Delegierte verhindern Abwahl und richten Blick nach vorn

Nr. 6
Juni 2016
Bad Segeberg
69. Jahrgang
Herausgegeben von
der Ärztekammer
Schleswig-Holstein
Mit den Mitteilungen
der Kassenärztlichen
Vereinigung
Schleswig-Holstein
Deutscher Ärztetag in Hamburg: Es gab kontroverse Diskussionen über die GOÄ, aber auch Themen, über die große Einigkeit herrschte.
DEUTSCHER ÄRZTETAG
T H E M E N
12
Junge Ärzte
diskutieren über
ihre Ziele
18
Tag der Allgemeinmedizin in
Lübeck
20
Flensburg
diskutiert über
Versorgung
28
Niedergelassener
Arzt als Reservist
31
Ethikkomittee:
Wichtige Hilfe
für Ärzte
Delegierte verhindern Abwahl
und richten Blick nach vorn
Der 119. Deutsche Ärztetag in Hamburg fand zur konstruktiven Arbeit an der
GOÄ-Reform zurück. Einigkeit in Fragen der Arzneimittelkosten und Ökonomie.
D
er 119. Deutsche Ärztetag in Hamburg hat Ende vergangenen Monats ein klares Votum für ein forciertes Weiterarbeiten an der
GOÄ-Reform erbracht. Dabei
wurden eine engere Abstimmung
mit den Fach- und Berufsverbänden und ein transparentes Vorgehen für
die einzelnen Reformschritte vereinbart. Zuvor war aber eine Aussprache erfolgt, die mit einem Abwahlantrag gegen den Präsidenten der Bundesärztekammer, Prof. Frank Ulrich Montgomery, begann. Eine deutliche Mehrheit (148
zu 85 Stimmen) sorgte dafür, dass dieser Antrag nicht auf die Tagesordnung
kam. Montgomery warnte in der Debatte über diesen Antrag davor, sich in Geschäftsordnungsanträgen zu verhaspeln,
er stellte in diesem Moment die Vertrau-
ensfrage aber auch nicht selbst. Der An- die innerärztliche Kritik an den ärztlitrag unterstrich die unter vielen Delechen Verhandlungsführern nach der ingierten herrschende Unzufriedenheit
zwischen verworfenen GOÄ-Reform
mit dem erreichten Stand bei der GOÄ- als „nicht hilfreich“ bezeichnet. Zugleich
Reform. Die Kritiker sehen Montgome- hatte Gröhe dem System der Selbstverry hier in der Mitverantwortung. Einzel- waltung den Rücken gestärkt.
ne Delegierte warfen ihm „ÜberheblichNeben kontroversen Debatten gab
keit und Hochmut“ vor. Andere kanzel- es in manchen wichtigen Themen auch
ten die Kritik als „Scherbengericht“ ab
große Einigkeit unter den 250 Delegierund stellten klar: „Eine Demontage kön- ten. So sprachen sie sich etwa dafür aus,
nen wir uns nicht leisten.“
den Einfluss von Ökonomie und WettZuvor hatte der Präsident in seibewerb auf ärztliches Handeln zu verner Eröffnungsrede in der Laeiszhalringern. Die Debatten im CCH wurden
le in Zusammenhang mit der GOÄ-Revon vielen jungen Ärzten aufmerksam
form selbstkritisch eingeräumt: „Es gibt verfolgt. Sie hatten in einem SatellitenGrund zur Kritik: Wir alle – ich schliesymposium vor dem Eröffnungstag über
ße mich ausdrücklich mit ein – haben
Themen wie Kind und Karriere oder
die Komplexität dieses Prozesses unüber ihre Anforderungen an die ärztliterschätzt.“ Bundesgesundheitsminische Weiterbildung diskutiert.
 W EI T ER AUF SEI T E 6
ter Hermann Gröhe hatte anschließend
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Jugend ist kein Fehler...
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
alles wartete gespannt auf die bevorstehende Eröffnung des 119. Deutschen Ärztetages und war bereits eher ernüchtert mit Blick auf den öffentlichen Teil der traditionell am Vortage stattfindenden KBV – Vertreterversammlung, als im Raum E des CCH
(Congress-Center-Hamburg) das „Bündnis junger Ärzte“ erstmals zu einem eigenen
Symposium am Rande des Ärztetages eingeladen hatte (Seite 12).
Der Erfolg gab den Einladenden recht.
Noch lange nach dem offiziellen Ende der dreistündigen Veranstaltung standen
Gruppen junger Ärztinnen und – nicht mehr ganz so junge – Standesvertreter(innen)
im und vor dem Veranstaltungsraum zusammen, um weiter über die Themen „Arztsein in Zeiten der Arbeitsverdichtung“, „Kind und Klinik – geht nicht, gibt’s nicht“, und
„Forschung und Weiterbildung – wie geht das zusammen“ zu diskutieren.
Eine ganz erstaunliche Erkenntnis: Junge Ärztinnen und Ärzte würden sich gerne
in der Selbstverwaltung engagieren – sie wissen nur nicht wie. Für das übliche Procedere über die Wahlen zur Kammerversammlung fehlt ihnen meist der politische Hintergrund und die Unterstützung durch die Standesgremien. Und die politischen Signale
aus Kammer und KV sind häufig fernab der eigenen als brennend erkannten Probleme.
Darüber sollten wir – werden wir – für den Rest der verbleibenden Wahlperiode verschärft nachdenken und aktiv den Kontakt zu den jungen Kolleginnen und Kollegen
der kommenden Arztgeneration suchen und ausbauen.
Gelungen scheint dies bereits im Verhältnis der Bundesärztekammer und der Bundesvertretung der Medizinstudierenden, die auf dem Ärztetag nicht nur durch einen
prominent platzierten Informationsstand sondern auch durch eigene Wortbeiträge
präsent waren. Dabei wurde an einigen Stellen sehr deutlich, dass die Denkweise über
Lösungsansätze zur Meisterung der Herausforderungen der Medizin der Zukunft alles
andere als kongruent sind. So wurden Forderungen nach einem massiven Ausbau der
Studienkapazitäten von den Studenten strikt zurückgewiesen. Andererseits treffen deren weitreichende Vorstellungen von strukturverändernden und substitutiven Komponenten auf existentielle Ängste bei einem Teil der etablierten Standesvertreter. Auch
hierüber gilt es verstärkt nachzudenken und gegebenenfalls zu handeln.
Ach ja – es gab ja dann auch noch den ganz normalen Ärztetag (ab Seite 6).
Nach einer gelungenen Auftaktveranstaltung in der Laeiszhalle, der Hamburger
Musikhalle, deren Namen auf die weltbekannte Reederfamilie (HAPAG-LLOYD, PAMIR – PASSAT) zurückgeht, kam es am Nachmittag im politischen Teil zu einer Diskussion über den – erwarteten – Abwahlantrag durch Vertreter der selbst ernannten
„Freien Ärzteschaft“ gegen den Bundesärztekammerpräsidenten. Der Spitzenverband
der Fachärzte (SPIFA) hatte sich, trotz einer vorherigen Ankündigung, zwei Tage zuvor mehrheitlich gegen einen derartigen Schritt entschieden. Eine kluge Entscheidung!
Denn der Abwahlantrag schaffte es nicht einmal auf die Tagesordnung.
Der Rest war dann fast Routine. Die Diskussion über die Weiterentwicklung der
GOÄ verlief, trotz offensichtlich gravierend divergierender Zielvorstellungen, unter
Moderation des neuen Vorsitzenden Dr. Klaus Reinhardt, der gleichzeitig Vorsitzender
des einflussreichen Hartmannbundes ist, eher rational und potentiell konstruktiv. Und
weitere gesetzte Themen wie die Preisbildung von Arzneimitteln und die zunehmende
Kommerzialisierung der Medizin waren eher identitätsstiftend als innerärztlich kontrovers.
Ein Übriges tat der Veranstaltungsort Hamburg, der sich den nationalen und internationalen Teilnehmern – bis auf das durchwachsene Wetter – von seiner Schokoladenseite präsentierte.
Illustration: Bernd Schifferdecker
... und Alter kein Verdienst.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Ihr
Dr. med. Franz Joseph Bartmann
Präsident
Schreiben Sie uns gerne Ihre
Meinung – wir freuen uns über
Kritik und Anregungen:
[email protected]
4 // N A C H R I C H T E N
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Inhalt
4
Gesundheitstag des Kieler Praxisnetzes und des UKSH
Klinikfinanzierung noch nicht gesichert
CAU entzieht Ehrensenatorenwürde
Landfrauen setzen sich für Sturzprävention ein
Kurz notiert
4
4
5
5
5
TITELTHEM A 6
Berichte vom 119. Deutschen Ärztetag in Hamburg
6
G ES UN DHEIT S P OLIT IK 12
Satellitensymposium für junge Ärzte
12
Medizinstudenten protestieren für faire Bedingungen im PJ 13
Kammerversammlung in Bad Segeberg
14
Umfrage zur Arbeit der Ärztekammer
16
CDU-Wirtschaftsrat beschäftigt sich mit ärztlicher Qualität 17
Tag der Allgemeinmedizin in Kiel
18
Flensburg diskutiert über Gesundheitsversorgung
20
66. Tagung der Vereinigung norddeutscher Augenärzte
22
Aktionen zum Internationalen Tag der Pflege
23
Kooperationsmodelle in der ambulanten Medizin
24
I M N OR DEN
26
Freiwilligenteam des UKSH in der Flüchtlingsversorgung
Als Reservist im Sanitätsdienst der Bundeswehr
Prof. Fritz Beske: Ein Appell, verständlich zu sprechen Das klinische Ethikkomitee an der Lübecker Uni
26
28
30
31
PE RS ON A LIA 32
SE RIE 35
AR ZT & REC HT 36
Schlichtungsfall
36
ME DIZ IN & W IS S ENS C H A F T 39
Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft
39
F OR TB ILDU NGEN/ A K A D E M I E / E C S 40
KASSE NÄ RZT LIC HE V ER E I N I G U N G 42
AN ZEIG EN
45
TELEFON V ERZEIC HNIS /I M P R E S S U M 50
Matthias Seusing (links) vom Praxisnetz und Prof. Christoph Röcken vom UKSH im Sophienhof.
Info über Krebs
Impulse nicht sicher
D
B
as Praxisnetz Kiel und das UKSH
Krebszentrum Nord haben eine positive Bilanz ihres ersten gemeinsamen Gesundheitstages im Kieler
Einkaufszentrum Sophienhof gezogen.
Nach Angaben der Initiatoren war es
eine der größten Informationsveranstaltungen zum Thema Krebs und Medizin
in Kiel. Unter dem Motto „Gemeinsam
gegen Krebs – Kieler Ärzte und Universitätsmedizin Hand in Hand“ hatten
Netz und UKSH gemeinsam mit Selbsthilfegruppen in Kurzvorträgen, Präsentationen und Aktionen über die häufigsten Krebserkrankungen informiert. Die
Aktionsfläche passierten rund 35.000
Menschen, 500 von ihnen hörten sich
Vorträge zu den verschiedenen Themen an. Viele von ihnen informierten
sich anschließend in persönlichen Beratungsgesprächen. 15 Ärzte aus dem Praxisnetz und 16 Ärzte aus dem UKSH
zählten zu den Referenten an diesem
Wochenendtag.
Matthias Seusing aus dem Vorstand
des Praxisnetzes berichtete nach der
Veranstaltung von einer guten Zusammenarbeit zwischen den niedergelassenen Netz- und den UKSH-Ärzten, er
kann sich eine erneute Kooperation vorstellen. Die Initiatoren wollten mit der
Aktion auch nach außen zeigen, dass
niedergelassene Ärzte und Klinik in der
Behandlung von Krebserkrankungen
zusammenarbeiten.
Die Aktion zählte zur Reihe „Gutes
tun“, mit der der Freundes- und Förderverein und die Förderstiftung des UKSH
unterstützt werden. Spenden sammelt
der Förderverein über folgendes Konto:
Förde Sparkasse | Empfänger: UKSH
WsG e.V. | IBAN: DE75 2105 0170 1400
1352 22; Verwendungszweck: FW14027Gemeinsam gegen Krebs oder FW12002,
zweckfrei. (PM/RED)
is Redaktionsschluss gab es zwischen Land und Kommunen in
Schleswig-Holstein noch keine Lösung für die Finanzierung des kommunalen Anteils am Investitionsprogramm Impuls. In der Krankenhausplanungsrunde Ende Mai konnte laut
Ersatzkassenverband vdek kein Einvernehmen über einen Vorschlag des
Sozialministeriums erzielt werden.
Über das Investitionsprogramm
könnten wie berichtet für die Jahre 2016
bis 2018 insgesamt 150 Millionen Euro
zusätzlich für die Krankenhäuser bereitgestellt werden. Die Hälfte davon
steuert das Land bei. Die Bestimmungen zur Krankenhausfinanzierung sehen eine 50prozentige Beteiligung der
Kommunen vor. Wie die diese 25 Millionen Euro pro Jahr aufbringen sollen,
ist derzeit aber nicht geklärt – die angespannte Finanzlage vieler Kommunen erschwert eine Lösung. Der vdek
hält es für eine Aufgabe der Landesregierung, „den Kommunen möglichst
schnell einen Weg aufzuzeigen, wie sie
ihren Teil der Kofinanzierung stemmen können“. Das Land dürfe die Kommunen „nicht aus ihrer Verantwortung
für die bauliche Substanz der Kliniken
entlassen“, forderte der Leiter der vdekLandesvertretung, Armin Tank. Klinikund Krankenkassenvertreter verweisen seit Jahren auf einen zunehmenden
Investitionsstau an den scheswig-holsteinischen Krankenhäusern. Die Rede
ist von einem Volumen von landesweit
über 500 Millionen Euro, die eigentlich
investiert werden müssten. „Der Streit
zwischen Land und Kommunen ums
Geld darf weder zulasten der Krankenhäuser noch zulasten der Krankenkassen geführt werden, aber vor allem darf
er nicht zu zulasten der Patienten gehen“, sagte Tank. (PM/RED)
Titelbild: christian griebel, helliwood.com
Foto: UKSH - Gutes tun!
N AC HRIC HT EN
N A C H R I C H T E N // 5
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KURZ NOTIERT
Positive Bilanz
CAU
entzieht
Ehrensenatorenwürde
Prof. Alfred Schittenhelm
D
Foto: Königliche Bibliothek zu Kopenhagen, Porträtsammlung Wissenschaftler
ie Kieler Christian-Albrechts-Universität (CAU) hat Prof. Alfred Schittenhelm
wegen seiner NS-Vergangenheit die Würde des Ehrensenators entzogen. Die
einstimmig gefällte Entscheidung durch den Akademischen Senat fiel aufgrund
neuer Untersuchungen von Historikern über Schittenhelms Rolle im „Dritten Reich“. Sein persönliches und politisches Wirken in der Zeit vor und nach der
Machtergreifung der Nationalsozialisten in Kiel und München sei unvereinbar mit
den Prinzipien, für die die Kieler Universität stehe, sagte die Senatsvorsitzende Prof.
Silke Göttsch-Elten.
Schittenhelms Verstrickung in die NS-Diktatur ist von mehreren Wissenschaftlern untersucht und belegt worden. Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt hatte
im vergangenen Jahr (Ausgabe 3/2015) ausführlich über diese Verstrickung berichtet. Für die Kieler Uni gehört Schittenhelm „zu den politisch am stärksten belasteten deutschen Internisten überhaupt“. 1933 hatte er u. a. die Absetzung des gewählten Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), Leopold Lichtwitz, wegen dessen jüdischen Hintergrunds betrieben und vom erzwungenen Rücktritt profitiert. Schittenhelm übernahm den DGIM-Vorsitz und erleichterte den Nationalsozialisten die Gleichschaltung. In Kiel sorgte Schittenhelm dafür,
dass die Nationalsozialisten ihren Einfluss an der medizinischen Fakultät ausbauen
konnten. Später wurde Schittenhelm SS-Brigadeführer und erhielt hochrangige repräsentative Auszeichnungen wie etwa den Totenkopfring. 1945 entließ ihn die Militärregierung aus dem Hochschuldienst. 1947 wurde ein Prozess gegen ihn eingestellt, 1949 wurde er als ordentlicher Professor wieder eingestellt, zwei Jahre später
zum Ehrensenator ernannt. (PM/RED)
Sturzprävention bei den Landfrauen
E
ine vor zwei Jahren gestartete Zusammenarbeit zwischen den Landfrauen und dem Universitätsklinikum
Schleswig-Holstein (UKSH) hat bislang zu Informationsveranstaltungen in
70 Ortsvereinen mit über 3.000 Teilnehmerinnen im ganzen Land geführt.
Ziel war es, bei den Frauen ein Bewusstsein für die Ursachen von Stürzen zu entwickeln und sie anzuleiten,
die eigene Wohnsituation zu überprüfen. UKSH-Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Ove Schröder hat in diesem Zusammenhang mit den Teilnehmerinnen
auch über die körperliche Fitness, Medikamenteneinnahme und regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Hausund Augenarzt diskutiert. Außerdem er-
hielten die Landfrauen Checklisten zur
Überprüfung der individuellen häuslichen Situation. Schröder will die Ergebnisse aus den Begegnungen mit den
Landfrauen für eine wissenschaftliche
Studie nutzen, um die Sturzprävention weiter zu professionalisieren. Die Zusammenarbeit soll fortgeführt werden.
250 Todesfälle älterer Menschen
sind in Schleswig-Holstein jedes Jahr auf
Stürze zurückzuführen. Nach Angaben
des UKSH stürzen rund 30 Prozent der
Menschen über 65 Jahre und die Hälfte aller über 80-Jährigen mindestens einmal im Jahr. Ein Drittel der älteren Patienten stirbt innerhalb eines Jahres infolge einer Hüftfraktur, 20 Prozent werden
dauerhaft pflegebedürftig.(pm/red)
Die Sana Klinik Lübeck plant eine Erweiterung ihrer Leistungsbereiche und eine Aufstockung der Mitarbeiterzahl in
Medizin und Pflege. Grundlage für die Investitionen ist der im
vergangenen Jahr erzielte Überschuss in Höhe von 900.000
Euro. In diesem Jahr sollen u. a. eine Geriatrie-Kooperation
mit dem DRK realisiert, ein Teil des Operationstraktes umgebaut und Neurologie, Pneumologie und Palliativstation ausgebaut werden. Als „besonders herausragend“ bezeichnete
die Klinikführung beim Jahrespressegespräch die Leistungsentwicklung in der Neurologie und Gefäßchirurgie. Auch die
Etablierung der Schmerzklinik in der Praxisklinik Travemünde habe zur positiven Entwicklung beigetragen. Erst in diesem Jahr wird sich die im November vom Land genehmigte Erweiterung des Hauses um 41 Betten auswirken können.
