soldatinnen
der Bundeswehr hilft das SHWBw rasch und zielgerichtet dort, wo staatliche oder versicherungsrechtliche Unterstützung noch nicht, nicht mehr oder auch gar nicht
greift.
„Einsatzgebiet“ des SHWBw ist die schnelle und unbürokratische finanzielle Hilfe bei Behinderungen, schweren
Krankheiten, Unfällen, Unglücken, Todesfällen und anderen Schicksalsschlägen sowie bei im Einsatz verletzten, geschädigten und gefallenen Soldaten/Soldatinnen.
Hierbei ist es unerheblich, ob die Ursache im oder außerhalb des Dienstes, im Einsatz oder gar im häuslichen Bereich zu finden ist.
Auch Ihre Spende hilft nach dem Motto:
„Kameradschaft macht stark“
Soldatenhilfswerk der Bundeswehr e.V.
Postfach 1328, 53003 Bonn
Telefon: 0228 1214939
Fax: 0228 1244940
E-mail: [email protected]
www.Soldatenhilfswerk.org
Bankverbindung:
Postbank Köln
IBAN: DE67 3701 0050 0001 3055 03
BIC: PBNKDEFF
Hilfe zur Selbsthilfe ist das Leitbild des Soldatenhilfswerks. Gerade angesichts der Herausforderungen an die
Bundeswehr als Armee im Einsatz bleibt trotz mancher
Verbesserung der sozialen Fürsorgeleistungen des Dienstherrn die unbürokratische und rasche finanzielle Soforthilfe unverzichtbar; denn wer schnell hilft, hilft doppelt.
STF
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Das Soldatenhilfswerk der Bundeswehr e.V. als mildtätiger Verein finanziert seine Leistungen im Wesentlichen
aus Spenden. Es erhebt keine Mitgliedsbeiträge und erhält keine staatlichen oder anderweitigen Zuschüsse. So
sind Phantasie, Kreativität und persönlichem Einsatz der
Spendensammler keine Grenzen gesetzt. Ihr Erlös hilft
alljährlich hunderten Soldaten/Soldatinnen und/oder deren Familien, die unverschuldet in Not geraten sind.
Schnelle, kompetente und unbürokratische Hilfe in unverschuldeten Notlagen ist so zum Markenzeichen der
Organisation geworden. Seit seiner Gründung im Jahr
1957 hat das Soldatenhilfswerk in über 35.000 Fällen
mit einem Betrag von über 27 Millionen Euro Kameradschaftshilfe geleistet. Dabei hilft jede Ihrer Spenden!
Die vier verschränkten Hände im Logo des SHWBw stehen für die Idee des kameradschaftlichen Zusammenhalts und für die helfende Hand, die dem unverschuldet
in Not Geratenen gereicht wird.
ZU GLEICH 1/2016
Fachtagung
„Führungskreis Artillerie“ 2016
Hauptmann Marco Kreutzer
Amt für Heeresentwicklung, III 2, KÖLN
Am 12. und 13. April 2016 führte die
Gruppe III 2 STF/ Indirektes Feuer des
Amtes für Heeresentwicklung zum
dritten Mal die Fachtagung der Truppengattung, den „Führungskreis Artillerie“, im Tagungszentrum der Luftwaffenkaserne Wahn in KÖLN durch.
Insgesamt folgten knapp 50 Teilnehmer
aus allen Führungsebenen des Heeres
und den einschlägigen Referaten des
Ministeriums der Einladung des Gruppenleiters STF/ IndirF, Herrn Oberst
Dietmar Felber, nach KÖLN in die Luftwaffenkaserne Wahn. Im Mittelpunkt
der Veranstaltung standen die Kommandeure der Artillerietruppe mit den
Artilleriebataillonen 131 und 295 sowie
den Artillerielehrbataillonen 325 und
345.
STF
Neben dem General der Artillerietruppe und Leiter des Ausbildungsbereichs
STF/ IndirF, Herrn Oberst Koolman,
nahmen rund 45 Stabsoffiziere und
Offiziere aus dem Kommando Heer
(KdoH), dem Planungsamt der Bundeswehr (PlgABw), dem Einsatzführungskommando (EinsFüKdo), dem Ausbildungskommando (AusbKdo) und den
Ausbildungseinrichtungen Führungsakademie der Bundeswehr (FüAkBw),
Offizierschule des Heeres (OSH) sowie
dem Ausbildungsbereich Streitkräftegemeinsame Taktische Feuerunterstützung (AusbBer STF/ IndirF) aus
IDAR-OBERSTEIN, Vertreter aller Divisionen sowie Repräsentanten aus unseren
Schwesterabteilungen I, III und V unseres Amtes einschließlich unserer Verbindungsstabsoffiziere aus FRANKREICH,
KOREA und den NIEDERLANDEN, teil.
Gruppenphoto mit allen Teilnehmern
18
ZU GLEICH 1/2016
Den Preis für die weiteste Anreise zur
Fachtagung hätte unser ArtVerbOffz
aus DRAGUIGNAN in FRANKREICH gewonnen, der der Fachtagung gemeinsam mit dem XO RNLA (Royal Netherlands Army) Fire Support Command aus
T`HARDE in den NIEDERLANDEN beiwohnte. Mehr nationale und multinationale Fachkompetenz, Erfahrung und
Zuständigkeiten für die Artillerietruppe
für eine Fachtagung zu gewinnen, ist
kaum möglich.
Ziel der Fachtagung
GrpLtr III 2 verfolgte mit der Fachtagung „Führungskreis Artillerie“ die Absicht, allen Beteiligten ein einheitliches
Lagebild zur Truppengattung Artillerie
und zur Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung zur Verfü-
pe vortrugen. Deren Lagedarstellung
wurde durch die Vorträge der Joint Fire
Support Coordination Groups der Divisionen ergänzt. Inhaltlich wurden die
Herausforderungen der Verbände in
allen Führungsgrundgebieten dargestellt. Der aufgezeigte Handlungsbedarf konnte somit durch die Ämter, die
Kommandobehörden und die Ausbildungseinrichtungen teilweise unmittelbar vor Ort abgestellt werden. Darüber hinausgehender Handlungsbedarf
wurde im Rahmen einer „Action-List“
aufgenommen und wird im Rahmen
der Nachbereitung der Fachtagung
dort, wo möglich, zeitnah abgearbeitet.
AbtLtr AHEntwg III,GrpLtr AHEntwg III 2, General der Artillerie
gung zu stellen, aktuelle Handlungsfelder in den für die Artilleriebataillone
relevanten Bereichen zu identifizieren
und über alle Führungsebenen hinweg
im Detail zu betrachten. Dabei konnten
die mannigfaltigen Arbeitsbeziehungen zu allen militärischen Bereichen
und über alle Hierarchien hinweg direkt
und unmittelbar in der Fachtagung genutzt werden.
Aktuelle Themenfelder
Nach der Begrüßung durch den Abteilungsleiter III, Herrn Oberst i. G. Pohl,
und den einführenden Worten des
Gruppenleiters III 2, galt die volle Aufmerksamkeit zunächst der aktuellen
konzeptionellen Lage und den Entwicklungen in den multinationalen Ausbildungs- und Rüstungskooperationen
- hier mit besonderem Augenmerk auf
die Kooperationen mit FRANKREICH
und den NIEDERLANDEN. Die Lage
bei den Rüstungsprojekten und -produkten zeigte deutlich die Herausforderungen der aktuellen Materiallage
auf, mit denen die Artillerietruppe und
auch die Infanterie für den Bereich der
STF zu kämpfen haben. Die Darstellung
der aktuellen Lehrgangslandschaft im
AusbBer STF/ IndirF, die Weiterentwicklung der Führungsfähigkeit mit dem
Führungs- und Waffen-Einsatz-System
Daten-Lage-Einsatz-Rechnerverbund
(FüWES ADLER III) und der Schnittstelle
Artillery Systems Cooperation Activities
(ASCA), Fragen zur Soll-Organisation sowie der aktuelle Sachstand zur Multina-
Fazit
tionalen Ausbildungs- und Übungseinrichtung STF vervollständigten das Bild.
Dabei waren die künftige Gestellung
der Very High Joint Readiness Task Force
(VJTF) und die Fokusverschiebung zur
Landes- als Bündnisverteidigung Themen, die sich durch alle Vorträge wie
ein roter Faden zogen.
Nach einem anstrengenden ersten
Tag klang der Abend in gemütlicher
Insgesamt wurde die Fachtagung „Führungskreis Artillerie“ des Amtes für Heeresentwicklung durch alle Teilnehmer
äußerst positiv auf- und wahrgenommen. Durch die inhaltlich zielführenden
Vorträge und sehr offenen Gespräche
und Diskussionen konnten die Ziele der
Fachtagung in vollem Umfang erreicht
sowie der Zusammenhalt und die Kameradschaft der Artilleristen vertieft
werden.
STF
19
Blick ins Plenum
Atmosphäre bei einem gemeinsamen
Abendessen nach „brasilianischer Art“
aus.
Die nächste Fachtagung „Führungskreis
Artillerie“ ist für das erste Quartal 2017
geplant.
Am zweiten Tag richtete sich der Blick
der Veranstaltung auf die im Fokus stehenden Artillerieverbände, die zur aktuellen Lage aus dem Bereich der Trup-
ZU GLEICH 1/2016
Back to the roots
Ausbildung der
STF-Koordinierungselemente
in der klassischen
Operationsart Verzögerung
Oberstleutnant Joachim Schwarz,
Leiter Zentrale Ausbildungseinrichtung STF, IDAR-OBERSTEIN
Alte Männer wissen schon. Dieser
weise Spruch war in den letzten Jahren etwas außer Mode gekommen,
hatte doch die Einsatzrealität insbesondere in AFGHANISTAN das klassische Erfahrungsspektrum zwischen
Führern und Geführten umgekehrt.
Junge Offiziere und Unteroffiziere verfügten über Erfahrungen, die ältere
Soldaten nie gemacht hatten, „Operationen“ genannten Einsätze mit Kräften
bis zu Kompaniestärke bestimmten das
taktische Bild. Abweichungen in Rich-
STF
tung des konventionellen Gefechts
verbundener Kräfte mit seinen besonderen Erfordernissen wurden vielfach
als „rückwärtsgerichtet“ oder gar „old
school“ abgetan. Vor Jahren bekam
ich selbst die Frage gestellt, ob ich den
Paradigmenwechsel hin zur Stabilisierungsoperation nicht verstanden hätte.
Meine Begeisterung hielt sich damals in
Grenzen.
Doch dann kam die Annexion der Krim
durch RUSSLAND und das Vorgehen gegen ukrainische Kräfte im Donbass seit
Kräfte ROT im Simulator
20
ZU GLEICH 1/2016
dem Jahr 2014. Die NATO, nach eigenem
Bekunden überrascht durch die russische Operation, konnte nicht schnell
genug auf die Bedrohung reagieren. In
der Folge gewannen angesichts möglicher Szenarien die klassischen Operationsarten Angriff, Verzögerung und
Verteidigung wieder mehr an Bedeutung. Der Inspekteur des Heeres legte
folgerichtig als Vorgabe fest, dass diese
klassischen Operationen verbundener
Kräfte wieder primär und die Stabilisierungsoperation nur noch für den
Kenntniserhalt auszubilden seien.
Luftraumordnung Prinzipskizze
Es ergab sich für Zentrale Ausbildungseinrichtung
Streitkräftegemeinsame
Taktische Feuerunterstützung (ZASTF)
das Dilemma, dass die gesamte bisherige Ausbildung der Joint Fire Suppport
Coordination Teams (JFSCT) und Joint
Fire Support Teams (JFST) – weil aus der
Erfordernis der Einsatzvorbereitung erwachsen - auf dem AFGHANISTAN-Szenario beruhte und darauf optimiert war.
Der sich aus der veränderten Schwerpunktsetzung des Inspekteurs des Heeres mit Hinwendung zum „Handwerk“
ergebende Handlungsbedarf für die
Ausbildung der Koordinierungselemente STF war erheblich. Für alle Ebenen
von der Joint Fire Support Coordination
Group (JFSCG) über das JFSCT bis zum
JFST war die Ausbildung grundlegend
zu überarbeiten. Zwar blieb der Kernauftrag für alle Elemente der Gleiche,
die taktische Lage, die Befehlsgebung
und die Ausbildungsdetailplanungen
waren jedoch für die neue Marschrichtung nicht mehr verwendbar und mussten von Grund auf neu erstellt werden.
Der wesentliche Unterschied zwischen
den bisherigen, stabilisierungsdominierten Lagen und dem Neuansatz war
das Kräftedispositiv ROT und der weitest gehende Wegfall von Einsatzregeln
(Rules of engagement/ ROE). Sah sich z.
B. ein JFST bisher Gruppen oder Zügen
von Aufständischen auf vergleichsweise
kleinem Raum gegenüber, so muss jetzt
dem JFST verdeutlicht werden, dass
beispielsweise die Feuerunterstützung
einer Kompanie in der Verzögerung auf
einer Breite von über drei Kilometern
bei zu erwartendem Feind in mindestens Bataillonsstärke, also dreifacher
Überlegenheit, erfolgen muss.
Gesagt, getan. Als Rahmenlage wurde
die Lage OBSIDIA herangezogen, um
auf allen Führungsebenen über einen
schlüssigen Lageaufbau zu verfügen.
Zwar war OBSIDIA ursprünglich mit
Schwerpunkt auf die Stabilisierungsoperation ausgerichtet, wurde aber so
überarbeitet, dass ein Gefecht hoher Intensität abgebildet werden kann. Da für
alle Ebenen der STF-Koordinierungselemente die entsprechenden Führungsunterlagen zu erstellen waren, wurde
als oberstes zu betrachtendes STF-Koordinierungselement die JFSCG einer
Brigade festgelegt. Es galt also, Lagen
und Befehle von der Divisions- bis zur
Kompanieebene einschließlich der Befehle im laufenden Gefecht für eine Verzögerungsoperation schlüssig herunter
zu deklinieren.
(FNAKI lässt grüßen!/ Befehlsschema)
F
N
A
K
I
Feind
Nachbarn
Absicht
Kampfaufträge
Ich befinde mich bei...
Diese Aufgabe übernahm ein Heeresstabsoffizier der ZASTF, der gleichzeitig
ausgebildeter Taktik- und Logistiklehrer ist. Im Ergebnis wurden alle Unterlagen aus einer sich fortschreibenden
Verzögerungslage erstellt und mit dem
JFSCT-/ JFST-Lehrgang 02/2015 erstmalig zur Anwendung gebracht. Dieselbe Ausbildungslage wird quasi als
Nebeneffekt beim Pilotlehrgang JFSCG
im April 2016 erstmalig für die Großverbandsebene erprobt.
Aber es tauchten bei der Bearbeitung
der Lage noch wesentliche Probleme
auf, die Kopfzerbrechen bereiteten. Bisher war die ZASTF in den ISAF-nahen
Lagen davon ausgegangen, dass unsere Operationen unter Luftherrschaft
ablaufen würden und Luftnahunterstützung (Close Air Support/ CAS) fast
frei von Bedrohung durch feindliche
Flugabwehr durchgeführt werden könne. Nun aber war zunächst die Unter-
ZU GLEICH 1/2016
STF
21
FENNEK beim scharfen Schießen JOINT IMPACT
STF
22
drückung der feindlichen Flugabwehr
(Suppression of Enemy Air Defence/
SEAD) sowie die eigene Flugabwehr
(Short Range Air Defense/ SHORAD)
samt ihrer Auswirkung auf den Einsatz
eigener luftgestützter Wirkmittel im
Schwerpunkt zu betrachten, um das
Konzept STF vollumfänglich zur Wirkung bringen zu können. Besondere Bedeutung kommt diesem Thema in der
Planung und Vorbereitung einer Operation zu, besonders im Themenkomplex
Luftraumordnung/ Luftraumkoordinierung (LRO/ LRK).
Zeitgerecht vor Lehrgangsbeginn im
Februar 2016 wurden die erforderlichen
Dokumente fertiggestellt. Die taktische
Lage musste nun noch für die Phase
der Ausbildung im Simulator als Szenario umgesetzt werden. Hier gelang
es, zunächst ein mechanisiertes Bataillon der gegnerischen Kräfte samt
Unterstützungskräften im System
VBS3 einzubinden. Folgerichtig sahen sich die Lehrgangsteilnehmer im
Simulator plötzlich einer Vielzahl von
Feindkräftegruppierungen wie angreifenden Panzerkompanien, Schützenpanzern,
Gefechtsaufklärungstrupps und Flugabwehrkräften ROT
gegenüber. Insgesamt gelang es so, ein
ZU GLEICH 1/2016
realistisches Bild der Herausforderungen für JFSTs des Heeres abzubilden.
Für die Zukunft wird die Feindlagedarstellung erweitert, so dass mehrere JFST
zeitgleich im Simulator übern können.
Auch in der Geländeausbildung und
bei den Scharfschießen wurde auf
die neue Lage „aufgesetzt“, der Anteil
der STF-Koordinierungselemente am
Führungsprozess auf Großverbands-,
Verbands- und Kompanieebene stand
dabei stets im Vordergrund. Für die
Scharfschießphase wird für zukünftige Lehrgänge ein Konzept erstellt,
dass allen Sicherheitsauflagen eines
„Joint“-Schießens Rechnung trägt und
dennoch einen taktisch richtigen Einsatz der JFST ermöglicht.
Insgesamt lässt sich sagen, dass die
„großen“ Lagen ein wesentlich komplexeres Gefechtsbild ermöglichen und
damit mindestens ebenso hohe Anforderungen an die Lehrgangsteilnehmer
entstehen wie im Falle der bisherigen,
an Stabilisierungsoperationen ausgerichteten, Szenarien. Es ist aber auch
festzustellen, dass Lehrgangsteilnehmern das Vorstellungsvermögen für die
„großen Lagen“ fehlt, da in der Truppe
nicht mehr in dem Umfang Bilder ver-
mittelt werden, wie dies noch in den
neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts normal war. Ebenfalls bleibt
festzustellen, dass die einheitliche taktische Ausbildung der Heeresoffiziere
unverzichtbar bleibt, um als Grundlage
für das Gesamtverständnis komplexer
taktischer Lagen dienen zu können.
Für die Zukunft werden bei der ZASTF
die taktischen Grundlagen weiter verfeinert und Detailmängel behoben,
so dass künftig auf Basis einer soliden
Lage ausgebildet werden kann. Es gilt,
Erfahrungen aus den Lehrgängen einzuarbeiten und so zu verknüpfen, dass
dem Lehrgangsteilnehmer realitätsnahe Bilder gestellt werden können. Aktuelle Lagebezüge wie der deutsche Beitrag zur Very High Readiness Joint Task
Force (VJTF) oder andere aktuelle, reale
Einsatzszenarien werden dabei als Katalysatoren für die weitere Ausbildungsentwicklung genutzt, um somit dem
eigenen Anspruch einer Ausbildung
„tailored to customer“ gerecht
BOLD QUEST Fähigkeiten und Interoperabilität
auf dem Prüfstand
Major Claudia Bredow, Teamleiter Taktische Einsatzprüfung,
Amt für Heeresentwicklung III 2, KÖLN
BOLD QUEST Historie und Teilnehmer
BOLD QUEST ist eine vom US Joint
Staff organisierte Test- und Übungsreihe in den USA zur Erprobung
und
Bewertung der Interoperabilität und von Fähigkeiten von
NATO-Staaten und weiteren Koalitionspartnern. In einem jährlich
wiederkehrenden Ablauf werden in
diesem teilstreitkraftübergreifenden
und multinationalen Gemeinschaftsvorhaben Programme zur Fähigkeitsentwicklung umgesetzt, gemeinsame
Demonstrationen durchgeführt und
Analysen von Einsatzmitteln durch
die Nationen und Teilstreitkräfte erarbeitet.
BOLD QUEST wurde ursprünglich im
Jahr 2001 als Advanced Concept Technology Demonstration (ACTD) konzipiert. Die erste operationelle Erprobung
fand 2003 statt. BOLD QUEST entwickelte sich dann von einem ACTD-„Projekt“
zu einem wiederkehrenden Vorhaben
von gemeinsam durchgeführten Fähigkeitsnachweisen. Zu der anfänglichen
„Koalition der Willigen“, bestehend aus
den Teilstreitkräften der USA (Heer, Marine Corps, Marine, Luftwaffe, National
Guard) und vier Nationen, gehören seit
2003 die US-Teilstreitkräfte, das US Special Operations Command, das NATO
Hauptquartier und 14 Partnernationen - AUSTRALIEN, BELGIEN, KANADA,
DÄNEMARK, FINNLAND, FRANKREICH,
DEUTSCHLAND, ITALIEN, NIEDERLANDE, NEUSEELAND, NORWEGEN, POLEN,
SCHWEDEN und das VEREINIGTE KÖNIGREICH - zur BOLD QUEST-Gemeinschaft.
Ziele
Das gemeinsame Ziel der Teilnehmer
besteht in der Verbesserung der In-
White Sands Missile Range - Durchführungsort der LFX
teroperabilität und des Informationsaustauschs hinsichtlich einer Vielzahl
von Koalitions- und Einsatzfähigkeiten.
Der Schwerpunkt liegt in der Verbesserung der Interoperabilität im kinetischen Wirkmittelverbund auf allen
Ebenen, vom Joint Forward Observer/
Joint Terminal Attack Controller bis zum
Combined Joint Task Force (CJTF)-Hauptquartier. Gemeinsame Themen im Rahmen von BOLD QUEST sind:
Š digitale Verfahren zur Luftnahunterstützung,
Š digitale Verfahren zur bodengebundenen Feuerunterstützung z.
B. mit der Schnittstelle Artillery Systems Cooperation Activities (ASCA),
Š streitkräftegemeinsame Einsätze
im Rahmen von Streitkräftegemeinsamer Taktischer Feuerunterstützung (STF),
Š operationelle/ virtuelle integrierte
Luftverteidigung und Flugkörperabwehr,
Š Überwachung eigener Truppenbewegungen und
Š das aktuelle Boden/ Luft-Lagebild.
Schwerpunkt der jeweiligen Test- und
Übungsdurchgänge bei BOLD QUEST
sind bis zu zwei operationelle Erprobungen je Haushaltsjahr, in denen die
Truppe, die Fähigkeitsentwickler und
die Erprobungsstellen für zwei bis drei
Wochen zusammenkommen, um in realistischen Szenarien zu testen und Daten zu sammeln.
Personeller und materieller
Umfang
Bei einer “typischen“ BOLD QUESTÜbung finden sich 800 - 1200 Soldatinnen und Soldaten, militärisch-zivile
Mitarbeiter, Regierungsangestellte und
Personal aus Industrie und Entwicklung
vor Ort ein, unterstützt von mehreren
Hundert sonstigen Mitarbeitern an
Dienststellen innerhalb und außerhalb
der USA. Die Ausrüstung auf der Liste der übenden Truppe umfasst Rad-,
Ketten-, Führungs- und Kampffahrzeuge, Kampfflugzeuge, Kampf- und
Transporthubschrauber, Simulationssysteme sowie Einrichtungen von Führungstruppenteilen oder Rahmenleitungsgruppen.
ZU GLEICH 1/2016
STF
23
ŠŠ Laborphase,
ŠŠ Artillerieschulschießen mit Einsatz
amerikanischer und norwegischer
Rohrartillerie,
ŠŠ erstmalig über die Schnittstelle
ASCA der Einsatz eines US Raketenwerfers Hi-MARS, sowie
ŠŠ Einsatz von Luftstreitkräften und
Kampfhubschraubern mit Integration eines JFST in eine US-Infanteriekompanie während eines realen
Übungsabschnittes auf dem Truppenübungsplatz WHITE SANDS.
Das JFST FENNEK mit Blick auf die Impact Area
nach Einschlägen von Sprengmunition
Deutsche Heeresbeteiligung
2015
STF
24
2015 wurden in Ft. Bliss, USA, erstmalig
die beiden im Bereich STF abgebildeten Fähigkeiten zur bodengebundenen
Feuerunterstützung - „Digitally aided
Fires Support“ (DaFS) sowie zur luftgestützten Feuerunterstützung „Digitally
aided Close Air Support“ (DaCAS) - beübt und im internationalen Rahmen mit
Großgerät und Übungstruppe getestet.
Die heeresseitige Personalgestellung
erfolgte unter Führung Kommando
Heer durch das Amt für Heeresentwicklung, das Artillerielehrbataillon 325
und das Kommando Spezialkräfte. Erstmals waren mit dem Joint Fire Support
Team FENNEK, einem Joint Fire Support
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Coordination Team TPz FUCHS, einer
Operations- und Feuerleitzentrale der
Artillerie und dem Schnittstellentrupp
Taktische Datenlinks operationelles
Großgerät vor Ort. Die Luftwaffe war mit
einer Reihe von Spezialisten für DaCAS,
Joint Terminal Attack Controlern, Fachpersonal für Simulation und Identifikation vor Ort und stellte mit Kampfflugzeugen TORNADO und einem LEAR-JET
operationelles Hochwertgerät für die
digital unterstützte Luftnahunterstützung zur Verfügung. Die deutsche Marine war mit Beobachtern vertreten.
Auf Grund der einmaligen Möglichkeiten zur Weiterentwicklung und zum
Testen der technischen und prozeduralen Interoperabilität bis hin zu operationellem Gerät im Bereich der STF mit
unseren multinationalen Partnern, wird
die langjährige deutsche Teilnahme unter Führung Kommando Heer und dem
inhaltlichen Federführer AHEntwg III
2 (5) fortgesetzt. Die nächsten beiden
Jahre werden mit Schwerpunkt der Vorbereitung der Führungsfähigkeit des
Systemverbunds STF für die Very High
Readiness Joint Task Force (VJTF) 2019
gelten. Hierfür ist als Test- und Übungsumgebung ein jährlicher Wechsel von
Großgerät und Laborausstattung vorgesehen.
Die Technologiedemonstration erstreckte sich über drei Anteile:
Das USA HIMRAS System im Scharfen Schuß
Vernetzte Simulation
in der ZASTF
Hauptmann Wolfgang Aurnhammer, Leiter der Datenbasisgenerierstation,
Zentrale Ausbildungseinrichtung STF, IDAR-OBERSTEIN
Aufmerksam beobachtet der Führer
des Joint Fire Support Teams den
ihm zugewiesenen Raum, neben ihm
steht in teilgedeckten Stellungen ein
Zug LEOPARD 2 Kampfpanzer. Die
drei anderen Züge der verstärkten
Panzergrenadierkompanie stehen
westlich in Stellungen entlang eines
Höhenzuges. Auf allen Funkkreisen
herrscht Stille. Da brechen vier offensichtlich feindliche Kampfpanzer
aus der Talmündung, die Ruhe auf
dem Funkkreis ist jäh zu Ende und
Meldungen über angreifende Panzer
im Vorfeld sowie über feindliches Artilleriefeuer vor den eigenen Stellungen gehen ein. Der Angriff der Kräfte
ROT hat begonnen!
Szenario „Steel on Steel“
Die Verteidigung gegen einen feindlichen Verband im Angriff für eine Ausbildung optisch darzustellen, ist eine Herausforderung für jede Simulation. Eine
beachtliche Anzahl an Gefechtsfahrzeugen muss sich taktisch glaubwürdig,
flexibel durch den Leitenden steuerbar
und ohne großen Personalaufwand im
virtuellen Gelände bewegen.
Bild 1: Feindliche Panzer treten zum Angriff an
programmierten Skripts eine praktikable Möglichkeit ist. Hierbei muss für
jedes Fahrzeug ein flexibles Wegpunktsystem erarbeitet und danach in der Simulation daraufhin geprüft werden, ob
die Gefechtsfahrzeuge sich wie geplant
verhalten.
Für die Steuerung der Kräfte ROT kann
natürlich nicht jedes Fahrzeug von ei-
nem eigenen Soldaten gesteuert werden. Der Personalansatz liegt bei dieser
Aufgabe bei einem Bediener für das
komplette Bataillon. Dieser kann mithilfe des selbst erstellten User Interface (Bild 2) die Kräfte ROT in Zugstärke
steuern. Diesen virtuellen Zügen wird
mit wenigen Mausklicks „befohlen“, sich
auf für diese Phase vordefinierte Positionen zu bewegen. Je nach Reaktion
Durch Versuche mit verschiedensten
Ansätzen wurde schnell klar, dass die
künstliche Intelligenz des Simulationssystems VBS3 (…) für eine Aufgabe dieser Größenordnung nicht geeignet ist.
Fahrzeuge, die in einem Übungsdurchgang einwandfrei durch das Gelände
fahren, sind beim nächsten Durchgang
nicht fähig, eine Baumgruppe zu umfahren. Dies macht es unmöglich, eine
Lage, geschweige denn eine Prüfungssituation gemäß einem Drehbuch herbeizuführen.
Schnell zeigte sich, dass nur die Verwendung von vorbereiteten Wegpunkten in
Verbindung mit verschiedenen eigen-
Bild 2: Übersicht Gefechtsstreifen mit Wegepunkten
ZU GLEICH 1/2016
STF
25
der Übungstruppe, kann der Leitende
das Szenario beeinflussen, indem er die
gegnerischen Kräfte weiter vorrücken,
in vorherige Stellungen ausweichen
oder Ausweichstellungen beziehen
lässt.
Vernetzte Simulation
Die Einbindung von Entitäten aus anderen Truppengattungen (z. B. TIGER) und
Teilstreitkräften (z. B. EUROFIGHTER, Fregatte F124) ist ein fester Bestandteil der
Konzeption dieses Szenarios. Ein probates Mittel zur realistischen Darstellung
dieser Kräfte ist die Vernetzte Simulation
innerhalb der Bundeswehr mit Hilfe des
Netzwerks der „Simulations- und Testumgebung Bundeswehr“ (SuTBw). Mithilfe
dieses Netzwerkes können verschiedene
Simulationszentren standortübergreifend verbunden werden.
Bild 3: User Interface zur Steuerung der Kräfte ROT
Die Generalprobe
STF
26
Am 9. März 2016 besuchte der „7er
Kreis“ des Amtes für Heeresentwicklung und zwei Mitglieder des Bundestages den Ausbildungsbereich STF/ Indirektes Feuer in IDAR-OBERSTEIN. Auf
dem Programm stand unter anderem
die Vorführung einer vernetzten Simulation. In Zusammenarbeit mit dem
Internationalen Hubschrauberausbildungszentrum in BÜCKEBURG wurde
ein Szenario präsentiert, in dem ein
feindliches verstärktes Bataillon mechanisierter Infanterie im Angriff auf eine
verstärkte Panzergrenadierkompanie
in der zeitlich begrenzten Verteidigung
trifft. Durch den koordinierten Einsatz
von Sperren, Artillerie und Kampfhubschraubern war es den eigenen Kräften
möglich, die erste Angriffswelle erfolgreich zu vernichten.
Technische Durchführung
Wie in Bild 4 zu sehen ist, wurden folgende technische Maßnahmen zur Vorbereitung durchgeführt:
Š Einrichten eines NH-Koppelports
(Anbindung an die BWI) zur Anbindung der lokalen VBS-Anlage
an den Liegenschaftszugangsknoten und somit an die SuTBw.
ZU GLEICH 1/2016
Bild 4: Einrichten einer verteilten Simulation Beispiel IntHubschrAusbZ BÜCKEBURG
Š Anbindung der Standortanlage der
SuTBw (Serversystem mit Schlüsselung über GENUA-Box).
Š Umbau von Teilen des bestehenden BWI-Liegenschaftsnetzes auf
Gigabit-LAN.
Š Vernetzung der lokalen VBS-Anlage
mit Anbindung an die Standortanlage SuTBw.
Š Aufnahme der lokalen VBS-Anlage
in eine Sub-Domäne der SuTBw.