Im September soll der Umbau der Intensivstation abgeschlossen werden. Ziele des Umbaus sind optimierte Prozesse, modernere Technik und mehr Kapazitäten. Im vergangenen Jahr
versorgten die Sana Kliniken Lübeck mehr als 18.000 Menschen stationär, 23.000 ambulant in der Notaufnahme und
2.500 in der onkologischen Ambulanz. (PM/Red)
Tagesrehabilitation TASK umgezogen
Die Tagesrehabilitation für suchtkranke Menschen Kiel
(TASK) ist von Molfsee nach Hassee umgezogen. Der neue
Standort ist zentrumsnäher, bietet aber zugleich die Möglichkeit zur Erholung im Wildgehege Uhlenkrog. Das neue Gebäude ließ auch die Erweiterung um eine Lehrküche sowie
einen großzügigen Ergotherapie- und Werkstattbereich zu.
Die TASK, deren Träger die Evangelische Stadtmission Kiel
ist, bietet suchtmittelabhängigen Menschen eine Alternative
zur stationären Entwöhnungsbehandlung. Das Konzept, das
sich an Menschen mit einer Alkohol-, Medikamenten- oder
Glücksspielabhängigkeit richtet, konnte außerdem um eine
hauseigene Physiotherapie erweitert werden. Ziel der Entwöhnungsbehandlung ist es, die Funktion des Suchtmittels zu erkennen und alternative Verhaltensweisen aufzubauen und zu
erproben. Das tagesklinische Setting erlaubt dem Patienten
den direkten Transfer in den Alltag sowie den therapiebegleitenden Einbezug der Angehörigen in die Behandlung. Informationen zu Konzept und Aufnahmemodalitäten über
[email protected]. (PM/Red)
Helios investiert aus Eigenmitteln
Das Helios Agnes Karll Krankenhaus in Bad Schwartau investiert zwei Millionen Euro aus Eigenmitteln in seine Kapazitäten für ambulante und stationäre Operationen, um dem steigenden Bedarf gerecht werden zu können. Das Krankenhaus
rechnet mit einer Bauzeit von rund einem Jahr. Derzeit gibt es
drei Operationssäle. Im Zuge der Baumaßnahmen entstehen
ein vierter Eingriffsraum sowie ein optimierter Funktionsbereich mit vergrößertem Aufwachraum, zusätzlicher Röntgendiagnostik und neuem Labor. Insbesondere die ambulante Versorgung von Patienten soll in Bad Schwartau ausgebaut
werden. Zuletzt hatte es vor fünf Jahren umfangreichere Sanierungsarbeiten – damals am Bettenhaus – am Standort gegeben. „Ich freue mich sehr, dass wir seitens der HELIOS Kliniken Gruppe die finanziellen Mittel zur Durchführung dieser Baumaßnahme erhalten. Die verbesserten räumlichen Bedingungen ermöglichen unseren Belegärzten und Mitarbeitern eine verbesserte Patientenversorgung und sichern somit
den Standort nachhaltig“, sagte Klinikgeschäftsführer Michael Nowotny. (PM/Red)
6 // T I T E L T H E M A
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DEUTSCHER ÄRZTETAG
GOÄ-Kritik: Die
BÄK hat verstanden
Zentrale, aber nicht alle Kritikpunkte zur GOÄ-Reform werden aufgenommen.
Nach holprigem Start findet der Deutsche Ärztetag zu konstruktiver Debatte.
Fotos: Christian griebel, helliwood.com
Prof. Frank Ulrich
Montgomery (links)
im Gespräch mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe
bei der Eröffnung in
der Laeiszhalle. Beide
waren in ihren Reden
auf die massive Kritik an der Verhandlungsführung zur
GOÄ-Reform eingegangen. Montgomerys
Appell: „Haben Sie es
nicht auch ´ne Nummer kleiner?“ fand bei
den meisten Delegierten Zuspruch.
T I T E L T H E M A // 7
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K
aum ein Thema wurde in den vergangenen Monaten in der Gesundheitspolitik so häufig und innerärztlich so kontrovers diskutiert
wie die Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Der jahrelange Stillstand, der Sonderärztetag
in Berlin, der im BÄK-Vorstand durchgefallene Entwurf, der Rücktritt des Verhandlungsführers, die Kritik am Präsidenten der Bundesärztekammer und
schließlich der – letztlich klar gescheiterte – Antrag auf dessen Amtsenthebung zeigen, wie schwer der Weg zu einer Lösung fällt und zugleich wie stark
dieses Thema polarisiert.
Seit Ende des 119. Deutschen Ärztetages in Hamburg besteht berechtigte Hoffnung, dass nun konstruktiv weitergearbeitet werden kann. Die Arbeit
an der Reform erfolgt künftig unter enger Einbindung der wissenschaftlichen
Fachverbände und der Berufsverbände.
Dabei soll es nun transparenter zugehen
als in der Vergangenheit. Damit nahm
der Ärztetag zentrale Kritikpunkte aus
den Reihen der Verbände auf. Die in Zusammenhang mit der GOÄ-Reform geplante und ebenfalls stark kritisierte Änderung der Bundesärzteordnung und
die Einrichtung einer Gemeinsamen
Kommission (GeKo) von Ärzten, PKV
und Beihilfe, die Empfehlungen für eine
permanente Aktualisierung der GOÄ
erarbeiten soll, wurde dagegen von der
Mehrheit der Delegierten angenommen.
Sie teilten damit nicht die Befürchtung
der Kritiker, dass die Einrichtung der
GeKo an sich schon einer „EBMisierung
der GOÄ“ Vorschub leisten könnte. Allerdings wurden die Aufgaben der GeKo
auf die Erarbeitung konsentierter Empfehlungen zur Weiterentwicklung der
GOÄ beschränkt.
Dem neuen Vorsitzenden der Gebührenordnungskommission, Dr. Klaus
Reinhardt, gelang nach anfänglichen
Schwierigkeiten eine konstruktive Diskussion mit den Kritikern. Er hat bei den
weiteren Verhandlungen klare Bedingungen zu beachten, an die eine Zustimmung der Ärzteschaft zu einem gemeinsamen Reformentwurf mit der PKV geknüpft ist.
Die Leistungslegenden und -bewertungen und die neue Steigerungssystematik müssen den medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen von 2016
entsprechen und die Bewertung muss einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation folgen. Der patientenindividuelle Zusatzaufwand für Ärzte muss in Zusatzleistungen oder durch Steigerungsfaktoren abgebildet werden. Die sprechende
Medizin und Leistungen der Grundversorgung müssen eine bessere Bewertung
als bislang erfahren.
Der Zeitplan sieht zwar eine Umsetzung bis Jahresende vor, Reinhardt stellte aber mehrfach „Qualität vor Eile“, was
Dr. Klaus Reinhardt,
neuer Vorsitzender
der Gebührenordnungskommission,
konnte den Daumen
in die Höhe recken:
Nach schwieriger Debatte konnte er auch
viele Kritiker schließlich überzeugen, ohne
alle Wünsche berücksichtigen zu müssen.
ihm von den Delegierten auch bestätigt
wurde.
Im Verlauf des Ärztetages wurde
auch deutlich, dass die Reform erhebliche Ressourcen erfordert. Das Dezernat
Gebührenordnung wird deutlich aufgestockt, außerdem wird externe Unterstützung eingekauft. Die Landesärztekammern sollen hierfür deutlich mehr
Mittel als bislang bereitstellen.
Während Reinhardt die operative
Verantwortung übernommen hat, liegt
die politische bei Montgomery. Gleich
zu Beginn des Ärztetages musste sich der
Präsident einem Abwahlantrag stellen,
den manche Delegierte als „Populismus“,
andere als „kommunikationspolitischen
Super-Gau“ bezeichneten. Eine deutliche Mehrheit verhinderte zwar, dass
der Abwahlantrag auf die Tagesordnung
kam. Die Debatte zeigte aber, wie unzufrieden viele Delegierte mit der Rolle des Präsidenten in der GOÄ-Reform
sind. Der hatte schon bei der feierlichen
Eröffnung am Vormittag in der Laeiszhalle selbstkritisch eingeräumt: „Wir hätten uns früher und intensiver um die De-
tails und ihre Wechselwirkungen mit
der grundlegenden Struktur kümmern
müssen. Ich muss mich persönlich mit
dem Vorwurf auseinandersetzen, wir
hätten den Prozess zu lange nur begleitet, statt einzugreifen.“ Allerdings hielt
Montgomery den Kritikern auch vor,
häufig über das Ziel hinauszuschießen.
„Habt Ihr´s nicht auch ´ne Nummer
kleiner“, fragte er unter Anspielung auf
die oft massiv vorgetragenen Vorwürfe
in den zurückliegenden Monaten. Nur
wenige Stunden später folgte dann der
Abwahlantrag.
Die GOÄ-Diskussion verhinderte
aber nicht, dass sich der Ärztetag auch
zahlreichen anderen Themen widmete. Schon in seiner Rede zur Eröffnung
ging Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe etwa auf die Rolle der Ärzteschaft in der Gesundheitsversorgung
von Flüchtlingen ein, er sprach von einer „beispiellosen Welle der Hilfsbereitschaft für die schutzsuchenden
Menschen“. Er verwies auch auf die insgesamt gute Zusammenarbeit zwischen
Ärzteschaft und Gesundheitspolitik.
ANERKENNUNG FÜR ERLITTENES LEID
Der 119. Deutsche Ärztetag in Hamburg hat gefordert, dass Menschen, die in der NSZeit nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses von 1934
körperlich und seelisch geschädigt oder ermordet wurden, endlich auch vor dem Gesetz
als Opfer des NS-Regimes anerkannt werden. Die deutsche Ärzteschaft will dazu beitragen, dass diese Menschen für ihr erlittenes Leid die ihnen zustehende Anerkennung
erfahren.
Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses diente der sogenannten Rassenhygiene durch "Unfruchtbarmachung" vermeintlich „Erbkranker“ und Alkoholiker.
Zur Begutachtung eines Sterilisationsverfahrens wurden formal rechtsförmig agierende
„Erbgesundheitsgerichte“ geschaffen. Exemplarisch zeigt die Ausstellung „erfasst, verfolgt, vernichtet“ der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde in Verbindung mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und der Stiftung Topographie des Terrors den Umgang mit
Kranken und behinderten Menschen in Folge dieses Gesetzes.Die im Rahmen des 119.
Deutschen Ärztetages gezeigte Wanderausstellung ist noch bis 19. Juni im Hamburger
Rathaus zu sehen. Sie fasst das Geschehen von Ausgrenzung und Zwangssterilisation
bis hin zur Massenvernichtung zusammen.
8 // T I T E L T H E M A
trags unterstützten (siehe Beschlüsse kurz notiert auf Seite 9). Montgomery lobte wie Gröhe das große ehrenamtliche Engagement der Ärzte in der Versorgung von Flüchtlingen. Montgomery
warnte aber zugleich: „Niemand sollte auf die Idee kommen, sich auf diesem ehrenamtlichen Engagement auszuruhen.“
Als Vorsitzender der Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer
stellte Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Dr. Franz Bartmann den Sachstand zur Novelle der (Muster-)Weiterbildungsordnung für Ärzte dar. Bartmann hält die Novelle wegen der rasanten Weiterentwicklung in der Medizin
und wegen sich ändernder Rahmenbedingungen in der ärztlichen Berufsausübung für dringend erforderlich. Er gab
zu bedenken, dass es bei der veränderten Lebensplanung der jungen Ärzte in
Weiterbildung immer schwieriger werde, Weiterbildung rein zeitlich zu definieren; Kompetenz lasse sich vielmehr
nur inhaltlich abbilden: „Nicht Richtzahlen sind entscheidend, sondern das
Können.“ Weil die Inhalte nicht immer
an ein und derselben WeiterbildungsDie neun Delegierten stätte angeboten werden könnten, müsse
aus Schleswig-Holdie Weiterbildung flexibler werden, besein auf dem diesjähtonte
Bartmann.
rigen Ärztetag: Dr.
Der einstimmig gefasste Beschluss
Henrik Herrmann,
des Ärztetages zu diesem Thema sieht
Dr. Joachim Rümmelein, Dr. Thomas
vor, dass die Version zwei der NovelSchang, Hans-Henle nach dem Ärztetag auf der elektronining Harden, Dr. Gisa
schen Plattform WIKI-BÄK veröffentAndresen, Dr. Svante
Gehring, Petra Imme, licht und zur Kommentierung durch die
beteiligten Fachgesellschaften und BeDr. Hans Irmer, Birte
Leykum (von links).
rufsverbände sowie die Landesärzte-
kammern freigeschaltet wird. Gegenstand der Version zwei sind Abschnitt
B der Novelle, Allgemeine Inhalte, und
das Glossar.
Der Kommentierungsprozess
wird durch mehrere Workshops sowie
durch individuelle Gespräche mit den
beteiligten ärztlichen Organisationen
begleitet. Vorab kündigte die Bundesärztekammer eine Veranstaltung für
den 6. Juni mit den Landesärztekammern an, um den Einstieg zur Vorbereitung der nächsten, eventuell endgültigen Version drei der Novelle beraten und die weiteren Schritte abstimmen zu können. Bartmann kündigte an, dass er das direkte Gespräch mit
den einzelnen Landesärztekammern
suchen werde. Die Arbeit an der Novelle wurde von der Mehrheit der Delegierten ausdrücklich gelobt. Ein zur
Weiterbildung u. a. von Dr. Henrik
Herrmann eingereichter Antrag wurde von den Delegierten angenommen.
Damit werden Weiterbildungszeiten
künftig auch anrechnungsfähig, wenn
die Wochenarbeitszeit unter 20 Stunden liegt. Die Grenze wurde nun auf
zwölf Stunden gesenkt.
Auch in diesem Jahr beschäftigte
sich der Deutsche Ärztetag wieder mit
der elektronischen Gesundheitskarte
(eGK). Mit Nachdruck lehnten die Delegierten die im E-Health-Gesetz vorgesehenen Sanktionen für die verspätete Einführung von Anwendungen
de wie das Versichertenstammdatenmanagement ab. „Schon heute führten
die angedrohten Sanktionen zu unerwünschten Konsequenzen“, warnte das
Foto: DI
Für Montgomery zeigte sich dies besonders, als nach einem Flugzeugabsturz
im vergangenen Jahr über die ärztliche
Schweigepflicht diskutiert und eine Aufweichung verhindert wurde, sowie in
der Debatte zur ärztlichen Sterbehilfe.
„Mit unserer Hilfe und Unterstützung
ist dem Bundestag ein richtungsweisender Beschluss gelungen. Klare Absage
an organisierte Sterbehilfe ohne strafrechtlichen Eingriff in das Patient-ArztVerhältnis“, sagte Montgomery in seiner Eröffnungsrede. Er sprach von einer
„wirklich ausbalancierten Zusammenfassung einer mit großem Ernst und
großer Wahrhaftigkeit geführten Debatte“. Die am Ende überraschend hohe Zustimmung zu dem von der Bundesärztekammer unterstützten Antrag führt
Montgomery auch auf die „Überzeugungskraft unserer Argumente“ zurück.
Allerdings glaubt er auch nicht, dass
die Debatte über Sterbehilfe damit beendet ist. „Sie spielte 1991 auf dem Hamburger Ärztetag eine Rolle – sie wurde
schon vor 2.400 Jahren bei Hippokrates
geführt und ich bin sicher, diese Debatte
wird uns auch in Zukunft noch beschäftigen.“ Dies gilt auch für die gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen.
Die in den vergangenen Monaten sinkenden Flüchtlingszahlen betrachtet
Montgomery bestenfalls als Atempause, um über grundsätzliche Nachbesserungen in diesem Bereich nachzudenken. Handlungsbedarf sieht er vor allem
bei der personellen Aufstockung des öffentlichen Gesundheitswesens – eine
Forderung, die die Delegierten mit Verabschiedung eines entsprechenden An-
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BESCHLÜSSE KURZ NOTIERT
Versorgung von Flüchtlingen
Fotos: Christian griebel, helliwood.com
Für die gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen müssen
nach Ansicht des Ärztetages bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das Asylpaket II, erst vor wenigen Monaten
in Kraft getreten, gehört laut Forderung der Delegierten nachgebessert. Insbesondere kritisierten die Delegierten, dass nur
noch lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch eine Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, als Abschiebungshindernis gelten. Diese gesetzliche Wertung widerspricht nach Auffassung der Ärzteschaft
dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Um
dies zu garantieren, müsse die Zugangsmöglichkeit zu einer
medizinischen Versorgung für Asylsuchende in jedem einzeln zu prüfenden Fall gegeben sein. Gefordert wurde in diesem Zusammenhang auch mehr Personal im Öffentlichen Gesundheitsdienst.
Stellte den Fahrplan zur Novellierung der Muster-Weiterbildungsordnung vor: Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Dr. Franz Bartmann auf dem 119. Deutschen Ärztetag in Hamburg.
Investitionen für Krankenhäuser
Ärzteparlament. Der Druck, politisch
motivierte Termine einzuhalten, erhöhe
die Gefahr, dass unausgereifte Technik
in den Praxen und Krankenhäusern eingeführt werde. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) müsse dieses Risiko
berücksichtigen. Seitens der Selbstverwaltung seien die notwendigen Vorarbeiten längst erfolgt. Es sei nicht gerechtfertigt, die Organe der Selbstverwaltung
für Termin- und Qualitätsprobleme der
Industrie zur Rechenschaft zu ziehen.