Š Einbindung eines Rechners mit Instant Messenger in die Subdomäne.
Die technische Herausforderung der
Vernetzung war es, größere Szenarien
an verschiedenen Standorten und mit
mehreren Entitäten ohne Performanceeinbußen zu realisieren. Hierfür wurde
an den Standorten BÜCKEBURG und
IDAR-OBERSTEIN jeweils ein Simulationsserver mit einer eigenen Simulation
eingerichtet. Die Daten dieser Simulationen wurden über das VBS-Gateway
mit dem Distributed Interactive Simulation Standard (DIS) synchronisiert, um
so den Datenverkehr zwischen den beiden Servern zu minimieren.
Weiteres Vorgehen der ZASTF
Durch die erfolgreiche Bewältigung
der Generalprobe für die Vernetzung
von verschiedenen Simulatoren ist der
Weg geebnet für das nächste Etappenziel: Eine streitkräfteübergreifende und
internationale Vernetzung von Simulatoren. Erste Schritte hierzu sind eingeleitet. Einen möglichen Verbund zeigt
Bild 5.
Mithilfe eines streitkräfteübergreifenden Simulationsverbundes wird es
möglich sein, Ausbildungen und Übungen mit den entsprechenden Gegenstellen durchzuführen, ohne das Ausbildungs- und Darstellungspersonal durch
Dienstreisen zeitlich zu binden. Kooperationen mit verbündeten Streitkräften
sind technisch durchführbar und werden zweifelsohne die Zusammenarbeit
in der Ausbildung verbessern.
Bild 5: Möglicher streitkräfteübergreifender Simulationsverbund STF
STF
27
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ZU GLEICH 1/2016
Truppenführung 2015
Projekt Gruppe TF (Truppenführung) Oberst i. G. Norbert Sabrautzki
Oberstleutnant i. G. Pascal Pane
Major i. G. Achim Boot
Major i. G. Peter Müller
Amt für Heeresentwicklung, KÖLN
Die Entscheidung
Für Generationen deutscher Offiziere
in unterschiedlichen Armeen war und
ist die „TF“ die Bibel für die Führung
von Landstreitkräften. Trotz unterschiedlicher Rahmenbedingungen und
wechselndem Titel steht das Kürzel TF
(Truppenführung) für die Kontinuität
der deutschen Führungsgrundsätze für
Landstreitkräfte. In dieser Tradition stehen auch die aktuelle HDv 100/100 und
die sie ergänzenden HDv 100/200 und
100/400.
STF
28
Die HDv 100/100 wurde im November
2007 erlassen. Seitdem sind acht Jahre
vergangen und manches hat sich verändert. Eine Aktualisierung der Reihe
HDv 100 ist somit mehr als überfällig.
Der Inspekteur des Heeres hat dies zum
Anlass genommen, um nicht nur eine
Anpassung und Überarbeitung, sondern eine Neuerstellung dieser zentralen Vorschrift für Landstreitkräfte anzuweisen und dabei neue Wege zu gehen.
Die neue TF wird im Auftrag des Kommandos Heer in Federführung des Amtes für Heeresentwicklung im engen
Schulterschluss mit der Streitkräftebasis und dem Zentralen Sanitätsdienst
der Bundeswehr erarbeitet.
Altbewährtes bleibt
Nicht alles wird im Zuge dieser neuen
Entwicklungen neu in der TF. Vieles Altbewährte, was den typischen Charakter
der TF ausmacht, soll und wird auch in
der neuen Version Bestand haben und
somit eine Tradition fortsetzen, an manchen Stellen sogar wieder aufnehmen,
wo sie im Laufe der Zeit etwas aus dem
Fokus geraten ist.
ZU GLEICH 1/2016
Da ist zunächst das traditionelle, deutsche Verständnis von Truppenführung,
das es unter anderem so schwierig
macht, den Begriff Truppenführung
angemessen ins Englische zu übersetzen. Ausgangspunkt für die neue TF
bleibt das Verständnis, dass Truppenführung als die Summe von Führungsgrundsätzen die Führung von Truppen
früher nach dem Prinzip des Gefechts
der verbundenen Waffen, heute nach
dem Prinzip Operation verbundener
Kräfte (OpvbuKr) bedeutet, und zwar
unabhängig davon, auf welcher Führungsebene dies geschieht. Operation
verbundener Kräfte ist damit das fest
verankerte, identitätsstiftende Kriterium für Truppenführung.
Unverändert werden die Einsatzgrundsätze unterhalb der Truppenführung
den Regelungen der Truppengattungen, Aufgaben- oder Funktionsbereichen überlassen bleiben.
Auch die neue TF wird die Führungsgrundsätze zur Führung multinationaler Landstreitkräfte beschreiben.
Übergang zur Modulstruktur
Die Tatsache, dass von Beginn der Arbeit
bis zur Herausgabe der derzeitigen HDV
100/100 vier Jahre und für die gesamte
Reihe HDv 100 sieben Jahre vergingen,
lag im Wesentlichen an der sehr zeitaufwendigen Mitzeichnungsprozedur.
Ursache war, dass sich mit dem Nachschlagewerk-Charakter der Vorschrift
nicht nur zahlreiche unterschiedliche
Thematiken für Kommentare anboten,
sondern auch viele Stellen zu beteiligen
waren. Das sich hinziehende Ausfechten der jeweiligen Positionen im Detail
hatte das ganze Dokument in Mitlei-
denschaft gezogen. Erst als die letzte
kleine Unstimmigkeit ausgeräumt war,
konnte die Vorschrift erlassen werden.
Mit der Herausgabe der neuen modularen TF wird jedes Modul formal eine
eigenständige Regelung darstellen und
deshalb unabhängig von den anderen
Modulen geprüft, mitgezeichnet und
erlassen. Dies vereinfacht den Prozess
deutlich. Neben der Möglichkeit der
Ergänzung um ein zusätzliches Thema
durch Hinzufügen eines Moduls, ist die
Überarbeitung/ Anpassung der einzelnen Module nun wesentlich einfacher.
Insgesamt besteht damit die Aussicht,
dass die TF einen höheren Aktualitätsgrad erreicht, als ihn die heutige schon
hat, und zwar bei weniger Aufwand. Mit
dem Wechsel zu Modulstruktur wird so
insgesamt ein höheres Zukunftspotential geschaffen. Verbunden ist damit
auch die Erwartung, die neue TF in einer wesentlich kürzeren Zeitspanne
herausgeben zu können, als dies in der
Vergangenheit der Fall war. Dies soll
nach zwei Jahren Erarbeitungszeit Ende
2016 der Fall sein.
Deutsche Führungsphilosophie
Mit der Entscheidung, die allgemeingültigen Führungsgrundsätze zu einer
‚Führungsphilosophie‘ zusammenzufassen soll die Universalität der grundlegenden Führungsgrundsätze wieder
stärker hervorgehoben werden. Damit wird auch ein sich abzeichnender
Trend gebrochen werden, neuen, durch
veränderte Einsatzbedingungen entstehenden Situationen mit neuen und
spezielleren Grundsätzen zu begegnen.
Die lageangepasste Anwendung von
allgemeinen Grundsätzen durch den
Truppenführer wird wieder Vorrang
TF - STruktur (Quelle: ProjGrp TF)
erhalten, ohne allerdings die veränderten Herausforderungen zu ignorieren.
Mit der Zusammenfassung der szenarund auftragsunabhängigen Grundsätze
wird zentrales deutsches Führungsverständnis beschrieben. Durch diese Brille sind alle anderen Module und auch
NATO-Doktrin zu lesen und zu interpretieren.
Integration von NATO-Doktrin
Eine Reihe von Gründen führte zur Entscheidung, NATO-Doktrin in die neue TF
zu integrieren:
ŠŠ Mit der neu strukturierten Dokumentenlandschaft Einsatz hat das
BMVg die NATO-Doktrin auf der
operativen Ebene in die nationale
Hierarchie überführt. Statt der bisherigen Parallelität von ratifizierter
NATO-Doktrin auf der einen und
nationaler Doktrin auf der anderen
Seite sind nun die Allied Joint Publications (AJP) nationale deutsche
Bezugsdokumente geworden. Die
damit verbundene Absicht BMVg,
größtmögliche Interoperabilität bei
gleichzeitiger Vermeidung von Duplizierungen zu erreichen, verlangt,
die Suche nach Möglichkeiten der
Übertragung auf die taktische Ebene.
ŠŠ Mit der neu gestalteten Dokumentenlandschaft Einsatz ist die AJP-3.2
ALLIED LAND OPERATIONS, neben
der sehr abstrakten gehaltenen
nationalen Einsatzleitlinie, das nationale Bezugsdokument für Landoperationen, an dem sich auch die
neue TF auszurichten hat. Es ist
nicht mehr nur Kompatibilität gefordert, sondern vielmehr eine sich
durchziehende Stringenz – sicher
eine neue Qualität – die beispielsweise in der Übernahme bestimmter Systematik und Terminologie
zum Ausdruck kommt.
ŠŠ Der Bereich der Taktik, also der
Grundsätze für den planvollen Einsatz von Kräften, weist die größte
Relevanz in der täglichen multinationalen Zusammenarbeit im Einsatz auf. Hier könnte der Fortbestand der Parallelität von nationaler
und NATO-Doktrin problematisch
werden, weil unterschiedliche Terminologie und nicht einheitlich
beschriebene Grundsätze in der
täglichen Zusammenarbeit im Einsatz Missverständnisse produzieren
und nicht hinzunehmende Unsicherheit verursachen.
ŠŠ Vor dem Hintergrund des Anspruches als Rahmennation sind deutsche Landstreitkräfte gut beraten,
den sogenannten Anlehnungs-Nationen, oder besser deren Truppenteilen die Anlehnung dadurch
zu erleichtern, dass man da, wo
möglich, auf gemeinsame Doktrin
zurückgreifen kann. Dies ist nur auf
der Basis von NATO-Doktrin möglich.
Bei der Auswahl der zu übernehmenden NATO-Doktrin geht es nicht darum,
intelligente Textpassagen zu übernehmen und nach Übersetzung in die TF zu
integrieren. Es geht um die Übernahme
ganzer, geschlossener Dokumente in
Originalsprache. Dabei kommen solche
Dokumente in Frage, die sich inhaltlich
in die TF einfügen lassen, bei denen
bereits eine weitgehende Übereinstimmung mit deutschem Verständnis vorliegt und die zu einem akzeptablen Umfang dem gewünschten Charakter der
TF entsprechen. Hierbei sind natürlich
Kompromisse erforderlich. Es kommt
darauf an, mit Augenmaß zu entscheiden, was noch akzeptabel erscheint
ZU GLEICH 1/2016
STF
29
und was nicht – im Sinne der TF – mitgetragen werden kann. Um diese Entscheidung zugunsten einer Übernahme zu erleichtern sind leserfreundliche
Kommentierungen oder Ergänzungen
vorgesehen, die abweichende deutsche Auffassungen kenntlich machen,
wo sie nicht verzichtbar sind. Dies wird
durch ein System erfolgen, bei dem
deutsche Kommentare in Boxen mit
grüner Unterlegung, den sogenannten
„Green boxes“, an den entsprechenden
Stellen im Originaldokument eingefügt
werden.
Die neue TF und ihre Folgen
Der Inspekteur Heer hat nach Abstimmung mit allen zu Landstreitkräften
beitragenden Stellen elf Module für die
neue TF gebilligt, vier davon werden
durch Übernahme von NATO-Dokumenten erstellt.
An der Struktur ist zu erkennen, dass
ŠŠ die Themen Militärisches Nachrichtenwesen, Wirken im Informationsumfeld, Stabilisierung, Luftbeweglichkeit und urbane Operationen
im Vergleich zur aktuellen Vorschrift aufgewertet werden,
ŠŠ mit Aufstandsbewältigung eine
neue Thematik hinzu kommt,
ŠŠ sich die alten HDv 100/200 und
100/400 jeweils in Modulen wieder
finden, allerdings in reduziertem
Umfang,
ŠŠ die zu übernehmenden NATO-Dokumente solche sind, die sich mit
Taktik befassen. Damit ist auch
sichergestellt, dass eine Übereinstimmung mit dem der TF übergeordnetem Dokument, (AJP-3.2)
hergestellt ist.
Zwei wesentliche Konsequenzen ergeben sich aus der AJP-3.2, als nun
STF
30
NATO Begriffssystematik (Quelle: ProjGrp TF)
ZU GLEICH 1/2016
geltendes Referenzdokument und der
Übernahme von vier ATP in die TF:
Erstens: Es gilt die Begriffshierarchie
der NATO. Statt von Operationsarten,
speziellen Landoperationen, Besonderen Gefechtshandlungen und Allgemeinen Aufgaben im Einsatz spricht die
neue TF, wie die AJP-3.2, von taktischen
Aktivitäten.
Ändern wird sich folglich nur die Begriffssystematik; die Führungsgrundsätze bleiben unverändert. Im Übrigen
sind wir eine der letzten Nationen, die
dieses NATO-System national übernimmt.
Zweitens: Mit der Übernahme der vier
NATO-Dokumente, als „unsere“ nationalen Dokumente gewinnt die Mitarbeit an der Erstellung und Überarbeitung der NATO-Dokumente über das
bisherige Maß hinaus zusätzliche Be-
deutung. Je mehr deutsche Positionen
in die betroffenen ATP eingebracht werden können, desto mehr werden sie in
der Tat zu „unserer“ Doktrin. Zu diesem
Zwecke ist die Zuarbeit zur AJP-3.2 und
den vier ATP durch das Amt für Heeresentwicklung erheblich intensiviert
worden. Dabei ist es bereits gelungen
eine Vielzahl von Inhalten aus der HDv
100/100 in die NATO-Doktrin zu implementieren.
Zusammenfassung
Mit der neuen TF soll an die Tradition
der Truppenführung angeknüpft und
die klassischen und bewährten Merkmale deutlich in den Vordergrund gestellt werden.
Vor dem Hintergrund der DokLEins und
der engen Verzahnung der neuen TF
mit den Bezugsdokumenten wird es
erstmals eine über die Ebenen hinweg
durchgehende und stringente Doktrin
geben, die die Operationen der Landstreitkräfte in den streitkräftegemeinsamen Kontext stellt.
In den querschnittlichen Bereichen, in
denen es um die verschiedenen Aktivitäten von Landstreitkräften geht, stützt
sich die TF auf NATO-Doktrin ab. Es wird
aber an einer deutsch geprägten Anwendung und Ausgestaltung der Prinzipien festgehalten. Dies gilt vor allem
dort, wo die Truppenführung zur kreativen Kunst wird. Nach Vorstellung der
Autoren, wird die deutsche Handschrift
eines Truppenführers trotz Nutzung
von NATO-Doktrin unverändert erkennbar sein. Dazu dient vor allem das im
Modul Truppenführung zusammengefasste deutsche Führungsverständnis.
Mit der Abstützung auf die gemeinsame Doktrin des Bündnisses folgt die TF
den Erfordernissen der Einsatzrealität
hinsichtlich Multinationalität und Sprache. Mit der Nutzung von gemeinsamer
Bündnis-Doktrin erleichtert die TF die
Interoperabilität und die Integration
von Partnern als Rahmennation, ohne
dass von deutschem Führungspersonal
der bisherige Umgang mit der Parallelität von nationaler und NATO -Doktrin
verlangt wird.
Der Schritt in die Multinationalität darf
allerdings nicht der Ausverkauf deutschen Führungsverständnisses sein.
Mit der Integration von NATO-Doktrin
ist daher eng die beabsichtigte Intensivierung der deutschen Einflussnahme
auf die Entwicklung oder Überarbeitung von NATO-Doktrin verbunden.
NATO-Doktrin soll so mehr und mehr zu
unserer Doktrin werden.
Mit der Modulform wird es möglich, in
deutlich kürzerer Zeit als in der Vergangenheit eine neue TF herauszugeben,
die gleichzeitig großes Zukunftspotential aufweist.
Nach dem Schritt aus der Orientierung
auf den Kalten Krieg heraus, der mit der
TF von 2007 erfolgte, gilt es nun den
Schritt zur Bewältigung der Herausforderungen zu gehen, die sich durch die
rasch wandelnde Realität von multinationalen Operationen für deutsche Truppenführer ergeben. Trotz dieser Multinationalisierung wird die deutsche
Führungskunst weiterhin im Zentrum
stehen.
STF
31
ZU GLEICH 1/2016
Joint Fire Support
Erste gemeinsame Ausbildung –
ein voller Erfolg
Oberleutnant Ronny Schubert, S6-Offizier, IT-Sicherheitsbeauftragter und Presseoffizier,
Artilleriebataillon 131, WEIDEN i. d. OPf
STF
32
Die Streitkräftegemeinsame Taktische Feuerunterstützung (STF)
(JOINT FIRE SUPPORT/ JFS) ist ein
Schwerpunktthema in der Bundeswehr. Ziel dabei ist es, der
Kampftruppe zu jeder Zeit das
am besten geeignete Mittel zur
Feuerunterstützung – egal ob von
Heer (z. B. Artillerie), Luftwaffe
(z. B. Eurofighter) oder Marine (z.
B. Flugkörper) – koordiniert zur
Verfügung zu stellen. Um dies
sicherzustellen, werden für den
jeweiligen Auftrag den Truppenteilen der Kampftruppe Joint-Fire-Kräfte zugewiesen, die je nach
Führungsebene in Teams oder
Gruppen zusammengefasst werden. Diese klären Ziele auf, fordern Feuerunterstützung an und
„lenken“ das Feuer ins Ziel.
Die Joint-Fire-Kräfte für eine gemeinsame Ausbildung zusammen
zu ziehen war eine Idee, die bereits
im Sommer des vergangenen Jahres in WEIDEN entstanden ist, geboren unter anderem aus der Not
der nur begrenzt verfügbaren Ausbildungsmittel, wie z. B. Funkgeräten. Vom Erfolg eines solchen Vorhabens überzeugt, erteilte die 10.
Panzerdivision dem Artilleriebataillon 131 den Auftrag, alle verfügbaren Kräfte in einer Joint-Fire-Woche
zu bündeln und auszubilden.
Am 1. Februar begann auf dem
Truppenübungsplatz
GRAFENWÖHR die in drei Stationen geteilte Ausbildungswoche mit 42
Teilnehmern, die aus der ganzen
Bundeswehr angereist waren. Im
Truppenlager NORMANDIE wurden
an Station 1 zunächst im Rahmen
ZU GLEICH 1/2016
Mörsertrupps der 5. Kompanie des Jägerbataillons 1 unterstützen die
Ausbildung (Quelle Heer/Ronny Schubert)
Vom Schlossberg in WALDECK koordinierten auch US-amerikanische Soldaten die
Luftfahrzeuge (Quelle: Heer/Ronny Schubert)
Zielmeldungen sowie die Bekämpfung
der aufgeklärten Feindkräfte im „scharfen“ Schuss geübt. Die dafür notwendige Feuerunterstützung wurde durch
zwei Rohrwaffensysteme geleistet:
Ein Mörserzug der 5./ Jägerbataillon 1
stand mit vier Trupps etwa drei Kilometer westlich bereit, die 5. Batterie des Artilleriebataillons 131 wirkte mit einem
Geschützzug Panzerhaubitze 2000 vom
südwestlichen Rand des Übungsplatzes
in das Zielgebiet. Die dazu benötigten
Wetterdaten lieferten die Soldaten des
Wetterzuges der 2. Batterie.
Mit der Panzerhaubitze 2000 können Ziele auf bis zu 40km Entfernung bekämpft
werden (Quelle: Heer/Ronny Schubert)
Am „ Sandkasten“ werden taktische Grundsätze der Kampftruppe vermittelt
(Quelle: Heer/Ronny Schubert)
eines Unterrichtes die notwendigen
theoretischen Grundlagen vermittelt,
die es im Anschluss daran auf dem
Schlossberg in WALDECK praktisch umzusetzen galt. Unter der Stationsleitung
von Oberleutnant Sokol trainierten die
Soldaten Anforderungen von und Absprachen mit Luftfahrzeugen und deren Besatzungen, um die Koordination
der Feuerunterstützung aus der Luft
in Deutsch und Englisch sicherstellen
zu können. Auch Teile der in GRAFENWÖHR stationierten US-amerikanischen Streitkräfte waren in die Ausbildung eingebunden und bereicherten
die deutschen Joint-Fire-Kräfte mit beeindruckendem Fachwissen.
Auf der Beobachtungsstelle „Bleidorn“
wurde an Station 2 das Erstellen von
Die Integration der Joint-Fire-Kräfte
in die Kampftruppe machen ein gegenseitiges Verständnis der jeweiligen
taktischen Einsatzgrundsätze unerlässlich. Aus diesem Grund schulten
an Station 3 die Panzergrenadiere aus
OBERVIECHTACH und REGEN auf dem
Schützenpanzer MARDER das richtige
Verhalten beim Be- und Durchfahren
besonderer Geländeabschnitte. Eindrucksvoll stellte Stabsfeldwebel Härtl
an dieser Station zunächst am Sandkasten die Grundsätze dar. Anschließend wurden diese praktisch, unächst
mit einem MARDER, später dann im
Team mit einem zweiten MARDER, umgesetzt und geübt. Weiterhin wurde
die praktische Absprache mit einem
Kompaniechef der Kampftruppe hinsichtlich seiner „Idee des Gefechts“ zur
Erfüllung des taktischen Auftrags sowie
den dafür möglichen Unterstützungsleistungen durch die Joint-Fire-Kräfte
durchgeführt. Genau diese Integration
der Kampftruppe war ein wesentlicher
Beitrag zur Sicherstellung des Ausbildungserfolgs.
Für die Organisation der Joint-Fire-Woche waren pro Ausbildungsteilnehmer vier weitere Soldaten notwendig,
die Ausbildung durchführten oder
beispielsweise für Verpflegung und
Instandhaltung zuständig waren. Insgesamt beteiligten sich somit 202 Soldatinnen und Soldaten an der Ausbildungswoche.
Die Kommandeure des Artilleriebataillons 131 und des Artillerielehrbataillons
345, Oberstleutnant Christian Kiesel
und Oberstleutnant Olaf Tuneke, waren
sich einig, auch zukünftig im Bereich der
ZU GLEICH 1/2016
STF
33
Streitkräftegemeinsamen Taktischen
Feuerunterstützung eng zusammen zu
arbeiten und im Divisionsrahmen Ausbildung durchzuführen. Oberst Wolf
Rupp, Kommandeur der Divisionstruppen der 10. Panzerdivision, zeigte sich
mit den gezeigten Leistungen sichtlich
zufrieden und erteilte noch auf dem
Truppenübungsplatz den Auftrag, die
gemeinsame, divisionsweite – möglichst auch divisionsübergreifende Ausbildung der Joint-Fire-Support-Kräfte
fortzusetzen.
Der Mörser 120mm ist eine Vorderlader-Steilfeuerwaffe im Kaliber 120mm. Damit
können die Kampfunterstützer im indirekten Richten Einzel- und Flächenziele
bis zu 6km Entfernung bekämpfen (Quelle: Heer/Ronny Schubert)
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STF
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34
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ZU GLEICH 1/2016
Erprobungsschießen
in Norwegen die PzH2000 auf dem Prüfstand
Hauptmann Enrico Harling
Geschützzugführer 4./ Artillerielehrbataillon 325, MUNSTER
1.
Lage
Die norwegischen Streitkräfte befinden
sich derzeit in einem Modernisierungsprozess ihrer Artillerietruppe. Für das
aktuelle Hauptwaffensystem der Rohrartillerietruppe - die M109 - wird im
Rahmen des Projektes „Versatile InDirect
ARtillery System“ (VIDAR) ein Nachfolgesystem gesucht. Unter norwegischen
Winterbedingungen wurden sämtliche
Anforderungen an mögliche Nachfolgesysteme im Rahmen der „Wintertrials“ vom 5. Januar bis 6. Februar 2016
getestet. Neben französischen, schweizerischen und südkoreanischen Anbietern beteiligte sich ebenfalls die Firma
Krauss-Maffei Wegmann (KMW) mit der
Panzerhaubitze 2000 (PzH2000) an den
Erprobungen und hatte dazu um Personal- und Materialunterstützung durch
die Bundeswehr gebeten.
Die Norwegian Defence Logistics Organisation (NDLO) leitete die Testreihe
als einen praktischen Erprobungsanteil
zur Entscheidungsfindung der Beschaffungsempfehlung der NDLO an das
norwegische Verteidigungsministerium
weiter.
2.
Auftrag
Artillerielehrbataillon 325 hatte den
Auftrag,
Š zwei Geschützführer, zwei Kraftfahrer, drei Munitionskanoniere
PzH2000 sowie einen Verbindungsoffizier im Zeitraum 5. Januar 2016
bis voraussichtlich 6. Februar 2016
für Fahr- und Schießerprobungen
abzustellen,
Š Sonderwerkzeug
(SdWz),
Absenkvorrichtung PERI (Periskop),
Geschossausdrückvorrichtung,
Š
Š
Š
Š
3.
Tarnmaterial sowie Rohrreinigungsgerät an Fa. KMW zu übergeben,
teilnehmende Soldaten zum Deutschen MilAttStab OSLO zu kommandieren,
die für die Erprobung benötigte
Munition an Fa. KMW zu übergeben,
sich darauf einzustellen, im Rahmen ASCA (Artillery Systems Cooperation Activities) mit dem Amt
für Heeresentwicklung (AHEntwg)
zur Vorbereitung und Durchführung weiterer Maßnahmen zusammenzuarbeiten sowie
einen Erfahrungs- und Auswertebericht zur Vorlage bei Kommando
Heer I 3 (5) zu erstellen.
Durchführung
Rahmenbedingungen
Nach der Ausstattung mit Bekleidung
und Ausrüstung für arktische Bedingungen verlegte das Team am 5. Januar
über HAMBURG und OSLO in die kleine
Stadt ELVERUM. Die erste Überraschung
bot sich den Soldaten mit der Unterbringung im 5-Sterne-Hotel. Die dienstlich bereitgestellte Winterkleidung und
diese Unterbringung waren hervorragend.
Nach der Zusammenführung mit dem
Projektteam von KMW unter Führung
von Projektleiter Herrn Melcher, wurde am Folgetag nach RENA Leir (Lager RENA) verlegt, wo neben Panzer-,
Panzergrenadier- und Logistiktruppen
auch norwegische Spezialkräfte und
eine Artilleriebatterie beheimatet sind.
Am Standort RENA bereitete man sich
in der ersten Woche mit dem Entladen
der Ausrüstung und des Werkzeugs,
dem Aufrüsten und Betanken des Geschützes und dem technischen Dienst
vor der Benutzung auf die anstehenden
Testreihen vor.
Jedem Anbieter wurde ein separater
Bereich mit einer Halle zur Verfügung
gestellt und es wurde seitens der norwegischen Streitkräfte strikt darauf
geachtet, die Trennung der verschiedenen Anbieter innerhalb des Standortes
ebenso sicher zu stellen, wie bei der
Unterbringung in den zugewiesenen
Hotels.
So war die erste Woche geprägt von
technischer, organisatorischer und
fachlicher Vorbereitung. Bei einem gemeinsamen Abendessen, zu dem die
Firma KMW die beteiligten Soldaten
einlud, wo es traditionelle norwegische
Elch-Gerichte gab, wurde seitens der
norwegischen Streitkräfte eine sehr
informative Unterrichtung zum Dienst
unter arktischen Bedingungen durchgeführt.
Die Betreuung der Anbieter erfolgte
über jeweils einen Verbindungsoffizier
mit zugeordneten Soldaten. Das deutsche Team wurde betreut vom Batterieeinsatzoffizier der norwegischen
Artilleristen sowie einem Militärkraftfahrer M109, welcher bei Bedarf als
Haubitzenfahrer angeboten und dementsprechend auf der PzH2000 durch
die deutschen Soldaten ausgebildet
wurde, sowie einem weiteren Kraftfahrer inklusive Kleinbus.
Testprogramm
Im Rahmen der Testvorbereitung konnten erste Fahrten auf dem komplett vereisten Boden des Standortübungsplatzes durchgeführt werden, bei denen
ZU GLEICH 1/2016
STF
35
Gesamtzahl der verwendeten Greifer
bei der PzH2000 von 20 auf 76 erhöht
und die Bodenhaftung spürbar gesteigert.
Am Dienstag folgten die ersten Tests,
bei denen die Achslast von einem mit
der PzH2000 beladenen Schwerlasttransporter gemessen sowie die Gewichte und Abmessungen der Panzerhaubitze geprüft wurden. Weiterhin
stand ein Navigationstest auf dem
Programm, bei dem sowohl die Genauigkeit der Navigationsanlage in der
Positionsbestimmung als auch die Zeitdauer vom ausgeschalteten Zustand bis
zur Fahr- bzw. Wirkungsbereitschaft des
Systems getestet wurde.
Bild 1: PzH2000 in der Abenddämmerung bei -30°C
sich sehr schnell zeigte, dass die deutsche Konfiguration mit 10 Schneegreifern pro Gleiskette dem Geschütz nur
eine unzureichende Bodenhaftung auf
Straße und im Gelände bot. Durch die
schnelle Lernfähigkeit der Kraftfahrer
konnten aber Flurschäden erfolgreich
vermieden werden.
STF
36
Am Ende dieser Woche wurde eine erste Erkundung der Truppenübungsplätze vorgenommen.
Die am Folgetag beginnenden Tests
wurden mit Kameras inner- und außerhalb der Haubitze sowie als Luftbildaufnahmen per Drohne aufgezeichnet.
Weitere relevante Daten wurden teilweise mittels Stoppuhr und zusätzlicher Navigationsgeräte erfasst.
Durch die einheitliche Verwendung der
norwegischen Konfiguration bei der
Bestückung der Gleiskette von allen
Nationen mit Schneegreifern wurde die
Am folgenden Tag stand das Verstauungskonzept des Geschützzubehörs
und der Ausrüstung auf dem Prüfstand.
Nach einem Routineteil - dem Vorstellen der Verstauung des deutschen Zubehörs und der deutschen Ausrüstung
- folgte eine kreative Herausforderung.
Gemeinsam mit den Testleitern wurden Möglichkeiten gesucht, die norwegische Ausrüstung zweckmäßig
unterzubringen. Von Zelten über ein
zusätzliches Maschinengewehr der Geschützgruppe bis hin zur Feldtoilette
wurden Stauplätze gesucht und Möglichkeiten zur baulichen Modifizierung
innerhalb und außerhalb der Haubitze
Am Montag der zweiten Woche fand
vor den eigentlichen Tests zunächst
mit einem Joint Distinguished Visitors
Day ein Besuchertag statt, bei dem die
verschiedenen Systeme statisch präsentiert wurden und alle interessierten
Besucher aus NORWEGEN, FINNLAND
und DÄNEMARK die Haubitzen besichtigen konnten.
Bei einer gemeinsamen Abendveranstaltung mit allen Anbietern wurde u. a.
eine Tombola durchgeführt, bei welcher
ausgelost wurde, welcher Anbieter in
welcher Reihenfolge die vorgegebenen
Tests zu absolvieren hatte. Damit wurde
auch während der folgenden Testtage
die räumliche Trennung der verschiedenen Artilleriesysteme sichergestellt.
Alle Anbieter hatten den gleichen zeitlichen Rahmen zur Vorbereitung auf die
einzelnen Testabschnitte.
ZU GLEICH 1/2016
Bild 2: Montage der 76 Schneegreifer bei arktischer Temperatur
und unter Zeitdruck
tests auf Eis und im schweren Gelände
an. Hier konnte das Geschütz - wenngleich das schwerste System der Versuche - auf ganzer Linie überzeugen.
Bild 3: Überquerung einer Panzerschnellbrücke.
Das Wochenende stand ganz im Zeichen der Testvorbereitungen für die
Folgewoche. Die technische Überprüfung vor dem scharfen Schuss, der
technische Dienst nach den bisherigen
Tests und die notwendigen Absprachen
und Einweisungen in norwegische und
deutsche
Sicherheitsbestimmungen
sowie die technische Schießsicherheit
und die Einweisung des Teams in die
folgenden Tests, galt es sicher zu stellen.
Am Montag der dritten Testwoche
stand zunächst die Überquerung einer
Panzerschnellbrücke an (Bild 3).
Anschließend wurde bei einem weiteren Test das Be- und Entladen der
Kampfbeladung sowohl im Automatikbetrieb als auch in den abgestuften
Betriebsarten in mehreren Durchgängen geprüft und der zeitliche Aufwand
dokumentiert. Dabei konnten die Herstellerangaben durch die Geschützbesatzung eingehalten und demonstriert
werden, sodass auch diese Tests schnell
und erfolgreich beendet wurde.
Bild 4: PzH2000 im direkten Richten aus erhöhter Feuerstellung
entwickelt und dokumentiert.
Anschließend kam der „sportliche“
Anteil des Tages für die Geschützbesatzung. Bei laufender Stoppuhr
wurden sämtliche Möglichkeiten der
Evakuierung dokumentiert. Dazu wurden mehrfache Durchgänge des Ausbootens unter Friedens-, Notfall- und
Gefechtsbedingungen sowohl mit
deutschem Anzug als auch mit norwegischer Gefechtsausrüstung inklusive
Helm, Schutzweste, Waffe und Atemluftflasche durchgeführt. Wenngleich
diese Art der Ausbildung in Deutschland bisher nicht zur alltäglichen Truppenausbildung gehört, zeigten die
Soldaten beeindruckende Leistungen.
Unter voller Gefechtsausrüstung und
mit zusätzlichen norwegischen Waffen
war, bei Beachtung sämtlicher Sicherheitsbestimmungen, die gesamte Ge-
schützgruppe innerhalb von neun Sekunden sicher ausgebootet.
Der Donnerstag dieser zweiten Woche
beinhaltete ebenfalls Testreihen, bei
denen die Soldaten ihr Handwerk praktisch unter Beweis stellen konnten. Aus
dem taktischen Marsch des Geschützes
heraus galt es, auf Zeit die Marschbereitschaft unter winterlichen Bedingungen herzustellen. Dazu wurden bei laufender Stoppuhr die 76 Schneegreifer
durch die Geschützbesatzung montiert
und anschließend wieder demontiert.
Auch hier bestätigte die Testleitung der
deutschen Besatzung ein sehr respektables Ergebnis mit 19:39 Minuten für das
Herstellen der Marschbereitschaft mit
Schneegreifern (Bild 2).
Am Nachmittag dieses Tages und am
Folgetag standen dann die ersten Fahr-
Der folgende erste Schießtag forderte insbesondere von Geschützführer
und Kraftfahrer größte Sorgfalt und
ein gutes Auge fürs Gelände. In einem
unberührten, schneebedeckten Feuerstellungraum galt es, möglichst schnell
aus einer gedeckten Aufstellung (HP) in
eine Feuerstellung (FP) zu verlegen und
dort möglichst schnell eine Gruppe zu
feuern und wieder in die HP auszufließen. Dies wurde aus einer „befestigten“
sowie einer „unbefestigten“ FP mehrere
Male durchgeführt und schließlich in
einigen Durchgängen mit jeweils drei
Gruppen je Feuerkommando wiederholt. Dabei galt die Auflage, für jedes
Feuerkommando eine andere Position
in der „unbefestigten“ Stellung zu nutzen. Abgesehen vom vereisten Untergrund stellten die teilweise beträchtlich
großen, unter Schnee verborgenen
Steine und Baumstümpfe eine nicht zu
unterschätzende Herausforderung dar,
die aber durch die Kraftfahrer und das
Geschütz sehr gut bewältigt wurde.
ZU GLEICH 1/2016
STF
37
Bild 5
STF
38
PzH2000 beim Hochgeschwindigkeitstest im Tiefschnee
Die folgenden drei Testtage standen
ganz im Zeichen der Mobilität. Sowohl
auf Straßen als auch im Gelände mit
unterschiedlichen Untergründen galt
es, auf Zeit bestimmte Strecken und
Parcours zurück zu legen. Dabei waren ansteigende Serpentinenkurse auf
befestigter vereister Straße ebenso zu
erfüllen wie Langstreckenkurse im Gelände mit Gewässerdurchquerung und
Klettersteigungen. Dabei kamen an einem Testtag bis zu 120 Kilometer Fahrstrecke im Gelände zusammen.
in mehreren Durchgängen die Befähigung zum schnellen Zielwechsel nachzuweisen. Dazu wurde zunächst ein
Feuerkommando mit drei Gruppen auf
ein Ziel geschossen und dann verzugslos ein weiteres Kommando mit einem
weiteren Feuerschlag auf ein zweites
Ziel abgearbeitet.
Ein weiterer, interessanter Schießtag
folgte am Montag der vierten Woche,
das direkte Richten (Bild 4).
In einer traumhaften Kulisse wurde von
einer am Steilhang befindlichen Feuerstellung über ein Tal auf 1400 Meter
entfernte Ziele geschossen. Obwohl mit
der 7. L8A1 keine optimale Treibladung
Am Wochenende wurde nicht nur Technischer Dienst durch-, sondern auch
vorgeführt. Der feldmäßige technische
Dienst durch die Besatzung wurde
ebenso untersucht und dokumentiert,
wie die weiteren Fristenarbeiten der
verschiedenen Materialerhaltungsstufen bei Turm und Wanne, die im Interesse der Testleiter lagen.
Der Sonntag der dritten Woche wurde mit einem weiteren Schießtag beschlossen. Ziel des Testtages war es,
ZU GLEICH 1/2016
Bild 6: Messen der Zugkraft durch Ziehen eines Bergepanzers
für die Visiermarken des Panzerzielfernrohres zur Verfügung stand, konnten
mittels errechnetem Aufsatzwinkel und
daraus resultierenden Ablagen von
kleiner als einem Meter links/ rechts der
Zielmitte sowie mit zahlreichen Volltreffern sämtliche Ziele erfolgreich bekämpft werden.
Es folgten zwei weitere Testtage mit
Mobilitäts- und Langstreckentest
tag begangen, bei dem erneut auf Zeit
das Einfließen aus der HP in die verschiedenen FP sowie das Abarbeiten
der Feuerkommandos mit drei beziehungsweise neun Gruppen im Gelände
getestet wurden. Hier konnten der automatische Munitionsfluss und die Besatzung die große Stärke der PzH2000
von Feuer und schneller Bewegung voll
zur Geltung bringen.
Bild 7 Der „Elchtest in groß – 200m Strecke mit Pylonen im Abstand von 15m
auf Straße und im Gelände sowie am
Donnerstag eine ganze Reihe von verschiedenen Belastungstests für Fahrgestell und Kraftfahrer. Neben Fahrten
in Tiefschnee von circa 80cm wurde
die Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit bei Sprinttests auf einer
800 Meter Strecke auf Eis mit und ohne
Schneegreifern getestet.(Bild 5). Weiterhin wurde durch das Ziehen eines
Bergepanzers die Zugkraft der Haubitze getestet (Bild 6). Und natürlich
durfte im Land der Elche der klassische
„Elchtest“ nicht fehlen: hier galt es auf
Zeit einen 200 Meter Slalom aus Pylonen mit einem Abstand von 15 Metern
zu durchfahren (Bild 7). Abschließend
durften natürlich Notbremsungen unter verschiedenen Bedingungen nicht
fehlen, so dass Kraftfahrer und Haubitze intensiv belastet und getestet wurden.
Das Wochenende der vierten Testwoche wurde mit einem weiteren Schieß-
Zusammenfassung
Alle Testreihen konnten erfolgreich und
innerhalb des vorgegebenen Zeitplans
von vier Wochen erfüllt werden. Lediglich ein Tag des Wochenendes vor der
eingeplanten „Reservewoche“ musste als Schießtag genutzt werden, da
wetterbedingt zuvor an einem Tag das
Schießen ausfiel.
Das Geschütz PzH2000 hat sich aus
Sicht der deutschen Besatzung unter
diesen winterlichen Bedingungen eindrucksvoll bewiesen und mit der erhöhten Anzahl von Schneegreifern zeigten
die Kraftfahrer sehr beeindruckende
Mobilitätsleistungen mit der Haubitze
auf Schnee und Eis.
Abschließend ist festzustellen, dass
die Vergleichserprobung für die eingesetzten Soldaten eine einzigartige und
unter Ausbildungsaspekten eine sehr
fordernde und interessante Erfahrung
war. Aus Sicht der Dienststelle ist dieser positiven Bewertung einzig die auf
der Grundlage der Soldatenarbeitszeitverordnung erforderliche zusätzliche
Freistellung der teilnehmenden Soldaten von bis zu drei Wochen für die geleistete Mehrarbeit negativ zu bewerten.
Die Betreuung seitens der norwegischen Streitkräfte war herausragend,
und die Zusammenarbeit mit den Kollegen von KMW und Rheinmetall hat
nicht nur allen Soldaten sehr viele neue
Erfahrungen, sondern ebenso viel Freude und Spaß bereitet. Die Arbeit mit
dem Waffensystem unter Wettkampfbedingungen gegen andere Systeme
bei klimatischen Herausforderungen
und unbekannten Geländeverhältnissen hat vom Kanonier über den Militärkraftfahrer bis hin zum Geschützführer
allen Beteiligten einmalige und prägende Erlebnisse und einen großen fachlichen Wissens- und Erfahrungsgewinn
beschert.
Die Tests unter norwegischen Winterbedingungen waren für Personal und Material gleichermaßen herausfordernd.
Wenngleich nur an wenigen Tagen
Temperaturen von bis zu -30 Grad Celsius erreicht wurden und der norwegische Winter ansonsten verhältnismäßig
„mild“ war, so stellten insbesondere
die unbekannten Geländeverhältnisse,
die komplett vereisten Straßen sowie
die ebenfalls vereiste Munition für die
deutschen Soldaten gänzlich neue Erfahrungen dar.
ZU GLEICH 1/2016
STF
39
Mörsermunition
der neuen Generation
Hauptfeldwebel Jörg Vogt
Ausbildungsfeldwebel, AusbBer STF/ IndirF, VI. Inspektion, HS 65 Mörser, IDAR-OBERSTEIN
Im der Rahmen der Entwicklung des
leichten Mörserkampfsystems auf
Fahrgestell WIESEL 2 wurde auch
eine neue Generation von Mörsermunition in Auftrag gegeben („Mrs
Mun NG“).
Zum Abschluss der Entwicklungsund Testphase durch die verschiedenen Dienststellen, wie das Amt
für Heeresentwicklung (AHEntwg),
das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung
der Bundeswehr (BAAINBw) und die
Wehrtechnische Dienststelle (WTD),
musste vor der Einführung und der
damit verbundenen Genehmigung
zur Nutzung (GeNu) eine taktische
Einsatzprüfung durchgeführt werden.
STF
40
Hierzu wurde der Mörserhörsaal der VI.
Inspektion des AusbBer STF/ IndirF dem
AHEntwg auf Zusammenarbeit angewiesen und mit der Durchführung der
Einsatzprüfung und Ausbildung von
Kaderpersonal beauftragt. Die Durchführung der Einsatzprüfung erfolgte im
Juli 2015 anteilig am AusbBer STF/ IndirF
und auf dem angrenzenden Truppenübungsplatz (TrÜbPl) BAUMHOLDER.
Hierzu galt es in enger Zusammenarbeit
mit der Kommandantur des TrÜbPl einen entsprechenden Zielaufbau auf der
Schießbahn 35 „RECKELSBERG“ sicherzustellen, um die Leistungsfähigkeit der
Munition nachzuweisen. Neben der Kaderausbildung, welche eine theoretische
Einweisung durch den Hersteller „Rheinmetall Waffe & Munition“, eine praktische
Ausbildung in der Handhabung und das
eigentliche Schießvorhaben umfasste,
wurde unter anderem auch die Handhabbarkeit von Zünderstellschlüssel und
die Verstauung der Munition in allen
Typen der verwendeten Fahrzeuge der
mörserführenden Einheiten überprüft.
ZU GLEICH 1/2016
Feuerstellung - der Mörser wird geladen
Dazu wurde neben den oben genannten Dienststellen auch Vertreter
aus allen mörserführenden Einheiten
geladen, um die Einsatzprüfung repräsentativ und unter Truppenbedingungen durchführen zu können.
Die Mrs Mun NG erweitert die bestehende Munitionsfamilie um folgende
Muntionssorten:
Š CU20, Patrone Mörser 120M-DM91,
Spreng,
Š CU22, Patrone Mörser 120M-DM36,
Leucht, Infrarot,
Š CU24, Patrone Mörser 120M-DM65,
Nebel, multispektraldeckend.
Wesentliche Unterschiede zur eingeführten Munition liegen in der gesteigerten Reichweite und in einer deutlich
höheren Präzision, bedingt durch die
geringen Fertigungstoleranzen und der
Bauweise des Leitwerks, welches die Patrone nach Verlassen des Rohres in Drall
versetzt.
Die Einführung der Munition ergänzt
die bestehende Familie und soll diese
nicht ersetzen. Diese besteht derzeit
aus den Munitionssorten:
Š CU 50, Patrone Mörser 120M-DM11
bzw. 81, Spreng, AZoV und AZmV,
Š CU 51, Patrone Mörser 120M-DM28
bzw. 38, Spreng-Übung,
Š CU 54, Patrone Mörser 120M-DM26,
Leucht,
Š CU 56, Patrone Mörser 120M-DM61,
Spreng AnnZ.
Dabei erweitert die Mrs Mun NG
das Leistungsspektrum um präzisere Sprengmunition, die Möglichkeit
des Beleuchtens für den Einsatz der
Nachtsichtgeräte der Kampftruppe
im nichtsichtbaren IR-Spektralbereich
(Restlichtverstärker) und die Fähigkeit
des multispektraldeckenden Blendens.
Gerade die Munitionssorte CU24 Nebel
schließt damit wieder die Lücke, welche
durch den Wegfall der Nebelpatrone
alter Art zeitweise vorhanden war. Das
Beleuchten im Infrarotbereich ist ein
Alleinstellungsmerkmal unter den indirekten Feuerunterstützungssystemen
im STF-Verbund (Streitkräftegemeinsame Taktische Feuerunterstützung).
Um die Leistungsfähigkeit der Munition im Rahmen der Einsatzprüfung zu
überprüfen, wurde ein entsprechender logistischer Aufwand betrieben.
Im Rahmen der Vorbereitung wurde
durch den TrÜbPl BAUMHOLDER ein
Sonderzielraum auf der Schießbahn
35 „RECKELSBERG“ erstellt und mit Hilfe des Zielbaupersonals Ziele errichtet.
Dabei wurden zwei Gebäudestrukturen
aufgebaut, um den Einsatz der Munition gegen urbane Strukturen darzustellen, sowie mehrere kleine Flächen- und
Punktziele. Diese wurden im Rahmen
der Einsatzprüfung mehrfach bekämpft
und zusammen mit dem Feuerwerker
der Kommandantur nach jedem Feuerkommando begangen und ausgewertet. Dies stellte eine exakte Auswertung
sicher.
Für den Einsatz der Patronensorten
„Leucht, Infrarot“ und „Nebel, multispektraldeckend“ wurden, mit Unterstützung des Ausbildungszentrums
Infanterie, alle derzeit eingeführten
Nachtsichtgeräte im Bereich restlichtverstärkend bzw. wärmebildabgleichend vor Ort zusammen geführt
. Ebenso war sämtliches Beobachtungs-und Vermessungsgerät aus dem
Bereich STF vor Ort. Dies umfasste neben der leBeobAusst Art/ Mrs NYXUS
auch die im Luft-Boden-Trupp eingesetzten Geräte (FIRESTORM, CORAL,
etc.). Für fahrzeuggestützte Wärmebildgeräte war ein Joint Fire Support Team
FENNEK in aktueller Ausführung auf der
Beobachtungsstelle.
Die Patrone „Nebel, multispektraldeckend“ erzeugte eine deckende Nebelwand, welche durch kein Wärmebildgerät durchdrungen werden konnte.
Im Gegensatz zu ihrer aus der Nutzung
genommenen Vorgängerin, welche
auf Hexachlorethan-Basis arbeitete, erzeugt die neue Patrone ihre Wirkung
durch Phosphor.
Beim Nachtschießen wurde die Leistungsfähigkeit der neuen Leuchtpatrone überprüft. Das Gelände wurde
für den Einsatz der Restlichtverstärker
sehr gut ausgeleuchtet, ohne diese zu
behindern. Das Abbrennen des Leuchtkörpers war dabei ohne Nachtsichtgerät nur sehr schwer wahrnehmbar.
Die Sprengpatrone zeichnete sich
durch eine sehr geringe Streuung aus,
die ein präzises Bekämpfen der Ziele
ermöglicht. Diese hohe Präzision ist bei
Punktzielen und beim Heranschießen
an eigene Kräfte ein entscheidender
Faktor, welcher den Einsatzwert des
Mörsers noch weiter erhöht.
Grundsätzlich ist und bleibt der Mörser
eine Flächenwaffe für kleine und mittlere ungepanzerte/ leichtgepanzerte
Ziele. Die Punktzielbekämpfung bleibt
den in Zukunft weiterhin ausreichend
Munition der alten, sowie ergänzend
die Sorten der neuen Generation zur
Verfügung.
Letztmalig wird im Jahr 2016 die deutsche Mörsermunition österreichischer
Fertigung durch die Truppe verschossen. Diese von der Firma Hirtenberger
produzierte Munition wurde übergangsweise im ISAF-Einsatz genutzt.
Ihre Genehmigung zur Nutzung erlischt zum Ende des Jahres. Hier waren
den Einsatzkräften die Patronen CU26
Spreng und CU30 Leucht zusätzlich verfügbar.
Zusammenfassend erhalten die mörserführenden Einheiten mit der Einführung der neuen Sorten ein weites
Spektrum an Munition zur Erfüllung
ihrer Aufträge. Der Mörser als einziges
STF
41
Nebelwand
die Ausnahme bzw. ist die „Zweitbefähigung“, zu welcher der Mörser aufgrund
der neuen Munitionsgeneration jedoch
deutlich besser befähigt wird.
Derzeit werden die Munitionslose der
alten Munitionssorten testbeschossen, um dann ausgewählte Lose einer
Erneuerung bzw. Überarbeitung zu
unterziehen. Somit steht den Feuereinheiten und damit den Infanterieverbän-
Mittel im STF-Verbund, welcher in jeglicher Verbringungsart und Kampfweise
hochmobil und schnell in den Einsatz
verlegbar eingesetzt werden kann, ist
damit für zukünftige Einsatzszenare
sehr gut aufgestellt.
ZU GLEICH 1/2016
Unterstützung der Entwicklung
der Litauischen artilleristischen
Fähigkeiten im Rahmen des NATO
Readiness Action Plan und der
Transatlantic Capability Enhancement and Training Initiative
Major Claudia Bredow
Amt für Heeresentwicklung III 2, KÖLN
Der NATO Readiness Action Plan
Der RAP hat seine Wurzeln in den Beschlüssen des NATO-Gipfels in WALES
2014 und ist das Ergebnis der Auswirkungen der geänderten sicherheitspolitischen Lage im Osten Europas.
Ziel des RAP ist es, durch geeignete
Maßnahmen in allen Gestaltungsbereichen die Beschleunigung der
Einsatzbereitschaft der NATO so zu
erreichen, dass das Bündnis in der
Lage ist, auf neue Herausforderungen schnell und entschlossen reagieren zu können.
42
Während dieses Gipfels wurden hierzu entsprechende Ziele definiert,
erste Ergebnisse sollen während des
Warschauer NATO-Gipfels im Sommer 2016 vorgestellt werden.
Der „Readiness Action Plan“ (RAP) besteht aus zwei Säulen:
Š Den „Assurance Measures“ - mit
dem Ziel, der erhöhten Präsenz von
NATO-Kräften auf dem Territorium
der ostwärtigen Mitgliedsstaaten
der Allianz. Dies wird z. B. durch
Assurance-Übungen und Truppenpräsenz im Rahmen der sogenannten Persistent Presence - gemeinsam ausbilden und üben - in den
BALTISCHEN STAATEN und POLEN
umgesetzt.
Š Den „Adaptation Measures“ - mit
dem Ziel der Anpassung der mi-
ZU GLEICH 1/2016
Readiness Action Plan
litärischen Fähigkeiten der NATO.
Zu diesen Maßnahmen gehören z.
B. die Aufstellung der Interim Very
High Readiness Joint Task Force
(IVJTF/ Kräfte im Übergang bis zur
Verfügbarkeit der ersten VJTF.)
und Very High Readiness Joint
Task Force (VJTF/ Schnell verfügbarer multinationaler Gefechtsverband der NATO in Brigadestärke.) .
Die Transatlantic Capability
Enhancement and Training
Initiative
Die Transatlantic Capability Enhancement and Training Initiative (TACET)
ist ein Zeichen für den Schulterschluss
zwischen den USA und DEUTSCHLAND.
Sie steht für die Einigkeit und die gemeinsamen Anstrengungen beider Na-
tionen, um die Implementierung und
Umsetzung des NATO RAP zu unterstützen und voranzutreiben.
Gleichzeitig zielt TACET auf die Verbesserung der Interoperabilität zwischen
den Alliierten, um eine zukünftige Zusammenarbeit in Joint & Combined
Operationen zu verbessern. TACET
lehnt sich damit eng an die Maßnahmen in beiden Säulen des RAP (Assurance/ Adaptation Measures) an,
konzentriert sich nicht auf einen einzelnen Staat, sondern zielt auf die Erhöhung der Fähigkeiten und der Interoperabilität für die gesamte NATO
Ost-Flanke. Dabei nutzt die Initiative
TACET wiederholte kurzfristige Maßnahmen, um einen langfristigen Effekt,
zu erreichen.
Der Inspekteur des Heeres hat für den
Beitrag des Deutschen Heeres die federführende Übernahme für verschiedene
Kooperationsprojekte angewiesen. Ein
Beispiel hierfür ist die Unterstützung
der litauischen (LTU) Streitkräfte bei der
Integration der Panzerhaubitze 2000
(PzH2000) in deren Artillerie - eine
Maßnahme im Rahmen des Implementation Plan „TACET Support future development of LTU artillery capabilities“.
Internationale Zusammenarbeit der Deutschen Artillerie
mit den Litauischen Streitkräften
In diesem Rahmen wurde mit einem Workshop als erste gemeinsame
deutsch-litauische
Auftaktveranstaltung in der 40. KW 2015 in RUKLA/ LITAUEN die Ausbildungsunterstützung
zum litauischen Fähigkeitsaufbau in der
Nutzung der PzH2000 an deutschen
Ausbildungseinrichtungen aufgenommen. Aber nicht nur in DEUTSCHLAND,
sondern gleichfalls in LITAUEN werden,
dann begleitend, Ausbildungsabschnitte im Rahmen TACET an Ausbildungseinrichtungen durchgeführt.
Teilnehmer auf deutscher Seite waren
das Kommando Heer mit dem Referat
für Internationale Ausbildungsangelegenheiten, die fachlich zuständigen Vertreter des Amtes für Heeresentwicklung
mit der Gruppe Streitkräftegemeinsame
Taktische Feuerunterstützung/Indirektes
Feuer (AHEntwg III 2 STF/ IndirF) sowie
das Ausbildungskommando mit Vertretern des Ausbildungszentrums MUNSTER Ausbildungsbereich STF/ IndirF, VII.
Inspektion. Darüber hinaus nahmen die
10. Panzerdivision mit dem Leiter der
Joint Fire Support Coordination Group
(JFSCG) in der Federführung für die Artillerieanteile, die zur Teilnahme an IRON
SWORD 2015/ 2016 vorgesehen sind
sowie das Artilleriebataillon 295 in der
Federführung für die Ausbildungsunterstützung in LITAUEN im Rahmen IRON
WOLF 2016/ FLAMING THUNDER 2016,
teil.
Im Rahmen des Workshops wurden
der litauischen Seite Gliederung, Aufgaben/ Aufträge und Ausbildung der
deutschen Artillerie vermittelt sowie
Prozesse und Abläufe im System Artillerie, Schwerpunkt Ebene Zug, Batterie,
Bataillon, erklärt. Der Fokus lag zu diesem Zeitpunkt aber klar auf den Besonderheiten der PzH2000 (siehe Bild 3).
Ein Ersteinsatz eines Subject Matter
Expert (SME) vom AHEntwg III 2 zur
Unterstützung litauischer Vorschriftenanpassungen bzw. Anpassung der
Einsatzgrundsätze an die PzH2000 erfolgte im Rahmen von IRON SWORD
2015. Ziel war es hier, frühzeitig Erkenntnisse über die litauischen Führungsverfahren der Artillerie zu gewinnen, um
diese in der weiteren Entwicklung einer Doktrin zu berücksichtigen. Eine
zeitlich begrenzte Unterstützung in
ZU GLEICH 1/2016
43
LITAUEN bzw. bei AHEntwg III 2 wurde
im Anschluss an IRON SWORD 2015 abgestimmt.
Als erste konkrete Maßnahme der
Ausbildungsunterstützung wurde ein
Sonderlehrgang für acht litauische
Geschützführer als Multiplikatorenausbildung im I. Quartal 2016 am AusbBerSTF/ IndirF in IDAR-OBERSTEIN
durchgeführt. Dabei wurde zeitgleich
ein Workshop „Schießorganisation“ für
das Sicherheits- und Führungspersonal
des litauischen Artilleriebataillons in
diesen Lehrgang integriert.
Die Ausbildung von litauischen Geschützbesatzungen bis zur Ausbildungshöhe Artilleriezug wird durch
das Artilleriebataillon 295 im Rahmen
von IRON WOLF 2016 mit angepasstem
Kräfteansatz vor Ort durchgeführt. So
sollen die Voraussetzungen für ein erstes gemeinsames Artillerieschießen in
LITAUEN im Rahmen der LFX (Life Firing
Exercise) FLAMING THUNDER bereits im
August 2016 geschaffen werden.
Workshop RUKLA
44
Workshop IDAR-OBERSTEIN
ZU GLEICH 1/2016
Sonderlehrgang zur Ausbildung
von acht litauischen
Geschützführern PzH2000 ein grundlegender und wesentlicher Schritt im
Rahmen der Entwicklung der litauischen Artillerie
Oberstleutnant Klaus Urfell
Inspektionschef VII. Inspektion, Unteroffizierausbildung
„LITAUEN hat 2015 insgesamt 21
PzH2000 aus deutschen Beständen
erworben und beabsichtigt; diese in
ein neu aufzustellendes Artilleriebataillon zu integrieren“ – so heißt
es im „Befehl für die Unterstützung
LITAUENS bei der Integration des
Waffensystems PzH2000 in die litauischen Streitkräfte“ (Kommando Heer
–Chef des Stabes vom 05.11.2015).
Der sich daraus für den AusbBer STF/
IndirF in IDAR-OBERSTEIN ergebende
Auftrag war die Planung und Durchführung eines Sonderlehrgangs zur Ausbildung von acht litauischen Geschützführern PzH2000 im I. Quartal 2016.
Vorgeschichte
Wie schon im vorstehenden Bericht
des Amtes für Heeresentwicklung III
2 Streitkräftegemeinsame Taktische
Feuerunterstützung/ Indirektes Feuer
(AHEntwg III 2 STF/ IndirF) dargestellt,
hat der Inspekteur des Heeres die Unterstützung der litauischen Streitkräfte
bei der Integration des Waffensystems
PzH2000 als eine Maßnahme im Rahmen des Transatlantic Capability Enhancement and Training Initiative (TACET)
angewiesen. Der Ausbildungsbereich
STF/ IndirF war schon frühzeitig involviert – am 5. und 6. Mai 2015 hatte in
IDAR-OBERSTEIN bereits eine erste Informationsveranstaltung für eine litauische Delegation stattgefunden. Schnell
kristallisierte sich auch heraus, dass mit
dem Kauf der PzH2000 durch LITAUEN
ein zusätzlicher Ausbildungsauftrag für
die Inspektion erwachsen würde.
Basierend auf den Erfahrungen des
Sonderlehrgangs für kroatische Geschützführer im I. Quartal 2015 (siehe
Bericht in der ZU GLEICH 2/2015), lag
der Inspektion sehr viel daran, frühzeitig alle entsprechenden Rahmenbedingungen, wie z. B. Einsatzgrundlagen
oder Ablauf im Feuerkampf, verbindlich
festzulegen. Sehr zielführend waren
diesbezüglich die Teilnahme an einem
Workshop in der 40. KW 2015 in RUKLA/
LITAUEN und die Absprachen, die im
Rahmen eines Besuches des Kommandeurs des litauischen Artilleriebataillons im Dezember in IDAR-OBERSTEIN
getroffen werden konnten.
Rahmenbedingungen
Insgesamt waren die Rahmenbedingen
durchaus vergleichbar mit denen des o.
a. Lehrgangs für KROATIEN:
Š Ausbildung in zwei Geschützgruppen in deutscher Sprache (je Geschützgruppe stand ein Sprachmittler zur Verfügung),
Š Nutzung deutscher Software und
deutscher Benutzeroberflächen,
Š Ausbildungshöhe so, dass die litauischen Geschützführer die PzH2000
selbstständig im Scharfen Schuss
bedienen können,
Š Vermittlung von deutschen Einsatzgrundlagen PzH2000
Š Integration eines zweiwöchigen
Workshops „Schießsicherheit“ in
den Lehrgang mit zusätzlichen
max. 10 litauischen Teilnehmern
(Führungspersonal).
Als Lehrgangszeitraum wurde der 4. Januar bis zum 24. März 2016 festgelegt.
Durchführung
Selbstverständlich drängt sich aus Sicht
des Ausbildungsleiters in der Rückschau
in Vergleich der beiden Sonderlehrgänge geradezu auf. Waren die „Hausmeisterpunkte“ die gleichen und waren wir
darauf besser vorbereitet? Waren die
Lehrgangsteilnehmer besser? Konnten
wir das gleiche Leistungsniveau erreichen? Mit welchem Ausblick konnten
wir die Lehrgangsteilnehmer zurück in
ihr Heimatland schicken?
Einen Tag früher als ursprünglich abgesprochen erreichten die Lehrgangteilnehmer und Sprachmittler IDAR-OBERSTEIN. Die anfänglichen kleineren
Sprachbarrieren konnten schnell überwunden werden und stellten im weiteren Verlauf kein Hemmnis dar. Die
Sprachmittler, die im 4-Wochen-Rhythmus durch LITAUEN ausgetauscht wurden, haben ihre Sache sehr gut gemacht
und waren immer in der Lage, Inhalte
oder Anweisungen entsprechend zu
übersetzen, auch wenn es nicht für jeden deutschen Begriff (Bsp. `Feder`)
eine entsprechende Übersetzung gibt.
Auch auf die Sicherstellung der sogenannten „Wohlfühlfaktoren“ waren beide Seiten sehr gut eingestellt. Kurzum
– der Schwerpunkt konnte von Beginn
an auf die Ausbildung gelegt werden.
Der ein oder andere „Altgediente“
mag vielleicht dieses Gefühl in ähnlicher Form erlebt haben – der Sprung
ZU GLEICH 1/2016
45
Erster Schuss mit „langer Leine“
von einer Feldhaubitzbatterie mit sechs
Geschützen in geschlossener Feuerstellung hin zu einem hochbeweglichen
Geschützzug mit vier der weltweit
leistungsfähigsten Geschütze und die
Anwendung eines hochflexiblen Einsatzkonzeptes ist nicht nur physisch
sondern auch mental eine entsprechend große Herausforderung.