Die grundsätzliche Ausrichtung des
E-Health-Gesetzes, nach der Patienten
und Ärzten möglichst zeitnah sinnvolle medizinische Anwendungen zur Verfügung gestellt werden sollen, begrüßten die Delegierten aber. „Dadurch kann
es gelingen, die bisher häufig von technischen Aspekten und Verwaltungsanwendungen getriebene Einführung der
elektronischen Gesundheitskarte und TI
in Richtung einer medizinischen Sinnhaftigkeit zu korrigieren“, heißt es in der
Entschließung. Zudem rief der Ärztetag
den Gesetzgeber und die gematik dazu
auf, als Alternative zur PIN-Eingabe
auch sichere biometrische Verfahren zu
prüfen. Diese seien „sicherer, schneller
und weniger fehlerbehaftet.“ Um individuellen Vorbehalten zu begegnen, seien
beide Verfahren anzubieten.
Besorgt zeigten sich die Delegierten
über die hohen Kosten für die eGK. Das
Bundesgesundheitsministerium müsse für einen sachgerechten Einsatz dieser Gelder sorgen und kurzfristig eine
neue Kosten-Nutzen-Analyse in Auftrag
geben, wurde gefordert. Kritik übte der
Ärztetag bei diesem Thema auch an den
gesetzlichen Krankenkassen. Diese hätten vor der Ausgabe der eGK versäumt,
die Übereinstimmung von eingesandtem Foto und persönlichen Daten des
Versicherten zu prüfen. „Für jede sichere elektronische Kommunikation ist jedoch der Nachweis einer sicheren digita-
Klare und einklagbare Verpflichtungen der Bundesländer
für Krankenhausinvestitionen sind nach Ansicht der
Ärztetagsdelegierten erforderlich. Ihre Forderung: Eine
gemeinsame Finanzierung durch Bund und Länder in Höhe
von mindestens drei Milliarden Euro pro Jahr – zusätzlich
zu den derzeitigen Investitionen. Darüber hinaus muss
aus Sicht der Delegierten auch die Personalausstattung,
-entwicklung und -finanzierung berücksichtigt werden.
Laut den auf dem Deutschen Ärztetag genannten Zahlen
sind die Investitionsmittel der Bundesländer für die
Krankenhäuser seit 1991 um rund 30 Prozent gesunken.
Daraus sei ein Defizit in Höhe von bundesweit rund 30
Milliarden Euro entstanden. „Die Mitarbeiter in den Kliniken
müssen dann die fehlenden Finanzmittel durch weitere
Arbeitsverdichtung und schlechtere Arbeitsbedingungen
kompensieren“, hieß es einem Leitantrag des Vorstands.
len Identität durch die ausgebende Stelle unabdingbare Voraussetzung“, stellten
die Delegierten klar. Vor Anwendung
der ersten Online-Funktion müsse dieser eklatante Verstoß gegen den Datenschutz behoben werden, andernfalls sei
die Einführung von Online-Funktionen
mittels der Karte nicht tolerierbar.
Unterstützung vom Ärztetag erhielten die „Klug-Entscheiden“-Empfehlungen (KEE) zur indikationsgerechten
Versorgung von Patienten. KEE könnten dazu dienen, die Versorgungsqualität
kontinuierlich zu verbessern. „Eine evidenzbasierte, sichere und effiziente Patientenversorgung gehört zu den zentralen Anliegen der Ärzteschaft“, stellten
die Delegierten fest. Die Initiative orientiert sich an der internationalen Kampagne „choosing wisely“, in deren Rahmen
sich seit 2011 zahlreiche wissenschaftliche Fachgesellschaften mit dem Thema
unnötiger oder sogar schädlicher medizinischer Leistungen beschäftigen und
Empfehlungen zu verschiedenen Bereichen abgeben. Der Ärztetag forderte insbesondere den Gemeinsamen Bundesausschuss dazu auf, über den Innovationsfonds einen entsprechenden Förderschwerpunkt zu etablieren.
Am Freitag wurde der 119. Deutsche
Ärztetag schließlich in einer Stimmung
beendet, die nah an dem lag, was Montgomery zu Beginn in seiner Eröffnungsrede beschrieben hatte. „Die Balance, der
gerechte Ausgleich muss auch uns in den
Körperschaften gelingen. Dabei kann
es gerne mal argumentativ hoch hergehen. Auch Maximalforderungen dürfen, ja sollen sogar erhoben werden – am
Ende aber müssen die Chancen und Herausforderungen jeder Frage abgewogen
und Entscheidungen gefällt werden, die
für alle akzeptable sind.“ Dieses Motto
könnte auch für den nächsten, dann 120.
Deutschen Ärztetag in Freiburg gelten.
dirk schnack
Studienplätze für Humanmedizin
Immer mehr Bewerber um immer weniger Studienplätze –
diese Situation muss nach Meinung der Delegierten für das
Medizinstudium verhindert werden. In den alten Bundesländern hat es nach den in Hamburg genannten Zahlen 1990
noch 12.000 Studienplätze für Humanmedizin gegeben, heute nur noch 10.000 im gesamten Bundesgebiet – trotz acht zusätzlicher Fakultäten. Die Bundesländer wurden deshalb aufgefordert, mindestens 1.000 neue Studienplätze zu schaffen und zugleich die Lehrmittel für die Fakultäten aufzustocken, um die Qualität der Ausbildung nicht zu gefährden. Bei
der Auswahl der Studierenden sollten neben der Abiturnote
auch psychosoziale Kompetenzen stärker berücksichtigt werden. Außerdem sollten an allen medizinischen Fakultäten in
Deutschland Lehrstühle für Allgemeinmedizin eingerichtet
werden.
Delegation statt Substitution
Der Deutsche Ärztetag hat die Substitution ärztlicher Tätigkeiten, insbesondere für Indikationsstellung, Diagnostik und
Therapie, strikt abgelehnt. Zur Begründung hieß es: „Sie schadet gleichermaßen der Patientensicherheit wie der Versorgungsqualität und schafft Rechtsunsicherheit für Ärzte, nichtärztliche Fachberufe und Patienten.“ Die Delegierten erinnerten in diesem Zusammenhang auch daran, dass die persönliche Leistungserbringung eines der wesentlichen Merkmale freiberuflicher Tätigkeit ist. „In Teilen“ könne der Arzt aber
Leistungen auch an nichtärztliche Mitarbeiter delegieren.
1 0 // T I T E L T H E M A
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MEDIZIN UND ÖKONOMIE
gerung oder Gewinnmaximierung des
Unternehmens Krankenhaus!“ machte
Weiser deutlich. Zugleich stellte er aber
fest, dass dies in den vergangenen Jahren
nicht eingehalten wurde. Weiser präsentierte Umfrageergebnisse, wonach in den
vergangenen 20 Jahren der Anteil von
Verträgen mit variablen Vergütungskomponenten und festgelegten monetären Anreizen von fünf auf über 97 Prozent gestiegen ist. Längst sind nicht nur
die Chefärzte in diesem Spannungsfeld.
Schon 2011 hatten auch 19 Prozent der
... wenn ökonomisches Denken zur Erlössteigerung die medizinische
Oberärzte, 15 Prozent der Fachärzte und
Indikationsstellung beeinflusst. Debatte auf dem Ärztetag.
sechs Prozent der Ärzte in Weiterbildung mengenassoziierte Bonusregelungen. „Das Perfide an dieser Vorgehensweise war, dass jüngere Kolleginnen und
Kollegen insbesondere die berufsrechtlichen Konsequenzen in aller Regel nicht
überblicken konnten und ihnen quasi per Vertrag eine gefährliche Sichtweise des Arztberufes als normal verkauft
wurde“, sagte Weiser.
Wie aber sollen sich Ärzte verhalten, da sie sich wirtschaftlichen Zwängen grundsätzlich nicht entziehen können? Weiser empfahl als Handlungsmaxime eine „Faustregel“ des Tübinger Medizinethikers Urban Wiesing: „Solange betriebswirtschaftliches Denken dazu
dient, eine indizierte Maßnahme möglichst wirtschaftlich und effektiv umzusetzen, ist es geboten. Der Rubikon ist
überschritten, wenn ökonomisches Denken zur Erlössteigerung die medizinische Indikationsstellung beeinflusst.“
Deshalb müsse der Arzt in den Krankenhäusern gegenüber den Verwaltungsohe Einigkeit bestand unter den
Wahrnehmung durchgesetzt, dass Wett- Prof. Fred Weiser,
berufen wieder in den Vordergrund geVerband leitender
Delegierten in der Frage der Pribewerb zum „unfehlbaren Schiedsrichrückt, zumindest aber auf die gleiche
Krankenhausärzte:
orität zwischen ärztlich-mediziter“ erklärt wurde, wenn medizinische
Ebene gestellt werden. Unter öffentli„Medizin kennt nicht
nischen Vorgaben und ökonomiund wirtschaftliche Notwendigkeiten im den Verkauf von Dichem Druck gab es auch erste Zugeschen Zwängen. Zahlreiche RedWettstreit stehen. In der Verantwortung agnose und Theraständnisse von Klinikträgern, wie Weiser
ner machten deutlich, dass wirtdafür sieht Weiser die Gesundheitspoli- pie zur Prestigesteieinräumte, die allerdings nicht ausreigerung oder Gewinn- chen. Auch Dr. Henrik Herrmann nannschaftliche Prinzipien hinter metik, die nach seiner Ansicht auf ungeremaximierung des Undizinischen Vorgaben zurückzustehen
gelten Wettbewerb als Instrument setzt, ternehmens Kranken- te erste, ermutigende Schritte und führhaben. Klinikträger wurden aufgefordas zwischen Medizin und Wirtschaftte als Beispiel an, dass Träger statt Fallhaus.“
dert, vorrangig an ökonomischen Krite- lichkeit entscheidet. „Wer Wettbewerb
zahlen qualitative Ziele wie etwa die Einrien orientierte Bonuszahlungen abzuals Allheilmittel um jeden Preis, ohne
haltung von Hygienevorschriften in den
lehnen. Einstimmig verabschiedeten die für das Gesundheitssystem sachgerechte
Verträgen formulieren. Als hilfreich sieht
Delegierten einen Beschluss, in dem es
Rahmenbedingungen will, der darf sich
es Herrmann an, wenn Ärzte über ihre
heißt: „Ökonomisierung ist dann abzunicht wundern, wenn er Wettbewerb mit
Rolle als Freiberufler und Führungskraft
lehnen, wenn betriebswirtschaftliche Pa- allen positiven, aber auch negativen Fareflektieren, wie dies etwa im Curricurameter individuelle und institutionelcetten bekommt“, stellte Weiser fest. Im
lum der Bundesärztekammer geschieht.
le Ziele ärztlichen Handelns definieren,
Krankenhausbereich habe das FallpauDr. Svante Gehring sprach sich für eine
ohne dass es eine am Patientenwohl ori- schalensystem zu einem Wettbewerbsstärkere Rolle von Ethik schon in der
entierte medizinische Begründung gibt.“ markt geführt, das Ärzten eine nicht imAusbildung aus. Die Ärztekammern sollDem Beschluss waren eine ausgiemer erfüllbare Verpflichtung auferlegt
ten Ansprechpartner schaffen für Ärzte,
bige Debatte und ein Vortrag von Prof.
hat, nämlich betriebswirtschaftliche Redie aus ökonomischen Gründen in ihren
Fred Weiser vorausgegangen. Der Präsi- alitäten mit medizinischen NotwendigKliniken unter Druck gesetzt werden.
dent des Verbandes Leitender Kranken- keiten zu relativieren.
Ausnahmslos einig zeigten sich die Redhausärzte Deutschlands stellte als KernDie Diskussion um Chefarzt-Boner zu diesem Thema mit dem Altersproblem fest, dass bei der politisch inini habe gezeigt, wie ärztliches Entpräsidenten des diesjährigen Ärztetages,
tiierten Ökonomisierung des Gesundscheidungsverhalten systembedingt in
Prof. Winfried Kahlke. Er hatte zu Beheitswesens die Frage ausgeblendet wur- ethisch fragwürdige Bereiche gedrängt
ginn der Diskussion klargestellt: „Ethide, wie sich Gesundheitsfürsorge und
werde. „Ethisch verantwortungsbewusssche Grundsätze müssen immer Vorrang
Wettbewerb unter einen Hut bringen las- te Medizin kennt nicht den Verkauf von
haben vor wirtschaftlichen Interessen.“
sen. Stattdessen hat es sich nach seiner
Diagnose und Therapie zur PrestigesteiDirk Schnack
Der Rubikon ist
überschritten...
Foto : Di
H
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Der Begriff Innovation wird nach seiner Auffassung in diesem Zusammenhang inzwischen zu leichtfertig verwendet. Er empfahl deshalb, von Fortschritt
zu sprechen – und diesen erkennt er
bei vielen neu zugelassenen Arzneimitteln nicht. Ludwig sprach u. a. die neuen Medikamente in der Onkologie an.
Hier herrscht nach seiner Beobachtung
ein „hoher moralischer Druck“, Medikamente mit Zusatznutzen für die Therapie auch zur Verfügung zu stellen. Nicht
selten führt dies aber zu Therapiekosten
von 100.000 Euro pro Jahr. Dabei ist der
Schwerer Stand für Pharmalobbyistin Birgit Fischer auf dem
Zusatznutzen dieser teuren Therapien
Ärztetag. Ärzte zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Branche.
oft sehr begrenzt. Ludwig machte auch
deutlich, dass mit den sich abzeichnenie Kosten für Arzneimittel steigen
den Blockbustern ohne Gegensteuerung
jährlich um vier bis fünf Prozent
eine neue Kostenwelle auf das Gesund– trotz des vor fünf Jahren verabheitssystem zukommt.
schiedeten ArzneimittelmarktFischer hält es zwar für gerechtferneuordnungsgesetzes (AMNOG),
tigt, die Kostenfrage zu stellen, nicht
das nach Meinung vieler Ärzte
aber, von vornherein eine Kostenexplonicht zu den erhofften Einsparunsion zu unterstellen. Sie verwahrte sich
gen geführt hat. Der Deutsche Ärztetag
gegen eine „Legendenbildung“, in der
warnte in diesem Zusammenhang vor eivon „Mondpreisen“ gesprochen wird.
ner finanziellen Überforderung des GeNach ihrer Darstellung ist Deutschland
sundheitssystems und forderte den Gekein hochpreisiger Markt mehr, sondern
setzgeber zu Nachbesserungen auf. Die
befindet sich auf europäischem Durchvon den Krankenkassen übernommeschnittsniveau. 73 Prozent der Preise
nen Kosten für neue Arzneimittel müssim deutschen Arzneimittelmarkt liegen
ten sich am nachgewiesenen Nutzen orinach ihren Angaben sogar unter dem
entieren. Die derzeit freie, ausschließlich
europäischen Durchschnitt. Die Disam Markt orientierte Preisfestlegung
kussion über die Arzneimittelpreise in
für Arzneimittel im ersten Jahr nach der
Deutschland verläuft nach ihrer WahrMarkteinführung sollte aus Sicht des
nehmung oft, „als habe es das AMNOG
Ärztetages abgeschafft werden. Außernicht gegeben“. Tatsächlich habe das Gedem sollten die Ergebnisse der Nutzensetz aber zu Einsparungen in Milliarbewertung Ärzten schnell und in geeigdenhöhe geführt. Ihrer Schlussfolgeneter Form zur Verfügung gestellt werrung – „von Kostentreiberei kann keine
den: „Nur dadurch kann sichergestellt
Rede sein“ – konnten die Delegierten alwerden, dass der berechtigte Anspruch
lerdings nicht folgen. Die anschließender Patienten auf eine dem Stand der akde Diskussion geriet zu einer Generalabtuellen medizinischen Erkenntnisse entrechnung mit der Pharmaindustrie – da
sprechende medikamentöse Versorhalf Fischer auch nicht der Hinweis auf
gung adäquat berücksichtigt wird“, hieß
die enorme volkswirtschaftliche Bedeues. Diese Forderung hatte u. a. Dr. Svantung der Branche.
te Gehring aus dem Vorstand der ÄrzteAus den Reihen der Delegierten war
kammer Schleswig-Holstein in der Disin der Debatte von „abzockender Preiskussion gestellt.
gestaltung“ sowie von „Raffgier und RafVorausgegangen waren zwei Vorträfinesse“ die Rede; einzelne Redner forge von Experten mit unterschiedlichen
derten gar, „alle Verbindungen zur PharPerspektiven auf das Thema. Prof. Wolfmaindustrie zu sprengen“. Ein DelegierDieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneiter befand: „Die Pharmaindustrie hat
mittelkommission der deutschen Ärzsich um ihre Glaubwürdigkeit gebracht.“
teschaft, und Birgit Fischer, HauptgeFischer wurde auch vorgeworfen, in ihschäftsführerin des Verbandes forschenrem Beitrag nur Phrasen gebracht zu hader Arzneimittelhersteller (vfa), kamen
ben und nicht auf die Argumente Luddarin erwartungsgemäß zu konträren
wigs eingegangen zu sein. Die kritisierte
Schlussfolgerungen. Ludwig hatte zuVerbandschefin, früher Gesundheitsminächst die Dimensionen deutlich genisterin in Nordrhein-Westfalen und anmacht, die die Ausgaben für Arzneimitschließend Vorstand der Barmer Ersatztel in Deutschland inzwischen erreicht
kasse, appellierte dennoch an die Ärzhaben. Sie liegen mit 17,3 Prozent der Gete, „nach vorn zu schauen“ und mögliche
samtausgaben der gesetzlichen KranVerfehlungen der Vergangenheit nicht
kenversicherung (GKV) genauso hoch
weiter zu diskutieren. Sie wünschte sich,
wie die für ärztliche Behandlung. Kein
dass Ärzte und Pharmaindustrie weiterZweifel besteht für Ludwig daran, dass
Konträre Positionen: Prof. Wolf-Dieter Ludwig und Birgit Fischer erklär- hin im Dialog bleiben: „Man kann geten ihre Haltungen auf dem Deutschen Ärztetag. Fischer wurde anschlie- meinsam etwas erreichen.“
viele neue Arzneimittel nur einen sehr
ßend von den Delegierten kritisiert.
begrenzten Zusatznutzen aufweisen.
Dirk Schnack
ARZNEIMITTEL
Ärzte fordern
Preisbremse
D
Foto s:christian griebel, helliwood.com
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JUNGE ÄRZTE
Dialog der
Generationen
Ein Satellitensymposium vor dem Deutschen Ärztetag zeigte:
Junge Ärzte und etablierte Standesvertreter haben sich eine Menge
zu sagen – auch wenn sie nicht immer einer Meinung sind.