Basierend auf einer bemerkenswert
hohen Motivation und klar verinnerlichtem Stolz, die Ersten ihres Landes zu
sein, die dieses neue und hochmoderne
Geschütz einsetzen und führen können,
wandelte sich die zu Beginn kaum zu
bewältigende Informationsfülle schnell
in ein zielgerichtetes und nachhaltiges
Lernen und Verinnerlichen.
Die Wichtigkeit dieses Lehrgangs im
Rahmen des Eingangs kurz dargestell-
46
ten TACET-Programms wurde auch dadurch nachhaltig unterstrichen, dass
sich viele hochrangige Besucher (von
Mitgliedern des Verteidigungsausschusses über die Generalität bis hin zur
Presse) vor Ort ein Bild machen wollten.
An dieser Stelle weise ich ausdrücklich
auf die ausführlichen und informativen
Beiträge des Presse- und InformationsZentrums (PIZ) Heer und von Bundeswehr.de hin, die in der „Bw Aktuell“
und im Intranet veröffentlicht wurden.
Selbst das litauische Fernsehen war vor
Ort und hat in LITAUEN einen entsprechenden Beitrag ausgestrahlt.
Die Systemausbildung lief reibungslos
und die Lehrgangsteilnehmer waren
schon nach wenigen Wochen in der
Lage, System und Simulatoren selbständig zu bedienen. In der 9. und in
der 10. Ausbildungswoche fand mit
den Lehrgangsteilnehmern und eigens
10.03.16, 10:54 Uhr,
erster Scharfer Schuss PzH2000 mit litauischer Geschützbesatzung
ZU GLEICH 1/2016
dafür angereisten acht litauischen Soldaten (Führungspersonal aus Artilleriebataillon, Brigade und Heereskommando) ein Workshop statt, der sich
schwerpunktmäßig mit dem Thema
„Schießsicherheit“ befasste. In Vorbereitung auf den durch Artilleriebataillon
295 zu unterstützenden nächsten Ausbildungsabschnitt, der im II. Quartal in
LITAUEN stattfindet und im August mit
einem gemeinsamen Artillerieschießen
im Rahmen der Übung FLAMING THUNDER seinen Höhepunkt finden wird,
konnten hier wertvolle Inhalte vermittelt werden. Auch die Vermittlung taktischer Grundlagen konnte in den Workshop integriert werden. Die Teilnahme
des im Vorbericht schon erwähnten
Subject Matter Expert (SME/ Fachexperte) vom AHEntwg erwies sich hierbei als
zielführend.
Höhepunkt des Lehrgangs und des
Workshops war zweifelsohne das erste
Artillerieschießen mit litauischen Geschützbesatzungen PzH2000 auf dem
Truppenübungsplatz
BAUMHOLDER
am 10. März. Nach dem bewusst gewählten Beginn (jeder Lehrgangsteilnehmer schießt ein Kommando „lange Leine“) mit Einzelschüssen, konnte
schnell auf die Anwendung des Feuerstellungskonzepts (die Inspektion
konnte mehrere Feuerstellungen im
Feuerstellungsraum „L“ nutzen) übergegangen werden. An diesem Tag stellten
die Lehrgangteilnehmer eindrucksvoll
unter Beweis, dass sie das System verinnerlicht haben und das Erlernte friktionslos in die Praxis umsetzen können.
Das Schießen verlief störungsfrei und
hinterließ sowohl bei den Teilnehmern
des Workshops als auch bei den eigens
aus AACHEN angereisten litauischen
Lehrgangsteilnehmern des Techniklehrgangs „Wanne“ und bei den Vertretern von PIZ Heer und Bundeswehr.de
einen nachhaltigen Eindruck.
Die beiden letzten Ausbildungswochen
dienten dem Technischen Dienst sowie
der praktischen Erkundungsausbildung
und rundeten den Lehrgang inhaltlich ab.
Selbstverständlich kam auch der soziale Aspekt während des Lehrgangs nicht
zu kurz. Karneval, Schwenkbraten und
Deutsches Reinheitsgebot waren am
Ende des Lehrgangs keine Fremdwörter mehr. Bemerkenswert ausgeprägt
war auch in diesem Lehrgang der gegenseitige Respekt, die gelebte Kameradschaft, Offenheit im Umgang und
gegenseitige Sympathie. Hier zeigt sich
immer wieder, dass alle Soldaten ein
gemeinsames Grundverständnis von
Auftragserfüllung und Kameradschaft
besitzen – gut, dass man diese Feststellung sowohl im „Friedensbetrieb“ als
auch im Einsatz immer wieder machen
kann!
Bewertung und Ausblick
Zusammenfassend lässt sich aus Sicht der
Inspektion feststellen, dass der Lehrgang
ein voller Erfolg war. Ja, die „Hausmeisterpunkte“ waren die gleichen, wir haben
die Erfahrungen des Kroatischen Lehrgangs mitgenommen, waren noch besser
vorbereitet und haben auch in diesem
Lehrgang ein beachtliches Niveau erreichen können.
Für LITAUEN wird –gerade vor dem Hintergrund der aktuellen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen in Europa- die Einführung des Waffensystems
PzH2000 nicht nur eine fundamentale
Weiterentwicklung der eigenen Artillerie
darstellen, sondern auch ein bedeutendes militärpolitisches Signal.
Die weiteren fixierten gemeinsamen
Schritte bis hin zur vollen Einsatzbereitschaft des neu aufzustellenden litauischen
Artilleriebataillons PzH2000 im Jahr 2018
sind schlüssig, folgerichtig und geben
einem als Ausbilder das gute Gefühl, auf
dem Weg zur Multinationalität einen weiteren wertvollen Schritt getan zu haben.
„Lehrgangsabschluss mit Übergabe
von Erinnerungsgeschenken
Litauische Lehrgangsteilnehmer
und ihre deutschen Ausbilder
nach dem Schießen
47
ZU GLEICH 1/2016
Binationales Sportfest beim
Artilleriebataillon 295
Hauptmann Maximilian Beenisch,
MilNWOffz Artilleriebataillon 295, IMMENDINGEN (jetzt: STETTEN am Kalten Markt)
Das Artilleriebataillon 295 führte am
17. September 2015 sein diesjähriges Sportfest unter dem Zeichen der
deutsch-französischen Freundschaft
durch. Es nahmen daher nicht nur die
Einheiten des Verbandes, sondern
auch Abordnungen des französischen 1er Régiment d’ Infanterie aus
SARREBOURG, des Jägerbataillons
291 aus ILLKIRCH und des Jägerbataillons 292 aus DONAUESCHINGEN
teil. In den Wettkämpfen Military
Fitness und Biathlon sowie in einem
Fußballturnier konnten beide Nationen im fairen Wettstreit ihre Fähigkeiten beweisen.
Mit einem Fußballturnier in der Früh
begann das diesjährige Sportfest. Das
Team der 4. Batterie des Artilleriebataillons konnte dieses, vor den Franzosen,
für sich entscheiden. Zeitgleich fand in
der Sporthalle durch das Judoka-Team
des Verbandes eine Vorführung über
Bild oben:
Beim Hindernisparcours mussten auch Wasserkanister getragen werden
Bild unten:
Auftaktspiel zum Binationalen Sportfest
Fitness Challenge teil. Im Feldanzug
und Turnschuhen mussten zunächst
800 Meter überwunden werden, um
48
Möglichkeiten der Selbstverteidigung
gegen bewaffnete und unbewaffnete
Gegner statt.
Am späten Vormittag nahmen sechs
Teams aller Verbände an der Military
ZU GLEICH 1/2016
anschließend eine 15 Kilogramm
schwere Munitionskiste zu stemmen.
Der anstrengende Teil folgte jedoch
unmittelbar im Hindernisparcours, in
welchem auf 300 Meter gekrochen,
geglitten, Wasserkanister geschleppt
und Verwundete transportiert werden
mussten. Hierbei konnte die 2. Batterie
des Artilleriebataillons 295 knapp vor
der französischen Delegation den Sieg
erringen. Der strömende Regen konnte
in diesem Wettstreit den binationalen
Teamgeist in keinster Weise einbremsen.
Die Nachmittagsdisziplin Biathlon
war nicht minder fordernd. In voller Gefechtsmontur mit ballistischer
Schutzweste, Helm, 15 Kilogramm
schwerem Rucksack und dem Sturmgewehr G36 mussten die fünf Soldaten starken Teams, eine Strecke von
2,7 Kilometern im Laufschritt absolvieren. Angekommen auf der Schießbahn
schoss jeder Schütze im Team insgesamt 40 Schuss auf 10er Ringscheiben. Eine gute Laufzeit und ein solides
Schießergebnis führten zu einem guten
Gesamtergebnis. Voll in ihrem Element,
konnten sich schließlich die Jäger aus
DONAUESCHINGEN, vor den französischen Infanteristen als Gewinner durchsetzen.
Am frühen Abend erfolgte durch den
Bataillonskommandeur, Oberstleutnant
Ralf Peter Hammerstein, die Siegerehrung in den einzelnen Disziplinen. Aufgrund ihrer konstanten Gesamtleistung
konnte die französische Abordnung des
1er Régiment d’Infanterie als Gesamttagessieger hervorgehen. Hammerstein
lobte dabei das außerordentliche Engagement aller Teilnehmer und wertete
das binationale Sportfest des Artilleriebataillons als vollen Erfolg.
Das Fest endete schließlich mit einem
kameradschaftlichen Grillabend aller
Teilnehmer, welcher nochmals das Gemeinschaftsgefühl beider Nationen der
DEU/FRA-Brigade jenseits des reinen
militärischen Dienstbetriebes verdeutlichte.
49
Bild oben:
Abordnungen des französischen 1er
Régiment d’Infanterie aus Sarrebourg
bei der Siegerehrung
Bild oben rechts;
Beim Biathlon - Soldaten Munitionieren
auf
Bild unten rechts: Judo-Vorführung
(Quelle aller Bilder:
Bundeswehr/Maximilian Beenisch)
ZU GLEICH 1/2016
KZO in DRESDEN gelandet
Oberleutnant Thomas Rückel
Zugführer KZO, 5./ Artilleriebataillon 295, IMMENDINGEN (jetzt: STETTEN am Kalten Markt)
DRESDEN, 25.11.2015 - In den Elbe
Flugzeugwerken und an der Offizierschule des Heeres stellte in diesen
Tagen der KZO-Zug des Artilleriebataillons 295 das Drohnensystem KZO
vor. Die Präsentation des Systemgeräts auf ziviler und militärischer Seite
markierte den Abschluss der Systemvorhaben 2015.
Geräuschlos nähert sich dem Dresdener Flughafen die Silhouette einer zivilen Verkehrsmaschine. Es ist ein Airbus
A380, der heute zu Wartungsarbeiten in
die Elbe Flugzeugwerke (EFW) kommt.
Während die größte Verkehrsmaschine der Welt vorbei rollt, stellen die
KZO-Soldaten des Artilleriebataillons
295 ihr Systemgerät im Hangar-Bereich
des sächsischen Flugzeugbauers auf.
50
Am Technologiestandort DRESDEN sollten die Soldaten des KZO-Zuges lernen,
wie man das System KZO gegenüber
zivilen Unternehmen, aber auch dem
militärischen Führernachwuchs des
Heeres, präsentiert. Neben dem medialen Interesse an Drohnensystemen ist
aber vor allem die Kommunikation mit
externen Dienststellen und Einrichtungen für eine erfolgreiche Arbeit im System elementar.
Luftfahrt spricht eine Sprache
Am Zentrum für die Umrüstung von Airbus-Passagierflugzeugen in Fracht- und
Tankflugzeuge und Wartung von Flugzeugen der gesamten Airbusflotte gelten für die Ausbildung der Mitarbeiter
gleiche Rahmenbedingungen wie für
die Ausbildung im Bereich der Instandsetzung des Drohnensystems KZO. Auf
ziviler und militärischer Seite ist die Ausbildung zum Fluggerätmechaniker/-in
und Fluggerätelektroniker/-in gemäß
den Vorgaben der europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) zertifiziert.
ZU GLEICH 1/2016
Im Rahmen der Weiterbildung nutzten 16
Auszubildende der Elbe Flugzeugwerke
die Chance, Eindrücke von der militärischen Seite von Airbus zu sammeln. Im
Gespräch zwischen den KZO-Soldaten
aus IMMENDINGEN und den angehenden Fluggerätmechanikern und Fluggerätelektronikern der EFW kamen die Männer und Frauen zu dem Schluss, dass man
„in der Luftfahrt eine Sprache spricht.“
Nach beiderseitigen Vorträgen über
das System KZO und die Arbeitswelt
des Tochterunternehmens der Airbus Group subsummierte der Ausbildungsleiter der EFW, André Vogel:
„Vielleicht ergibt sich für den ein oder
anderen von Ihnen die Chance, nach
seiner militärischen Laufbahn bei uns
einzusteigen.“ Abgerundet wurde der
Ausbildungstag bei den Elbe Flugzeug-
werken mit einer Werksführung durch
zahlreiche Arbeitsbereiche des Unternehmens. Dabei konnten die Soldaten
des Artilleriebataillons 295 hautnah
den praktischen Arbeitsalltag in den
Hangars der EFW erleben.
Truppe zum Anfassen
Am nächsten Tag der Weiterbildungswoche wurde das Drohnensystem KZO
an der Offizierschule des Heeres (OSH)
präsentiert. Die systemerfahrenen Soldaten vom Bodensee konnten den zukünftigen Zugführern, aber auch Soldaten vom Taktikzentrum des Heeres und
weiteren Dienststellen, grundlegende
Bedingungen, Besonderheiten und Herausforderungen des Systems KZO vermitteln.
In zwei Durchgängen mit jeweils 30
Teilnehmern wurden die Soldaten aus
DRESDEN nach einer theoretischen Einweisung in die Themenbereiche: Systemverbund KZO, Navigation und Luftbildwesen in einer Stationsausbildung
praktisch an die wesentlichen Systemfahrzeuge und die Drohne selbst herangeführt.
Der Truppenfachlehrer für den Bereich
STF/ IndirF, Major Palmgren, lobte das
Engagement aus IMMENDINGEN und
machte deutlich, dass „neben der Weiterbildung am Systemgerät vor allem
der Informationsaustausch mit der
Truppe von besonderer Bedeutung ist.“
Durch die lange Ausbildung zum Offizier haben die jungen Leutnante oft
mehrere Jahre keinen Kontakt zu den
Verbänden ihrer Truppengattung, weswegen vor allem die Erfahrungen aus
den Einsätzen, die Weiterentwicklungen im System und die täglichen Herausforderungen im Truppenalltag bei
den Teilnehmern auf großes Interesse
gestoßen sind.
Aufklärung:
Führen durch Information
Im Informationszeitalter ist vor allem
die Verfügbarkeit von Informationen
sowie die Kenntnis der Leistungsfähigkeit verfügbarer Sensoren für eine
ganzheitliche Beurteilung von militärischen Lagen von Bedeutung. Ebenso
sind die Abhängigkeit von externen
Unternehmen und die Einbindung in
ein komplexes Netzwerk aus Produktion,
Nutzung und Weiterentwicklung für
den Betrieb des Systems KZO an der Basis im Artilleriebataillon 295 elementar.
genutzt, um im zivilen und militärischen Umfeld nicht nur ihr Systemgerät
zu präsentieren, sondern auch einen
Beitrag für die Sensibilisierung und
Auseinandersetzung mit dem Thema
„Drohnensysteme der Bundeswehr“ zu
leisten.
Bild links oben:
Luftfahrttechnische Prüfer, HptFw
Engelbrecht, erklärt dem TrFLhr
STF/ IndirF, Maj Palmgren die
praktischen Herausforderungen des
Drohnensystems KZO
Bild links unten:
OFw Knittel erklärt den Auszubildenden der Elbe Flugzeugwerke
die Drohnengruppe KZO
Bild oben:
Soldaten des KZO-Zugs zusammen
mit Maj Palmgren vor dem Hörsaalgebäude der Offizierschule des
Heeres
(alle Fotos::
ArtBtl 295, OSG Fleischer)
Die KZO-Soldaten aus IMMENDINGEN
haben den Blick über den Tellerrand
ZU GLEICH 1/2016
51
Verabschiedungsappell des
Artilleriebataillons 295 aus der
Garnisonsgemeinde IMMENDINGEN
Hauptmann Maximilian Beenisch
MilNWOffz Artilleriebataillon 295, IMMENDINGEN (jetzt: STETTEN am kalten Markt)
Am 3. Dezember verabschiedete
sich das Artilleriebataillon 295 mit
einem großen Appell nach 56 Jahren aus seiner Garnisonsgemeinde
IMMENDINGEN. Gleichzeitig legten
an diesem Abend 158 Rekrutinnen
und Rekruten des Artilleriebataillons
295 ihr Feierliches Gelöbnis ab.
auch innerhalb des Kasernengeländes
ausbauen.
Der Appell fand abends mit Fackelschein unter der musikalischen Begleitung des Heeresmusikkorps aus ULM
auf dem Platz vor dem Stadtschloss
statt. Neben den 158 Rekrutinnen und
52
v.l.n.r. : Bürgermeister Hugger, OTL Hammerstein und Oberst Sonntag
bei der Übergabe des Gedenksteines
Der Verabschiedungsappell des Artilleriebataillons 295 bildete den Schlussakt
der 57-jährigen Geschichte des Standortes IMMENDINGEN. Ende Februar
bis Mitte März 2016 wird das Bataillon
geschlossen mit mehr als 600 Soldaten
an den neuen Garnisonsstandort STETTEN am kalten Markt verlegen. Ab April
2016 wird Daimler Benz sein Prüf- und
Technologiezentrum dann nicht nur
auf dem Standortübungsplatz, sondern
ZU GLEICH 1/2016
Rekruten nahmen Abordnungen aller
Einheiten des Artilleriebataillons 295,
der Panzerpionierkompanie 550, der
RSU-Kompanie (Regionale Sicherungsund Unterstützungskompanie) Schwäbische Alb und des 3. Französischen
Husarenregimentes teil.
Im Vorfeld des Appells präsentierte das
Artilleriebataillon vor der Donauhalle in
IMMENDINGEN eine statische Waffen-
schau, bei welcher die Kommandanten
mit ihren Besatzungen die Gefechtsfahrzeuge des Verbandes und deren
Fähigkeiten den interessierten Gästen
und Besuchern sowie den Angehörigen
der Rekrutinnen und Rekruten vorstellten.
Durchgeführt wurde der Appell durch
Oberstleutnant Ralf Peter Hammerstein, Bataillonskommandeur des Artilleriebataillons 295 und Standortältester
in IMMENDINGEN. Im Beisein von mehreren hundert Besuchern und zahlreichen Ehrengästen würdigte er die Leistungen der Soldatinnen und Soldaten
am Standort IMMENDINGEN, die neben
den zahlreichen Aufträgen im Inland
seit 1995 auch in den Auslandseinsätzen auf dem BALKAN, in AFGHANISTAN,
in MALI und bei vielen internationalen
Übungen umfangreich ihren Dienst
leisteten.
Ebenso hob Oberstleutnant Hammerstein die bi-nationale Bedeutung des
Standortes IMMENDINGEN in seiner
Rede hervor. Bis zu 3.000 Soldatinnen
und Soldaten sowie zivile Mitarbeiter
leisteten als Teil der Deutsch-Französischen Brigade und des Bundeswehrdienstleistungszentrums in Spitzenzeiten ihren Dienst in IMMENDINGEN.
Das Einholen der Bundesdienstflagge
und der Drapeau Tricolore durch eine
deutsch-französische Flaggenabordnung unterstrich dabei die Verbundenheit beider Nationen innerhalb der
Deutsch-Französischen Brigade.
Als Vertreter der Deutsch-Französischen
Brigade dankte Oberst d. Res. Ansgar
Sonntag hierbei allen deutschen und
französischen Soldaten, die seit 1958
ihren Dienst in IMMENDINGEN leiste-
Das Einholen der Bundesdienstflagge
ten. Gemäß ihrem Wahlspruch „Le devoir d’excellence“ wären Deutsche und
Franzosen auch an ihren neuen Standorten in STETTEN am kalten Markt und
in METZ stets „dem Besten verpflichtet“.
Der
Gemeinde
IMMENDINGEN
wurde der Gedenkstein der Oberfeldwebel-Schreiber-Kaserne
mit
allen Wappen der Verbände der
Deutsch-Französischen Brigade am
Standort IMMENDINGEN feierlich als
Teil der Verabschiedung überreicht.
Bürgermeister Markus Hugger betonte,
wie schwer es der Gemeinde gefallen
sei, sich aufgrund der Unsicherheiten
der Strukturreform für eine Konversion
des Bundeswehrstandortes zuguns-
ten von Daimler Benz zu entscheiden.
Abschließend hob er die Bedeutung
der 57-jährigen Garnisonsgeschichte
für die Identität der Gemeinde hervor
und dankte allen Soldaten für den Beitrag, den sie hierfür geleistet hatten.
(Fotos: ArtBtl 295)
ZU GLEICH 1/2016
53
Führung, Aufklärung, Wirkung
und Unterstützung:
Die Batterien des Artilleriebataillons 295 auf dem
Truppenübungsplatz BAUMHOLDER
Hauptmann Achim Leuther
Batteriechef 5./ Artilleriebataillon 295, STETTEN am Kalten Markt
Baumholder, 22.04.2016
Nach dem Abschluss des Umzuges
des Artilleriebataillons 295 von IMMENDINGEN nach STETTEN am kalten Markt im März 2016 stellten die
Batterien vom 07.04. – 22.04.2016 in
BAUMHOLDER ihre Leistungsfähigkeit
unter Beweis. Für viele junge Soldaten
war es dabei der erste Übungsplatzaufenthalt und der Höhepunkt ihrer
jeweiligen Dienstpostenausbildung.
Binationale Ausbildungen und Kohäsion waren weitere Highlights bei dem
zweiwöchigen Truppenübungsplatzaufenthalt.
Realversorgung, Materialbewirtschaftung und Logistikkonzept
54
Neben der Realversorgung der übenden Einheiten des Bataillons stand
die Beübung des Materialbewirtschaftungszuges im Schwerpunkt der
Stabs- und Versorgungsbatterie. Junge
Soldaten wurden erstmals an die Besonderheiten der Arbeit als Versorger
herangeführt und neue Abläufe für das
weiterzuentwickelnde Logistikkonzept
geprüft. Dazu bezog der Materialbewirtschaftungszug einen Übungsraum
und errichtete den Bataillonsversorgungspunkt. Von diesem wurden im
Push & Pull-Prinzip die Einheiten versorgt. Neben Ausbildungen am Tankcontainer und an verschiedenen
Fahrzeugen, wurden einige Soldaten
erstmals am MG3 mit Lafette ausgebildet. Auch Streife, Alarmposten und
Funkausbildung forderten die Solda-
ZU GLEICH 1/2016
Der Scharfe Schuss: Höhepunkt der Dienstpostenausbildung
(Quelle: Bundeswehr/ Thomas Trede)
Gruppenfoto vor der PzH2000: Deutsche, französische und litauische Kameraden
üben gemeinsam (Quelle: Bundeswehr/ Markus Panzer)
ten. Durch das Biwak war es den Soldatinnen und Soldaten auch möglich,
das Leben im Felde kennenzulernen.
Höhepunkt der Dienstpostenausbildung: Der Scharfe
Schuss
Informationsaustausch: Nach getaner Arbeit wird über die verschiedenen Streitkräfte
diskutiert (Quelle: Bundeswehr/ Markus Panzer)
Während des einwöchigen Übungsplatzaufenthaltes der 2. Batterie stellten die jungen Kanoniere zum Abschluss ihrer Dienstpostenausbildung
zum ersten Mal ihr Können im Scharfen Schuss unter Beweis. Die Batterie
hatte in dieser Woche drei Schießvorhaben, zwei Tag- und ein Nachtschießen. Es wurden tagsüber Sprenggeschosse und nachts Spreng- und
Leuchtgeschosse verschossen. Die
Joint Fire Support Teams der Batterie
riefen auf der Beobachtungs-Stelle
das Feuer auf aufgeklärte Ziele ab und
übten mit Flugzeugen das Zusammenspiel im Rahmen der Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung (STF).
Deutsche, französische und
litauische Kameraden üben
gemeinsam
Einweisung der französischen Delegation in die leichte Beobachtungsausstattung
Nyxus (Quelle: Bundeswehr/ Juern Börstinghaus)
Im Rahmen des Truppenübungsplatzaufenthaltes der 3./ Artilleriebataillon
295 in BAUMHOLDER verschaffte sich
eine litauische Delegation einen Überblick über Ausbildung und Übung mit
der PzH2000.
Bestehend aus Vertretern des Artilleriebataillons General Romualdas
Giedraitis, stationiert in RUKLA, war
dieser Besuch ein Meilenstein für die
im Sommer dieses Jahres stattfindenden Übungen IRON WOLF und FLAMING THUNDER sowie für die Ausbildung litauischer Soldaten am System
PzH2000. Das Artilleriebataillon 295
wird federführend mit der 3. Batterie,
unterstützt von 1. und 5. Batterie sowie durch Teile des Logistikbataillons
171 an beiden Übungen teilnehmen
und die Ausbildung der litauischen
Geschützbesatzungen im Rahmen
des TACET (Transatlantic Capability enhancement Training) in RUKLA
durchführen.
Der Raketenwerfer MARS II im scharfen Schuss (Quelle: Bundeswehr/ Sven Lehmann)
ZU GLEICH 1/2016
55
Der Raketenwerfer MARS II im scharfen Schuss bei Nacht
(Quelle: Bundeswehr/ Sven Lehmann)
Gleichzeitig war eine kleine Delegation
Offiziere vom 3. Husarenregiment aus
METZ, dem Patenverband des Artilleriebataillons 295, vor Ort, welche sich bei
allen Batterien von der Leistungsfähigkeit des Bataillons überzeugen konnte
und so die Verbundenheit zwischen
beiden Verbänden stärkte.
56
Schulschießen und Unterstützung Ausbildungsbereich STF/
IndirF
Die Raketenartilleriebatterie des Bataillons führte insgesamt vier Schießen durch, eines davon bei Nacht. Im
Schwerpunkt festigten die jeweiligen
Werferbesatzungen ihre Abläufe am
Raketenwerfer MARS II. Ebenso wurde
der Ausbildungsbereich STF/ IndirF in
IDAR-OBERSTEIN, bei der Ausbildung
des jungen Offiziernachwuchses im Offizierlehrgang 3 unterstützt. Insgesamt
wurden an den drei Schießtagen 290
Sprengsplitterraketen mit dem Kaliber
110mm verschossen.
ZU GLEICH 1/2016
Landung des Kleinfluggerätes Zielortung
(Quelle: Bundeswehr/ Kim Oliver Frerichs)
Aufklärung und Grundlagenausbildung:
Die Aufklärungsbatterie
Soldaten beim Aufbau des Batteriegefechtsstands
(Quelle: Bundeswehr/ Kim Oliver Frerichs)
Die Aufklärungsbatterie war mit den
Systemen Kleinfluggerät Zielortung
(KZO), Counter Battery Radar (COBRA)
sowie einer Wettergruppe in BAUMHOLDER. Neben der ständigen Unterstützung der schießenden Einheiten
durch Wettermeldungen, waren Aufklärungsflüge mit KZO, eine Softwareerprobung bei COBRA sowie Marsch- und
Verfügungsraumausbildungen
die
Schwerpunkte. KZO führte mehrere
Aufklärungsflüge durch. Dabei wurden
feindliche Ziele aufgeklärt und das folgende Feuer der eigenen Wirkmittel im
Zielgebiet überwacht. Ebenso konnten feindliche Verfügungsräume sowie
Marschbewegungen durch KZO aufgeklärt werden. Während der Softwareerprobung war auch COBRA in der Lage,
feindliche Feuerstellungen aufzuklären,
eigenes Feuer zu überwachen und somit im Zusammenwirken mit den Rohrund Raketenbatterien den Feind zu zerschlagen.
Fazit
Einweisung der französischen Delegation in COBRA
(Quelle: Bundeswehr/ Juern Börstinghaus)
Der Truppenübungsplatzaufenthalt in
BAUMHOLDER war für alle Batterien
ein voller Erfolg. Dienstpostenausbildungen wurden abgeschlossen, artilleristische Fähigkeiten vertieft und
gerade im Hinblick auf die bevorstehenden Übungsvorhaben in LITAUEN
die notwendigen Grundlagen gelegt.
Ebenso war es für alle Beteiligten eine
große Freude, mit den französischen
und litauischen Kameraden zu üben
und Einblicke in die Arbeitsweisen anderer Streitkräfte zu erhalten.
ZU GLEICH 1/2016
57
Das Artillerielehrbataillon 345
auf dem Truppenübungsplatz
GRAFENWÖHR 2015
Hauptmann Marcel Karcher
S1-Offizier Artillerielehrbataillon 345, IDAR-OBERSTEIN
Das ArtLehrBtl 345 absolvierte im
November seinen zweiwöchigen
Übungsplatzaufenthalt auf dem
Truppenübungsplatz GRAFENWÖHR.
Dieser stellte den Ausbildungshöhepunkt des Verbandes im Jahr 2015
dar. Trotz der Herausforderungen im
Rahmen der Flüchtlingshilfe am Heimatstandort, verlegte das Bataillon
am Montagmorgen, dem 2.11.2015,
im Landmarsch mit insgesamt weit
über 600 Soldatinnen und Soldaten
und 170 Fahrzeugen quer durch die
Republik.
58
Die Kolonne war auf acht Marscheinheiten verteilt und die gesamte Verlegung
des Verbandes von IDAR-OBERSTEIN
nach GRAFENWÖHR wurde über eine
Dauer von 17 Stunden erfolgreich beendet. Um 21.00 Uhr konnte der Führer der
Marscheinheiten Vollzähligkeit ohne
Ausfälle melden. Nicht nur die Größe
der Marscheinheiten beeindruckte,
sondern auch das Zusammenspiel mit
der militärischen Verkehrsleitung durch
zwei Feldjägerdienstkommandos des
Regimentes aus MÜNCHEN. Teile des
Verbandes hatten das Ankommen der
Hauptkräfte bereits am Wochenende
vorbereitet und so konnten die Unterkünfte und Abstellflächen verzugslos
bezogen werden. Ein gelungener Start!
Der Kommandeur ArtLehrBtl 345,
Oberstleutnant Olaf Tuneke, konnte mit
einigen zusätzlichen Unterstützungskräften aus anderen Truppenteilen somit nahezu auf sein gesamtes Bataillon
zurückgreifen, um die hochgesteckten
Ziele in der Oberpfalz anzugehen. Seit
längerer Zeit übte der Verband das
erste Mal wieder gemeinsam mit allen artilleristischen Fähigkeiten, von
luftgestützter und bodengebundener
ZU GLEICH 1/2016
4./ ArtLehrBtl 345 mit der Panzerhaubitze 2000 in der Feuerstellung
Aufklärung bis hin zur unmittelbaren
Feuerunterstützung,
einhergehend
mit taktischer Versorgung. An dieser
Stelle sei erwähnt, dass der reibungslose Ablauf des Landmarsches sowohl
in der Vorwoche als auch bei Ankunft
1./ ArtLehrBlt 345 beim Technischen Dienst vor Beginn der Übung
mit leichtem Beigeschmack zu bewerten ist. Dies lag aber nicht am Verband
selbst, sondern an der mangelnden
Verlässlichkeit der Deutschen Bahn.
Die Kettenfahrzeuge sollten parallel
bzw. vorweg mit der Eisenbahn verlegt
werden. Aus „Just in Time“ wurde „Just
out of Time“ und das Schwergerät des
Verbandes, u. a. die Panzerhaubitzen,
Schützenpanzer und der Raketenwerfer standen zum Großteil erst zwei
Tage später zur Verfügung, was auch
nicht unerhebliche Auswirkungen auf
den Ausbildungs- und Übungsablauf
hatte. Der Motivation der Soldatinnen
und Soldaten tat dies allerdings keinen Abbruch und die Lücken in den
Übungsvorhaben wurden anderweitig
geschlossen. Bevor es richtig losgehen
konnte, stand am Dienstag „Technischer
Dienst“ auf dem Plan, um Waffen und
Gerät auf die kommenden Vorhaben
vorzubereiten und sich mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut zu machen.
Der heimische Übungsplatz in BAUMHOLDER wurde ganz bewusst nicht
genutzt. Ein Teilaspekt der Ausbildung
beinhaltete die Beübung der Solda-
dem Gefechtstand Haupt auf dem
Übungsplatzgelände selbst. Es galt die
Führungsfähigkeit des Verbandes so
schnell wie möglich herzustellen.
Mit Abschluss aller Maßnahmen und
der spürbaren Vorfreude der Soldatinnen und Soldaten, begann das Ausbildungshighlight 2015 für alle Batterien
am Mittwoch bei schönstem Novemberwetter
Das gesamte Vorhaben wurde über
den zweiwöchigen Aufenthalt in zwei
Phasen eingeteilt. Die erste Woche
wurde als „Batterie“ – und die zweite
Woche als „Bataillonsphase“ angelegt.
Zunächst sollten die Fähigkeiten der
einzelnen Batterien identifiziert und
aufgebaut werden, um im Schwerpunkt
der zweiten Woche die Verschmelzung
der Fähigkeiten auf Verbandsebene zu
beüben. Das hochintensive Gefecht
im Systemverbund des ArtLehrBtl 345
stand im Fokus des Bataillonskommandeurs. Somit war die Marschroute klar
vorgegeben und der erste Schiess- und
Flugtag diente den Einheiten der Vorbereitung auf diese Absicht.
2./ ArtLehrBtl 345
während der Batteriebesichtigung in der Bodenkontrollstation KZO
tinnen und Soldaten in unbekanntem
Terrain. Im Vordergrund stand neben
den erwähnten Vorbereitungen der
Aufbau der beiden Gefechtsstände
des Bataillons, dem Gefechtstand Unterstützung im Lager „ALGIER“ sowie
Darüber hinaus galt für die erste Woche
das Motto, ,,Zurück zu alten Tugenden“.
Batteriebesichtigungen wurden auch
im ArtLehrBtl 345 die letzten Jahre
nicht mehr durchgeführt und somit ein
bewährtes Mittel der Überprüfung der
Beobachtungsoffizier beim Erkunden
der Beobachtungsstellung
eigenen Leistungsfähigkeit vernachlässigt. Der Truppenübungsplatzaufenthalt GRAFENWÖHR war nun der
richtige Rahmen, um den „Gemischtwarenladen“ der Aufklärungsbatterie
2./ ArtLehrBtl 345 auf Herz und Nieren
zu prüfen. Unter den Augen des Kommandeurs der Divisionstruppen 10.Panzerdivision, Oberst Wolf Rupp wurde
die Besichtigung mit einer Befehlsausgabe an die Batterieführung sowie der
Umsetzung auf deren Einheitsebene
am Mittwochabend eingeleitet und
bildete für den folgenden Donnerstag
und Freitag den klaren Schwerpunkt
der ersten Woche. Die Aufklärungssysteme KZO (Kleinfluggrät Ziel Ortung),
COBRA (COunter Battery RAdar), Schallmess sowie Wetter stellen einzeln für
sich hochkomplexe Systeme dar.
Diese Systeme unter einheitlicher Führung in einer laufenden Übung einzusetzen, forderte die Einheit und allen
voran den Batteriechef, Hauptmann
Mechtersheimer, im positiven Sinne.
Das Beziehen und Einrichten des Verfügungsraumes mit über 70 Fahrzeugen
ist nicht vergleichbar mit dem Äquivalent einer Rohrbatterie. Die Batteriebesichtigung wurde durch mehrere
Prüfteams begleitet und in die für die
Folgewoche geplante Lage „OBSIDIA“
eingebettet. Neben der Überprüfung
ZU GLEICH 1/2016
59
Blick ins Zielgebiet während des Gegenangriffes „SCIMITAR“
60
der Leistungsfähigkeit der einzelnen
Aufklärungskomponenten, sollten die
Fähigkeiten der Einheit in allgemeinen
Aufgaben in Landoperationen besichtigt werden. Teilaspekte der Überprüfung waren u. a. die Erkundung der
Verfügungs- und Einsatzräume, Verhalten im Verfügungs- und Einsatzraum
(dabei Lageentwicklungen), das Üben
im System Artillerie, der Marsch der Teileinheiten inklusive Technischen Halt
und gefechtsmäßige Betankung sowie
Gefechtsstandarbeit und Führung über
das FüWES ADLER (Führungs-, Waffen-,
Einsatz-, System Artillerie Daten-, Lage-,
Einsatz,- Rechnerverbund). Im Vordergrund stand allerdings die Zusammenführung der Fähigkeiten luftgestützte
Zielaufklärung und indirekte Wirkung
mit Rohr- und Raketenartillerie. Im Rahmen der Batteriebesichtigung wurde die
Zusammenführung dieser Fähigkeiten
für die Masse der Soldatinnen und Soldaten erstmalig geübt. Im Mittelpunkt
stand hierbei die Zielaufklärung und Ortung durch die Drohnenzüge KZO und
das Zusammenspiel in den folgenden
ZU GLEICH 1/2016
Feueraufträgen mit den schießenden
Batterien. Ein Übungsablauf, der in seiner
Komplexität nur durch vereinzelte Soldatinnen und Soldaten der Batterie bereits
durchgeführt worden war und somit
für die Masse der Beteiligten absolutes
Neuland darstellte. Das war Ansporn
genug, allen anfänglichen Widrigkeiten
zum Trotz, letztlich die Aufklärungsmöglichkeit Drohne mit den Wirkmitteln des
Verbandes erfolgreich zu verbinden. Beendet wurde die Batteriebesichtigung
am Freitag, nach mehr als 36 Stunden
Übung, mit der Rückverlegung in das Lager „NORMANDIE“. Am darauffolgenden
Tag wurde in Anwesenheit aller Unteroffiziere der Einheit die Überprüfung der
Batterie nach dem bewährten Schema
„Ansprechen-Beurteilen-Folgern“ ausgewertet. Die Führung des Bataillons
bescheinigte der 2./ ArtLehrBtl 345 gemeinsam mit dem Prüfteam die Bewertung: „Mit geringen Einschränkungen
einsatzbereit“. Ein insgesamt sehr zufriedenstellendes Ergebnis, mit klaren Abhol
- und Ausbildungsschwerpunkten für
das Ausbildungs- und Übungsjahr 2016.
Die schießenden Batterien konnten parallel Tag- und Nachtschießen durchführen und ihre eigene Leistungsfähigkeit
überprüfen. Sowohl die 4./ ArtLehrBtl
345 als auch die 5./ ArtLehrBtl 345 absolvierten als ganz besonderes artilleristisches Highlight, und für viele Soldatinnen und Soldaten erst- und vielleicht
einmalig, das „Direkte Richten“ mit der
Panzerhaubitze 2000. Diese Form der Gefechts-/ Schießübung beeindruckte nicht
nur die Soldatinnen und Soldaten selbst.
Die Bekämpfung von Zielen auf einer
Kampfentfernung von knapp 1000m
lockte auch zahlreiche „Touristen“ aus
verschiedenen Nationen auf die Schießbahn. Während der Stab ArtLehrBtl 345
und die 1./ ArtLehrBtl 345 sich nach Herstellen der Einsatzbereitschaft der beiden Gefechtsstände auf die Erprobung
der Zusammenarbeit und Koordinierung
der Stabsarbeit sowie der Erarbeitung
von Standards auf Grundlage der Stabsdienstordnung Einsatz konzentrierten,
konnte auch die Raketenbatterie in der
ersten Woche ihre Übungs- und Schießvorhaben durchführen.
3./ ArtLehrBtl 345 beim Nachtschießen
Am Samstag stand selbstverständlich
erneut Technischer Dienst auf dem Plan
und es galt, die Folgewoche mit allen
notwendigen Maßnahmen an Mensch
und Maschine vorzubereiten. Im Anschluss war für alle Teile des Verbandes,
erstmal durchatmen angesagt und die
gemachten Erfahrungen und Erlebnisse
der Woche Revue passieren zu lassen,
sowie sich batterieübergreifend bei
dem einen oder anderen Kaltgetränk
auszutauschen. Nach einem ausgiebigen Frühstück trat das ArtLehrBtl 345
geschlossen an und der Kommandeur,
Oberstleutnant Tuneke, blickte auf die
erste Woche und die einzelnen Ausbildungsziele zurück, um anschließend
die Marschroute „Vollgas“ für die beginnende Bataillonsphase und seine
Absicht bekannt zu geben. Der katholische Militärpfarrer, Herr Bronder, beseelte die Soldatinnen und Soldaten
des Verbandes im Anschluss mit einem
gemeinsamen Feldgottesdienst, ehe
die Vorbereitungen am Nachmittag begannen.
Am Sonntagabend um 18.00 Uhr fand
auf Grundlage der Lage „OBSIDIA“ die
Befehlsausgabe am Bataillonsgefechtsstand Haupt statt. Ab nun bedeutete
das für alle Teilnehmer „Leben in der
Lage“ und Übungsbeginn. Der Gefechtsverband 345 hatte einen klaren
Auftrag, Gegenangriff „SCIMITAR“ mit
letalen und nicht letalen Wirk- und
Aufklärungsmitteln aus zugewiesenen
Einsatz- und Feuerstellungsräumen zu
unterstützen
Die Einheiten des Bataillons 345 verlegten am Vormittag des Folgetages in
ihre zugewiesenen einsatznahen Verfügungsräume, um sich auf Folgeaufträge
vorzubereiten. Kontinuierliche Führung
des gesamten Bataillons durch die Operationszentrale (OpZ) stand von nun an
auf dem Programm. Einheitliche taktische und logistische Meldewege sowie
die Vernetzung der Lageinformationen
aus jeweils bis zu vier Zellen auf den
Gefechtsständen Haupt und Unterstützung mussten mit Lagefortsetzungen
verifiziert werden. Die Einheiten wur-
den im Laufe des Tages und der Nacht
mit der Erkundung der Einsatzräume
für den geplanten Gegenangriff beauftragt.
Um 07.00 Uhr am Dienstagmorgen befahl das Bataillon seine Einheiten in die
zugewiesenen Einsatzräume. Mensch,
Waffen und Material waren zu 100 Prozent einsatzbereit und „Heiß wie Frittenfett“, um ihr Können in der Lage unter
Beweis zu stellen. Davon machte sich
auch der Kommandeur 10. Panzerdivision, Generalmajor Bernd Schütt, ein
Bild und konnte am Ende des Tages ein
äußerst positives Fazit ziehen. Als Divisionskommandeur hat er nun ein klares
Bild von den artilleristischen Fähigkeiten eines „seiner“ beiden Artilleriebataillone. Auch dieser Dienstaufsichtsbesuch brachte die Unterstützung des
Gegenangriffs des Gefechtsverbandes
nicht zum Stocken. Ganz im Gegenteil,
die feindlichen Ziele wurden aufgeklärt und, durch die Bataillonsführung
koordiniert, erfolgreich bekämpft. Die
Feuerunterstützung verlor auch nach
ZU GLEICH 1/2016
61
Einbruch der Dunkelheit nicht an Intensität und wurde am darauffolgenden
Mittwoch fortgesetzt. Gegen 22.00 Uhr
war es dann soweit; der Kommandeur
des Gefechtsverbandes löste mit einem
Funkbefehl die letzte Bataillonsfeuerzusammenfassung aus und läutete die
finale Phase der Übung ein.
Alle Batterien wurden anschließend aus
ihrem Einsatzraum in den Verfügungsraum befohlen und die fünftägige
Übung damit beendet. Am Donnerstag
wurden alle vorbereitenden Maßnahmen zur Rückverlegung in den Heimatstandort IDAR-OBERSTEIN getroffen, so
dass sich am Freitag um 04.00 Uhr früh
die ersten Fahrzeuge wieder auf dem
Marsch befanden. Mit dem Eintreffen
der letzten Marscheinheit endete ein
erfolgreicher Truppenübungsplatzaufenthalt.
Oberstleutnant Tuneke resümierte insgesamt sehr zufrieden und stellte fest:
„……Ziel des Übungsplatzes war es, gemäß meines „Drei-Stufen-Plans“ für das
Bataillon, neben dem Durchführen und
Etablieren der Batteriebesichtigung,
alle Fähigkeiten des Verbandes im Systemverbund Artillerie zusammenzuführen und in der Bataillonsübung im Rahmen eines hochintensiven Gefechtes
zu üben. In diesen vergangenen zwei
Wochen konnte ich einen umfassenden
und detaillierten Eindruck von die Leistungsfähigkeit des Verbandes gewinnen und damit meine Lagefeststellung
als ihr Kommandeur abschließen. Allen
nicht verschuldeten externen Widrigkeiten, wie der unglücklichen Bahnverlegung zum Trotz, konnte der Ausbildungshöhepunkt des Verbandes dank
ihrer aller Unterstützung erfolgreich
gestaltet werden. So haben wir die Batteriebesichtigung unserer 2./ ArtLehrBtl
345 erfolgreich durchgeführt, haben
erstmals auf der Ebene Bataillon unter
Überwachung eines KZO-Zuges Feuer
unserer Rohrartilleriebatterien gelenkt,
sowie seit langer Zeit endlich wieder
auf Verbandsebene und erstmals in der
neuen Gliederung HEER2011 geübt.
Dies alles ist dem Engagement und der
Flexibilität aller beteiligten Soldatinnen und Soldaten in Vorbereitung und
Durchführung zu verdanken. Damit ist
ausdrücklich auch die 6./ ArtLehrBtl 345
eingeschlossen, die vor allem die Bahnverladung unserer Haubitzen sichergestellt und uns am Standort durch das
Abarbeiten von Parallelaufträgen den
Rücken frei gehalten hat.
Auch wenn selbstverständlich noch
nicht alle Zahnräder so in einander greifen wie ich es mir in Zukunft vorstelle,
kann ich abschließend konstatieren,
dass wir gemeinsam das erste Zwischenziel des „Drei-Stufen-Plans“, nämlich das Zusammenführen von Fähigkeiten auf Bataillonsebene genommen
haben. Wir sind auf dem richtigen Weg!“
62
Kontaktadresse:
Freundeskreis der Artillerietruppe e.V.
Am Rilchenberg 30
55743 Idar-Oberstein
Homepage:
ZU GLEICH 1/2016
www.freundeskreis-artillerietrup-
Blick nach vorn, statt zurück.
Ein Wachwechsel.
Oberleutnant Ronny Schubert, S6-Offizier, IT-Sicherheitsbeauftragter und Presseoffizier
Artilleriebataillon 131, WEIDEN i. d. OPf
Nach seiner zweijährigen Zeit als
Kommandeur des Artilleriebataillons
131 hat Oberstleutnant Wolfgang
Schmidt im Dezember die Dienstgeschäfte an den Nachfolger Oberstleutnant Christian Kiesel übergeben.
Besiegelt wurde die Übergabe mit
dem Appell am 17.12.2015.
Das Bataillon trat hierzu auf dem Exerzierplatz an. Nach der Begrüßung verzichtete Oberstleutnant Schmidt in
seiner Rede auf einen Rückblick auf die
vergangenen zwei Jahre, vielmehr richtete er einen Blick in eine mögliche Zukunft. Dabei gab er noch einmal seine
vier wichtigsten Mottos an die Soldaten
weiter: Üben übt! Wer nicht gestaltet,
wird gestaltet. Mut wird belohnt. Handwerk schadet nie.
Folgend würdigte Oberst Wolf Rupp,
Kommandeur Divisionstruppen der
10. Panzerdivision, die Leistungen
des Bataillons unter der Führung von
Oberstleutnant Schmidt. In den letzten
zwei Jahren hatte das Artilleriebataillon
131 schließlich die eine oder andere herausfordernde Aufgabe zu bewältigen.
Beginnend mit der Auflösung im alten
Standort MÜHLHAUSEN über die Umgliederung und dem damit verbundenen Umzug sowie der Neuaufstellung
am Standort WEIDEN bis zum Auslandseinsatz als Leitverband im Deutschen
Einsatzkontingent KFOR im ersten Halbjahr 2015.
Anschließend erfolgte die Übergabe
der Truppenfahne und damit des Kommandos über das Artilleriebataillon 131
an Oberstleutnant Christian Kiesel.
Nach den folgenden Hymnen ertönte
Robbie Williams mit „No Regrets“ aus
den Lautsprechern, ein FENNEK fuhr
auf den Antreteplatz und nahm Oberstleutnant Wolfgang Schmidt auf, der sich
63
in einer letzten Runde von seinen Soldatinnen und Soldaten verabschiedete.
Im Anschluss beendete Oberstleutnant
Kiesel den Appell. Nach zahlreichen
Glückwünschen durch die Soldaten und
die geladenen Gäste fand die Übergabe
ihren feierlichen Abschluss bei einem
Empfang im Filmsaal der Ostmark-Kaserne in WEIDEN.
ZU GLEICH 1/2016
Geschafft - nach dem Sekt kann‘s losgehen ! (links der neue Kommandeur OTL Kiesel, rechts OTL Schmidt)
64
Kontaktadresse: Gesellschaft für Artilleriekunde e.V.
Am Rilchenberg 30
55743 Idar-Oberstein
Homepage:www.artilleriekunde.de
ZU GLEICH 1/2016
Schlaglichter
beim Artilleriebataillon 131
Oberleutnant Ronny Schubert, S6-Offizier, IT-Sicherheitsbeauftragter und Presseoffizier
Artilleriebataillon 131, WEIDEN i. d. OPf
Soldaten auch bei Kälte
einsatzbereit
„Fünf null an alle: Motoren an, vorwärts Marsch!“ Der Funkspruch tönte
laut aus den Lautsprechern und die
Gefechtsfahrzeuge der fünften Batterie des Artilleriebataillons 131 aus
WEIDEN setzten sich in Bewegung.
So begann die 36-Stunden-Übung in
der Ostmark-Kaserne am 19.01.2016
um 07:00 Uhr. Sie sollte der Ausbildungshöhepunkt des Monats werden.
Nach dem Gefechtsmarsch aus der Ostmarkkaserne in den Einsatzraum Manteler Forst stellten die Geschützkanoniere unmittelbar Wirkungsbereitschaft
her. Mit zwei Geschützzügen, also insgesamt acht Panzerhaubitzen vom Typ
PzH2000, sowie Führungs- und Versorgungselementen war die Batterie bereit, Feind zu bekämpfen.
Parallel dazu wurden die Elemente des
Feuerunterstützungszuges in den Gefechtsverband integriert. Dieser ist für
das Anfordern und Lenken von artilleristischen Wirkmitteln verantwortlich,
verbunden mit der Aufgabe, den Feind
aufzuklären und die über GPS ermittelten Ziele über Datenfunk an die Geschützzüge weiterzuleiten.
Ausschilderung
aufgrund der guten artilleristischen
Unterstützung durch die 5./ 131 melden: „Wir stehen im Angriffsziel, Feind
zerschlagen!“. Die anspruchsvolle Ausbildung, der hohe persönliche Einsatz
jedes Einzelnen, die Kameradschaft
untereinander sowie die Verlässlichkeit
des Materials waren auch diesmal der
Schlüssel zum Erfolg.
PzH2000 in Stellung
65
Durch den simulierten schnellen Angriffserfolg der Kampftruppe wurden
die Soldaten ordentlich gefordert.
Schnellstmöglich mussten Feuerstellungen auf dem Standortübungsplatz
Manteler Forst bezogen und Artilleriegeschosse (simuliert) geladen werden.
Der Feuerkampf wurde unmittelbar
aufgenommen. Schnell vergingen die
zwei fordernden Ausbildungstage bei
Temperaturen von -15°C. Am 20. Januar konnte die Kampftruppe dann auch
ZU GLEICH 1/2016
Artilleriekameradschaft lässt
Erinnerungen aufleben und
nimmt Weidener Soldaten
unter die Lupe
In der Woche vom 7. bis zum
13.03.2016 übte das Artilleriebataillon
131 aus WEIDEN mit dem Raketenwerfer MARS, der Panzerhaubitze 2000
und den Aufklärungsmitteln der 2.
Batterie zusammen mit US-amerikanischen Streitkräften auf dem Truppenübungsplatz GRAFENWÖHR. Eine gute
Gelegenheit, um der Artilleriekameradschaft aus WEIDEN bei einem Besuchertag tolle Einblicke zu verschaffen.
Am Donnerstag war es dann soweit und
insgesamt 32 Teilnehmer reisten an, um
sich die moderne Artillerie einmal näher
in Aktion anzuschauen. Bis zu 250km
Anreise nahmen Einzelne hierbei auf
sich, so groß war das Interesse.
Startpunkt war die Ostmark-Kaserne.
Von hier aus fuhren alle Beteiligten unter der Führung von Oberleutnant Ronny Schubert nach GRAFENWÖHR und
begaben sich direkt in die Feuerstellung der Raketenwerfer. Sichtlich beeindruckt von der Feuerkraft und dem
Waffensystem, versammelten sich alle
auf der Schießbahn zum gemeinsamen
Blick ins Zielgebiet
Gespräch mit dem Kommandeur des
Artilleriebataillons 131, Oberstleutnant
Christian Kiesel. Es folgte die Besichtigung verschiedener Gefechtsstände.
Beim anschließenden gemeinsamen
Mittagessen schwelgte man weiter in
Erinnerungen. Schließlich kannten die
Kameraden fast jede Feuerstellung, da
sie hier bis zur Auflösung des traditionsreichen Panzerartilleriebataillons 105
noch mit Feldhaubitzen, Panzerhaubitzen M109 und 105mm-Geschützen
auf LKW FAUN geschossen hatten. Am
Nachmittag führte der Weg zum 2. Zug
der 4. Batterie, der unmittelbar nach
Artilleristen des altehrwürdigen PzArtBtl 105
66
ZU GLEICH 1/2016
Ankunft der Kameradschaft mit vier Geschützen aus allen Rohren 69 mal feuerte.
Die altbekannte Beobachtungsstelle
auf dem Bleidorn, einem alten Turm im
südlichen Zentrum des Übungsplatzes,
war nächster Anlaufpunkt. Beim Blick
ins Gelände erinnerten sich viele an
vergangene Zeiten, das Zielgelände ist
eins der wenigen Dinge, die sich über
die Jahre hin nicht geändert haben, hat
man doch früher auch „gut gezielt und
getroffen“. Zum Abschluss wurde das
Artillerieortungsradar COBRA unter die
ne Kleinfluggerät Zielortung KZO über
das Artillerieortungsradar COBRA hin
zur Vorstellung der Heliumanlage des
Wetterzuges gab es einiges zu bestaunen. Einen bleibenden Eindruck hinterließ bei den jungen Männern die Panzerhaubitze 2000.
Im Anschluss an die gemeinsame Überwindung der Hindernisbahn konnten
beim Mittagessen die gesammelten
Eindrücke im Gespräch mit den erfahrenen Soldaten des Bataillons vertieft
werden.
Résumé des Tages:
Die Bundeswehr ist ein Arbeitgeber
mit vielfältigen Anforderungs- sowie
Berufsprofilen und daher sehr
attraktiv für potenzielle Bewerber.
Feuerstellung Raketenwerfer MARS
Lupe genommen, bei dem Oberfeldwebel Matthias Benz eindrucksvoll die
technischen Details erklärte.
Herr Gollwitzer, Vorsitzender der Kameraden aus WEIDEN, bedankte sich
bei Hauptfeldwebel Alexander Hecht
für die Organisation und sprach zum
Schluss noch einmal aus, was sich alle
Beteiligten dachten: Das war ein besonders gelungener Tag, zu dem nicht
zuletzt auch das gute Wetter seinen Teil
beigetragen hat. Denn gutes Wetter
war zu ihren Zeiten eher selten.
Aufklärende Artilleriebatterie
bringt Waffensysteme und
den Dienstalltag näher
67
Unter diesem Motto stand der
Schnuppertag am 17.02.2016 in
der Ostmark-Kaserne in WEIDEN.
So ein Tag ist vor allem dafür
da, jungen und interessierten
Menschen die Bundeswehr näher zu
bringen und einen, wenn auch nur
kleinen, Einblick in den täglichen
Dienstbetrieb zu ermöglichen.
Aufgeteilt auf mehrere Stationen wurden den Teilnehmern die einzelnen
Aufklärungs- und Waffensysteme der
Artillerietruppe gezeigt. Von der DrohOberfeldwebel Schubert bei der Vorstellung des Artillerieortungsradar COBRA
zusammen mit den Teilnehmern des Schnuppertages
ZU GLEICH 1/2016
Führerkorps 2./ ArtBtl 131
geschlossen dem
Freundeskreis der Artillerietruppe beigetreten
Hauptmann Martin Krause, stv. Batteriechef
2./ Artilleriebataillon 131, WEIDEN i. d. OPf
Zu Ostern 2015 befanden sich zahlreiche Soldaten des Artilleriebataillons
131 mit dem 40. Deutschen Einsatzkontingent KFOR im Einsatz auf dem BALKAN. An solchen Feiertagen werden die
Entbehrungen des Soldatenberufs immer besonders spürbar, schließlich verbringt man die Feiertage weit entfernt
von seinen Angehörigen und Freunden.
Diesmal war es etwas leichter. Denn die
Artilleristen des 40. Deutsche Einsatzkontingents KFOR erreichte ein Paket
mit Grüßen und Süßigkeiten anlässlich des Osterfestes. Absender war der
Freundeskreis der Artillerietruppe e. V.
Mit dem beigelegten Brief wurde die
Wichtigkeit des Einsatzes unterstrichen
und Dank und Anerkennung für die Artilleristen im Einsatz ausgesprochen.
68
Auch Soldaten der Aufklärenden Artilleriebatterie des Artilleriebataillons 131
waren in diesen Tagen im Einsatz gebunden und freuten sich über die Osterüberraschung. Sie alle erlebten hautnah
die Kameradschaft des Freundeskreises
gegenüber allen Angehörigen der Artillerietruppe – unabhängig davon, ob
selber Mitglied oder nicht.
Aus diesem Anlass trat das Führerkorps
der 2./ Artilleriebataillon 131, fünf Offiziere und 22 Unteroffiziere, unter der
Führung von Hauptmann Lars Sigismund und Oberstabsfeldwebel Andreas
Schmiedel, geschlossen dem Freundeskreis der Artillerietruppe bei, mit der
Absicht, den Geist der Artilleriekameradschaft weiterzuleben, zu fördern und
mit zu gestalten.
ZU GLEICH 1/2016
Hauptmann Lars Sigismund und Oberstabsfeldwebel Andreas Schmidt
Informationsveranstaltung
für ehemalige Generale und Oberste
der Artillerietruppe
vom 18. bis 19. Mai 2016
Am 18. und 19. Mai fand die diesjährige Informationsveranstaltung
für Generale und Oberste a. D. der
Artillerietruppe beim Ausbildungsbereich
Streitkräftegemeinsame
Taktische Feuerunterstützung/ Indirektes Feuer (AusbBerSTF/ IndirF) in
IDAR-OBERSTEIN statt.
Insgesamt 39 Generale und Oberste
a. D. nebst 15 Damen ließen sich am
Abend den Spießbraten schmecken
und nutzten die Zeit für Gespräche über
die vergangene gemeinsame Zeit.
Am Folgetag genossen die Damen ein
Betreuungsprogramm rund um den
Schaumberg in Tholey, während die
Herren sich durch einen Vertreter des
Amtes für Heeresentwicklung (AHEntwg III 2), Herrn Oberstleutnant Schön, in
den Sachstand STF und in die Planungen für die Zukunft einweisen ließen.
Anschließend wurden den Ehemaligen
verschiedene
Ausbildungsmöglichkeiten (PzH 2000 Turmtrainer, Zentrale
Ausbildungseinrichtung Streitkräftegemeinsame Taktische Feuerunterstützung - ZA STF - und Nachfolgeausbildungsgerät BT 33) vorgestellt.
Zum Schluss der Veranstaltung dankte General a. D. Rainer Schuwirth im
Namen der Anwesenden für die vor-
züglich organisierte und informative
Veranstaltung, verbunden mit der Hoffnung, auch zukünftig in den Genuss zu
kommen, einer solchen Veranstaltung
beiwohnen zu dürfen. Der Leiter AusbBerSTF/IndirF und General der Artillerie,
Oberst Fiepko Koolman, sagte zu, alles
in seiner Macht stehende zu unternehmen, auch zukünftig diese Veranstaltung durchzuführen.
Nach einem Mittagessen im Kasino
verabschiedeten sich die Generale und
Oberste a. D. sowie ihre Damen bei
strahlendem Sonnenschein und bester
Laune von Ihren Gastgebern.
69
Gruppenphoto der Teilnehmer an der diesjährige Informationsveranstaltung
für Generale und Oberste a. D. der Artillerietruppe an traditioneller Stelle
ZU GLEICH 1/2016
Neues aus der Hauptstadt
der französischen Artillerie
Oberstleutnant Frank Rosemann
Artilleriestabsoffizier
Heeresverbindungsstab FRANKREICH 3/4, DRAGUIGNAN
Die französische Artillerie im Jahr 2016
Nach
der
Auflösung
eines
Artillerieregimentes (1e Régiment
d‘Artillerie de Marine (CHÂLONS-ENCHAMPAGNE) wurde 2015 aufgelöst)
gliedert sich seit vergangenem Jahr die
französische Artillerie wie folgt (siehe
Abb.1):
Š eine Artillerieschule und
Š 11 Artillerieregimenter
Die 11 Artillerieregimenter kann man
in drei weitere Kategorien einteilen:
1. Divisionsartillerie
2. Brigadeartillerie
3. Artillerieregimenter mit
speziellen Fähigkeiten/ Aufgaben
70
Dabei handelt es sich um das 61e
Régiment d’Artillerie (CHAUMONT)
mit ihren UAVs, dem 28e Groupe
Géograhique (HAGENAU) das alle Karten
für die Artillerie herstellt, sowie der 17e
Groupement d’Artillerie (BISCAROSSE),
das für die Fliegerabwehrausbildung
aller Truppen verantwortlich ist und
die Diensthundeschule des Heeres
beheimatet.
Das 1er Régiment d’Artillerie (BELFORT),
ausgestattet mit dem Raketenwerfer LRU
(Lance-Roquettes Unitaires – entspricht
dem deutschen MARS II) und das 54e
Régiment d’Artillerie (HYÈRES), als das
einzige
Heeresflugabwehrregiment
im französischen Heer werden der
Divisionsartillerie zugeordnet.
ZU GLEICH 1/2016
Alle sechs Brigadeartillerieregimenter
sind mit dem 155mm CAESAR
(Kaliber 52) und dem 120mm Mörser
ausgestattet.
Darüber hinaus ist das 40e RA zusätzlich
mit der Panzerhaubitze AUF1 (Abb. 2)
ausgestattet. Deshalb soll es heute hier
besonders vorgestellt werden. (Die PzH
AUF 1 bleibt dem Regiment erhalten
und wird nicht wie in der Ausgabe
2/2015, Seite 45, behauptet, komplett
durch den CAESAR ersetzt. Der Autor
bittet diesen Fehler zu entschuldigen).
Das 40e Régiment d’Artillerie (40e RA)
Das 40e RA ist das Brigadeartillerieregiment der 2e Brigade Blindée
(Panzerbrigade).