D
Die Anforderungen an Ärzte sind
hoch, die Arbeitsverdichtung
nimmt zu und viele junge Ärzte haben das Gefühl, dass sie sich
nicht auf ihre Kernkompetenzen
konzentrieren können. Dr. Matthias Krüger, Sprecher des chirurgischen Nachwuchses im BDC (Bund
Deutscher Chirurgen), wünscht sich
deshalb eine Steigerung der ärztlichen
Effektivität durch bauliche und technische Modernisierung der Krankenhäuser – ein Wunsch, mit dem er beim Symposium auch bei älteren Kollegen nicht
auf Widerspruch stieß. Überhaupt zeigten sich junge und erfahrene Ärzte, aber
auch etablierte Standesvertreter in vielen
Punkten einig.
Der Wunsch nach mehr Zeit für
die Patienten etwa ist ein generationenübergreifender. Immerhin verbringen
auch junge Ärzte rund ein Drittel ihrer Arbeitszeit mit Tätigkeiten, die weit
von ihrer Kernkompetenz entfernt sind,
wie Dr. Matthias Raspe schätzte. Der
Sprecher der jungen Internisten in der
DGIM (Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin) hält es für „offensichtlich,
dass unser System nicht zukunftstauglich ist“.
Er forderte eine Lösung „unter Einbeziehung der Patienten.“ Die wird nach
Ansicht von Bundesärztekammer-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery aber schwer zu erreichen sein, solange die Politik Ärzte bei der Lösungssuche
unter Budgetbedingungen allein lässt.
„Die Politik versagt bei der Ehrlichkeit“, sagte Montgomery, der sich andere
Arbeitszeit- und Finanzierungsmodelle für die Ärzte wünscht. Allerdings habe
die Bundesärztekammer in der Vergangenheit auch schon einiges erreicht, was
manchen jungen Ärzten heute selbstverständlich erscheine, beispielsweise die
kompetenzbasierte Weiterbildung.
Roland Engelhausen, Vorstandsvorsitzender der IKK Südwest, bestätigte die
Arbeitsverdichtung. Allerdings gab er zu
bedenken, dass diese Entwicklung gesamtgesellschaftlich und nicht auf Ärzte beschränkt sei. Insbesondere andere Jung-Akademiker haben nach seiner
Ansicht ähnlich schwere Rahmenbedingungen.
Heidrun Gitter, Kammerpräsidentin aus Bremen, forderte die jungen Ärzte auf, stärker für ihre Interessen etwa
gegen die zunehmende Arbeitsverdichtung einzutreten. Sie wünscht sich „Mut
Kind und Karriere geht, aber auch
Kind und Berufspolitik: Eine junge
Ärztin hatte ihren
Nachwuchs auf dem
Deutschen Ärztetag
dabei.
zum Widerstand“ und die Bereitschaft,
sich in den Gremien der Ärztekammer
zu engagieren. Auch Montgomery zeigte, dass die Tür für engagierte Ärzte jeder
Altersgruppe offen ist. Insbesondere junge Ärzte will er „so früh wie möglich in
die Gremien holen“. Dass diese Gremien
vom Nachwuchs überrannt werden, hat
er bislang allerdings nicht beobachten
können: „Mit Verlaub, Sie müssen auch
mitmachen.“
Kontroverser ging es beim Thema
Forschung durch junge Ärzte zu. Dem
von jungen Ärzten geäußerten Wunsch
nach fest verankerten Forschungszeiten in der Weiterbildung hielt Dr. Franz
Bartmann, Vorsitzender der Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer,
entgegen: „Wir wollen weg von festen
Zeiten, hin zu konkreten Maßnahmen.
Nennen Sie uns konkrete Inhalte, die wir
in der Weiterbildungsordnung verankern können.“ Zugleich zeigte sich Bartmann aufgeschlossen, die Forschung
durch junge Ärzte zu forcieren, denn:
„Das Bewusstsein für die Forschung ist
ein wenig verloren gegangen.“
Dem stimmte Dr. Diane Bitzinger,
Sprecherin der jungen Anästhesisten in
der DGAI (Deutsche Gesellschaft für
Anästhesiologie und Intensivmedizin),
zu. Sie hofft, dass mehr deutsche Standorte als bislang Programme auflegen, die
die Forschung in der Weiterbildung fördern. Ohne die sieht sie die Gefahr einer
„Feierabend- oder Feiertagsforschung“.
Auch der Kieler Arzt Dr. Kevin
Schultze, Sprecher der jungen Internisten im BDI (Bund Deutscher Internisten), wünscht sich feste Strukturen, die
ärztliche Weiterbildung und Forschung
möglich machen. Er sieht dabei die Ärztekammern am Zug. Die anwesenden
Kammervertreter spielten den Ball aber
zurück, ohne zu blockieren: Die Inhalte müssten aus den Fachgesellschaften
geliefert werden, dann könnten sie auch
verankert werden. Allerdings, warnte
Annette Güntert von der Bundesärztekammer, dürfe dies nicht auf Kosten der
Weiterbildungszeit gehen.
In einer weiteren Themenrunde ging
es um Kind und Karriere. Hier zeigten
sich junge Ärzte erstaunt, wie unflexibel
viele Kliniken noch agieren. Kritisiert
wurde, dass wegen der dünnen Personaldecke kaum einmal alternative Modelle ausprobiert werden. Einige Teilnehmer berichteten, dass schon die Schwangerschaft einer Kollegin die Dienstplanung einer ganzen Klinik durcheinander
bringe. Auch den Wiedereinstieg nach
der Geburt des Kindes schilderten junge Ärzte als erstaunlich kompliziert; insbesondere Ärzte in Weiterbildung hätten
hier große Hürden zu überwinden. Die
vielen anwesenden Kammerpräsidenten
gingen zum Teil sehr nachdenklich in
den folgenden Ärztetag.
Dirk Schnack
Foto: Christian Griebel, Helliwood.com
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Die Medizinstudenten an der Förde legten
den Fokus des Aktionstages auf die Forderung
nach einem fairen Praktischen Jahr.
MEDIZINSTUDIUM
„Richtig gute
Ärzte werden“
Die Fachschaft Medizin der Christian-Albrechts-Universität
Kiel protestiert für faire Bedingungen im Praktischen
Jahr. Marburger Bund unterstützt die Forderungen.
Foto: Fachschaft medizin Kiel
D
ie Reform des Medizinstudiums
wollen die Kieler Medizinstudenten nicht allein der Politik überlassen: Unter dem Motto „Richtig gute Ärzte werden“ setzten sich
die Fachschaft Medizin der Christian-Albrechts-Universität Kiel
(CAU) im Mai mit einem Protestmarsch
an der Kieler Förde gegen den Masterplan Medizinstudium 2020 ein, der derzeit von Bund und Ländern erarbeitet
wird. Der Fokus der Aktion richtete sich
in Kiel besonders auf das PJ, in Rahmen
dessen die Studierenden Aufwandsentschädigungen, eine faire Fehltageregelung sowie eine gute Lehre fordern. Die
Kieler Studenten waren dem Aufruf der
Medizinstudierenden im Hartmannbund und der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V.
(bvmd) gefolgt.
Der Marburger Bund SchleswigHolstein begrüßt die Aktion laut einer
Pressemitteilung: „Besonders kritikwürdig ist aus unserer Sicht das Auswahlverfahren zum Medizinstudium. Dieses
sieht bereits jetzt neben der Abiturnote die Möglichkeit der Berücksichtigung
weiterer Auswahlkriterien vor. Doch das
Verfahren in Kombination mit der stän-
dig steigenden Nachfrage nach Studienplätzen hat zu einer massiven Fokussierung auf die Abiturnote geführt. Das
gewährleistet kein sachgerechtes Verfahren“, sagte Dr. Henrik Herrmann,
Vorsitzender des Marburger Bundes
Schleswig-Holstein.
Auch der Sprecherrat der Medizinstudierenden im Marburger Bund setzt
eigene Akzente in der Debatte über die
geplante Studienreform. „Mit der letzten Novelle der ärztlichen Approbationsordnung wurden zahlreiche Aspekte im
Medizinstudium reformiert. Die Politik sollte diesen Veränderungen – gerade
den Maßnahmen zur Förderung der Allgemeinmedizin – Zeit geben, bevor weitergehende Schritte unternommen werden“, fordert Stefanie Weber, Vorsitzende
des Sprecherrates. Studieninhalte müssten aus sich heraus begründet sein, weil
es die Ausbildung erfordere – und nicht,
weil eine bestimmte Fachgruppe vermeintlich Nachwuchsprobleme habe.
Weber spricht sich außerdem gegen weitere Pflichtabschnitte in der Allgemeinmedizin aus: Die Gründe für den Mangel an Hausärzten in bestimmten Regionen seien vor allem in den Arbeits- und
Lebensbedingungen vor Ort zu suchen.
86 %
der Medizinstudierenden sprechen sich
laut der jüngsten Studierendenbefragung
MB-Studi-Barometer 2016 gegen ein PJPflichtquartal Allgemeinmedizin aus.
Das Nebeneinander
von Pflichtfamulatur in der hausärztlichen Versorgung und
weiterer Pflichtfamulatur in der ambulanten Versorgung habe
die ohnehin geringe
Wahlfreiheit von Studierenden im Medizinstudium zusätzlich
eingeschränkt, so die
Sprecherin der Medizinstudierenden im
MB, Stefanie Weber.
„Medizinstudierende wollen frei darüber entscheiden, welche Fachrichtung sie
nach dem Studium wählen. Wir brauchen Freiräume zur Vertiefung von Studieninhalten und kein neues Zwangskorsett im Studium.“ Mit den Pflichttertialen Innere Medizin und Chirurgie
werde den Studierenden bereits Einblick
in zwei wichtige Bereiche der Medizin
gewährt, die auch für alle anderen Fachgebiete von außerordentlicher Bedeutung sind. Um eigenen fachlichen Interessen nachgehen zu können, müsse das
Wahltertial erhalten bleiben. Eine weitere Aufgliederung des PJ in Quartale würde die Dauer der einzelnen Abschnitte verkürzen und damit zugleich die Zeit
zum praktischen Lernen im jeweiligen
Fachgebiet reduzieren. Die Motivation
der Studierenden, nach dem Studium ein
bestimmtes Fachgebiet zu wählen, könne
nur durch zusätzliche Anreize und Verbesserungen in den Arbeitsbedingungen gesteigert werden. Dies gelte insbesondere für die ambulante ärztliche Tätigkeit. Werbekampagnen allein reichten
nicht aus, um Nachwuchs für die ambulante Versorgung zu gewinnen, kritisierte Weber. Sie forderte die Kassenärztlichen Vereinigungen auf, direkten Kontakt zu ihrer Zielgruppe aufzunehmen,
indem sie an den medizinischen Fakultäten häufiger über die haus- und fachärztlichen Tätigkeit informieren.
Die Initiatoren zeigten sich zufrieden mit der Aktion und „hoffen auf ein
Papier, mit dem das Medizinstudium
sinnvoll weiterentwickelt werden kann.
Denn nur so können wir richtig gute
Ärzte werden“, so Moritz Völker, Vorsitzender des Ausschusses der Medizinstudierenden im Hartmannbund, und Sukhdeep Arora, Präsident der bvmd. Die
Politik werde man weiterhin genau beobachten und auch wieder gemeinsam
auf die Straße gehen, sollten Maßnahmen vorgeschlagen werden, die aus Sicht
der Medizinstudierenden nicht sinnvoll
seien. (PM/RED)
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Dr. Franz Bartmann
KAMMERVERSAMMLUNG
Regionale
Verantwortung
und Gestaltung
Kammerpräsident Dr. Franz Bartmann appellierte auf der jüngsten
Kammerversammlung, die im Land umsetzbaren Chancen zu nutzen.
Fotos: DI, AM
E
s war die Kammerversammlung unmittelbar vor dem mit Spannung
erwarteten Deutschen Ärztetag in
Hamburg – entsprechend fiel auch
der Schwerpunkt des Präsidentenberichtes aus. Dr. Franz Bartmann
erwartete wie die meisten Ärzte eine
spannungsgeladene Debatte gleich nach
der Eröffnung – schließlich seien die
„Versäumnisse und Missverständnisse in
der Endstrecke der momentanen GOÄDebatte alles andere als banal“. An Spekulationen über weitere personelle Konsequenzen beteiligte sich der Präsident
nicht, stattdessen beschrieb er noch einmal die Chronologie der Ereignisse und
machte damit deutlich, wie komplex das
Thema ist.
Bartmann stellte zwei für ihn wichtige Dinge heraus:
Die konditionale Verknüpfung
des Schicksals der GOÄ mit dem Begriff der Freiberuflichkeit: „Auch unter
der drohenden Variante einer allgemeinen Grundversicherung mit privat vereinbarten Zusatzkomponenten blieben
wir allesamt Freiberufler. Der Erhalt der
Freiberuflichkeit wird auf einer anderen
Ebene und mit anderen Widersachern
ausgefochten.“
Der Zusammenhang zwischen ärztlichen Forderungen und Ergebnis der
GOÄ-Reform: Das unnachgiebige Bestehen auf ärztlichen Forderungen ist keinesfalls ein Erfolgsgarant, denn: „Eine
staatliche Gebührenordnung kann auch
ganz ohne Beteiligung der Ärzteschaft
erlassen werden. Dass die Politik klug
genug ist, sich das nicht anzumaßen,
steht auf einem anderen Blatt.“ Andererseits demonstriere Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe gerade eindrucksvoll gegenüber der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, wer die Spielregeln bestimmt.
Bartmann appellierte an die Ärzte, in ihren Vorstellungen zur Durchsetzung ihrer Forderungen realistisch zu
bleiben. Der kleine Teil der Bevölkerung,
der die ärztlichen Forderungen unterstützen würde, sei „keine erfolgversprechende Basis für die Durchsetzung von
Interessen einer ohnehin als privilegiert
angesehenen vergleichsweise kleinen Berufsgruppe in demokratischen Entscheidungsprozessen“.
Als zweites „Großprojekt“ auf dem
Ärztetag erwartete Bartmann die Novellierung der Weiterbildungsordnung, die
allerdings transparent für alle Beteiligten
auf einer elektronischen Plattform abgebildet wurde. Weiterer wichtiger Unterschied zur GOÄ: Ein großer Teil der Entwicklungsarbeit ist dezentral von Arbeitsgruppen unter freiwilliger Schirmherrschaft einzelner Ärztekammern entstanden, für Bartmann „möglicherweise
ein Modell für weitere zukünftige Projekte“.
Zum Gesundheitswesen im Land:
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Die Delegierten der Kammerversammlung am 18. Mai im Edmund-Christiani-Seminar.
Bartmann erwartet, dass Versorgungsthemen in nächster Zeit verstärkt auf die
Agenden rücken werden (siehe u. a. Bericht ab Seite 20). Nicht nur regionale Verantwortung, sondern auch Gestaltungskraft und Gestaltungswillen sieht
Bartmann für die Selbstverwaltung besonders beim Thema Delegation.
Bartmann ging auch auf die Probleme einzelner Regionen ein, genügend Ärzte für die nachgefragte Versorgung zu finden. „Es gibt Problemzonen in der Versorgung, in denen es sich
nicht um ein Mengen-, sondern um ein
Strukturproblem handelt. Entweder sind
die Strukturen ohnehin bereits von der
Wirklichkeit überholt oder sie sind nicht
mehr attraktiv genug für die junge, nachwachsende Arztgeneration.“ Die aber ist
vorhanden. Auch im vergangenen Jahr
ist die Zahl der Ärzte in Schleswig-Holstein wie berichtet noch einmal angestiegen. Der ärztliche Geschäftsführer
S A N IER U N G I M P L AN
Dr. Carsten Leffmann stellte die jüngsten Zahlen im Tätigkeitsbericht vor und
zeigte zugleich, dass der Zuwachs synchron zur bundesweiten Entwicklung
verläuft. Eine Entwicklung hob Leffmann besonders hervor: Der Anteil der
angestellten Ärzte in der ambulanten
Versorgung steigt noch immer deutlich
an (siehe Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 5/2016).
Auch Vizepräsident Dr. Henrik
Herrmann zeigte für die Weiterbildung
am Beispiel der Allgemeinmedizin, dass
beklagte Versorgungsprobleme nicht
pauschal auf fehlenden Nachwuchs zurückzuführen sind. So absolvieren inzwischen jährlich rund 75 junge Ärzte
ihre Facharztprüfung in der Allgemeinmedizin in Schleswig-Holstein, bei steigender Tendenz.
Fakt ist für Bartmann, dass es künftig weder möglich noch notwendig sein
wird, jeden frei werdenden Arztsitz neu
Der kaufmännische Geschäftsführer der Ärztekammer, Karsten Brandstetter, sorgte für
deutliches Aufatmen in der Kammerversammlung, als er über den aktuellen Stand der
Sanierungsarbeiten am Standort der Ärztekammer in der Bad Segeberger Bismarckallee berichtete. „Wir sind zeitlich und finanziell voll im Plan“, sagte Brandstetter. Dazu
hat auch die Witterung beigetragen, die im Winter einen weitgehend reibungslosen
Verlauf der Arbeiten begünstigte. Gestartet waren die Arbeiten in diesem Jahr zunächst
auf dem Außengelände und mit Abbrucharbeiten im Inneren des Gebäudes. Später
wurde der Gebäudekern freigelegt, der Eingang ab- und Zwischenwände herausgebrochen. Anschließend wurde das Gebäude eingerüstet und die komplette alte Fassade
entfernt – einschließlich des Schriftzuges „Ärztekammer“. Mauern für die neue Bürostruktur sind bereits eingezogen, im früheren Hörsaal konnte außerdem schon vor einigen Wochen der neue Boden gegossen werden.