EMIRATE usw.) zum Einsatz kam.
Das Regiment blickt auf eine 121-jährige Geschichte und eine glorreiche Vergangenheit zurück. Es zählt zu den am
meisten ausgezeichneten Regimentern
der französischen Artillerie und ist das
am häufigsten in den Einsatz verlegte
Artillerieregiment des französischen
Heeres. 2016 wurde das Regiment für
den zweimaligen AFGHANISTAN-Einsatz 2009 und 2012 mit dem Tapferkeitskreuz ausgezeichnet.
Aufgaben
Es ist in SUIPPES stationiert und war in
der alten Gliederung mit vier Gefechtsbatterien das feuerstärkste RohrwaffenArtillerieregiment im französischen
Heer. Mit Einnahme der neuen Struktur
im Sommer 2016 wird sich das Regiment in drei Geschützbatterien, eine
Flugabwehrbatterie und eine Aufklärungsbatterie gliedern.
Das 40e RA ist mit drei verschiedenen
Waffensystemen ausgerüstet:
ŠŠ der 155mm-Panzerhaubitze AUF1,
ŠŠ dem 155mm LKW-verlastbaren
Geschütz CAESAR und
ŠŠ dem 120mm-Mörser.
Es ist das einzige Artillerieregiment, das
die Panzerhaubitze AUF1 in seinem Bestand führt und bei dem das Personal
neben der Basisausbildung am 120mm
Mörser auch beide o. a. 155mm Geschütze bedienen kann.
Die aus der besonderen Gliederung
und der Ausstattung mit drei verschiedenen Waffensystemen resultierende
Schlagkraft erklärt auch, warum es auf
allen Schauplätzen der Welt (LIBANON,
AFGHANISTAN, ELFENBEINKÜSTE, KOSOVO, TSCHAD, VEREINIGTE ARABISCHE
Einsatzauftrag des 40e RA ist die unmittelbare Feuerunterstützung für
die Panzerbrigade 2. Mit seiner Aufklärungsbatterie kann es Ziele schnell
aufklären und bekämpfen. Der Auftrag
der Gefechtsbatterien und der Aufklärungsbatterie des Regimentes bestehen darin, mit ihren AUF1, CAESAR und
120mm-Mörsern weltweit schnell in
den jeweiligen Einsatzgebieten einzugreifen, um dort die Interessen FRANKREICHS zu verteidigen.
Geschichte
Das 40e RA wurde 1894 in SAINT MIHIEL
aufgestellt. Während des Ersten Weltkriegs zeichnete es sich an der (französischen) Ostfront aus: MARNE 1914,
CHAMPAGNE 1915, VERDUN 19161917, SOMME 1916, AISNE 1917-1918
und REIMS 1918.
1939 kämpfte es als „RANA 40“ (nordafrikanisches Artillerieregiment) in der
Nordafrikanischen Infanteriedivision 2.
Es zeichnete sich 1940 in FLANDERN
aus, wo der Feind ihm einen ehrenvollen Abzug gewährte. 1943 unterstand
das Regiment (unter dem Namen
„1/40e RANA“) der 2. französischen Panzerdivision in MAROKKO. Am 31. Juli
1944 landete es in der NORMANDIE und
leistete später einen entscheidenden
Beitrag zur Befreiung von PARIS und
STRASSBURG.
Im Juli 1995 stellte das Regiment die
Artilleriegruppe „General d‘Armée Leclerc“ auf, deren Kern aus acht AUF1
bestand. Sie wurde vorgehalten, um sie
schnell in Einsatzgebiete zu verlegen.
Bereits im August 1995 nahm sie nach
einer Verlegung vom Berg Igman (im
heutigen
BOSNIEN-HERZEGOWINA)
aus, eine Rüstungsfabrik, ein Munitionsgroßlager und gegnerische Feuerstellungen vom 22. bis 30. August 1995 unter Beschuss, bis diese zerstört waren.
Die gezielte, vernichtende Feuerkraft
bezeugte die internationale Entschlossenheit.
Die Serben waren dadurch zu Verhandlungen gezwungen. Sie zogen ihre
Truppen aus SARAJEWO ab und öffneten Korridore in die belagerte Stadt. SARAJEWO war wieder frei.
Seitdem wurden die Artilleristen des
Regiments in bedeutenden Einsatzgebieten wie EX-JUGOSLAWIEN, AFGHANISTAN, KOSOVO, LIBANON, TSCHAD,
REPUBLIK ELFENBEINKÜSTE, MALI UND
ZENTRALAFRIKANISCHE REPUBLIK eingesetzt.
Von 2007 bis 2011 stellten die Batterien den Rohrartillerie-Anteil der UNIFILMission (United Nations Interim Force
im LIBANON).
ZU GLEICH 1/2016
71
Die Panzerhaubitze „AUF1“
Die Panzerhaubitze AUF1 (von „Automoteur F1“, Selbstfahrlafette F1) ist ein
155mm-Geschütz (Kaliber 39) auf dem
Fahrwerk eines AMX 30-Kampfpanzers.
Sie verfügt über eine Navigationsanlage, eine trägheitsgesteuerte Feuerleitanlage und ein integriertes Informations- und Kommunikationssystem der
französischen Artillerie (ATLAS).
Die Haubitze AUF1 hat eine Kampfbeladung von 42 Schuss und zeichnet sich
durch einen Turm mit vollautomatischer Beladung aus.
LEISTUNGSDATEN
• Schussentfernung:
• Feuergeschwindigkeit:
• Instellungbringen/Stellungswechsel:
• Bestreichungswinkel:
STECKBRIEF IN ZAHLEN
28km
6 Schuss/ Minute
2 - 3 Minuten
360°
• Gefechtsmasse:
• Höchstgeschwindigkeit:
• Fahrbereich auf Straßenverbindungen
in wechselndem Gelände
• Direktes Feuer möglich
45to
60km/h
500 km
20 Std.
BESATZUNG
Vorteile der Panzerhaubitze AUF1
• 1 Geschützführer
• 1 Richtkanonier
• 1 Funker/Munitionskanonier
• 1 Fahrer
Ballistischer und ABC-Schutz
Taktische Mobilität (geländegängig)
Vollautomatische Beladung mit kompletter Munition
(Geschoss und Treibladung)
Artillerieschule, seit 40 Jahren am Standort DRAGUIGNAN
72
Die französische Artillerieschule hat
eine lange Geschichte. Bereits 1791
wurden die Artillerieoffiziere zentral an
einer Schule in CHÂLONS-EN-CHAMAGNE ausgebildet. Zuvor wurde die Ausbildung in den Artillerieregimentern
betrieben. 1802 fusionierte sie in METZ
mit der Pionierschule. Von 1871–1940
war die Artillerieschule in FONTAINEBLEAU beheimatet. 1912 war die Pionierschule ausgegliedert worden. Aufgrund der Kriegseinflüsse wurde sie
Ortschild am Eingang von
DRAGUIGNAN (Fotomontage: im
Original befindet sich das Schild der
InfS über dem Schild der ArtS)
ZU GLEICH 1/2016
zunächst nach NIMES verlegt, bevor sie
dort 1942 aufgelöst und bis 1945 nach
AFRIKA ausgelagert wurde.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde 1945 die
Artillerieschule in IDAR-OBERSTEIN in
der Klotzbergkaserne wieder aufgebaut. Der Kuppelbau ist noch ein Relikt
aus dieser Zeit. Die sogenannte „Aviosphère“ wurde zur Fliegerabwehrausbildung an der 40mm Kanone BOFORS
genutzt. Über die Standorte MOURMELON (1952), CHÂLONS-SUR-MARNE
(1953) fand die Schule 1976 ihre Heimat
im Quartier Bonaparte in DRAGUIGNAN. Mit der Verlegung der Heeresflugabwehrschule von NIMES nach DRAGUIGNAN (1983) werden seitdem alle
artilleristischen Jünger der heiligen Barbara in der „Hauptstadt der Artillerie“
ausgebildet.
Kuppelbau in der Klotzbergkaserne in IDAR-OBERSTEIN
Die Militärschulen von Draguignan
Im Jahre 2010 hat auch die französische
Infanterieschule, nicht ganz freiwillig,
ihre Zelte in DRAGUIGNAN aufgeschlagen. Beide Schulen werden seitdem
unter dem Namen „Écoles Militaires de
DRAGUIGNAN“ (EMD) zusammengefasst.
Im Zuge dieser Verlegung wurde der
bestehende HVStab FRA 3 mit dem aus
MONTPELLIER kommenden HVStab
FRA 4, unter der Leitung des Infanteristen, zusammengelegt und in HVStab
FRA 3/4 umbenannt.
In diesem Jahr feierte die französische
Artillerie am 4. und 5. Juni im Rahmen eines Tages der offenen Tür das 40ig-jährige Bestehen der Artillerieschule am
Standort DRAGUIGNAN.
Zukünftig werden deutsche Verbindungsoffiziere des Heeres nur noch in
PARIS, LILLE, SAUMUR und in DRAGUIGNAN akkreditiert sein. Einziger Trost
aus Sicht eines Artilleristen ist bei dieser
Umstrukturierung, dass auch weiterhin
ein deutsches Verbindungselement in
DRAGUIGNAN anzutreffen sein wird.
Der Leiter des zukünftigen HVStab FRA
4, Oberstleutnant Kremser, wird ab
01.07.2016 mit seinem Stab (1/1/0//2),
die zentrale Ansprechstelle für alle Fragen der Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung sein.
Das Ende einer Ära
Nach fast 30 Jahren ständiger Präsenz
geht aber auch eine lange Ära in DRAGUIGNAN zu Ende.
Der Dienstposten des Verbindungsoffiziers an der französischen Artillerieschule wird 2016 nicht mehr nachbesetzt. Mit ein Grund dafür ist die neue
Struktur der Bundeswehr, aber auch die
politische Entwicklung in EUROPA. Insbesondere die Heeresverbindungsorganisation in FRANKREICH (HVOrg FRA)
ist davon betroffen. In naher Zukunft
verliert die HVOrg FRA drei Stabsoffiziere und zwei Unteroffizier-Dienstposten.
Die „Reichenlösung“ in DRAGUIGNAN,
sprich zwei Stabsoffiziere an einem
Standort, wollte man nicht weiter aufrechterhalten.
OTL Kremser
neuer Leiter
HVStab FRA
Mir persönlich hat diese Traumverwendungen in der PROVENCE berufliche
und familiäre Zufriedenheit gegeben.
Mit ein wenig Wehmut möchte ich mich
auf diesen Weg bei allen für die vertrauensvolle Zusammenarbeit bedanken
und melde mich gleichzeitig aus DRAGUIGNAN ab.
Et par Sainte Barbe … … vive la bombarde!
ZU GLEICH 1/2016
73
Royal Horse Artillery PROFIL GBR 3a 2015
Oberleutnant Thomas Rückel, Zugführer KZO
Artilleriebataillon 295, IMMENDINGEN, ( jetzt : STETTEN am kalten Markt)
ANDOVER, GROSSBRITANNIEN.
28.09.2015
Im Army Headquarter des britischen Heeres treten fünf Offiziere
aus verschiedenen Verbänden des
Deutschen Heeres ihr Programm
für individuelle Leistungsförderung
(PROFIL) GBR 3a 2015 an.
Für die PROFIL-Maßnahme GBR 3a
wurden im Jahr 2015 fünf Offiziere im
Dienstgrad Hauptmann und Oberleutnant aus verschiedenen Verbänden
des Deutschen Heeres ausgewählt.
Darunter befand sich je ein Offizier aus
der Truppengattung der Panzer-, Fallschirmjäger-, Panzergrenadier-, Pioniersowie Artillerietruppe, die im Zeitraum
vom 28.09. bis zum 16.10.2015 nach
ENGLAND reisten. Dabei ist anzumerken, dass in diesem Jahr erstmals Offiziere sowohl aus dem neuen als auch
dem alten Offiziersausbildungsgang
gemeinsam an einer PROFIL-Maßnahme in GBR teilnahmen.
74
Die insgesamt dreiwöchige PROFIL-Maßnahme GBR 3a war wie in den
Jahren zuvor in zwei wesentliche Abschnitte aufgeteilt: Die erste Woche
durchliefen alle deutschen Teilnehmer
gemeinsam unter Verantwortung des
Heereshaupt-verbindungsstabes GBR,
um in erster Linie Land und Leute besser kennenzulernen sowie grundlegende Einblicke in das britische Heer zu
erhalten.
In der zweiten sowie dritten Woche
wurden die deutschen Offiziere dann
schließlich je nach Truppengattungszugehörigkeit auf britische Gastregimenter aufgeteilt, welche für das jeweilige
Programm sowie die Betreuung verantwortlich waren.
ZU GLEICH 1/2016
Teilnehmer PROFIL GBR 3a 2015
vor dem Hauptquartier des britischen Heeres in Andover
Wesentliche Unterschiede liegen aber
vor allem in der Waffenausbildung.
Trotz der 14 Wochen werden die Rekruten ausschließlich am Gewehr SA-80
ausgebildet. Während der Grundausbildung sind männliche und weibliche
Rekruten getrennt. In der britischen Armee sind Frauen weiterhin nicht für den
Dienst in der Kampftruppe zugelassen.
An der Offizierschule angekommen erfolgte auch hier eine Einweisung in die
Örtlichkeit, sowie die Ausbildung an der
Schule. Anders als in der Bundeswehr
haben die Offizieranwärter in ENGLAND bereits studiert und sind in der
Regel zwischen 23 und 25 Jahre alt. Die
Grundausbildung ist in SANDHURST
auf fünf Wochen gekürzt. Anders als in
Speisesaal im Offizercasino der Offizierschule
normalen Grundausbildungseinheiten
werden in SANDHURST männliche und
weibliche Offizieranwärter seit diesem
Jahr zum ersten Mal zusammen in gemischten Zügen ausgebildet. Am Ende
der Ausbildung erreichen die Offizieranwärter im Rahmen der sogenannten
„Sovereign‘s Parade“ die Berechtigung,
zum Leutnant befördert zu werden.
Anhand der erzielten Ergebnisse im Offizierlehrgang werden nach Noten die
repräsentativsten Truppengattungen
der britischen Armee zuerst befüllt. In
der Rangordnung sind die sogenannten „Guards“ am begehrtesten, gefolgt
von Fallschirmjägern sowie den traditionsreichen Pionier- und Artillerietruppen. Truppengattungen wie Logistik
oder Feldjäger sind hingegen weniger
attraktiv. Anders als in der Bundeswehr
gibt es keine Offizieranwärterbataillone, sondern nur diese eine Ausbildungseinrichtung für Offizieranwärter
des britischen Heeres.
Zurück in NEWCASTLE durfte ich an
zahlreichen artilleristischen und allgemeinmilitärischen Ausbildungen teilnehmen. Dabei war vor allem der Erfahrungsaustausch mit den britischen
Antreteplatz vor dem Unterkunftsgebäude in SANDHURST
fensysteme ähnliche Probleme zu bewältigen hat wie die Bundewehr und
grundsätzlich viele Entscheidungen
mit Blick auf die Kosteneffizienz getroffen werden. Interessant war auch
Wachwechsel der „Horse Guards“ in LONDON
Soldaten sehr wertvoll. Besonders im
Gespräch mit den Batteriechefs und
dem Kommandeur des Regiments fiel
auf, dass das britische Heer besonders
im Personalbereich, aber auch bei der
Regeneration alter Fahrzeuge und Waf-
der Informationsaustausch bezüglich
der Spannungen zwischen RUSSLAND
und der NATO, wobei das britische Heer
zukünftig enger mit der Bundeswehr
zusammenarbeiten möchte und an NATO-Übungen im Osten EUROPAS parti-
zipieren möchte. Dabei wurde auch das
Ziel eines intensiveren Informationsaustauschs bzw. eines möglichen gegenseitigen Ausbildungsengagements,
besonders im Bereich Streitkräftegemeinsame Taktische Feuerunterstützung, angedeutet.
Die Erfahrungen aus NEWCASTLE haben mir auch verdeutlicht, dass körperliche Leistungsfähigkeit in der britischen
Armee einen sehr hohen Stellenwert
hat. Der Rahmendienstplan sah im Verband jeden Tag mindestens 90 Minuten
Sport vor, wobei zweimal in der Woche
Bataillonssport gemacht wird. Zu der
Teilnahme am Sport sind alle Soldaten
verpflichtet, selbst wenn leichte Verletzungen vorliegen. Üblicherweise werden
Geländeläufe mit Kraftzirkeln, Crossfit
oder auch Gepäckläufe durchgeführt.
Die leicht verletzten Soldaten gehen
in Abhängigkeit ihrer Verletzung in die
Sporthalle und führen Sport in eigener
Zuständigkeit durch bzw. werden durch
speziell ausgebildete Soldaten physiotherapeutisch betreut und trainiert.
Einrichtungen der UK-Army
Im Rahmen der ersten Woche durften
die Teilnehmer zahlreiche Einrichtungen des britischen Heeres besuchen.
ZU GLEICH 1/2016
75
Zunächst führte die Reise in das Hauptquartier des britischen Heeres in ANDOVER. Dort erhielten die Soldaten Vorträge, in denen Auftrag, Gliederung und
Besonderheiten des HHptVStab GBR
sowie die allgemeinen Strukturen und
die Lage des britischen Heeres erläutert
wurden.
Die nächste Station war die „Land Warfare School“ in WARMINSTER. Vor Ort
erhielten die Teilnehmer einen Vortrag
durch einen britischen Offizier der „Infantry Trials and Development Unit
(ITDU)“, welche für die Erprobung und
Weiterentwicklung von Ausrüstungsgegenständen der britischen Infanterie
zuständig ist. Im Rahmen des Vortrags
wurde uns das neue Ausrüstungs- und
Ausstattungskonzept einer britischen
Infanterie-gruppe vorgestellt. Im Anschluss erfolgte die Einweisung in die
Ausbildungsabläufe an der Schule. Dabei wurden die verschiedenen Taktiklehrgänge in der Laufbahn eines Offiziers des britischen Heeres vorgestellt.
Im britischen Heer sind für alle Offiziere
bestimmte Lehrgänge an der Land Warfare School verpflichtend, um befördert
zu werden z. B. zum Hauptmann. Darauf
aufbauende Lehrgänge für angehende
Stabsoffiziere (Beförderungsreife Major) sind ebenfalls verpflichtend.
Ausbildung in der UK-Army
76
tillery (RHA)“ in NEWCASTLE upon Tyne
ausgewählt worden.
In der ersten der beiden Wochen durfte ich
an einer Ausbildungsfahrt nach LONDON
teilnehmen, deren Schwerpunkt auf der
politischen und militärhistorischen Weiter-
bildung lag. Stationen dieser Reise waren
zum Beipsiel die „Downing Street No. 10“,
der Sitz des britischen Premierministers.
Dort erhielten wir die einmalige Chance,
den Wohn- und Dienstsitz von James Cameron zu betreten und durch die Räumlich-
In PIRBRIGHT war besonders interessant, dass die Rekruten aller Truppengattungen (außer Infanterie) eine 14-wöchigen Grundausbildung absolvieren
müssen. Inhaltlich ist die Grundausbildung im britischen Heer mit der in der
Bundeswehr vergleichbar.
Für die restliche Zeit der Fördermaßnahme wurden die Teilnehmer in ein
Gastregiment ihrer Truppengattung
entsendet. Für die Artillerie war dieses
Jahr das „3rd Regiment Royal Horse Ar-
ZU GLEICH 1/2016
PROFIL – individuelle Förderung
Stabsgebäude des 3rd Regiment Royal Horse Artillery (RHA)
In der ersten Woche der Profilmaßnahme GBR 3a 2015 besuchten die Teilnehmer auch die Grundausbildungseinheit
in PIRBRIGHT, sowie die Offizierschule
der britischen Armee in SANDHURST.
3rd Regiment Royal Horse Artillery
(RHA)
Im Rahmen dieser Ausbildungsfahrt
nach LONDON wurden auch die Einrichtungen der „King’s Troops“ besucht,
des ältesten Artillerieverbandes des britischen Heeres.
keiten geführt zu werden. Im Anschluss an
die Downing Street No.10 hatte der Batteriechef eine Führung bei den „Horse
Guards“, der Wache des Buckingham
Palace und der königlichen Familie, organisiert. Vor Ort erlebten wir an einem
Wachwechsel der Horse Guards.
Die dreiwöchige Zeit in GROSSBRITANNIEN wurde von allen PROFIL-Teilnehmern als große persönliche Bereicherung empfunden. Besonders wichtig
war der Erfahrungsaustausch mit den
britischen Offizieren aus verschiedenen
Truppengattungen. Des Weiteren war
es für alle Teilnehmer von großem Interesse, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu einer anderen europäischen
Armee mit eigenen Augen sehen zu
können. Durch das Programm PROFIL
konnten alle Teilnehmer den Blick auf
den eigenen Verband schärfen und den
Blickwinkel auf zahlreiche Herausforderungen der Bundewehr im Vergleich zur
britischen Armee verbessern. Entscheidend war aber, dass die Teilnehmer
durch Gespräche mit britischen Soldaten aller Dienstgradgruppen die Sichtweise und das Verhältnis der UK Army
zur Bundeswehr einzuordnen lernten.
Alles in allem war der Aufenthalt in
ENGLAND für jeden Teilnehmer eine
unvergessliche Erfahrung.
ISSN 0933-3355
30
Jahre
1984 – 2014
31. Jahrgang · 8,50 �
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HHK Ausgabe 4/2015
e
Weltweite Krisen
und Bedrohungen machen
Fallschirmjäger mit robusten
Fähigkeiten unverzichtbar
ISSN 0933-3355
Heer
30
Jahre
1984 – 2014
NATO-EU-VN
Luftwaffe
Marine
Sanitätsdienst
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Wehrtechnik
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HHK Ausgabe 6/2015
Einsatzkameratrupps
NATO – Internationaler
Militärstab – Interview
Zentrum Luftoperationen
Interview
Kommando Spezialkräfte
Marine
– weltweit einsetzbar und ausgebildet
für jedes Konfliktszenario
Kommando Schnelle
Einsatzkräfte SanDst
Gefechtsausbildungszentren
der Schweizer Armee
Streitkräftebasis
ISSN 0933-3355
30
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1984 – 2014
NATO-EU-VN
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Schwerpunkt
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Heer
Luftwaffe
Marine
HHK Ausgabe 5/2015
Die Herausforderung
Ex TRIDENT JUNCTURE
Stimmen zum
– Mission Seerettung
im Mittelmeer
mit Interview
Jahresausklang
Heeresaufklärungstruppe
und ihre Fähigkeiten
Zum Flugbetrieb A400M
Interview Kdore LTG 62
Jubiläum – 10 Jahre
Uboot Klasse 212A
Marine
Bundeswehr
www.hardthoehenkurier.de
Abonnement
Interview mit MdB
Wilfried Lorenz
Streitkräftebasis
Zentrum Operative
Kommunikation Bw
Heer
Das Kommando
Spezialkräfte
Luftwaffe
Zur „Swing-Role“
des EUROFIGHTER
Wehrtechnik
Interview: Lutz Kampmann,
RUAG Defence
Faxantwort: +49 (0)228 / 259 003-42
oIch möchte das Jahresabo der Zeitschrift
Hardthöhenkurier
Print-Ausgaben
38,-  inkl. Versand (Inland)
42,-  inkl. Versand (europ. Ausland)
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oOnline-Ausgabe
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oOnline+Print-Ausgaben
58,-  inkl. Versand (Inland)
62,-  inkl. Versand (europ. Ausland)
65,-  inkl. Versand (weltweit)
Die Zeitschrift Hardthöhenkurier
erscheint sechsmal jährlich.
Bitte übersenden Sie die Ausgaben an
folgende Adresse:
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Name:
Vorname:
Adresse:
Telefon:
/
Fax:
Datum:
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Unterschrift:
Abweichende Rechnungsanschrift:
K&K Medienverlag-Hardthöhe GmbH
Borsigallee 12 · 53125 Bonn
[email protected]
ZU GLEICH 1/2016
Personalien
Neue Kommandeure
Oberstleutnant Christian Kiesel
Kommandeur Artilleriebataillon 131
WEIDEN in der Oberpfalz
Name:
Vorname:
Dienstgrad:
Geburtsdatum:
Geburtsort:
Familienstand:
Interessen:
Kiesel
Christian
Oberstleutnant
11.08.1975
WÜRZBURG, BAYERN
verheiratet, eine Tochter
Laufsport, Volleyball, Motorsport
Militärischer Werdegang
78
1994
Eintritt in die Bundeswehr beim Panzerartilleriebataillon 285, MÜNSINGEN
1994 - 1997
Ausbildung zum Offizier in der Artillerietruppe
1997 - 2001
Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität der Bundeswehr,
HAMBURG
2001 - 2006
Zugführer, Artilleriebeobachter und Batteriechef, Panzerartilleriebataillon 2,
HESSISCH-LICHTENAU
dabei: 11/2005 – 03/2006
S3-Planungsoffizier im Deutschen Einsatzverband 9. Einsatzkontingent ISAF
2006 - 2007
Hörsaalleiter und Inspektionschef für die Unteroffizierausbildung an der
Artillerieschule, IDAR-OBERSTEIN
2007 - 2009
Teilnahme am 4. streitkräftegemeinsamen Lehrgang für Generalstabs-/
Admiralstabsdienst National an der Führungsakademie, HAMBURG
2009 - 2011
Referent im Führungsstab des Heeres I, innerhalb des Bundesministeriums
der Verteidigung, BONN
2011 - 2012
Verwendung als G3-Stabsoffizier in der Panzerbrigade 12, AMBERG
2012 - 2014
Adjutant und Leiter Leitungsbüro im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr, KÖLN
2014 - 2015
Dezernatsleiter Einsatzauswertung in der Abteilung Einsatz 2
der 10. Panzerdivision, VEITSHÖCHHEIM
seit Dez 2015
Kommandeur Artilleriebataillon 131, WEIDEN i. d. OPf
ZU GLEICH 1/2016
Personalien
Oberstleutnant Kim Oliver Frerichs
Kommandeur Artilleriebataillon 295
STETTEN am kalten Markt
Name:
Vorname:
Dienstgrad/Titel:
Geburtsdatum:
Geburtsort:
Familienstand:
Interessen:
Frerichs
Kim Oliver
Oberstleutnant
02.09.1975
BREMEN
verheiratet, 3 Kinder
Militärgeschichte, Bierbrauen
Whiskey-Sammeln
Militärischer Werdegang
1995
Eintritt Bundeswehr beim Beobachtungsartilleriebataillon 61, ALBERSDORF
1996
Offizieranwärterlehrgang an der Artillerieschule, IDAR-OBERSTEIN
1997
Offizierlehrgang an der Offizierschule des Heeres, HANNOVER
1998
Zugführer in der Drohnenbatterie 100, COESFELD
1998
Studium der Pädagogik an der Universität der Bundeswehr, HAMBURG
2002
Zugführer und Batterieeinsatzoffizier in der Drohnenbatterie 100, COESFELD
2003
Batteriechef 3./ Aufklärungsartilleriebataillon 71, COESFELD
dabei: 09/2003 – 12/2003: Zugführer System „LUNA“, KOSOVO
2005
S3-Offizier in der Artilleriebrigade 100, MÜHLHAUSEN
dabei: 09/2006 bis 02/2007: Planungsoffizier (J3) in der Multinational Task Force, KOSOVO
2007
Leiter Artillerieeinsatzgruppe im Artillerieregiment 100, MÜHLHAUSEN
2008
Generalstabsausbildung an der Führungsakademie der Bundeswehr, HAMBURG
2010
G3-Generalstabsoffizier in der Panzergrenadierbrigade 41, TORGELOW
dabei: 02/2012 – 10/2012:
Military Assistent beim Chef des Stabes im Regionalkommando Nord, AFGHANISTAN
2013
Chef des Stabes in der Panzergrenadierbrigade 41, TORGELOW
Juni 2013
„Command and General Staff Officer Course“ in Fort Leavenworth, USA
2014
„School of Advanced Military Studies“ in Fort Leavenworth, USA
2015
Generalstabsoffizier im Bereich der Aufgabensteuerung beim Bundesamt für das
Personalmanagement der Bundeswehr, KÖLN
April 2016 Kommandeur Artilleriebataillon 295, STETTEN am kalten Markt
ZU GLEICH 1/2016
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Freundeskreis
der Artillerietruppe e. V.
- Präsident -
53343 Wachtberg, Juni 2016
Huppenbergstraße 27b
Tel.: (02 28) 74 887 220
 [email protected]
www.Freundeskreis-Artillerietruppe.de
Liebe Mitglieder, Kameradinnen und Kameraden,
der Wehrbeauftragte, Hans-Peter Bartels, sieht sich nach Truppenbesuchen und zahlreichen Gesprächen mit
Soldaten veranlasst, ein drastisches Lagebild zu zeichnen: “ Die Truppe ist es leid, es fehlt zu viel“. Auch aus
dem Ministerium ist zu hören: „ Wir haben lange aus der Substanz gelebt, es haben sich hohle Strukturen
gebildet und es gebe erheblichen Modernisierungsbedarf “.
Diese Erkenntnisse sind nicht neu, sowie die Tatsache, dass neben der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr
auch die Berufszufriedenheit der Soldaten und die Attraktivität stark leidet.
Mit der Erhöhung der Verteidigungsausgaben für das Jahr 2016 von 1,16 auf 1,17 Prozent des Bruttoinlandprodukts wird ein guter Weg eingeschlagen, der fortgeschrieben werden muss, da wir von der in der NATO
vereinbarten Vorgabe von 2 Prozent noch weit entfernt sind. Dieses kann natürlich nur schrittweise geschehen. „Wenn es mit der Wiederherstellung einer Grundbefähigung zur kollektiven Verteidigung in Europa
ernst gemeint sei, müsse die deutsche Politik wenigstens für eine hundertprozentige Ausstattung für Material
sorgen“, so der Wehrbeauftragte.
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Für unsere Truppengattung kommt es nun darauf an, dass vorrangig Finanzmittel für die Beschaffung von
Ausrüstung der „Joint Fire Support Teams“ bereitgestellt werden. Die beste Ausbildung im Ausbildungsbereich STF/ IndirF in IDAR-OBERSTEIN nützt wenig, wenn der Truppe nicht eine Mindestausstattung für die
tägliche Ausbildung zur Verfügung steht. In einem ersten Schritt geht es hier nicht um die Beschaffung von
weiteren entsprechend ausgestatteten Fahrzeugen, sondern um eine plattformunabhängige Ausstattung
für den abgesessenen Einsatz der Teams. Natürlich brauchen wir auch mehr Fahrzeuge, aber dieses kann
unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nur der nächste Schritt sein.
Dem Amt für Heeresentwicklung, dem Ausbildungskommando, dem Ausbildungsbereich STF/ IndirF und
natürlich der Truppe wünsche ich viel Erfolg bei der Bewältigung ihrer Aufgaben und bitte alle Mitglieder
unseres Freundeskreises um tatkräftige Unterstützung.
H. Hupka
Brigadegeneral a. D.
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Freundeskreis der Artillerietruppe e. V.
www.Freundeskreis-Artillerietruppe.de
Auszeichnung der Lehrgangsbesten
Oberstleutnant Burkhard Preuß, Inspektionschef VI. Inspektion Offizierausbildung
Stabsunteroffizier (FA/ Feldwebel Anwärter)
Dimitri Kajnov , 5./Artillerielehrbataillon 345
Am 15.12.2015 wurde der Lehrgangsbeste aller Ausbildungsklassen des Feldwebellehrganges MFT (Militär
Fachlicher Teil) II/ 2015 mit dem Bestpreis des Freundeskreises der Artillerietruppe e. V. ausgezeichnet. Für seine
hervorragenden Leistungen erhielt Stabsunteroffizier (FA/
Feldwebel Anwärter) Dimitri Kajnov neben der Urkunde des
Präsidenten traditionell auch die Uhr des Freundeskreises,
die durch den Inspektionschef der VII. Inspektion, Oberstleutnant Klaus Urfell, übereicht wurde. Stabsunteroffizier (FA)
Kajnov war Lehrgangsteilnehmer in der Ausbildungsklasse
„Feuerleitdienst ADLER“ und gehört der 5. Batterie des Artillerielehrbataillons 345 in IDAR-OBERSTEIN an.
Oberleutnant Steffen Weber
Artilleriebataillon 131
Am 16.12.2015 wurde im Rahmen des festlichen Abschlussabends des Offizierlehrgangs 3 im Beisein des Generals der Artillerietruppe, Oberst Fiepko Koolman, der Bestpreis für den Lehrgangsbesten im Jahr 2015 verliehen.
Für seine weit über dem Durchschnitt liegenden Leistungen
erhielt Oberleutnant Steffen Weber ebenfalls Uhr und Urkunde, die durch den Geschäftsführer, Inspektionschef VI. Inspektion, Oberstleutnant Burkhard Preuß, überreicht wurden.
Oberleutnant Weber wurde während des Offizierlehrgangs 3
zum Zugführer PzH2000 ausgebildet und hat im Januar 2016
seinen Dienst in der Feuerleitgruppe der S3 Abteilung des Artilleriebataillons 131 in WEIDEN angetreten.
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Stabsunteroffizier (FA) Dimitri Kajnov, 5./ Artillerielehrbataillon 345 und InChef VII. In, Oberstleutnant Klaus Urfell
Oberleutnant Steffen Weber, Artilleriebataillon 131 und
InChef VI. In, Oberstleutnant Burkhard Preuß
ZU GLEICH 1/2016
Allgemeine Berichte
Wettermodell Artillerie:
Meteorologische Modelldaten
für die Artillerie
seit zwei Jahrzehnten
Dr. Hans-Jürgen Belitz, Diplom-Meteorologe
Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr, EUSKIRCHEN.
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Zwischen Artillerie und Meteorologie besteht ein besonderes und interessantes Verhältnis. Zwar gehört die
klassische Rohrartillerie zu den wenigen Waffengattungen, die wirklich
wetterunabhängig, d. h., bei jedem
Wetter einsetzbar sind. Temperaturen, Wind und Niederschläge haben
im Allgemeinen keinen Einfluss auf
die Einsatzmöglichkeit der „Königin
der Waffen“. Allerdings beeinflussen
bspw. starke und variable Höhenwinde die Trefferstreuung und damit den
Munitionsbedarf bzw. die Genauigkeit bei Einzelschüssen nachhaltig,
wobei hier „das Wetter“ ins Spiel
kommt. Denn genauso wie die Artillerie einerseits wetterunabhängig
schießt, heißt es andererseits: „Wer
das bessere Wetter hat, der trifft besser.“ In der NATO geht man von 67 %
meteorologischem Fehleranteil am
gesamten Fehlerhaushalt bei Schießen über 20 bis 40km aus. Die übrigen Fehleranteile betragen danach
22% durch die Aerodynamik des Projektils und 10% aufgrund ungenauer
bzw. ungenau erfasster Mündungsgeschwindigkeit (unter idealen Bedingungen!).
Vorgeschichte
Dieser scheinbare Widerspruch führte
schon zu Beginn der Nutzung moderner,
weitreichender Geschütze dazu, dass
die Artillerietruppe eigene meteorologische Messeinrichtungen betrieb. Bereits
der einstmals von Kanonenproduzent
Krupp angelegte Schießplatz MEPPEN
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(heute die Wehrtechnische Dienststelle
91 der Bundeswehr) war vor mehr als
hundert Jahren außerordentlich gut
mit meteorologischen Messeinrichtungen für den bodennahen Bereich, aber
auch für Höhenmessungen bestückt.
Schon damals hatte man erkannt, dass
es auf genaue Wetterdaten ankommt
und man sich mit deren Variabilität und
Alterung eingehend befasst. Neben festen Messeinrichtungen an Schießplätzen betreibt die Artillerietruppe traditionell als einzige Waffengattung eigene
mobile Messeinrichtungen zur zeit- und
ortsnahen Erfassung der Höhenprofile
von Temperatur, Feuchte, Druck und
Windvektor. Bei Bedarf können mit diesen an „Wetterballonen“ aufsteigenden
Messsonden bis zu 30km über Grund
erreicht werden. Normalerweise werden diese sog. aerologischen Aufstiege nach dem Einsatzbedarf (Gipfelhöhe der Schusstrajektorie/ Flugbahn)
durchgeführt. Analog zur Besonderheit
eigener relativ aufwendiger Messeinrichtungen, die auch mit Fahrzeugen,
Personal und Verbrauchsmaterial (Sonden, Ballone, Heliumgas) bei Übungen
und im Einsatz mitgeführt werden müssen, werden die gewonnen Daten auch
in artilleriespezifischen Datenformaten
direkt an die Feuerleitrechner weitergegeben. Innerhalb der NATO wurden
dazu standardisierte, vom zivilen meteorologischen Bereich abweichende
Tabellenformate entwickelt, die einen
problemlosen Datenaustausch zwischen den an einem Einsatz (bspw. in
AFGHANISTAN) beteiligten Nationen
ermöglichen.
Meteorologische Messungen
und Modelldaten
Naturgemäß haben meteorologische
Messungen nur eine begrenzte räumliche und zeitliche Repräsentativität und
werden mit zunehmender Veraltung
bzw. Abstand zwischen Schussbahn und
Messung immer ungenauer. Innerhalb
der Bundeswehr wie auch in der NATO,
bestätigt durch neuere Vergleichsschießen und Testprogramme, sollen je nach
Gelände und Witterung mehr als zwei
bis drei Stunden alte aerologische Messungen nicht mehr genutzt werden.
Analog sollte die Messung wegen der
sog. „Räumliche Veraltung“ nicht mehr
als etwa 30km von der Schusstrajektorie
entfernt liegen. Wie leicht einzusehen
ist, kann diese Vorgabe nicht immer eingehalten werden (siehe Bild 1).
So führt eine ungünstige Windrichtung
bei hohen Windgeschwindigkeiten
dazu, dass die Messung in der Schussbahnhöhe nicht mehr repräsentativ ist
und eigentlich verworfen bzw. aktualisiert werden müsste. In der Praxis ist
dies nicht immer möglich – insbesondere in Einsatzgebieten. Hinzu kommt eine
Verschärfung dieses Problems beim
Schießen über große Entfernungen
aber auch beim Absetzen sogenannter
Submunition über dem Zielgebiet, wo
naturgemäß keine aktuellen Messungen verfügbar sein können.
Beide letztgenannten Einsatzbereiche
führten in den 90er Jahren in DEUTSCHLAND und bei NATO-Partnern zu der
Bild 1: Problematik großer Distanzen zwischen meteorologischer Messung und Trajektorie des Geschosses. Bei ungünstigen Höhenwinden sind Distanzen um 100km möglich. (Grafik: Dänische Artillerieschule/ ZGeoBw)
Überlegung, statt bzw. in Ergänzung
zu Messungen die schon in anderen
militärischen Bereichen (Flugwetterberatung) bewährten Wetterdaten auf
Basis numerischer meteorologischer
Vorhersagemodelle auch für die Artillerie zu nutzen. Pionier für die Bereitstellung artilleriespezifischer meteorologischer Modelldaten war innerhalb der
NATO vor zwanzig Jahren das Amt für
Wehrgeophysik in TRABEN-TRARBACH
als Zentrale des Geophysikalischen Beratungsdienstes (heute Zentrum für
Geoinformationswesen der Bundeswehr in EUSKIRCHEN). Basierend auf
dem damaligen, nur für die Bundeswehr entwickelten und täglich zweimal
gerechneten meteorologischen Modell
BLM (Boundary Layer Model) mit anfangs recht groben 63km Horizontalgitterabstand (das aktuell genutzte Modell
ICON des Deutschen Wetterdienstes
hat über Europa einen Gitterabstand
von 6,5km) und etwa 10 vertikalen Leveln (ICON bis zu 90 Level), wurden
erstmals
Artilleriewettermeldungen
im NATO-Standardformat erstellt und
routinemäßig verbreitet. Später kamen
bundeswehrspezifisch, je nach Einsatzlage, weltweit verschiebbare Modelle,
sog. RBL (Relocatable Boundary Layer
Model), hinzu.
Interessanterweise war der erste Bedarfsträger für Modelldaten im eingeführten Standard-Tabellenformat (sog. METCM) die deutsche Marine, die seit 1995
täglich Modellvorhersagen für die Deutsche Bucht und drei Übungsgebiete in
der Ostsee als Fernschreiben erhielt. Die
Umstellung bzw. Erweiterung fiel dabei
der Marine vergleichsweise leicht, denn
sie konnte dadurch einen personal- und
kostenintensiven Messzug an der Küste
einsparen. Und – anders als die Heeresartillerie – verfügte die Marine damals
auch nicht über weitreichende Geschütze und konnte somit das „Experiment
Modelldaten“ ohne größeres Risiko beginnen.
Spezielle Verfahren und Vergleichstests
Schon Mitte der 90er Jahre wurde erkannt, dass die Beschränkung auf das
herkömmliche „Ein-Profil-Standardformat“ bei größeren Schussreichweiten
und auch bei der flächendeckenden
Datenversorgung in eine Sackgasse
führt. Der große Vorteil weltweit flächendeckender und in gleichbleibender Auflösung und Qualität verfügbarer
Modelldaten konnte bei unveränderter
Beschränkung auf die herkömmlichen
Tabellenformate nur eingeschränkt genutzt werden. Außerdem wollte man,
insbesondere in datenarmen Regionen
(z.B. AFRIKA, ASIEN), global verfügbare Modelldaten mit speziellen vor
Ort verfügbaren Messungen innerhalb lokal gerechneter Folgemodelle
verbessern. Beides war nur durch die
Entwicklung neuer Konzepte zur Wetterdatenversorgung möglich. Bei der
Bundeswehr wurde dazu als gemeinsames Projekt des Amtes für Wehrgeophysik (AWGeophys) und der Gruppe
Weiterentwicklung der Artillerieschule
in IDAR-OBERSTEIN das Projekt „Wettermodell Artillerie“ (WeModArt) auf den
Weg gebracht. Bei der NATO wurde nahezu zeitgleich innerhalb einer schon
bestehenden
Ballistikarbeitsgruppe
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zur Entwicklung der Standard-Feuerleit-Software NABK (NATO Armaments
Ballistic Kernel) ein Team of Experts
gebildet, das einen entsprechenden
meteorologischen Kernel entwickeln
sollte. DEUTSCHLAND beteiligte sich
aufgrund seiner Erfahrungen auf dem
Gebiet von Anfang an sehr intensiv
und kombinierte später sein WeMo-
durch ungenaue Waffen- und Schussdaten über ein ganzes Jahr in hoher
zeitlicher Abfolge „erflogene“ Artilleriewetterdaten für vier aerologische
Bundeswehrstationen mit den entsprechenden Modelldaten verglichen.
Der sehr umfangreiche Datensatz
belegt statistisch gesichert, dass klassische Messungen zeit- und ortsnah
der TÜRKEI mit insgesamt 800 scharfen Schüssen aus der Panzerhaubitze
2000, bei denen im direkten Vergleich
mit meteorologischen Messdaten
und Modelldaten geschossen wurde
(„live fire combat scenario“). Das mit
relativ hohem Aufwand „erschossene“ Ergebnis war für die beteiligten
Meteorologen nicht überraschend:
Bild 2: Demonstrator „Wettermodell Artillerie“ mit Datenfluss vom Weather Center via E-Mail in das System Artillerie. (Grafik:
Artillerieschule/2003)
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dArt mit dem NATO Armaments Meteorological Kernel (NAMK). Sowohl
innerhalb der NATO-Arbeitsgruppe als
auch in der Bundeswehr musste dabei viel Überzeugungsarbeit geleistet
werden, um die Ballistiker vom großen
Nutzen und von der Verlässlichkeit
meteorologischer Modelldaten zu
überzeugen. Dazu wurde im Jahr 1996
eine sehr umfangreiche, rein meteorologische Vergleichsstudie durchgeführt. Dabei wurden ohne schwierig
herauszurechnende
„Störeinflüsse“
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das „Mittel der Wahl“ sind, aber schon
nach 2 - 3 Stunden die wesentlich
langsamer alternden Wettermodelldaten genauere Schießergebnisse liefern
würden. Da jedoch auch innerhalb
der NATO reine Vergleiche zwischen
meteorologischen Modelldaten und
Messungen mit einer gewissen Skepsis betrachtet wurden, initiierte die für
den NABK und NAMK federführende
Arbeitsgruppe in den Jahren 2003
und 2006 zwei sehr umfangreiche
Testschießen in DÄNEMARK und in
Wie auch schon „theoretisch“ gezeigt,
sind Modelldaten im Mittel spätesten
nach 2 - 3 Stunden genauer als Messungen. Die zuständige NATO-Arbeitsgruppe der NATO Army Armaments
Group (NAAG) gab daraufhin meteorologische Modelldaten zur Nutzung
anstelle entsprechender Messungen
frei (“…artillery accuracy associated
with the new forecast technology is as
good as or better than current balloon
sounding technology after 2 hours
sounding staleness…”).
Nutzung meteorologischer
Modelldaten
Im Rahmen der umfangreichen NATO-Vergleichstests wurde auch ein innovatives Datenformat entwickelt, mit
dem die weltweit flächendeckend und
hochaufgelöst verfügbaren meteorologischen Modelldaten von den militärischen Wetterzentralen (WAC = Weather
Analysis Center) maßgeschneidert zum
Nutzer Artillerie übertragen werden
können. Analog zum bisherigen Standard METCM für ein einzelnes Profil
heißt das neue Format für Raum und
Zeit METGM und wird inzwischen in der
militärisch-meteorologischen „Community“ für unterschiedliche Bereiche
(z. B. ABC-/ Schadstoffausbreitung,
Lärmschutz, Zielortung) genutzt. Der
vor etwa zehn Jahren vom AWGeophys
und der Artillerieschule entwickelte
Hard- und Software-Demonstrator
„Wettermodell Artillerie“ (WeModArt)
wurde z. T. während der genannten
NATO-Testschießen genutzt. Besonders
erfolgreich war das Verfahren während
des AFGHANISTAN-Einsatzes: So benötigte die niederländische Artillerie
in AFGHANISTAN wegen fehlender eigener und NATO-Messeinrichtungen
täglich Artilleriewettermeldungen auf
Modelldatenbasis für vier Standorte in
AFGHANISTAN. Laut Aussage der niederländischen Artillerie war die Qualität der Modelldaten des ZGeoBw für
Entfernungen unter 30km „good“ bis
„excellent“.
Bei Bedarf können meteorologische
Modelldaten für beliebige Schießplätze und Einsatzgebiete weltweit bereitgestellt werden. Regelmäßige Nutzer
sind bspw. belgisches Heer und Marine.
Für das einzige Einsatzgebiet, in dem
bisher deutsche Panzerhaubitzen stationiert waren, konnten Artilleriewettermeldungen auf Modelldatenbasis,
insbesondere auch wegen der Erfahrungen bei der Versorgung der niederländischen Artillerie, schon von Einsatzbeginn an bereitgestellt werden.
Anders als bei der niederländischen Artillerie dienten die modelldatenbasierten meteorologischen Vorhersagen bei
der deutschen Artillerie nur als Back up,
da vor Ort auch aktuelle Messungen
zur Verfügung standen. Um sowohl die
Bild 3: Erstmals für den AFGHANISTAN-Einsatz implementierter Datenfluss
„Einsatzland - ZGeoBw - Einsatzland“ und damit Verbesserung
der zentral gerechneten Modellvorhersagen. (Grafik: ZGeoBw)
lokal verfügbaren hochwertigen Messungen als auch die zweimal täglich
übermittelten Modelldaten optimal
zu nutzen bzw. um für eine Verbesserung der Datenversorgung zu sorgen,
wurden hier erstmals innovativ die
aktuellen Messungen verzugslos nach
DEUTSCHLAND übermittelt (ziviles Format TEMP), um direkt für die nächste
meteorologische Modellvorhersage im
ZGeoBw nutzbar zu sein und somit zu
einer Verbesserung der Modellvorhersage zu führen.
Zukünftig wird die deutsche Artillerie
die NATO-Software NAMK mit der für
die Bundeswehr maßgeschneiderten
Bedienoberfläche MoWIS (Modelldatenorientiertes Wetterdateninformationssystem) nutzen. Das Konzept MoWIS entspricht dabei in wesentlichen
Elementen dem früheren, vor mehr als
zehn Jahren einsatzreif getesteten Verfahren WeModArt (Abbildung 2). Bis auf
absehbare Zeit werden dabei die von
ZGeoBw an Schießplätze oder ins Einsatzgebiet übermittelten vierdimensionalen Datensätze (Format METGM) vor
Ort in kleinere, zu den Panzerhaubitzen
übertragbare Datenpakete aufgeteilt.
Ausblick
Meteorologische Modellvorhersagen
werden seit vielen Jahren in unterschiedlichen Bereichen genutzt. Dabei
sollte jedoch nie außeracht gelassen
werden, dass Modellvorhersagen im-
mer auf aktuelle, möglichst hochaufgelöste Messungen als Eingangsdaten
angewiesen sind. Modellvorhersagen
allein sind auf Dauer nicht zielführend.
Dennoch sind Modelldaten bei nicht
verfügbaren aktuellen Messungen
eine sehr gute und relativ einfach zu
handhabende Alternative. Interessanterweise ist in diesem Zusammenhang
wie vor zwanzig Jahren die deutsche
Marine innovativer „Vorreiter“: Anders
als die übertragungstechnisch eingeschränkte Landartillerie kann die Marineartillerie im Feuerleitsystem ihrer
neuen weitreichenden Geschütze (z. B.
Fregatte 125) auch das neue vierdimensionale meteorologische Datenformat
METGM direkt, also ohne Umwandlung
in das klassische Profilformat, verarbeiten. Das Zentrum für Geoinformationswesen stellt hierzu regelmäßig
maßgeschneiderte Datensätze für die
laufenden Simulationstests bereit.
Dr. Hans-Jürgen Belitz
ist Diplom-Meteorologe, Zentrum für
Geoinformationswesen der Bundeswehr in EUSKIRCHEN. Dort ist er
in der Abteilung Angewandte Geowissenschaften (Dezernat Atmosphärenphysik) verantwortlich für
die Versorgung von Artillerie, Lärmschutz/ Schallortung und Absetzverfahren (z. B. für Gleitfallschirme) mit
maßgeschneiderten meteorologischen Modelldaten.
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Als die Kriegsmarine im Auftrag
des Heeres mit Schiffsgeschützen
aus dem Schwarzwald ins Elsass
schoss, Teil 2
Friedrich Wein
Mitglied im Studienkreis Interfest e. V. und Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft Westwalltag
(ausführliche Angaben zum Verfasser am Ende)
Mit der Mobilmachung der Wehrmacht ab dem 26. August 1939 bezogen auch die Bedienungen der schweren Marinegeschütze ihre Stellungen.
Der erste große Knall am Oberrhein
ging allerdings nicht auf die Marinegeschütze zurück sondern auf die
französischen Pioniere. Diese sprengten in der Nacht vom 2. auf den 3. September 1939 alle festen Brücken, die
zwischen WEIL am Rhein und RASTATT
über den Rhein führten. Während in
POLEN schwere Kämpfe tobten, blieb
es nach diesem Ereignis im Westen ruhig.
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Da sich die Wehrmacht keinen Zweifrontenkrieg leisten konnte, sollte dies
auch so bleiben. Dazu wurde dort weiterhin auf Abschreckung gesetzt und
sich dabei der ausländischen Presse
bedient. Auf Befehl von Adolf Hitler
wurden drei amerikanische und je ein
niederländischer, norwegischer und
finnischer Korrespondent Ende September 1939 zu einer zweitägigen Frontreise eingeladen. Am zweiten Tag der
Reise standen dabei u. a. die schweren
Marinebatterien am Oberrhein auf dem
Programm. Diese Reise erreichte ihren
Zweck. Mit ihren Berichten trugen die
sechs Korrespondenten dazu bei, das
bereits von der deutschen Propaganda
gezeichnete Bild vom unüberwindbaren Westwall zu untermauern.
Für die Marine-Soldaten blieb es insgesamt acht Monate ruhig. Diese Zeit
wurde mit dem Bau von Baracken,
Formaldienst und Geschützexerzieren,
teilweise unter dem Schutz von Gas-
ZU GLEICH 2/2015
Die Marinebatterien waren immer wieder Ziele von Besuchen. Neben den Pressevertretern wurden die Batterien auch Abordnungen befreundeter Staaten, wie hier einer
italienischen Gruppe, gezeigt (Archiv M. Sutter).
masken, verbracht. Eigentlich in einem
bewaffneten Konflikt undenkbar, durften dennoch einige der heimatnah
eingesetzten Soldaten im Batteriebereich von ihren Angehörigen besucht
werden. Trotz des als „Trockenschwimmen“ bezeichneten Geschützexerzierens fehlte den Bedienungen der 17-cm
und der 24-cm Marinegeschütze die
Erfahrung im scharfen Schuss. Diese
konnte aufgrund der Reichweite der
Geschütze aber auch nicht ohne weiteres am Standort vermittelt werden.
Außerdem fehlten zumindest in der
Anfangsphase Schießtafeln und andere
graphische bzw. schriftliche Hilfsmittel.
Deshalb wurde zum einen Stabspersonal auf die Insel LIST zu entsprechenden Ausbildungsbatterien der Marine
kommandiert und zum anderen Personal der 17-cm-Batterie aus URLOFFEN
ostwärts KEHL auf den Truppenübungsplatz GRAFENWÖHR. Dort war für die
Ausbildung des Heeres ein Festungskampffeld aus zahlreichen Bunkern und
Hindernissen aufgebaut worden, unter
denen sich auch ein Geschützstand für
eine 17-cm-Kanone befand. Mit diesem
wurden mindestens zwei Übungsschießen durchgeführt.
Parallel zur Ausbildung und zu den
(Presse-) Besuchen in den Batterien
liefen von den Bedienungen oft unbemerkt auf höherer Ebene Täuschungsaktivitäten, die dem Gegner eine deutlich höhere Truppenkonzentration am
Oberrhein als vorhanden vortäuschen
Das qualmende Rohr eines 30,5-cm-Geschützes. Bei den ersten Schießen zeigten sich
Materialerweiterungen am Rohrmantel. Außerdem sind im Hintergrund erste Schäden
am nahe liegenden Bauernhof zu sehen, die von dem enormen Luftdruck beim Abfeuern
des Geschützes stammen (Archiv S. Kuhnert).
sollte. Dies wurde mit wechselnden
Unterstellungen von Truppenteilen,
auch der Marinegeschütze, fiktiven und
reelen Angriffsvorbereitungen, dem
Vortäuschen von Truppenverlegungen
oder dem Ausstreuen von Gerüchten
vom Eintreffen deutscher Panzer am
Oberrhein vorgenommen. Dazu gehörte aber auch die Verlegung und
Aufstellung der Artillerie-Abteilung 799
mit ihren veralteten 28-cm-Haubitzen
an den südlichen Oberrhein. Diese war
zwar erst ab Mitte Mai 1940 feuerbereit,
der Schriftwechsel zu dieser Abteilung
beginnt jedoch bereits im Januar 1940.
Ebenfalls blieben weder die vermessungstechnischen noch die bautechnischen Vorbereitungen sowohl auf der
Schweizer als auch der französischen
Seite unbemerkt.
Vor der Einsatzbereitschaft der Artillerie-Abteilung 799 kam allerdings ein
anderes Ereignis: Am 10. Mai 1940 begann der Westfeldzug. Dennoch blieb
die Marineartillerie zunächst ruhig. Dies
änderte sich, als französische Artillerie
die Kasernen in RASTATT beschoss und
dabei auch zivile Ziele traf. Als „Vergeltung“ nahmen daraufhin am 16. Mai
1940 die beiden 30,5-cm-Geschütze
der schweren Stellungsbatterie 230
ihre Tätigkeit auf und beschossen mit
15 Schuss den Bahnhof von HAGENAU.
Unterstützt durch einen Artillerieflieger
konnten wenigstens einige der Schüsse
ihr Ziel erreichen. Andere aber fielen
außerhalb des Zieles herunter, eines
davon als Blindgänger in den gefüllten
Weinkeller einer ortsansässigen Weinhandlung. Ihnen folgten am 19. Mai
1940 weitere 25 Schuss der 30,5-cmGeschütze, dieses Mal auf das Zentrum
von HAGENAU. Der weitere Einsatz dieser beiden Geschütze musste nun allerdings vorerst abgebrochen werden, da
an der äußeren Hülle beider Rohrmäntel Schäden festgestellt wurden. Jetzt
sollten sich das Alter der Geschütze und
die Tatsache, dass diese bereits einen
Kriegs- und mehrere Übungseinsätze
hinter sich hatten, bemerkbar machen.
Es sollte bis zum 1. Juni 1940 dauern, bis
diese Schäden an der Ringfuge genauer untersucht und die Geschütze wieder
zum Einsatz freigegeben wurden. Ebenfalls noch im Mai 1940 kamen nach französischen Feuerüberfällen auf Dörfer an
der Eisenbahnlinie FREIBURG-WEIL am
Rhein die kaum in Stellung gebrachten
28-cm-Haubitzen sowie die 10,5-cmMarineflak am südlichen Oberrhein
zum Einsatz. In dieses Hin und Her der
eigenen und feindlichen Artillerietätigkeit kam der Befehl an die 7. Armee, nun
einen tatsächlichen Angriff über den
Rhein hinweg vorzubereiten.
Dazu sollte die sich bis dahin eher
passiv verhaltene 1. und 7. Armee der
Heeresgruppe C Richtung Süden (1.
Armee) und Westen (7. Armee) durch
die Maginot-Linie stoßen und sich mit
den nach Süden Richtung SCHWEIZ
eilenden Panzern der Heeresgruppe A
vereinen. Nach mehreren Planungen
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Eine feuerbereite 28-cm-Haubitze. Aus diesen Geschützen wurden allein
am 9. Juni 1940 66 Schuss abgefeuert (Archiv S. Kuhnert).
ZU GLEICH 2/2015
tion für diese Geschütze
zwangen den Generalstab der 7. Armee dazu,
die schwere Marineartillerie am Oberrhein
hauptsächlich in einem
kurzen Moment der
Überraschung
sowie
zu reinen Täuschungsmanövern einzusetzen.
Die Planungen ihres
Einsatzes gingen dann
sogar soweit, dass die
nördlichste der 17-cmMarinebatterien außer
Betrieb genommen und
deren Munition auf die
anderen Marinebatterien gleichen Kalibers
verteilt wurde. Dennoch
war am 15. Juni 1940
beim Beginn der Offensive die Munitionslage
der schweren Batterien
alles andere als zahlreich:
Feuer! Das unter einem Tarnnetz notdürftig gegen Luftsicht getarnte 30,5-cm-Geschütz beschießt unter einer
enormen Rauchentwicklung Ziele im Elsass. Um den Höhenrichtbereich zu verbessern wurden in dem gegenüberliegenden Bergwald Bäume gefällt (Projekt Westwall
BADEN-WÜRTTEMBERG, vormals Fotoatelier Käshammer).
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unter verschiedenen Namen und angestrebter italienischer Beteiligung wurde
das Unternehmen „KLEINER BÄR“ für die
7. Armee auf den 15. Juni 1940 befohlen.
Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei
den Marinebatterien des Westwalls am
Oberrhein um ortsfeste Batterien handelte, konnten diese begreiflicherweise
nicht selbst an einem beweglichen Angriff über den Rhein teilnehmen, sondern nur aus ihren Stellungen heraus
unterstützen. Diese Unterstützung war
aufgrund des geplanten Vorstoßes der
7. Armee ins französische Hinterland
ebenfalls nur solange möglich, wie dies
die Reichweite der Geschütze der Marinebatterien zuließ. Somit war klar, dass
die Hauptaufgabe der Marinebatterien
sich in Form einer Artillerievorbereitung
des Angriffs vor dem eigentlichen Losschlagen der deutschen Truppen in den
ersten Stunden abspielen konnte. Dies,
sowie der sehr begrenzte Vorrat an Muni-
ZU GLEICH 2/2015
17cm S.K.L./40
2150 Schuss
(Schwere Stellungsbatterien 227, 237, 247,
257)
24cm S.K.L./50
400 Schuss
(Schwere Stellungsbatterie 224)
30,5cm S.K.L./50
260 Schuss
(Schwere Stellungsbatterie 230)
Aufgrund der höheren Reichweite erhielten die Marinebatterien insbesondere im Angriffsraum zwischen BREISACH und KAPPEL Verstärkung durch
schwere Eisenbahngeschütze. Außerhalb des Angriffsraums wurden zur Täuschung und Beunruhigung des Gegners
in den sogenannten Täuschungsräumen Nord (nördlich des Angriffsraums)
und Süd (südlich des Angriffsraums)
ebenfalls Eisenbahngeschütze großer Reichweite bereitgestellt. Der 15.
Juni 1940 war ein Samstag, in dessen
Nacht zuvor es, wie auch in den Morgenstunden, besonders am Kaiserstuhl
sehr stark regnete und schlechte Sicht
herrschte. Abgesehen von einigen vereinzelten Schüssen verliefen die Nachtund auch Morgenstunden im dortigen
Frontbereich beinahe zu ruhig. Die Angriffstruppen am Kaiserstuhl sowie die
Artilleristen der schweren Flachfeuerbatterien der Marine- und Eisenbahngeschütze, welche über die Oberrheinfront verteilt lagen, verfolgten die
Zeiger der zuvor gestellten und verglichenen Uhren. Um 10.00 Uhr sollte
schließlich ein gewaltiger Feuerschlag
losbrechen und das Elsass von etwa
Mit Rollen auf einer schiefen Ebene aus Holzdielen und Muskelkraft werden die
schweren 17-cm-Geschützrohre aus den Bunkern gebracht (Archiv W. Urban).
10,5-cm-Flak L/45
464 Schuss
17-cm S.K.L/40
1956 Schuss
24-cm S.K.L/50
400 Schuss
30,5-cm S.K.L/50
236 Schuss
24-cm-Eisenbahnkanone
„THEODOR“
400 Schuss
28-cm-Eisenbahnkanone
„LANGER BRUNO“
398 Schuss
Kurze Zeit später befinden sich die Geschütze am Ärmelkanal, wo sie bis in den
September 1944 hinein im Einsatz verbleiben (Archiv W. Urban).
nördlich MÜHLHAUSEN bis HAGENAU
kurzfristig und in manchen Abschnitten völlig überraschend heimsuchen.