Wenn weiterhin alles nach Plan verläuft, wird die Ärztekammer voraussichtlich im
Sommer 2017 vom derzeitigen Interimsstandort im Levo-Park in das sanierte Gebäude
zurückkehren können. Am 13. Juli 2016 ist zunächst das Richtfest geplant. Das finanzielle Volumen der Sanierung beträgt wie berichtet rund 6,4 Millionen Euro.
zu besetzen, und das völlig unabhängig
von der Zahl neuer Ärzte. Das vom Sozialministerium wie berichtet weiterhin verfolgte Modell des Docmobil ist
für Bartmann nach wie vor keine erfolgversprechende Lösung. „Wir favorisieren
ein kombiniertes Modell von Zentrenbildung mit der Betreuung in der häuslichen Umgebung, entweder durch den
virtuell zugeschalteten Hausarzt oder die
aufsuchende Betreuung chronisch Kranker durch Verahs, NÄPAs, Helvers oder
andere arztassoziierte Gesundheitsberufe, die sich eventuell in Zukunft noch herauskristallisieren werden.“
Beides hat unmittelbaren Bezug zu
der nach Bartmanns Auffassung „unaufhaltsamen“ Digitalisierung im Gesundheitswesen. Dafür hat der Kammerpräsident einen wichtigen Partner an seiner
Seite: den Landfrauenverband. Der startet hierzu eine Kampagne, zu deren Auftaktveranstaltung Bartmann am 13. September das Thema aufgreifen wird. Und
er verriet: „Darauf und auf die anschließende Tour durch die Landfrauengemeinde freue ich mich mehr als auf so
bestandene Prüfungen zum Facharzt für manch anderen Auftritt im politischen
Innere Medizin gab es Berlin.“ Die Kammerabgeordneten lud
2015 in Schleswig-Hol- er ein, an der Aufbruchsstimmung unter
stein. Auf Platz 2 folg- dem Motto „Wir lassen uns nicht abhänte die Allgemeinmegen“ mitzuwirken.
dizin mit 75 erfolgreiNeben den genannten gab es in der
chen Prüfungen. Mit
Kammerversammlung die turnusmäßiweitem Abstand folgen die weiteren Fägen Berichte über die vorläufigen Jahrescher Anästhesiologie
abschlüsse in der Ärztekammer und Ver(23), Orthopädie und sorgungseinrichtung sowie aus wichtiUnfallchirurgie (22),
Radiologie (18), Inne- gen Ressorts. Dr. Gisa Andresen (Fortbildung), Dr. Henrik Herrmann (Weire Medizin und Kardiologie (17), Neuroterbildung) und Dr. Thomas Schang
logie (16), Gastroen(Qualitätsmanagement) erhielten für
terologie (16), Fraudie Arbeit ihrer Ressorts große Zustimenheilkunde und Gemung.
burtshilfe (15) und
Dirk Schnack
Viszeralchirurgie (15).
81
1 6 // G E S U N D H E I T S P O L I T I K
J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
BEFRAGUNG
Gute Noten
für Kammer
Ehrenamtlich engagierte Ärzte bestätigen die
Kammer in ihrem Kurs. Die Mitglieder können
sich online an der Befragung beteiligen.
Ü
ber 100 in Gremien und Ausschüssen engagierte Ärztinnen
und Ärzte aus Schleswig-Holstein
haben der Ärztekammer Schleswig-Holstein bereits ein wertvolles Feedback zu ihrer Arbeit geliefert. Zu zahlreichen Fragen äußerten sich die Befragten mit überwiegend
konstruktiver Kritik. Ihre Beurteilungen machen zugleich deutlich, dass sie
mehrheitlich mit der bislang geleisteten
Arbeit sehr zufrieden sind. Nun hofft die
Kammer in Bad Segeberg, dass sich viele Mitglieder an einer gekürzten Version der Befragung über die Webseite der
Körperschaft (www.aeksh.de/umfrage)
online beteiligen.
Die wichtigsten bislang vorliegenden Ergebnisse, die aber nicht repräsentativ sind, stellte der ärztliche Geschäftsführer Dr. Carsten Leffmann in der
jüngsten Kammerversammlung vor. Danach scheint das Ziel, die Serviceorientierung zu erhöhen, erreicht – die Schulnoten eins oder zwei vergaben im Vergleich zu 2011 deutlich mehr Ärzte (siehe Grafik rechts). Die Erreichbarkeit der
Geschäftsstelle wird deutlich besser bewertet. Ebenfalls wichtig: Für die Kriterien Freundlichkeit, Fachkompetenz,
Bearbeitungszeitraum und Zwischenstand zum Bearbeitungsstatus vergeben die Ärzte durchweg sehr gute bis befriedigende Noten. Die Noten vier oder
schlechter sind Ausnahmen.
Auch den neuen Außenauftritt der
Ärztekammer bewerten die Ärzte mit
guten Noten (siehe Grafik unten). Logo,
Homepage und Ärzteblatt erhalten von
über zwei Drittel der Teilnehmer gute
oder sehr gute Bewertungen. Die Umgestaltung der Außendarstellung war nach
Meinung von 23 Prozent der Teilnehmer
überfällig, 58 Prozent halten sie für angemessen. Als „unnötig“ haben 18 Prozent der Teilnehmer die Umgestaltung
empfunden.
Auf die Frage „Kennen Sie im Vorstand und/oder in der Geschäftsstelle
Personen ausreichend gut, um Vertrau-
Serviceorientierung der
Ärztekammer
(in Schulnoten)
vor 5 Jahren
heute
1
2
3
4
5
6
en in die Kammerarbeit zu gewinnen?“,
antworteten 81 Prozent der Teilnehmer,
dass sie sich bestens oder gut aufgehoben fühlen. Die Arbeit der Ärztekammer
wird von 62 Prozent als transparent bewertet, aber immerhin ein Drittel hält sie
nicht für transparent – ein Wert, an dem
die Kammer, wie Leffmann versicherte, arbeiten wird. Die Verschlankung der
Gremienstruktur wird von 41 Prozent als
effektiv wahrgenommen, ein Drittel vergibt hier die Note befriedigend. Das Gefühl, dass nach der Verschlankung der
Gremien Themen nicht bearbeitet werden können, haben nur drei Prozent,
aber 26 Prozent nehmen dies teilweise und 33 Prozent selten wahr. Leffmann
appellierte in diesem Zusammenhang
an die Ärzte, der Kammer die Themen,
die nach ihrer Ansicht bearbeitet werden
sollten, zu melden – die Verschlankung
der Gremien sollte schließlich nicht
dazu führen, dass die gewünschten Themen ignoriert werden.
Einige Anregungen gab es auf die
Frage, welche Themen intensiver behandelt werden sollten. Hier wurden häufig
Themen aus der Weiterbildung genannt,
aber auch einige Punkte aus der allgemeinen Berufspolitik und vereinzelt das
Thema Ethik.
Trotz der unter dem Strich guten Beurteilung gab es auch negative Bewertungen und kritische Stimmen. Diese
reichten von „Transparenz nur auf Nachfrage“ bis zu „letztendlich bin ich in
der Ärztekammer, weil es vorgeschrieben ist“. Die Ärztekammer hofft, über
die kürzer gehaltene Online-Befragung
konstruktive Vorschläge für umsetzbare
Verbesserungen zu erhalten.
Dirk Schnack
Neuer Außenauftritt der Ärztekammer
Logo
Homepage
Ärzteblatt
sehr gut
mangelhaft
gut
befriedigend
ungenügend
ausreichend
G E S U N D H E I T S P O L I T I K // 1 7
AUS GA B E 6 | J U N I 2 0 1 6
QUALITÄT
Akzeptanz
unter Ärzten
Der CDU Wirtschaftsrat beschäftigte sich im Mai in Kiel mit unterschiedlichen Aspekten der medizinischen Qualität und informierte
sich bei Experten aus der Selbstverwaltung über Gesundheitspolitik.
D
ie KVSH-Vorsitzende Dr. Monika Schliffke stellte in ihrem Vortrag die zukünftige Ausrichtung
des Qualitätsberichtes in der ambulanten Medizin vor und gab zu
bedenken, dass Ärzte nicht alles,
was gute Qualität ausmacht, beeinflussen können. So habe der Arzt nur
begrenzten Einfluss darauf, wie Patienten mit ihrer Erkrankung umgehen. Dies
gelte in der Praxis in deutlich stärkerem
Maße als in der Klinik.
Nach Schliffkes Wahrnehmung sind
niedergelassene Ärzte aufgeschlossen
für Maßnahmen des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung, wenn
bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Schliffke zählte dazu:
u
Die Maßnahmen sollten nicht von
außen verordnet, sondern unter Einbeziehung der Ärzte erarbeitet werden.
u
Der Behandlungserfolg muss von
den Ärzten beeinflussbar sein.
u
Die Umsetzung muss bürokratiearm
erfolgen.
u
Es muss eine IT-Struktur für eine automatische Auswertung geschaffen
werden.
u
Die Indikatoren sollten regelmäßig
angepasst und evaluiert werden.
Ergebnisqualität und Qualitätsmanagement am Beispiel der Schleswiger Helios-Klinik stellte dessen Geschäftsführer Dr. John Friedrich Näthke vor. Näthke erläuterte, wie die Kliniken des privaten Betreibers die ohnehin
vorliegenden Abrechnungsdaten nutzen und gegenseitig transparent machen. Die Auswertung mit den Abweichungen zum bundesweiten Durchschnitt ist allen Kliniken zugänglich und
wird in jeder Station auch den Patienten
dargestellt, auch wenn eine Station unterdurchschnittlich abgeschnitten hat
und negative Ergebnisse nicht beeinflussen konnte.
Nach Näthkes Beobachtung stoßen die Maßnahmen bei Ärzten auf zunehmende Akzeptanz, „weil es nicht um
Schuldzuweisungen, sondern um Ana-
lysen zur Verbesserung“ geht. Allerdings
sieht auch Näthke die Aussagekraft begrenzt – schließlich endet die Datenerhebung mit dem Entlassungstag.
Dr. Johann Brunkhorst, Chef der
Techniker Krankenkasse in SchleswigHolstein, ging auf die Krankenhausplanung ein. Er appellierte in diesem Zusammenhang an die Politik, Mittel des
Strukturfonds nicht für das Überleben
von Einrichtungen, sondern für nachhaltige Strukturen zu verwenden. Für
Schleswig-Holstein stehen aus diesem
Fonds nach seinen Angaben 34 Millionen Euro zur Verfügung, die das Land
beantragen muss.
Otto Melchert, Vorstand der Lubinus Stiftung, warf einen kritischen Blick
auf das Krankenhausstrukturgesetz, das
nach seiner Wahrnehmung von der Politik „sehr gut verkauft“ wurde, inhaltlich den Krankenhäusern aber Probleme bereitet. Melchert erwartet, dass die
verschiedenen Maßnahmen in seinem
Haus zu einem Ertragseinbruch in Höhe
von 2,5 Millionen Euro führen werden,
immerhin rund fünf Prozent des Umsatzes in der Kieler Spezialklinik. Er
prognostizierte, dass das Gesetz – von
der Politik gewollt – zu einer stärkeren
Konzentration und Zentrenbildung, zu
einer Stärkung von Klinikverbünden,
allerdings auch zu mehr Qualität führen
wird. Sein Fazit: „Es stärkt die Krankenhäuser weniger als dass es sie restrukturiert.“ Folge werde ein „Aufrüsten im
Wettbewerb“ sein, innovationsbezogene Versorgungsstrategien werden damit
aber nicht befördert.
Dirk schnack
34 Mio €
stehen im Strukturfonds für Maßnahmen in SchleswigHolstein bereit. Beantragen muss sie das
Land im Einvernehmen mit den Krankenkassen. Insgesamt
befindet sich 1 Mrd. €
aus Liquiditätsreserven in dem Fonds, der
zur Hälfte aus dem
Gesundheitsfonds
und zur anderen
Hälfte aus den Ländern gespeist wird.
Anzeige
1 8 // G E S U N D H E I T S P O L I T I K
J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
TAG DER ALLGEMEINMEDIZIN
Reflexion und
Fortbildung
Tag der Allgemeinmedizin in Lübeck: Unter Ärzten fast schon etabliert,
aber nicht beim Praxisteam. Blick auf den Berufsstand und Workshops.
A
n dem Tag, an dem die „Bild“-Zeitung in großen Buchstaben über
den „Horrorberuf Hausarzt“ berichtete – 70 Stunden Arbeit pro
Woche, keine Chance, Nachfolger zu finden – trafen sich auf dem
Campus der Universität Lübeck
rund 100 Frauen und Männer, die diesen „Horrorjob“ gewählt haben: Der Tag
der Allgemeinmedizin 2016 gab Ärzteschaft, Studierenden und Medizinischen
Fachangestellten die Chance, den Stand
ihrer Berufe zu reflektieren und sich in
Workshops fortzubilden. „Es geht um
Dinge, die am Montag gleich umgesetzt
werden können“, sagte Prof. Jost Stein-
häuser, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der Universität Lübeck
und Gastgeber dieses zweiten Tages der
Allgemeinmedizin in Schleswig-Holstein. Die Premiere fand vor einem Jahr
in Kiel statt und den Staffelstab für 2017
übergab Steinhäuser wieder an Prof.
Hanna Kaduszkiewicz, die das Institut
für Allgemeinmedizin an der ChristianAlbrechts-Universität leitet.
„Wenn etwas zum zweiten Mal stattfindet, ist es bereits Tradition“ – diese
Weisheit aus Dithmarschen brachte Dr.
Monika Schliffke, Vorstandsvorsitzende
der Kassenärztlichen Vereinigung, mit.
Statt das Klagelied über die Probleme
der Landärzte anzustimmen, warb sie
dafür, die Probleme anzugehen. Dafür
stehe ein „Blumenstrauß von Maßnahmen“ zur Verfügung, angefangen von
den heute gut aufgestellten Instituten
für Allgemeinmedizin an den Unis bis
zu der Erkenntnis, dass die Allgemeinmedizin am besten den „ganzheitlichen
Blick auf den Patienten“ erlaubt, also genau das, was multimorbide Hochbetagte brauchen. Dieser Bewusstseinswandel
sei eine „Aufwertung des Berufsstandes,
ein Meilenstein“, so Schliffke. Der nächste Meilenstein sei das geplante Kompetenzzentrum für Allgemeinmedizin. Positiv: „Wir verhaken uns nicht, sondern
Fotos: EG
Uni-übergreifendes
Team: Der Lübecker
Prof. Jost Steinhäuser
überreichte der Kieler
Kollegin Prof. Hanna
Kaduszkiewicz den
Staffelstab – 2017 findet der Tag der Allgemeinmedizin wieder auf dem Campus
Kiel statt.
G E S U N D H E I T S P O L I T I K // 1 9
AUS GA B E 6 | J U N I 2 0 1 6
alle Seiten arbeiten zusammen.“
Diesen Bewusstseinswandel sprach
auch Prof. Jens-Martin Träder an, der
über Aktuelles aus der Lübecker Uniklinik berichtete: „Früher wollten die Studierenden am liebsten Neurochirurg
fürs linke Kleinhirn werden – je spezialisierter, desto besser.“ Das sei heute anders. So habe Lübeck heute 32 Nachwuchsmediziner im Praktischen Jahr:
„Mehr als jeder andere Standort bundesweit, aber wir schaffen das.“ Träder wies
darauf hin, dass Hochschulen zu Ende
2017 für 40 Prozent und mittelfristig sogar für alle Studierenden PJ-Plätze bieten müssten. Er sei daher dankbar für
jede Lehrpraxis und bat um weitere Anmeldungen, auch im eigenen Interesse:
„Die Studierenden sind begeistert, und
wenn es gelingt, sie während des Praktikums für den Hausarztberuf anzufixen, kriegt man sie am Ende voll und
ganz bekehrt.“ Dazu sei es aber notwendig, mehr Ärzte zu haben, die Prüfungen
zum Staatsexamen abnehmen; Workshops für angehende Prüfer gab es dann
auch im Seminarteil.
Eine klare Forderung brachte Institutsleiterin Kaduszkiewicz mit: „Wir
brauchen mehr Medizin-Studienplätze.“
Denn die Zahlen, die sie u. a. vom Statistischen Bundesamt erhalten hatte, sprachen für sich: Die Zahl der Ärzte ist bundesweit in den vergangenen 20 Jahren
deutlich um 56 Prozent auf nun 371.300
gestiegen, die Zahl der Studierenden
aber mit 80.000 Plätzen gleich geblieben. „Es gibt immer mehr Nischen für
die medizinische Tätigkeit und immer
mehr Teilzeitarbeitsplätze, der Mangel
muss eintreten“, so die Kieler Professorin. Das Problem: Universitäten scheuten sich, die Zahlen im Fachbereich Medizin zu erhöhen, immerhin gelten diese
Studienplätze – durch die Verknüpfung
mit den Uni-Kliniken – als besonders
teuer. Und in den ohnehin unterfinanzierten Lehrbetrieben sei es schwierig,
ausgerechnet die „reichen“ Mediziner
besserzustellen. Dennoch sei angesichts
des demografischen Wandels mit immer mehr Alten und Kranken eine Aufstockung dringend notwendig, wenn das
RO L L EN D E A R ZT P R AXI S
politische Ziel sei, die Bevölkerung flächendeckend medizinisch gut zu versorgen.
Für die Deutsche Gesellschaft für
Allgemeinmedizin und Familienmedizin (Degam) sprach Geschäftsführer Edmund Fröhlich. Rund 6200 Mitglieder hat der Verein bundesweit, allerdings nur 168 in Schleswig-Holstein – da
sei „noch Luft nach oben“, so Fröhlich.
Er betonte die Unabhängigkeit von der
Pharmazie als wichtige Leitlinie des Verbandes. Dass eine Praxis, gerade in der
hausärztlichen Versorgung, keine EinPersonen-Show, sondern eine Teamleistung ist, machte Dr. Katja Götz, Wissenschaftliche Koordinatorin der Veranstaltung, deutlich. Sie warb dafür, dass Praxen sich als „Forschungspraxen“ direkt
an der wissenschaftlichen Arbeit beteiligen. Der Vorteil: „Sie bestimmen mit,
was im Mittelpunkt der Untersuchung
steht, also genau die Fragen, die Sie interessieren und die Sie im Berufsalltag beschäftigen.“ Eine Forschungspraxis verpflichtet sich dazu, während der dreijährigen Laufzeit einmal an einem Projekt
mitzuarbeiten. Eine Person in der Praxis
– Mediziner oder Fachangestellte – wird
als Kontakt für die Uni auserkoren. Dafür wird eine „Study Nurse“ als zusätzliche Hilfe gestellt, auch Fortbildungen
sind Teil des Gesamtpakets.