Am Kaiserstuhl wurde nach 10 Minuten
konstantem Direktbeschuss durch Pakund Flak-Geschütze über den Rhein
hinweg auf die französischen Uferkasematten planmäßig dieses Feuer eingestellt. Im selben Moment wurden die
ersten Sturmboote zu Wasser gelassen,
der Rheinübergang der 7. Armee sollte
beginnen. Ungeachtet dessen feuerten die schweren Flachfeuerbatterien
der Marine- und Eisenbahngeschütze
am Oberrhein weiter und kamen so
den ihnen befohlenen Aufgaben der
Angriffsvortäuschung oder der Angriffsunterstützung nach. In diesen
Reigen feuernder schwerer Artillerie
stimmten auch die 28-cm-Haubitzen
ein, die im Täuschungsraum Süd
während den Angriffsvorbereitungen
oft die einzige schießende schwere
Artillerie darstellten, da die anderen
„Schweren“ für den Angriff zurückgehalten wurden. Das während der
ersten Stunde immer wieder auf der
Kippe stehende Unternehmen konnte bis zum 18. Juni 1940 erfolgreich
abgeschlossen werden, am 19. Juni
1940 gelang den Richtung Südwesten vorstoßenden Kräften der 7. Armee bei BELFORT die Vereinigung
mit den Panzern der Heeresgruppe
A. Für die vier Tage, bei denen die
schwere Marine- und Eisenbahngeschütze diesen Angriff unterstützen
konnten, wurde vom Oberquartiermeister der 7. Armee am 18. Juni
1940 in seinem Kriegstagebuch der
nachfolgende
Munitionsverbrauch
von schwerem Flachfeuer am Oberrhein als Gesamtverbrauch vermerkt:
Dass der Rheinübergang des Unternehmen „KLEINER BÄR“ kein Spaziergang
war, zeigten die zahlreichen toten deutschen Soldaten, insbesondere der 1. Angriffswelle sowie die erheblichen Schäden, die die Antwort der französischen
Artillerie in den rechtsrheinischen Dörfern am südlichen Oberrhein hinterließen und die nach dem Waffenstillstand
aus der Evakuierung zurückkehrende
Bevölkerung vor die schwierige Aufgabe des Wiederaufbaus stellte.
Nach dem Waffenstillstand und einigen
Ausflügen von Angehörigen der schweren Batterien in die Zielgebiete im Elsass, die allerdings zu einer Ernüchterung in Bezug auf die Treffsicherheit der
schweren Marinegeschütze führten,
hieß für die Bedienungen im Juli 1940
der Befehl: Abbau und Umzug! Bis auf
89
Mit einer beeindruckenden Rohrlänge von L/54,6 waren im Herbst 1944 zwei
24-cm-K3-Geschütze für die Rearmierung der schweren Stellungsbatterie in
OTTENHÖFEN vorgesehen (Archiv S. Kuhnert).
ZU GLEICH 2/2015
Aus der schweren Stellungsbatterie
237 KENZINGEN (3 x 17-cm-SK L/40)
wurde die Batterie M III bei WISSANT (4
x 17-cm-SK L/40).
Aus der schweren Stellungsbatterie
247 LEISELHEIM (3 x 17-cm-SK L/40)
wurde die Batterie M IV am CAP GRIS
NEZ (3 x 17-cm-SK L/40).
Aus der schweren Stellungsbatterie
257 FELDBERG-GENNENBACH (3 x
17-cm-SK L/40) wurde die Batterie M I
nördlich CALAIS (3 x 17-cm-SK L/40)
Die 28-cm-Haubitzen dagegen wurden
1942 bei der Erstürmung der sowjetischen Festung SEVASTOPOL auf der
Halbinsel KRIM und 1944 bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstands
eingesetzt (Bild 13).
Einer der beiden Bunker der schweren Stellungsbatterie bei OBERKIRCH nach der
Sprengung (H. Armbruster).
90
die schwerste Batterie in OTTENHÖFEN,
die von mit dem Gerät vertrauten Marinesoldaten bedient wurde, stellte diese
Aufgabe die Heeressoldaten der anderen schweren Batterien vor eine nicht
einfach zu lösende Aufgabe. Dies führte
soweit, dass ein Angehöriger der Batterie in URLOFFEN, der sich bei dem Abbau der dortigen drei Geschütze durch
seine Kenntnisse und sein Wissen hervorgehoben hatte, an andere Batterien
gleicher Bauart zur Unterstützung „ausgeliehen“ wurde. Während der Abbau
bei den 30,5ern in OTTENHÖFEN mit der
Hilfe großer Portalkrane geschah, mussten sich die Bedienungen bei der 24ern
und den 17ern mit Rollen, Stützböcken
und Muskelkraft behelfen. Trotz allen
Widrigkeiten konnte die Eisenbahnverladung erfolgen, die die Geschütze und
deren Bedienungen an den Ärmelkanal bei CALAIS und BOULOGNE führte.
Von dort aus sollten sie im Verbund mit
anderen schweren Batterien das Unternehmen „SEELÖWE“ gegen GROSSBRITANNIEN unterstützen. Da dieses nie
ZU GLEICH 2/2015
stattfand, wurden sie dort Bestandteil
des „neuen Westwalls“, der unter dem
Namen „Atlantikwall“ viel bekannter
wurde. Ab August 1940 feuerbereit beschossen die Batterien bis zu ihrer Einnahme durch britische Truppen in den
September 1944 hinein innerhalb ihrer
Reichweiten Ziele im Ärmelkanal und in
SÜDENGLAND. Insgesamt stellten sich
diese Batterien am Ärmelkanal nun in
ihren neuen Verwendungen wie folgt
dar:
Aus der schweren Stellungsbatterie
230 OTTENHÖFEN (2 x 30,5-cm-SK
L/50) wurde die Batterie Friedrich August bei BOULOGNE (3 x 30,5-cm-SK
L/50).
Aus der schweren Stellungsbatterie
227 URLOFFEN (3 x 17-cm-SK L/40)
wurde die Batterie M II bei SANGATTE
(3 x 17-cm-SK L/40).
Aus der schweren Stellungsbatterie
224 OBERKIRCH (2 x 24-cm-SK L/50)
wurde die Batterie Oldenburg bei CALAIS (2 x 24-cm-SK L/50).
Mit der Invasion im Juni 1944 in der NORMANDIE und der Landung an der französischen Mittelmeerküste im Monat darauf, wurde der deutschen Führung rasch
klar, dass ein alliierter Vormarsch erst an
der Westgrenze des DEUTSCHEN REICHES
aufgehalten werden konnte. Deshalb begannen im September 1944 Planungen,
den Westwall zu rearmieren und dessen
erste Verteidigungslinie teilweise nach
vorne bis in die Vogesen zu verlegen. Bei
den bestehenden Bunkern der Westbefestigungen standen die Planer allerdings
vor der Aufgabe, die Waffentechnik des
Jahres 1944 in die für die Waffentechnik
des Jahres 1939 gebauten Anlagen einzubauen. Bei den seit dem Sommer 1940
leerstehenden Bunkern der Marinebatterien bedeutete dies sogar, die bei der
Einnahme der Batterien am Ärmelkanal
durch britische Truppen im September
1944 verloren gegangenen Geschütze
vollständig zu ersetzen. Da keine der ursprünglichen Geschütze mehr verfügbar
waren, mussten sich die Planer umschauen, was zu diesem Zeitpunkt noch vorhanden war. Im Lauf dieser Planungsphase wurde die Reaktivierung der ehemals
mit 30,5-cm Geschützen belegten schweren Stellungsbatterie bei OTTENHÖFEN
mit 24-cm-K3-Geschützen verworfen, da
diese dort offen aufgestellt gewesen wären. Bei der schweren Stellungsbatterie
bei OBERKIRCH wurden als Ersatz für die
24-cm-Geschütze nun 21-cm-Geschütze der Firma Skoda eingeplant. Für die
17-cm-Batterien wurde ein Geschütz glei-
chen Kalibers ausgewählt, die 17-cm-Kanone 18, die aber deutlich leistungsfähiger war, als die ursprünglichen 17 cm SK
L/40. Aufgrund der anderen Bauweise, u.
a. waren die Rohre deutlich länger als die
der ehemals dort aufgestellten Geschütze, mussten nun an den Bunkern erhebliche Umbaumaßnahmen, insbesondere
an Scharten und Fundamenten, in Angriff
genommen werden. Diese zogen sich
trotz des Zeitdrucks, der durch den alliierten Vormarsch herrschte, aufgrund von
Personal- und Materialmangel und dem
strengen Winter 1944/ 45 hin. Letztendlich konnte nur eine der vorgesehenen
Batterien, die schwere Stellungsbatterie
bei OBERKIRCH, feuerbereit hergestellt
werden. Bei allen anderen ehemaligen
Batterien war der Einbau der Lafetten
zwar bis in den März 1945 hinein begonnen worden, die Rohre sind aber offenbar
nie mehr eingebaut worden
Der alliierte Vormarsch erreichte Ende
November 1944 bei STRASSBURG und
bei MÜHLHAUSEN den Oberrhein. Damit
war der Krieg endgültig in diese Gegend
zurückgekehrt. Als Folge der Ardennen-Offensive zogen sich die Alliierten
in Teilbereichen anderer Fronten wieder
zurück. Diese Rückzugsbewegung ausnützend sollten ab dem 1. Januar 1945
deutsche Truppen im Rahmen des Unternehmens „NORDWIND“ das Nord-Elsass und STRASSBURG zurückerobern.
Dazu war im Dezember 1944 mit einem
erheblichen Aufwand die schwere Stellungsbatterie bei OBERKIRCH rearmiert
worden. Ihre 21-cm-Kanonen schossen
ab dem ersten Tag der Offensive auf Ziele im Elsass. Obwohl ihre Aktivitäten bei
den Alliierten erkannt wurden, gelang
es, die beiden Geschütze bis in den April 1945 hinein feuerbereit zu halten und
weiterhin Ziele im Elsass unter Feuer zu
nehmen. Erst mit dem von Norden von
KARLSRUHE her erfolgenden Vormarsch
der französischen Truppen erlangten diese ab dem 15. April 1945 die Möglichkeit,
die Geschütze zum Schweigen zu bringen. Da die Nahverteidigung der Batterie im Herbst 1944 mit einem „PANTHERTurm“, einem ortsfest aufgestellten Turm
des Kampfpanzers V „PANTHER“ mit
seiner 7,5-cm-Kampfwagenkanone, verstärkt worden war, konnte die Batterie
nicht direkt über die Straße angegriffen
werden. Nach drei Tagen Kampf und ei-
Ein Bildvergleich vom Juni 1940 und heute - Der südliche Geschützbunker der schweren Stellungsbatterie bei OTTENHÖFEN ist vollständig vom Erdboden verschwunden
(Projekt Westwall BADEN-WÜRTTEMBERG, vormals Fotoatelier Käshammer / F. Wein)
ner drohenden Umfassung von hinten
räumte die Besatzung die Bunker. Ihr Batteriechef übertrat vierzehn Tage später
die Schweizer Grenze.
Nach dem Krieg wurden nahezu alle
Bauwerke der schweren Marinebatterien
ebenso wie die anderen Bauwerke der
Westbefestigungen gesprengt. Nur die
Wasserbunker der Marinebatterien wurden an einigen Orten nach Intervention
der Kommunen von der Sprengung verschont. Die beiden Geschütze der schwe-
ren Stellungsbatterie bei OBERKIRCH
wurden für einige Zeit in STRASSBURG,
deren Hauptziel, zur Schau gestellt. Der
in den Bunkern verbaute Stahl wurde bis
in die 50er Jahre hinein unter teilweise
gefährlichen Umständen ausgebaut und
wiederverwendet. Weitere Sprengungen
und darauf folgende Erd- und Beseitigungsarbeiten führten bis in die 90er
Jahre dazu, dass von einigen Marinebatterien bis heute nahezu keine Spuren
mehr vorhanden sind. Eine Ausnahme
bildete während dieser fortdauernden
ZU GLEICH 2/2015
91
Beseitigungen eine der beiden Marinebatterien im Bereich des Kaiserstuhls. Ein
gesprengt erhaltener Geschützbunker
wurde bis in die 90er Jahre als Fundament für zwei große Richtfunkantenne
genutzt.
Nach dem fast vollständigen Verschwinden der Marinebatterie wurden im
Sommer 2005 alle Bestandteile der von
1935 bis 1945 in BADEN-WÜRTTEMBERG
entstandenen Deutschen Westbefestigungen, darunter auch die verbliebenen
Spuren des Einsatzes der Marineartillerie
am Oberrhein, unter Denkmalschutz gestellt. Inzwischen werden nicht nur am
Oberrhein Führungen zu Bauwerken der
Westbefestigungen durchgeführt. Falls
Sie aufgrund dieses Berichts über den
Einsatz der Marineartillerie am Oberrhein
Interesse an einer solchen Begehung bekommen haben, können Sie sich gerne
mit den Autoren in Verbindung setzen.
Autor des 2. Teils
Friedrich Wein
Dipl. Ing. (FH) Architekt
Jahrgang 196 8
Während seiner Zeit als aktives Mitglied und
Führer im Artilleriewerk SCHOENENBOURG
der Maginotlinie im Nord-Elsass wurde er
immer wieder vor allem von deutschen
Besuchern nach den deutschen Befestigungen, dem Westwall, gefragt. Dies nahm
er zum Anlass, diese Befestigungsanlage
genauer zu betrachten. Doch die wenigen
Reste, die am Oberrhein noch auffindbar
waren, brachten ihn zunächst an den Atlantikwall in NORWEGEN. Nach mehreren
Festungs-Forschungsreisen in dieses Land
kehrte er doch wieder an den Westwall und
die Luftverteidigungszone West in BADENWÜRTTEMBERG zurück.
Der Wehrdienst beim Artilleriebataillon 295
der Deutsch-Französischen Brigade brachte nach dem Kennenlernen der französischen Festungsartillerie in der Maginotlinie
das Interesse an der (weitreichenden) Artillerie dazu. So kamen seine Forschungen in
Bezug auf die schwere Marineartillerie des
Westwalls am Oberrhein in Gange. Hier
kreuzten sich die eigenen Forschungen mit
den Forschungen von Sascha Kuhnert, die
fortan gemeinsam weitergeführt wurden.
Doch auch den ersten Befestigungsanlagen der Westbefestigungen am Oberrhein,
den Sperrstellen an den Eingängen in den
Schwarzwald, sowie der Luftverteidigungszone West in seiner engeren Heimat zwischen NAGOLD, Neckar und Schwarzwald,
galt das Interesse.
Er ist Mitglied des Studienkreises Interfest
e. V. (www.interfest.de) und Mitarbeiter der
Arbeitsgemeinschaft Westwalltag (www.
westwalltag.de).
Mit ihrer Arbeit und ihren Veröffentlichungen setzen sich die beiden Autoren Sascha
Kuhnert und Friedrich Wein für den Erhalt
und die Dokumentation der Westbefestigungen in BADEN-WÜRTTEMBERG ein.
D E D I C AT E D T O S O L U T I O N S
Das innovative
Führungssystem für
alle Führungsebenen
der Bundeswehr.
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ZU GLEICH 2/2015
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Umorganisation befindlichen Bundeswehr präsentiert - illustriert
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viele Kompanien hat ein Bataillon? Welches sind die Aufgaben
und die Ausrüstung der Streitkräftebasis, der Taktischen Geschwader der Luftwaffe oder der
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sieht die jetzige, wie die zukünftige Struktur aus? Welches sind die
wichtigsten Taktischen Zeichen?
Welche Besoldungsstufe hat ein
Unteroffizier oder ein Ministerialdirektor? Wie sieht die Ausbildung
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ebenso Antworten gegeben wie
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ZU GLEICH 2/2015
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Hartwig von Schubert, Integrative Mili-
tärethik. Ethische Urteilsbildung in der
militärischen Führung, ISBN 978-3-94586106-6, Paperback, 124 Seiten, 9,80€
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moralische Urteilskraft. Was ist aber damit
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Ethiken verschiedenster Berufsgruppen speist
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Zum Autor: Hartwig von Schubert (* 22. Januar 1954) ist evangelischer Theologe und
promovierte an der Universität Heidelberg
über Evangelische Ethik und Humangenetik
(in Erweiterung veröffentlicht: Evangelische
Ethik und Biotechnologie). Er war von 1982
bis 1987 Pastor im Hamburger Bahnhofsviertel St. Georg, von 1987 bis 1991 Wissenschaftlicher Mitarbeiter zu Fragen Medizinischer
Ethik an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft in Heidelberg, von
1992 bis 2002 erst Abteilungsleiter, dann Vorstand im Diakonischen Werk Hamburg, von
2002 bis 2004 Studienleiter an der Evangelischen Akademie Nordelbien und seit 2005
Evangelischer Militärdekan an der Führungsakademie der Bundeswehr Hamburg mit den
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Ethik.
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NEUERSCHEINUNG 2016
Dirk Freudenberg, Counterinsurgency.
Aufstandsbekämpfung als Phase zur
Überwindung schwacher Staatlichkeit und
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Nachkriegsordnung, Berlin 2016, 16,80
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Das Thema „Counterinsurgency“ ist mit dem
militärischen Engagement des Westens nach
dem 11. September 2001 und insbesondere
auch in Deutschland mit dem Einsatz der
Bundeswehr in Afghanistan sowohl in die
öffentliche, aber auch in die wissenschaftliche
Diskussion gekommen. Allerdings verknüpft
der Diskurs mit dem Thema vornehmlich den
Einsatz der Streitkräfte und betrachtet im
Schwerpunkt die militärische Wirkdimension
und ihre Folgen. Dabei wird oftmals übersehen, dass Streitkräfte nur die Rahmenbedingungen für ein sicheres Umfeld schaffen können, in dem sich Staatlichkeit entwickeln kann.
Das vorliegende Buch nimmt die Diskussion
auf und untersucht vor dem Hintergrund des
Afghanistaneinsatzes bestimmende Aspekte
auf der Grundlage der einschlägigen Konzepte
und Doktrinen in ihrem Gesamtkontext und
stellt sie in einen Bezug zu den entsprechenden wissenschaftlichen Debatten. Hierbei wird
deutlich, das im bevölkerungszentrierten Konzept des US-Field-Manuel 3-24 zur Aufstandsbekämpfung dem Ansatz der Vernetzten Sicherheit bzw. dem Comprehensive Approach eine wesentliche Bedeutung zukommt
und für den Erfolg wie auch für das Scheitern
von Einsätzen der militärische Beitrag als subsidiär einzuordnen ist. Entscheidend ist vielmehr der politische Wille zur ressort- und
ebenenübergreifenden Zusammenarbeit auf
nationaler wie auch auf internationaler Ebene.
Zum Autor: Dr. Dirk Freudenberg, Oberstleutnant
der Reserve, Dozent an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ)
im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) Referat 'Strategische Führung und
Leitung, Notfallvorsorge und -planung, Pädagogische
Grundlagen und Qualitätsmanagement'.
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ZU GLEICH 2/2015
95
Aus der Redaktion - In eigener Sache
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Allgemeines
Die Truppengattungszeitschrift der Artillerietruppe und
Zeitschrift der Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung (STF) „ZU GLEICH“ wird unter Federführung des Leiters AusbBer STF/ IndirF und Generals der
Artillerietruppe, Herrn Oberst Fiepko Koolman, für die
Soldaten und zivilen Bediensteten der Dienststellen der
deutschen Artillerie, anderer Einrichtungen der Bundeswehr sowie verbündeter Streitkräfte gestaltet, hergestellt
und distribuiert.
Redaktion
Oberstleutnant Dipl.-Päd. Thomas Hör
Chefredakteur und verantwortlich für den Inhalt
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96
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ZU GLEICH 1/2016
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Redaktionsschluss
für die Ausgabe 2/2016 ist der 30. September 2016
ZU GLEICH 1/2016
97
Firmenbeiträge
Präzise Wirkung
durch Laser-gesteuerte Artilleriemunition
Autor: Dr. Jürgen Bohl
Die neue Lenkmunition VULCANO 155GLR-SAL soll
in Zukunft die Heeresartillerie der Bundeswehr in
die Lage versetzen, stationäre und bewegte Einzelziele aber auch Punktziele auf Entfernungen
bis zu 80 Kilometer zuverlässig und präzise bekämpfen zu können. Dabei muss der Einsatz unabhängig von Wetter und Tageszeit möglich sein
und gleichzeitig das Risiko von Begleitschäden
minimal bleiben. Weitere Forderungen beinhalten
die Fähigkeiten zur Zieldiskriminierung und zum
Missionsabbruch vor Beginn des Zielendanflugs.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, verfügt die Lenkmunition VULCANO 155GLR-SAL über
eine Lenk-und Steuereinheit (Guidance and Control Unit) mit aerodynamischen Steuerflächen, eine
satellitengestützte Navigation gekoppelt mit einer
IMU (Inertial Measurement Unit) plus einem halbaktiven Lasersensor (SAL). Während artilleristische
Punktziele mit einer Flächenausdehnung von 30m x
30m und darüber allein im GPS-Modus durch Anfliegen vorprogrammierter Koordinaten
bekämpft werden können, sorgt der
SAL-Sensor für die nötige Präzision
im halbautonomen Endanflug auf
stationäre und bewegte Einzelziele.
Der Laserzielbeleuchter als Bestandteil des Joint Fire Support Teams
(JFST) bestrahlt das ausgewählte
Ziel im „Man-in-the Loop“ Modus.
Die Lenkmunition führt sich selbstständig und sicher an das markierte
Einzelziel. Das JFST besitzt außerdem
mittels umschaltbarem Lasercode
die Fähigkeit des Missionsabbruchs.
Deutsch-italienische Qualifikation
98
In der Erstbefähigung für die PzH2000 wird das Feuerkommando mit dem
STANAG 4355 konformen Programm NABK-Vulcanonat in der tragbaren
pFCU berechnet. Seine Berechnung basiert auf dem Feuerauftrag, der über
das Führungs- und Waffeneinsatzsystem ADLER an den Systemrechner der
Haubitze übermittelt wird.
ZU GLEICH 1/2016
VULCANO 155GLR-SAL gehört zu
einer Lenkmunitionsfamilie, die im
Rahmen einer deutsch-italienischer
Rüstungskooperation von den Firmen Diehl Defence und Finmeccanica-SDI (ehemals OTO Melara)
entwickelt wurde. Neben dem Kaliber 155mm steht auch eine 127mm
Marinemunition zur Verfügung, ausgestattet mit einem SAL-Sensor für
Landzielbekämpfung oder mit einem FarIR-Sensor (Infrarotsensor) für
die autonome Bekämpfung von Seeund Luftzielen.
Lenkmunition VULCANO, Kaliber 127mm für Marinegeschütze (stehend),
Ladekonfiguration der Lenkmunition VULCANO, Kaliber 155mm für die Heeresartillerie (liegend)
2015 vereinbarten Deutschland und Italien die gemeinsame Durchführung der „VULCANO 127/155mm
Guided Ammunition Joint Qualification“. Die erforderlichen Leistungsnachweise werden an deutschen und
italienischen Dienststellen erbracht. Die „Guidance
Safety Tests/Firings“ werden auf dem Schießgelände
im südafrikanischen Alkantpan vorgenommen. Dazu
wurde u. a. eine Panzerhaubitze vom Typ PzH2000 von
Deutschland in die Kap-Republik verlegt. Bis Ende 2017
soll die gemeinsame Qualifikation abgeschlossen sein,
um im Folgejahr mit der Truppeneinführung in beiden
Ländern beginnen zu können.
99
ZU GLEICH 1/2016
Firmenbeiträge
Full-rugged Laptops für den harten Einsatz!
Autor: Dipl. Wirtsch.-Ing. Jürgen Metz
Über die Anzahl an weltweiten Laptops-Hersteller kann vermutlich nur spekuliert werden. Hersteller robuster Laptops,
die im militärischen operativen Einsatz ihren Dienst verrichten, kann man an wenigen Fingern abzählen. Hier trennt sich
gnadenlos die Spreu vom Weizen.
full-rugged Laptop als Führungsrechner
Robuste IT ist ein Marketing-Begriff für Hardware, die für
den Betrieb in extrem rauen Umgebungen und Bedingungen
ausgelegt ist. Es gibt zwei allgemein anerkannte Niveaus von
„Ruggedization“: semi-robuste (semi-rugged) und voll robuste (full-rugged). Die Ebenen beschreiben die Fähigkeit des
Produkts im Umgang mit Spritzwasser, Vibration, Staub, Fall,
Schock und extremen Temperaturen.
Semi-robuste Geräte sind in der Regel „verstärkte“ Versionen von Commercial-off-the-shelf (COTS) Hardware. Die
verwendeten Komponenten sind die gleichen, die auch im
Consumer-Bereich verwendet werden, sind aber besser geschützt. So ist zum Beispiel ein semi-robuster Notebook mit
einem stärkeren Gehäuse, ein gel-geschützte HDD-Festplatte
und eine spritzwassergeschützte Tastatur ausgestattet.
Voll robusten Geräte sind wiederum von Grund auf entwickelt, bei extremen Temperaturen zu arbeiten, um Stürze
auszuhalten, um Stöße und Vibrationen widerstehen zu können und staub- und wasserdicht zu sein. Hier verwendet man
zum Beispiel SSD-Festplatten, keine Lüfter, die Staub anziehen, sondern greift auf Heatpipes zurück, die die erzeugte
Wärme zwangsverteilt an die Umgebung abgeben. Zudem
sind die Geräte gegen Staub und Wasser mindestens nach
IP65 gekapselt und können einen höheren Schutz gegen
EMV-Ausstrahlung als die zivile CE-Norm aufweisen.
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Schließlich gilt es, sich auch bei außergewöhnlichen
Umweltbedingungen, gerade auch bei Regen und Hitze, oder beim Einsatz in Kombination mit störanfälligen
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Equipment wie Funkgeräte auf sein Laptop verlassen zu
können.
Auf dem nationalen wie auch internationalen Markt hat sich
der MIL-STD-810G, der Standard der USA für robuste militärische Geräte, als Kenngröe durchgesetzt. Dieser definiert die zu
erreichenden Werte in für Computer eher unwirtlichen Umgebungen. Unterteilt ist der Standard in zu erreichende Funktionen trotz niedrigem Luftdruck, hohen bzw. niedrigen Temperaturen,
starken Temperaturschwankungen, Kontaminierung durch Flüssigkeiten, starker Sonneneinstrahlung, Regen, hoher Luftfeuchtigkeit,
Pilzbefall, Salznebel, Sand und Staub, bei Explosionen, nach Untertauchen, bei bzw. nach
starker Beschleunigung und Vibrationen, bei
Lärm, mechanischem Schock, Brandschock,
in ätzender Atmosphäre, Schock durch Geschützfeuer, bei gefrierendem Regen, Frost,
auftreffenden Wellenformen, Erschütterungen etwa auf Schiffen oder der Schiene
sowie ballistischem Schock. Insgesamt 29
verschiedene Testmethoden definiert der
MIL-STD-810G, wobei die Geräte nicht gegen
alle getestet werden müssen, um eine sogenannte Zertifizierung nach MIL-STD-810G zu
erhalten. Es reicht etwa der Test zur Zuverlässigkeit bei niedrigen Temperaturen, um den Standard in diesem einen Punkt zu
erreichen. Dies sagt allerdings nichts über die Funktion bei Regen aus. Dementsprechend gilt es bei allen Geräten zu prüfen,
welche Tests des MIL-STD-810 überhaupt durchgeführt wurden.
Nur wenige Anbieter haben daher ruggedized Laptops in ihrem
Portfolio, die speziell für den militärischen Markt geeignet sind.
Sind die o.g. Bedingungen erfüllt, sind die Laptops zudem
nach der geplanten Einsatzart zu betrachten. Soll das Gerät
in einem geschützten Fahrzeug als (Führungs-)Informationssystem eingesetzt werden, ist neben einer performanten
CPU für die Verwendung der Führungsinformations-Software
auch eine große Vielzahl von elektrischen wie mechanischen
Schnittstellen erforderlich. In der Regel werden diese als militärische Rundstecker ausgeführt, um Vibrationsbruch bei
Fahrt und Beschuss zu widerstehen.
Der große Nutzen eines Laptops gegenüber einem eingebauten Rechner liegt auf der Hand. Laptops
1. lassen sich in wenigen Minuten aus dem Fahrzeug ausbauen und somit auch für den abgesessenen Betrieb
oder zur Datensicherung nutzen
2. haben bei Stromausfall eine mehrstündige USV durch
den Akku
3. sind sofort einsatzfähig und müssen nicht mit einem Display und Tastatur verbunden werden
4. Reduzieren Total Costs of Ownership durch Vermeidung
von Verkabelung, Platz und Gewicht
Soll der Laptop eher als mobile Variante im abgesessenen Betrieb dienen, ist der Augenschein mehr auf das Gewicht und
die Größe des Notebooks zu legen. Militärische Rundstecker
sind hierbei eher zweitrangig.
full-rugged
roda Rocky® vs. Lizard®
Einer der wenigen Hersteller militärischer Laptops, die beide o.g. Einsatzarten mit passender
Technik abdecken, ist der
deutsche Hersteller roda
computer GmbH. roda ist
langjähriger Partner der
Bundeswehr und hat aktuell das vierte Mal in Folge den Rahmenvertrag
zur Lieferung „Laptops
gehärtet“
gewonnen.
Neben den Eigenprodukten der full-rugged
Reihe, werden zudem robuste Laptops des Partners Panasonic (Toughbook) geliefert, die keine
Modifikationsmöglichkeiten bieten.
ausschließlich Komponenten mit erweitertem Temperaturbereich verbaut, die Schnittstellen sind vom Mainboard
entkoppelt. Dadurch können die Rocky® Notebooks bei extremen Umgebungstemperaturen und unter Einwirkung
extremer Vibrationen betriebssicher eingesetzt werden. Die
aktuellste 10er Rocky® Serie mit der Intel® i7 Huron River
Plattform gibt es in der 15“ wie auch in der 17“ Variante – übrigens das einzige robuste 17“ Laptop weltweit! Das Nachfolger-Modell Rocky® 12 ist für Anfang 2017 auf der Skylake-Prozessor-Architektur geplant.
Vornehmlich für den (hoch-)mobilen Bereich vermarktet roda
die Lizard® Serie auf Basis der Intel® i7 Chief River Plattform.
Im Gegensatz zum Guss-Gehäuse des Rocky® ist der Lizard®
aus dem vollen Aluminium gefräst, was eine Gewichts-Halbierung bisheriger full-rugged Laptops ermöglicht. Der Lizard® ist in den Display-Größen 13,3“ und 15,6“ erhältlich und
ist bei 2,5 kg und bei einer Höhe von weniger als 24 mm das
flachste und leichteste vollrobuste Laptop am Markt. Als Lizard® RW11 wird in 2016 eine Server-Laptop-Variante mit bis
zu vier SSD-Festplatten vertrieben.
Alle o.g. Notebooks sind nach IP65, MIL-STD 810G und optional nach MIL-STD 461F und/oder Tempest erhältlich.
Das badische Unternehmen zeichnet
sich eben gerade durch diese Expertise
ihrer full-rugged Laptops (Rocky® und
Lizard®) aus. Zudem nutzt roda eigene
Test-Einrichtungen und bietet einen
umfassenden Full-Lifetime-Service an,
der auch über lange Nutzungszeiten
zuverlässig Garantieleistungen liefert.
Konkret bedeutet das, dassdie Modell-Verfügbarkeit über 3 Jahre, plus
eineErsatzteilversorgung von weiteren
5 Jahren nach End-of-Life Meldung sicherstellt. Da nahezu alle Laptops mit
dem Windows Betriebssystem laufen,
ist der Service inkl. stetiger Bios-Updates ausgezeichnet bei Microsoft Produkten aufgestellt.
Für den fahrzeugintegrierten Einsatz
hat roda bereits in der 4. Generation
den Laptop Rocky® in der Nutzung. Vor
allem der Erhalt von Form-Fit-Function
des Rocky® ermöglicht den problemlosen Austausch der
Geräte ohne die Kabellage im Fahrzeug verändern zu müssen. D.h. das jede Schnittstelle über Generationen hinweg
an der gleichen Stelle zu finden ist.
Rocky® im GTK Boxer
Die Rocky® Notebooks zeichnen sich durch ein einzigartiges IP65-Schutzkonzept aus. Selbst bei nicht abgedeckten Schnittstellen und entnommenen Laufwerken besteht
keinerlei Gefährdung durch Wasser oder Staub. Es werden
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Leben in sicherem Umfeld
in einem Land, in dem Frieden und Sicherheit selbstverständlich sind.
www.diehl.com