Um Fortbildung ging es auch nach
den einführenden Vorträgen. Ein Thema dabei: der Umgang mit multiresistenten Erregern in der Hausarztpraxis.
„Ängste abbauen durch Wissen“, nannte Dr. Annegret Krenz-Weinreich, Leiterin der Krankenhaushygiene in der Sana-Klinik Lübeck, ihren Vortrag. Ihr
wichtigster Rat: „Hände desinfizieren,
um die Übertragungskette zu unterbrechen.“ Werde die Basis-Desinfektion
überall nach den Standards umgesetzt,
reiche das aus. Eine Isolation von Patienten, die mit einem multiresistenten Keim
aus dem Krankenhaus entlassen werden, sei nicht nötig und auch rechtlich
schwierig: „Wenn jemand im Pflegeheim
lebt, ist er dort Bewohner, nicht Patient,
und darf gar nicht isoliert werden.“ In
vielen Fällen sei es auch nicht zweckmä-
Zu Gast beim Tag der Allgemeinmedizin war die „Rollende Praxis“, ein Projekt des
Praxisnetzes Herzogtum Lauenburg e. V., der Universität Lübeck und der Bahn-Tochter DB Regio Bus, die den Wagen stellt (wir berichteten). Der Kleinbus mit integrierter
Untersuchungsliege soll in der Versorgung von Flüchtlingen eingesetzt werden. Letztlich gehe es aber darum, das Angebot nicht als Zusatz-, sondern als Regelleistung anzubieten, so Dr. Ulrich Berghof vom Praxisnetzwerk. Neben der aktuellen Hilfe gehe
es um eine Reihe von Forschungsfragen, so Jost Steinhäuser, dessen Institut das Projekt
evaluiert. Es geht teils um technische Details, etwa die sichere Datenübermittlung aus
dem Wagen heraus, aber auch um die Frage, wie eine mobile Praxis angenommen werde. „Flying Doctors“ werde Schleswig-Holstein auch auf lange Sicht nicht brauchen, so
Steinhäuser: „Nach internationalen Standards haben wir in Deutschland kaum echte
ländliche Räume.“ Dennoch: „Es gibt ja nur zwei Wege: Entweder bringen wir den Patienten zum Arzt oder den Arzt zum Patienten.“
Referentin Dr. Annegret Krenz-Weinreich
zeigte die Übertragungswege von Keimen.
ßig, die Keime komplett zu entfernen –
nur wenn ein neuerlicher Krankenhausaufenthalt anstehe, sei eine Keimreduktion notwendig.
Ebenfalls ein Thema, das immer
häufiger in Praxen auftaucht, ist der Umgang mit dementen Patienten. Über
Grundlagen und Auswirkungen der Demenz berichtete Dr. Karin Balzer, Juniorprofessorin in Lübeck. Was das für den
Alltag in der Praxis bedeutet, erläuterte Allgemeinmediziner Dr. Frank Niebuhr. Er riet dazu, sehr sorgsam mit der
fatalen Diagnose Demenz umzugehen:
„Wir Hausärzte sind das letzte Bollwerk.“
So sei es extrem wichtig abzuklären, ob
der verwirrt wirkende Patient nicht vielleicht unter einer Depression, Sucht
oder einer anderen organischen Krankheit leide. Sein Hinweis: „Oft bekommt
gar nicht der Arzt, sondern die Fachangestellte als erste mit, dass etwas nicht
stimmt.“ Es sei daher wichtig, Verfahren
zu entwickeln, um die Information innerhalb des Teams weiterzugeben.
Der „Tag der Allgemeinmedizin“
ist eigentlich eine Veranstaltung für das
ganze Praxisteam, aber beim ersten Treffen in Lübeck überwogen Ärzte. Und
ausgerechnet der Workshop, der unter
dem Motto „Prima Klima“ das Arbeiten
im Team verbessern soll, fiel aus – zu wenige Anmeldungen. Dennoch war Steinhäuser mit den rund 100 Interessierten zufrieden: „Immerhin findet der Tag
zum ersten Mal in Lübeck statt, das muss
wachsen.“
Esther Geisslinger
2 0 // G E S U N D H E I T S P O L I T I K
VERSORGUNG
Neu denken
und erproben
Was hilft bei der künftigen Versorgung? Eine Veranstaltung in
Flensburg suchte nach Lösungsansätzen für Stadt und Land.
Prof. Roland Trill
vom Institut für
eHealth und Management im Gesundheitswesen (IEMG) sucht
nach Wegen, wie die
medizinische Versorgung an der dänischen Grenze auch
künftig auf angemessenem Niveau gelingen kann.
burtshilfe. In diesem Bereich waren in
den vergangenen Jahren wie berichtet
mehrere Standorte in Schleswig-Holstein geschlossen worden.
Um die Probleme in den Griff zu bekommen, gibt es für Buck mehrere Ansätze. Helfen würden neben einem bundeseinheitlichen Basisfallwert, eine engere Zusammenarbeit und eine gesetzliche Grundlage für die Gewährung von
Sicherstellungszuschlägen für versorgungsrelevante Klinikstandorte auch
Maßnahmen zur Sicherung von Fachkräften und eine finanzielle Unterstützung von Maßnahmen, die einem Umoder Rückbau von Klinikstandorten dienen – dies wäre etwa mit Mitteln aus
dem Strukturfonds möglich. Außerdem
sollten nach Vorschlag Bucks neue Ver-
gütungsformen wie etwa Regionalbudgets ausgebaut werden.
Kooperativ und sektorenübergreifend: Diese von Buck genannten Stichworte sind auch für Dr. Christian Peters
Anforderungen, die an künftige Versorgungsmodelle gestellt werden müssen.
Der Anästhesist und Krankenhausdirektor des Flensburger Diakonissen-Krankenhauses ist erster Vorsitzender der Gesundheitsregion Nord. In der Veranstaltung empfahl er in Anlehnung an den
Sachverständigenrat zur Begutachtung
der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) ein abgestuftes Versorgungsmodell mit hausärztlicher und pflegerischer Versorgung an der Basis, fachärztliche Versorgungszentren an ausgewählten Standorten und Kliniken mit einem
Foto: DI
L
eistungskonzentrationen in abgestuften Versorgungsmodellen, verstärkter Einsatz von Telemedizin und realistische Anspruchshaltung der Patienten: Über diese
Wege kann auch in Zukunft die Gesundheitsversorgung in Stadt und
Land gelingen. Zumindest erhoffen sich
die Akteure in der Gesundheitsregion
Nord an der dänischen Grenze davon
Lösungsansätze, die in Flensburg und
in den angrenzenden Kreisen drohende
Versorgungslücken oder -probleme vermeiden helfen.
Deutlich wurde dies in Vorträgen
auf der Veranstaltung „Die Zukunft der
Gesundheitsversorgung in Stadt und
Land“, die am 20. Mai im Audimax der
Flensburger Fachhochschule (FH) stattfand. Auf Einladung der Organisation „FleGe“ (Flensburg und Gesundheit)
hatten sich Experten, aber auch Studierende eingefunden. Prof. Roland Trill
vom Institut für eHealth und Management im Gesundheitswesen an der FH
hatte das Ziel der Veranstalter skizziert:
Die Herausforderungen für die Versorgung benennen und zugleich Wege zum
Erhalt des unbestreitbar hochwertigen
Gesundheitswesens aufzeigen. Zugleich
sollten aber auch die unterschiedlichen
Sichtweisen, die zu diesem Thema auftreten, deutlich werden.
Eine Sichtweise, die unter Ärzten
umstritten ist, brachte Dr. Renée Buck
aus dem Kieler Gesundheitsministerium
ein: Sie stellte kurz das Modell der rollenden Praxis vor, das kürzlich im Herzogtum Lauenburg für die medizinische
Versorgung von Flüchtlingen gestartet
wurde. Während Buck hier zumindest
die „richtige Richtung“ erkennt, sind
Ärzte nach wie vor skeptisch, wie Kammerpräsident Dr. Franz Bartmann anschließend klarstellte. Buck war aber dafür, den Weg weiter zu erproben. Sie gab
aber auch zu bedenken: „Alle Modelle führen nicht dazu, dass es mehr Ärzte gibt.“
Buck gab zunächst einen Überblick
zur Entwicklung der Bevölkerung. Bis
2025 wird Schleswig-Holstein voraussichtlich an Bevölkerung verlieren. Zugleich ist zumindest unter Fachärzten
schon heute eine Konzentration an größeren Standorten zu beobachten. Dieser
Trend wird nach ihrer Ansicht anhalten
und sich zum Teil noch verstärken. Diese Leistungskonzentration ist aus ihrer
Sicht unumgänglich und wird mit einer
intensiveren Zusammenarbeit einhergehen müssen. Für die ambulante Medizin
müsse berücksicksichtigt werden, dass
immer mehr Ärzte nur eine begrenzte
Stundenzahl leisten wollen und die Präferenz für ein städtisches Umfeld unter
ihnen eher wächst.
Wie stark der Trend zur Leistungskonzentration im stationären Sektor bereits ist, zeigte Buck am Beispiel der Ge-
J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
G E S U N D H E I T S P O L I T I K // 2 1
AUS GA B E 6 | J U N I 2 0 1 6
ANzeige
aufeinander abgestimmten Leistungsangebot. Die beiden Flensburger Krankenhäuser setzen dies bereits um: Wie berichtet ergänzen die beiden benachbarten und früher konkurrierenden Kliniken unterschiedlicher Träger schon einige Jahren ihre Leistungsangebote und
stimmen sich ab. Fest steht für Peters,
dass berufsübergreifend über Lösungen
nachgedacht werden muss: „Ärzte allein
werden das Problem nicht lösen.“ Einbezogen werden muss nach seiner Ansicht
auf jeden Fall die Pflege. Modelle, die
rund um die derzeit noch vorherrschende Einzelpraxis aufbauen, sind nach seiner Meinung nicht zukunftsweisend,
weil die Zahl der Einzelpraxen deutlich
abnehmen wird.
Dr. Franz Bartmann, Präsident der
Ärztekammer Schleswig-Holstein und
bis vor kurzem ebenfalls Klinikarzt in
Flensburg, riet dazu, „Versorgung neu
zu denken“. Das heißt für ihn: Nicht für
jede medizinische Frage muss ein Arzt
im persönlichen Kontakt verfügbar sein.
Viele telemedizinische Modelle seien bereits in der Regelversorgung oder in Erprobung. „Riesenchancen“ sieht er etwa
in Online-Sprechstunden. Nach seiner
Überzeugung ist die Bevölkerung für
solche Modelle aufgeschlossen und oft
weiter als Standesvertreter oder die gesetzlichen Rahmenbedingungen. „Man
lebt zwar auf dem Dorf, aber nicht hinter
dem Mond“, beschrieb Bartmann diese Aufgeschlossenheit der Menschen in
ländlichen Regionen für technische Lösungen.
Wie stark das Interesse im Norden
an telemedizinischer Anwendung ist, bestätigt ihm einer der wichtigsten Partner,
die es in der Region gemessen am Organisationsgrad gibt: Die Landfrauen. In
mehreren Veranstaltungen wird Bartmann ab Herbst im Norden mit dieser
Organisation über Versorgungsmodelle
in der Fläche diskutieren.
Spannend wird sein, welche Anspruchshaltung dabei formuliert wird.
Denn nach Beobachtung von Armin
Tank, Leiter des Ersatzkassenverbandes in Schleswig-Holstein, hat die in den
vergangenen Jahren dazu beigetragen,
dass heute über einen Ärztemangel gesprochen wird – trotz steigender Arztzahlen und trotz rechnerischer Versorgungsgrade, die mit Unterversorgung
nichts zu tun haben. Neben der An-
spruchshaltung gibt es nach seiner Ansicht aber viele Faktoren, die die Versorgungsprobleme verstärken, etwa die Altersstruktur und die Morbiditätsentwicklung, die Spezialisierung der Ärzte
und deren Tendenz, lieber in Städten tätig zu werden. Nach seiner Ansicht wird
im Norden bereits viel unternommen,
um den Ansprüchen gerecht zu werden:
Zweigpraxen, finanzielle Anreize oder
Insellösungen wie das Arztzentrum in
kommunaler Trägerschaft in Büsum. In
der stationären Versorgung sieht er keinen Standort in Schleswig-Holstein, der
geschlossen werden sollte. Wohl aber
sollten Leistungen stärker konzentriert
werden, empfahl Tank: „Viele Operationen haben wir nur einmal im Leben. Da
ist ein weiterer Weg zu einer qualitativ
hochwertigen Versorgung durchaus zumutbar.“ Zugleich erinnerte Tank daran,
dass die Diskussion über die drohenden
Versorgungsprobleme in Deutschland
nicht darüber hinweg täuschen darf, dass
Versorgung auf einem vergleichbar hohen Niveau weiterhin geleistet wird – gerechtfertigt sei die Diskussion aber dennoch.
dirk schnack
IEMG
Das Institut für
eHealth und Management im Gesundheitswesen (IEMG) wurde
2013 am Fachbereich
Wirtschaft der Hochschule Flensburg gegründet. Neben dem
Schwerpunkt Krankenhausmanagement
wird am Institut der
Master- Studiengang
eHealth (MA) angeboten. Im Jahr 2007
war der Masterstudiengang in Deutschland das erste Studienangebot in diesem
Bereich.
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J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
AUGENÄRZTE
Nachwuchs hat
klare Priorität
66. Tagung der Vereinigung Norddeutscher Augenärzte in Bad
Segeberg. Neben medizinischen Themen gab es auch Berufspolitik.
W
Augenärztin und Patientin: Der Trend geht in der ambulanten Versorgung immer stärker zu größeren Verbünden mit angestellten Ärzten. Kliniken und Praxen konkurrieren um den Nachwuchs.
noch weiterhin auch Platz für die klassische Einzel- oder Gemeinschaftspraxis in der Augenheilkunde. Bedarf besteht nach seiner Ansicht sowohl für die
meist operativ tätigen größeren Verbünde als auch für die konservativ tätigen
Augenärzte. Nach Angaben des in Hamburg angestellten Augenarztes Dr. Christian Wolfram sind derzeit sogar noch
über 44 Prozent der ambulant tätigen
Augenärzte in Einzelpraxen tätig. Allerdings erwartet der CDU-Politiker Thomas Stritzl, Mitglied des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages, dass die Zahl der Verbünde weiter
wächst. Diese Konzentration sei sinnvoll und in Maßen auch zumutbar, sagte Stritzl in der Podiumsdiskussion mit
den Augenärzten. Er und der Chef des
schleswig-holsteinischen Ersatzkassenverbandes, Armin Tank, halten die weiteren Wege für die Bevölkerung für gerechtfertigt, wenn damit die Qualität der
Versorgung steigt und die Versorgung in
der Fläche weiterhin funktioniert.
Keine Lösung ist nach Ansicht von
KVSH-Vorstandsvize Dr. rer. nat. Ralph
Ennenbach die bloße Erhöhung der Zahl
von Medizinstudienplätzen, um sowohl
den ambulanten als auch den stationären Bereich mit mehr Augenärzten auszustatten. Er gab zu bedenken, dass der
Ärztezahl voraussichtlich keine erhöhte Gesamtvergütung folgen wird: „Wir
müssten den Kuchen an mehr Ärzte verteilen“, sagte Ennenbach. Zugleich verwies er auf Fachgruppen wie etwa Nervenärzte, bei denen ein deutlich größerer
Bedarf herrscht. Tank argumentierte mit
Mal traf sich die Verden Bedarfszahlen, die derzeit keinen
einigung Norddeutscher Augenärzte bis- Mangel erkennen lassen. Rein rechnerisch ist der Norden gut versorgt.
lang. Rund 350 TeilDie Augenärzte erwarten allerdings
nehmer kamen am
letzten Mai-Wochen- deutlich steigenden Bedarf. Wolfram
ende zur Veranstalpräsentierte Zahlen aus dem jüngsten
tung nach Bad SegeWeißbuch zur Situation der ophthalmoberg, die der dort tälogischen Versorgung in Deutschland,
tige Augenarzt Dr.
Bernhard Bambas or- wonach die Nachfrage nach augenärztganisert hatte. Erstlichen Leistungen in den kommenden
mals war neben meJahren erheblich ansteigen wird. Grund
dizinsichen Themen
auch eine berufspoliti- ist u. a. die Alterung der Bevölkerung.
Unterstützung, aber keine Lösung sieht
sche Diskussionsrunde im Programm.
Wolfram im technischen Fortschritt.
dirk Schnack
66
Foto: BVA
ie sieht die augenärztliche Versorgung in Deutschland im
Jahr 2030 aus? Wie gelingt es,
den ärztlichen Nachwuchs für
die Augenheilkunde zu gewinnen? Dies waren Fragen,
mit denen sich Augenärzte aus
ganz Norddeutschland am Auftakttag
ihrer Veranstaltung am 27. Mai auseinandersetzten. Deutlich wurde, dass der
ambulante und stationäre Bereich zunehmend um den Nachwuchs konkurrieren. Der setzt, das zeigte die Podiumsdiskussion, inzwischen eine klare Priorität für die Anstellung. Dabei schneidet der ambulante Bereich oft besser ab
als der stationäre. Insbesondere die in
den Praxen nicht anfallenden Dienste
am Wochenende sind hierbei ein deutliches Plus.
Prof. Johann Roider, Vorsitzender
der Vereinigung und Direktor der Kieler Klinik für Ophthalmologie, beobachtet seit einiger Zeit den Trend, dass junge
Augenärzte in den ambulanten Bereich
streben. Verstärkt worden sei die Entwicklung durch den Trend, sich in größeren Praxisverbünden anstellen zu lassen. Damit entfällt für die jungen Ärzte die Notwendigkeit, mit dem Abschied
aus der Klinik zugleich wirtschaftliche
Verantwortung für eine eigene Praxis
übernehmen zu müssen.
Die Entwicklung sorgt zwar dafür, dass junge Ärzte in die ambulante Versorgung gehen, zugleich verstärkt
sich aber der Trend zu größeren Einheiten, wie dies auch in Schleswig-Holstein schon seit einigen Jahren zu beobachten ist. Augenärzte verwiesen in der
Diskussion darauf, dass selbst die an der
Übernahme eines Kassenarztsitzes interessierten Ärzte oft bei den von den großen Verbünden gebotenen Preisen nicht
mithalten können.
Der Trend zu größeren Einheiten
wird nach Überzeugung von Prof. Bernd
Bertram noch zunehmen. Der erste Vorsitzende des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands (BVA) sieht den-
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AUS GA B E 6 | J U N I 2 0 1 6
PFLEGE
Fotos: DI
G
emessen an ihrem Beitrag zur Gesundheitsversorgung der Bevölkerung ist das politische Gewicht der
Gesundheits- und Krankenpflege
nach Ansicht von Margaret Chan,
Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation WHO „nirgends“ angemessen. „Sie ist eine schlafende Riesin“, sagt Chan über die Pflege. In Deutschland hat die Berufsgruppe zumindest am Internationalen Tag
der Pflege auf sich und ihre Arbeitsbedingungen aufmerksam gemacht. Rund
160.000 Stellen fehlen derzeit nach Angaben von Verbänden in der Pflege in
Deutschland insgesamt. Folgen sind Arbeitsverdichtung, höhere Arbeitsbelastung und das Gefühl, dem eigenen und
dem Anspruch der Pflegebedürftigen
und ihrer Angehörigen nicht gerecht
werden zu können.
Auch in Schleswig-Holstein gab es
an diesem Tag eine Reihe von Veranstaltungen zum Thema. Auf dem am gleichen Tag veranstalteten Landespflegekongress in Kiel etwa war von einem
„Drahtseilakt“ im beruflichen Alltag die
Rede – dieser erfordere ein ständiges Abwägen und Entscheiden, um unter den
herrschenden Rahmenbedingungen arbeiten zu können, hieß es. SchleswigHolsteins Sozialministerin Kristin Alheit, unter deren Schirmherrschaft der
Kongress stattfand, nannte Punkte, die
nach ihrer Einschätzung schon zu einer
Verbesserung der Rahmenbedingungen
beigetragen haben: das Projekt zur Entbürokratisierung der Pflege, die Gründung der Pflegekammer als Selbstvertretung der Pflegenden und die Einführung
der kostenlosen Ausbildung für Schüler der Altenpflege. Jutta Schümann, Organisatorin des Kongresses, hob auf die
wichtige Rolle der Pflegekräfte im System ab. Damit diese ihren Auftrag erfüllen können, „sollten alle Pflegekräfte die
Entwicklung der eigenen Widerstandsfähigkeit an die erste Stelle setzen und sich
aktiv und machtvoll in die gesellschaftspolitischen Entwicklungen und Planungen einbringen“, sagte die frühere SPDLandtagsabgeordnete Schümann.
Zugleich demonstrierten in Lübeck
und Kiel einige hundert Pflegemitarbeiter für bessere Arbeitsbedingungen. Die
Gewerkschaft ver.di hatte die Demonstrationen in diesen beiden Städten sowie in Schwerin und Rostock organisiert,
weil nach ihrer Einschätzung die Situation in den Bundesländern SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern „besonders prekär“ ist. Die Gewerkschaft mobilisierte insgesamt rund
1.000 Menschen, die meisten von ihnen
gingen in Kiel auf die Straße. Auf den
Kundgebungen zeigten sie symbolische
Protest gegen
Drahtseilakt
Zahlreiche Aktionen zum Internationalen
Tag der Pflege. Akteure kritisieren Spagat
zwischen fachlichem Anspruch und
wirtschaftlichem Druck. Gewerkschaft
organisierte Demonstrationen.
In Kiel demonstrierten am
Tag der Pflege mehrere hundert Menschen für bessere
Arbeitsbedingungen.
Überstundenberge, um den nach ihrer
Meinung dramatischen Personalmangel
sichtbar zu machen. Laut ver.di wurden
bundesweit 35,7 Millionen Überstunden
in Krankenhäusern und Pflegeheimen
angehäuft, dies entspreche 17.800 Vollzeitstellen in der Pflege. Für SchleswigHolstein nennt die Gewerkschaft rund
eine Million Überstunden, was 600 Vollzeitstellen entspricht. Allein für das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
am Campus Lübeck nennt ver.di 22.000
Überstunden. Insgesamt fehlen in den
Krankenhäusern und Pflegeheimen im
Land laut ver.di aber 5.200 Vollzeitstellen. Zum Vergleich: Das Pflegeförderprogramm bringt rund 200 Stellen. Als
„komplett unzureichend und an der Realität tausender Pflegekräfte im Norden
vorbeigehend“ bezeichnete Steffen Kühhirt vom ver.di Landesbezirk Nord das
Förderprogramm.
Auf der Kieler Kundgebung wurde die Politik scharf angegriffen, weil sie
nach Meinung von Wortführern „keine
Antwort“ auf die aktuellen Probleme liefert und „neoliberalen Ideen“ zur Umsetzung verholfen habe. Auch die von
Alheit angeführte Gründung der Pflegekammer wurde erneut angegriffen. Im
Mittelpunkt der Kritik stand in Kiel aber
die marktwirtschaftliche Orientierung
des Gesundheitswesens. Diese habe u. a.
dazu geführt, dass Konzerne heute Pflegeketten betreiben können, die mit ihren Einrichtungen Profit erwirtschaften
und zugleich viele Pflegekräfte ohne Tarifvertrag beschäftigen. Statt die Pflege
„dem Markt zu überlassen“, sollte sich die
Politik um die Personalbemessung kümmern, hieß es. Die geforderten Personalbemessungsschlüssel sollen verhindern,
dass die Zahl der zu Pflegenden je Pflegekraft weiter gesteigert wird. Die Bemessungsschlüssel müssten finanziert
und die Einhaltung kontrolliert werden.
Um den Zustand insgesamt zu verbessern, seien „Milliardeninvestitionen“
in die Pflege erforderlich. Diese wünschen sich die Organisatoren aber nicht
von privater Seite, sondern aus Steuermitteln. „Den Markt zurückdrängen,
mehr Solidarität“ – für diese Losung erhofft sich die Gewerkschaft ein stärkeres Engagement der Pflegekräfte selbst:
„Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir auch selbst etwas tun. Die Bedingungen sind auch so, weil wir es zugelassen haben“, appellierten sie an die Pflegekräfte.
Die informierten bei ihrer Protestveranstaltung auch zahlreiche Passanten
in der Innenstadt. Zumindest am Tag der
Pflege erhielten sie für ihre Forderungen
auch Rückendeckung.
dirk Schnack
2 4 // G E S U N D H E I T S P O L I T I K
J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
PRAXISMODELLE
Ärzte setzen auf
Kooperationen
Anzahl der Ärzte in den jeweiligen Praxisformen
Q1 2009
Q4 2014
Zu- und Abwanderung zur/von der Einzelpraxis zu/von anderen Praxisformen seit dem ersten Quartal
2009 bis zum vierten Quartal 2014.
ZUWANDERUNG ZU EP
ABWANDERUNG VON EP
DIFFERENZ
BAG
+ 126
-133
-7
MVZ
+ 13
- 48
-35
+ 487
- 499
-12
außerhalb der KV
D
ie Zahlen sind eindeutig: Ärzte, die im ambulanten Bereich arbeiten oder sich für eine Tätigkeit
in diesem Bereich interessieren,
wählen immer häufiger die Alternative, bei der sie im Team mit
mehreren Kollegen gemeinsam
arbeiten können. Der klassische „Einzelkämpfer“ – besonders in ländlichen Regionen heute noch immer die tragende Säule der ambulanten Versorgung –
wird in öffentlichen Diskussionsrunden
von Akteuren aus der Gesundheitspolitik sogar schon als „Auslaufmodell“ bezeichnet.
Ob diese Prognose zutrifft, lässt sich
heute noch nicht abschätzen. Fest steht
aber, dass die unbestreitbaren Vorteile der Einzelpraxis insbesondere die jüngeren Ärzte immer seltener überzeugen. Die jüngst von der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
(KVSH) vorgelegten Zahlen über Einzelpraxen, Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) und Medizinische Versorgunsgzentren (MVZ) unterstreichen diese Entwicklung. Per Saldo hat
die Einzelpraxis mehr Ärzte an die beiden anderen Organisationsformen in
der ambulanten Versorgung verloren
als gewonnen, allerdings sind die Wanderungsbewegungen auch nicht so dramatisch, dass sich damit die Feststellung vom „Auslaufmodell“ schon belegen lässt.
Aussagen junger Ärzte zeigen aber,
dass diese Entwicklung weitergehen
wird. Ein Beispiel: Das kommunale Ärztezentrum in Büsum arbeitet heute mit
sieben Ärzten inklusive eines Weiterbildungsassistenten. Vier dieser Ärzte waren über Jahrzehnte im gleichen Haus in
getrennten Einzelpraxen tätig und hatten neben der gemeinsam genutzten Immobilie kaum Berührungspunkte in ihrer täglichen praktischen Arbeit. Für
ihre Kassenarztsitze und ihre Praxen
fanden sich trotz umfangreicher Bemühungen und trotz ausreichender Patientenzahlen – die zu einer soliden wirtschaftlichen Grundlage führten – keine
Interessenten, die sie in dieser Organisa-
Grafik: Manfred Jaspers, KVSH
Der Trend zur Zusammenarbeit in der ambulanten Medizin setzt sich
fort. Immer mehr Ärzte interessieren sich für die Arbeit im Team.
G E S U N D H E I T S P O L I T I K // 2 5
AUS GA B E 6 | J U N I 2 0 1 6
tionsform weiterführen wollten.
Neben dem Standort an der Nordsee, den manche Ärzte als zu weit abgelegen von größeren Städten empfinden
und dem Partner möglicherweise die Suche nach einer Beschäftigung erschweren könnte, wurden immer wieder zwei
Punkte als Grund für das mangelnde Interesse genannt: Das wirtschaftliche Risiko als Praxisinhaber und die fehlende Möglichkeit der Teamarbeit. Wer diese Punkte als Nachteil empfindet, scheut
die Übernahme einer Einzelpraxis. Offensichtlich traf dies für Büsum zu.
In dieser Situation entschloss sich
die Gemeinde Büsum wie berichtet zu
einem Modell, das die Arztsitze auch
rechtlich in einer Einrichtung zusammenführte. Damit ließ sich aus getrennten Praxen ein aus einer Hand geführtes
Ärztezentrum entwickeln. Der mit dem
Management dieser Einrichtung beauftragten Ärztegenossenschaft Nord eröffneten sich damit neue Möglichkeiten bei der Gewinnung neuer Ärzte.
Weil der Kassenarztsitz nun beim Träger liegt, müssen junge Ärzte diese nicht
vom Vorgänger erwerben und damit
auch kein wirtschaftliches Risiko eingehen. Mindestens genauso entscheidend
ist aber die Tatsache, dass der Praxisbetrieb in Büsum nun als Ganzes organisiert wird und die Ärzte und ihre Mitarbeiter sich regelmäßig abstimmen und
austauschen können – das fördert nicht
nur die Arbeitszufriedenheit, sondern
entlastet auch etwa durch gegenseitige
Vertretungsmöglichkeiten. Die beiden
inzwischen zusätzlich gewonnenen Ärztinnen hatten bereits signalisiert, dass
sie unter den früheren Umständen wohl
nicht in Büsum eingestiegen wären. Dass
auch erfahrene Ärzte in der Kooperation
einen Gewinn sehen, zeigt die Tatsache,
dass vier von ihnen auch ein Jahr nach
der Umwandlung noch immer als Angestellte in dem Zentrum tätig sind.
Klar ist aber auch: Büsum bleibt als
kommunal getragenes Ärztezentrum
ein Exot, Nachahmer für diese besondere Konstellation wird es nur in Einzelfällen geben. Der Trend zur ärztlichen Kooperation dagegen wird auf breiter Fläche zunehmen.
Vor der Zusammenarbeit im Praxisteam und vor der Entscheidung für ein
Kooperationsmodell nehmen viele Ärzte Rat von Kollegen an und lassen sich
von deren Erfahrungen leiten. Diesen
Gedanken greift auch das Trainee-Programm der KVSH für Ärzte in Weiterbildung zum Facharzt auf (Termin: siehe
Kasten unten). Hier berichten Ärzte von
ihren ganz persönlichen Erfahrungen in
der Kooperation – inklusive Fehler und
Hürden, die die jungen Kollegen vermeiden könnten. Sie erfahren, weshalb
sie sich ausgerechnet für den ausgewählten Partner entschieden haben, in welcher Situation die Niederlassung sinnvoll war und vor allem, warum die jeweilige Kooperationsform für sie die richtige war. Denn zwischen einer Kooperation im Zweierteam an einem Standort
und der Zusammenarbeit mit zehn oder
mehr Kollegen an Standorten in ganz
Schleswig-Holstein sind heute zahlreiche Varianten der Kooperation denkbar,
rechtlich möglich und auch praktisch
umsetzbar. Bevor dabei Fehler gemacht
werden, soll das Traineeprogramm den
Weiterbildungsassistenten Fallstricke
deutlich machen und zeigen, welche Lösungen es dafür gibt.
Zurück zur Ausgangsfrage nach
der künftigen Struktur der ambulanten
Versorgung: Die Aussagen, ob es künftig noch Einzelpraxen und Zentren mit
Ärzteams nebeneinander geben wird,
sind widersprüchlich. Ausschlaggebend
wird am Ende sein, welche Rahmenbedingungen der Gesetzgeber schafft und
welche Strukturen die besseren Bedingungen für die jetzt in Weiterbildung befindlichen Ärzte bieten.
Dirk Schnack
Foto: Privat
A L L E KO O P ER AT I O NSMO DE L L E AN E I NE M TAG
Junge Ärzte wollen im Team arbeiten – aber welche Kooperation in der ambulanten
Versorgung ist die richtige? Mit dieser Frage beschäftigt sich das nächste Trainee-Programm der KV Schleswig-Holstein für Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung. Drei
niedergelassene Ärzte aus Schleswig-Holstein werden den jungen Kollegen aus erster
Hand berichten, warum sie sich für welche Praxisform entschieden und welche Erfahrungen sie damit gesammelt haben. Die Vielfalt der Kooperationsmöglichkeiten und
und ihre Vor- und Nachteile wird der Geschäftsführer der Ärztegenossenschaft Nord,
Thomas Rampoldt, schildern. Für die Teilnahme erhalten Ärzte sieben Fortbildungspunkte. Die wichtigsten Daten des kostenfreien Programms:
Freitag, 8. Juli 2016, von 10 bis 15 Uhr,
in der Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung
(Esmarchstraße 4, 23795 Bad Segeberg)
Anmeldung per E-Mail: [email protected]
Wie immer wird ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, um mit den Referentinnen
und Referenten ins Gespräch zu kommen und Fragen zu stellen. Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung aller Fachrichtungen sind herzlich willkommen, für Verpflegung ist
gesorgt.
INTERVIEW
„Zusammenarbeit hat Priorität“
Bianca Hartz von der
Niederlassungsberatung der KVSH: Junge Ärzte interessieren
sich besonders für
Kooperationen.
SHÄ: Warum beschäftigt sich die KVSH im Trainee-Programm für Ärzte in Weiterbildung mit dem Thema Kooperationen?
Bianca Hartz: Auf den bisherigen Veranstaltungen des
Traineeprogramms ist immer wieder deutlich geworden, dass
viele junge Ärzte dieses Thema beschäftigt. Die Möglichkeiten
der Zusammenarbeit haben sich ja auch enorm erweitert. Es
gibt unterschiedliche Varianten im Team zu arbeiten und sich
in der ambulanten Versorgung einzubringen. Diese Möglichkeit wollen wir am 8. Juli darstellen und den jungen Ärzten die
jeweiligen Vor- und Nachteile aufzeigen.
Die beliebteste Praxisform in Schleswig-Holstein ist aber
immer noch die Einzelpraxis...
Hartz: Vielleicht nicht die beliebteste Praxisform, aber
momentan noch die häufigste. Allerdings ist ein Trend zur
Kooperation und Konzentration zu beobachten. Einzelpraxen
werden häufig als Zweigpraxis einer größeren BAG oder eines
MVZ fortgeführt, d. h. mit angestellten Ärzten. Insbesondere auf dem Land haben die bisherigen Praxisinhaber zuvor oft
ergebnislos einen Nachfolger gesucht. Für die Anstellung finden sich dann eher Ärzte, so dass allein deswegen davon auszugehen ist, dass viele junge Ärzte zumindest für den Einstieg
in die ambulante Versorgung eine Anstellung bevorzugen. Es
gibt allerdings auch Ärzte, die sich gezielt in Einzelpraxis niederlassen wollen, weil sie aus Krankenhausstrukturen quasi
flüchten und endlich selbstbestimmt arbeiten wollen.
Woran machen Sie den Trend zur Kooperation fest?
Hartz: An den Zahlen, die uns vorliegen, und an den Gesprächen mit den Ärzten, die sich für eine Tätigkeit in der
Niederlassung interessieren. Aus unseren Terminen in der
Niederlassungsberatung wissen wir, dass die Zusammenarbeit mit anderen Ärzten heute Priorität hat. Wir merken auch,
dass vielen die Bedeutung, die der Schritt in die Kooperation hat, bewusst ist und die Partner sehr sorgfältig ausgesucht
werden.
Da gibt es aber jede Menge Stolpersteine. Ein netter Kollege
muss ja nicht zwangsläufig ein guter Praxispartner sein...
Hartz: Das war schon immer so und führt immer wieder dazu, dass sich BAGs auflösen bzw. neu zusammen setzen. Da kann durch vertragliche Regelungen vorgesorgt werden. Wichtig ist, sich vorab gut zu informieren und nichts hilft
besser als der Austausch mit Kollegen. Deshalb haben wir im
Traineeprogramm Möglichkeiten dafür geschaffen. Auch für
diese Veranstaltung konnten wir wieder Vertragsärzte gewinnen, die über ihre Erfahrungen berichten werden: Dr. Bernhard Bambas wird erzählen, wie er schon seit Jahrzehnten gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Augenarztpraxis führt. Dr.
Julia Holle ist erst seit diesem Jahr niedergelassen und kann
ganz frische Erfahrungen aus den ersten Monaten mit ihrem
früheren Klinikkollegen beisteuern und Dr. Christian Büll hat
an der Etablierung und am stetigen Ausbau des ortsübergreifenden Orthopädie-Verbundes MedBaltic entscheidenden
Anteil gehabt – das sind Erfahrungen, die für die jungen Ärzte
sehr wertvoll sind. Interview: Dirk Schnack
2 6 // I M N O R D E N
J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
FLÜCHTLINGE
Helfer im
Einsatz
Foto: UKSH
Freiwilligenteam des UKSH untersucht
10.000. Flüchtling in Neumünster.
I M N O R D E N // 2 7
AUS GA B E 6 | J U N I 2 0 1 6
A
nfang Mai hatte das Freiwilligenteam des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH)
10.000 Flüchtlinge in der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung
Neumünster untersucht. Das
Team besteht aus über 60 Ärzten,
Pflegekräften, Dolmetschern, Verwaltungsmitarbeitern und Schülerinnen der
UKSH-Akademie. Hinzu kommen noch
einmal mehr als 2.000 untersuchte Menschen während der inzwischen beendeten Einsätze des Teams in den Einrichtungen in Albersdorf und Rendsburg.
Unter Koordination von PD Dr. JanThorsten Gräsner, Direktor des campusübergreifenden Instituts für Rettungs- und Notfallmedizin (IRUN), hatte das UKSH Mitte vergangenen Jahres
seine Hilfe bei der verpflichtenden Erstuntersuchung von Zuwanderern angeboten und in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Albersdorf, Rendsburg und
Neumünster eine Infrastruktur zur ärztlichen Untersuchung und Versorgung
geschaffen. Leiter des Bereichs Flüchtlingshilfe im IRUN ist Oberarzt Dr. Daniel Bläser. Er beobachtet auch Monate nach dem Start noch „ungebrochenes Engagement“ unter den freiwilligen
Helfern. Eine „gute Erfahrung“ nennt er
auch die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der in Neumünster eingesetzten Kräfte des Deutschen Roten Kreuzes, mit den umliegenden Krankenhäusern und Praxen, den Behörden und
den zahlreichen ehrenamtlichen Helfern. Derzeit untersuchen und versorgen die Mitarbeiter in Neumünster rund
30 Personen pro Tag. „Wir sind aber in
der Lage, unsere Kapazitäten bei Bedarf
kurzfristig wieder zu erhöhen“, sagt Bläser.
Die körperliche Untersuchung ist
nach dem Asylverfahrensgesetz für neu
ankommende Flüchtlinge vorgeschrieben und Teil der Erstaufnahmeregistrierung. Dazu führt das ärztliche und pflegerische Freiwilligenteam mit der Unterstützung von Dolmetschern zunächst
ein mündliches Anamnesegespräch. Anschließend erfolgt eine standardisierte
körperliche Untersuchung mit dem Fokus auf chronische und akute Erkrankungen sowie Infektionskrankheiten.
Teil der Untersuchung ist u. a. eine Überprüfung des Impfstatus und bei Bedarf
eine Impfung nach den Empfehlungen
der STIKO. Nach den gesetzlichen Vorgaben wird zudem bei allen Flüchtlingen
ab 16 Jahre eine Röntgen-Thorax-Untersuchung durchgeführt, wodurch sich z.
B. Tuberkuloseerkrankungen ausschließen lassen.
Hierzu war es notwendig, zwei Röntgencontainer in der Erstaufnahmeeinrichtung in Neumünster aufzustellen,
die von der Klinik für Radiologie und
Neuroradiologie des Kieler UKSH teleradiologisch betrieben werden. Die vor
Ort angefertigten Bilder werden über
eine Datenleitung in die Klinik gesendet und dort von den Klinikärzten befundet. Die Diagnosen werden anschließend an die Ärzte in der Erstaufnahmeeinrichtung zurückgeschickt. Zu Spitzenzeiten wurden auf diesem Weg bis zu
400 Diagnosen pro Tag erstellt, derzeit
werden rund 20 bis 30 Untersuchungen
durchgeführt.
UKSH-Vorstandschef Prof. Jens
Scholz sieht in der Hilfs- und Einsatzbereitschaft seiner Mitarbeiter ein „beeindruckendes Zeichen der Weltoffenheit unseres UKSH“. Scholz kündigte an, „ jede Anstrengung“ zu unternehmen, „um eine menschenwürdige medizinische Versorgung für alle, die nach
Schleswig-Holstein kommen, auch weiterhin sicherzustellen“.
Neben solchen Meldungen über erfolgreiche Modelle zur Flüchtlingsversorgung gab es in jüngster Zeit aber auch
Kritik. So berichtete etwa der Arbeitskreis „Ärzte und Juristen“ in der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
(AWMF) vor Kurzem in Würzburg, dass
das medizinische Personal derzeit mehr
leistet, als es das deutsche Gesundheitssystem von Rechts wegen vorsieht und
vergütet. „Derzeit existiert viel anekdotische Erfahrung, aber wenig systematische Information; der Föderalismus ist
dabei ein großes Problem“, sagte in diesem Rahmen die Leiterin des Gesundheitsamtes der Stadt Köln, Anne Bunte.
Nach ihren Angaben sind rund 70 Prozent der dort inzwischen über 12.000 untersuchten Flüchtlinge gesund. „Das Bild
nach der Erstaufnahme ist sehr bunt –
einige Menschen sehen aus wie Touristen, anderen sind die Strapazen einer beschwerlichen Flucht deutlich anzusehen“, sagte sie. Zwar hätten die Fallzahlen an Tuberkulose, Hepatitis B und
C mit dem Flüchtlingsstrom zugenommen, eine weitere Verbreitung hält sie
aber für vermeidbar.
Dr. Amand Führer von der Universität Halle bezeichnete die aktuelle Situation als „Stresstest für unser Gesundheitswesen“. Oft schicken Praxen und Kliniken die Patienten nach Wahrnehmung
der Experten auf „Irrwege durch die Institutionen, weil Strukturen fehlen, zumal eine Diagnose nicht immer auch zur
notwendigen Therapie führt“, wie es in
Würzburg hieß. „Das ist ethisch durchaus fragwürdig“, sagte Bunte. An den
Schnittstellen gingen zudem viele Informationen verloren.
Prof. Winfried Kluth aus Halle
sprach sich auf der Tagung für einen Negativkatalog aus, um den Leistungsanspruch in der Gesundheitsversorgung
für Flüchtlinge transparenter zu machen.
Dies sei einfacher zu handhaben als eine
umfangreiche Liste mit erlaubten Leistungen. (PM/RED)
KURZ NOTIERT
Zehn Jahre Hilfe für PflegeNotTelefon
Seit zehn Jahren ermöglicht die Stiftung Pflegebrücke die persönliche Beratung am PflegeNotTelefon Schleswig-Holstein
rund um die Uhr. Zum Jubiläum bedankte sich auch Landessozialministerin Kristin Alheit für das nach ihrer Wahrnehmung „bemerkenswerte Engagement“ der Stiftung, die damit eine Beratung auch außerhalb der Bürozeiten von Einrichtungen wie etwa den Pflegestützpunkten ermöglicht. Das PflegeNotTelefon bietet schon seit 1999 unter der landesweiten Telefonnummer 01802 494847 Beratung, Begleitung, Hilfe und
Vermittlung zu allen Fragen der Pflege an und arbeitet dabei
eng mit den regionalen Pflegestützpunkten und dem Sozialverband Deutschland zusammen. Unter der Projektleitung der
Arbeiterwohlfahrt (AWO) Schleswig-Holstein wird es von einem großen Kreis von Verbänden und Initiativen aus Schleswig-Holstein getragen und vom Sozialministerium finanziell
gefördert. (PM/RED)
Lymphnetzwerk Lübeck lädt ein
Das neu etablierte Lymphnetzwerk Lübeck lädt Ärzte aller
Fachrichtungen zu einer Fortbildungsveranstaltung in die Media Docks in der Hansestadt ein. Am 14. September steht die
Veranstaltung unter dem Titel „Effiziente Ödemtherapie für
mehr Lebensqualität“. Im zweistündigen Programm (16 bis
18 Uhr) geht es um medizinische und rechtliche Fragen, aber
auch um praktische Aspekte bei der interdisziplinären Zusammenarbeit. Außerdem ist das Netzwerk offen für weitere Ärzte,
um die Betreuung Ödemkranker auf eine breitere Basis stellen
zu können. Das Netzwerk hat sich wie berichtet 2015 gegründet. Ärzte, Physiotherapiepraxen und Sanitätshäuser kooperieren in dem Netz. (PM/RED)
Patienten zufrieden mit Wartezeit
Die Wartezeiten auf einen Arzttermin stellen die Versicherten in Norddeutschland zufrieden. Dies ergab eine Umfrage
im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK), die rund einen
Monat nach dem Start der Terminservicestellen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen durchgeführt wurde. 84 Prozent
der Teilnehmer äußerte sich zufrieden, jeder dritte sogar vollkommen zufrieden. TK-Landeschef Dr. jur. Johann Brunkhorst interpretiert die Zahlen so: „Für den Einzelnen hat sich
durch die Einführung der Terminservicestellen offenbar nicht
viel geändert. Bei der letzten Befragung vor zwei Jahren hatten sich die Patienten fast genauso geäußert.“ Die TK bietet
seit über sechs Jahren einen eigenen Terminservice an. Hier ist
das Anrufvolumen seit Jahresbeginn um zehn Prozent gestiegen. 1.700 Schleswig-Holsteiner nutzten diesen Service in 2015.
(PM/RED)
Sportärztebund SH schreibt Preis aus
„Unser Doc im Norden“ soll für besonderes Engagement und
Verdienste bei der medizinisch-therapeutischen Betreuung
im Vereinssport, Herzsportgruppen, Jugendmannschaften etc.
verliehen werden. Vorschläge werden von jedem Vereinsmitglied eines Sportvereins in Schleswig-Holstein mit Unterstützung des jeweiligen Vereinsvorstandes entgegengenommen.
Der Vorschlag sollte neben aussagekräftigen Unterlagen zur
Beurteilung auch genaue Kontaktdaten enthalten. Die Preisverleihung des ersten bis dritten Preises erfolgt am 28. September 2016 im Rahmen eines sportmedizinischen Symposiums
an der Christian-Albrechts-Universität Kiel. Vorschläge bis
31. Juli an: Geschäftsstelle Sportärztebund Schleswig-Holstein,
Olshausenstr. 40, 24098 Kiel, Frau Schümann, Tel.: 0431/8803775, [email protected] (PM/RED)
2 8 // I M N O R D E N
Reservist: Neue Herausforderung
Ein guter Freund von mir sagte einmal, dass das Leben eine Reise sei, kein
Ziel. Diese Aussage würde ich jederzeit unterschreiben. Herausforderungen sind für mich die Quintessenz des
Lebens, unabdingbar wie das Salz in der
Suppe. Eines Tages unterhielt ich mich
mit einem Kollegen, der gerade von einer Wehrübung heimgekehrt war. Was
er mir erzählte, faszinierte mich. Das
wollte ich auch mal ausprobieren.
Der Kontakt zur Bundeswehr ist
schnell hergestellt – über die Webseite
der Bundeswehr, die Karrierecenter oder
auch einen Truppenteil, der einem interessant erscheint, kann man sich mit allen wichtigen Informationen versorgen.
Es folgt eine Musterung und – bei entsprechender Eignung – die Einstellung
mit Beorderung auf einem Dienstposten. In meinem Fall absolvierte ich anschließend Wehrübungen in einem Sanitätsversorgungszentrum sowie Einführungslehrgänge in der Sanitätsakademie der Bundeswehr. Dadurch wurde
das notwendige Wissen vermittelt, um
die Unterschiede zwischen zivilem und
militärischem Gesundheitssektor zu begreifen und in die Funktion als Vorgesetzter und Sanitätsstabsoffizier hineinzuwachsen. Es mag für die Motivation
eines Interessenten vielleicht wenig verlockend klingen, die Dienstkleidung von
„Arztweiß“ in Flecktarn-Oliv zu wechseln und die Arbeitsstätte von der eigenen Praxis in ein Sanitätsrevier; dieser Werdegang ist aber erforderlich, damit sich die Bundeswehr ein Bild vom
Reservisten und dessen Verwendbarkeit machen kann. Und bereits an dieser
Stelle sei bemerkt: Ohne jede Diskussion
ist der Reservistendienst in den Streitkräften spannend, abwechslungsreich
ERFAHRUNGSBERICHT
Hausarzt der
Soldaten
Oberfeldarzt d.R. Dr. Reimar Vogt ist niedergelassener Facharzt
für Allgemeinmedizin in Dithmarschen. In einer persönlichen
Darstellung spricht er über seine Erfahrungen und Beweggründe, sich
als Reservist in den Sanitätsdienst der Bundeswehr einzubringen.
und vielseitig!
Unterschiede zum zivilen Hausarzt
Mich begeisterte von Anfang an die
Verwendung als Truppenarzt. Truppenärzte sind die Hausärzte der Soldaten.
Truppenärzte werden folglich überall
dort gebraucht, wo es Soldaten gibt. Sie
versorgen die Soldaten als primäre Ansprechpartner für alle gesundheitlichen
Belange. Ein paar Unterschiede gibt es
im Vergleich zum zivilen Gesundheitssektor: Eine freie Arztwahl hat der Soldat
nur in sehr begrenztem Maß. Die Soldaten sind überwiegend jung, das Spektrum der Rentner gibt es naturgemäß
beim Bund nicht. Chronische Krankheiten, die folglich in der zivilen Hausarztpraxis das Gros der Behandlungsanlässe
darstellen, wie Diabetes, Organinsuffizienzen usw. sind selten anzutreffen. Deutlich häufiger wird man mit Verletzungen konfrontiert. Für den Niedergelassenen ungewohnt ist das Dispensierrecht
des Truppenarztes, d. h. der Soldat erhält
direkt nach der Untersuchung die im
Sprechzimmer gelagerten Medikamente. Nicht nur rezeptpflichtige Arzneimit-
Dr. Reimar Vogt vor
Scapa Flow.
Neben seiner Praxistätigkeit arbeitet
Vogt auch als Notarzt
im Rettungsdienst, als
Bereitschaftsarzt in
einem Krankenhaus
sowie als Notdienstkoordinator im ambulanten Notdienst.
tel, sondern auch die sog. OTC-Medikation, für die der Zivilpatient vollständig
selbst aufkommen muss, werden kostenfrei zur Verfügung gestellt; in den Auslandseinsätzen betrifft dies auch Körperschutzmittel wie Sonnencremes. Es gibt
keine Budgets, die eingehalten bzw. restriktiv überwacht werden und ebenso
wenig den im Vertragsarztwesen ungeliebten Heilmittelkatalog, der unabhängig vom Einzelfall vorschreibt, wie viele
Physiotherapie-Anwendungen bei welcher Indikation statthaft sind.
Ungewohnte Papier-Patientenkartei
Die in der Bundeswehr „G-Karte“ (Gesundheitskarte) genannten Krankenkarteien sind noch papiergebunden;
wer nach Jahren der Arbeit mit digitalen Patientenkarteien wieder mal zeitaufwendig eine Krankenakte nach einem
bestimmten Befund durchforstet, erinnert sich, wieso die Migration zur papierlosen Praxis – allen Computerpannen zum Trotz – eine sinnvolle Investition ist. Ansonsten sind die Sanitätszentren jedoch auf einem hohen Niveau ausgerüstet. Die Ausstattung ist vorbildlich
Fotos: Dr. reimar Vogt
W
ieso sollte sich ein niedergelassener Arzt dazu bereit erklären,
für die Bundeswehr als Reservist im Sanitätsdienst tätig zu
werden? Ein Mangel an Arbeit
in der Praxis? Wohl kaum! Ein
Hang zu Uniformen und Preußentum? Völlig verkehrt … und wer dies
als Triebfeder hat, wird bitter enttäuscht
sein. Was dann?
Nun, es mag für jeden Einzelnen ganz unterschiedliche Gründe geben, und sicherlich wäre schon der Versuch einer Definition ebenso anmaßend
wie es falsch wäre, ein einzelnes Motiv
zu benennen. Dieser Artikel hat auch
nicht den Anspruch, sämtliche Vor- und
Nachteile einer allgemeinmedizinischen
Zivilkarriere denen einer wehrmedizinischen Laufbahn gegenüberzustellen. Ich
kann jedoch aus meiner Sichtweise eines
niedergelassenen Arztes und zugleich
Reservisten darstellen, was mich gereizt
hat, meine Fähigkeiten der Bundeswehr
zur Verfügung zu stellen.
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und stets in einem einwandfrei funktionierenden Zustand: EKG, Ergometrie, Sonografie, Lungenfunktion, Hörund Sehtests, Labor, chirurgisches Instrumentarium und Wundversorgungsraum machen gemeinsam mit dem Personalstamm, der das Equipment betreut,
die Arbeit zur Freude. Die Dienstzeiten
als Truppenarzt entsprechen nicht ganz
denen im Zivilbereich: Bundeswehr-typisch beginnt der Tag sehr früh mit einer Neukrankensprechstunde. Ist die abgearbeitet, liegen zumeist sehr viele Begutachtungen an, mit denen die Soldaten
auf ihre Verwendungsfähigkeit hinsichtlich Auslandseinsätzen, Fahrtauglichkeit, Dienstfähigkeit etc. untersucht werden. Nach Dienstschluss kann noch ein
Bereitschaftsdienst, der sogenannte AvD
(Arzt vom Dienst) anfallen; dies entspricht dem organisierten Notdienst im
Das Schifflazarett einer Fregatte.
niedergelassenen Bereich. Bei Alleinstellungsmerkmal z. B. als Schiffsarzt
oder als Arzt eines Kontingentes im AusHummel ist’s egal … sie fliegt trotzdem!
landsdienst hat man auch schon mal unAn der Gesundheitsversorgung der
unterbrochen Bereitschaftsdienst.
Soldaten wird jedoch nicht gespart. Ungeachtet der Pressemeldungen von fehKeine Vorkenntnisse erforderlich
lendem oder defektem Material für die
Vorkenntnisse in Sachen BundesTruppe ist der Sanitätsdienst von Einspawehr – zum Beispiel in Form eines abrungen deutlich weniger betroffen. Für
solvierten Grundwehrdienstes – sind
die gesundheitliche Versorgung seiner
von Nutzen, aber keine Bedingung; auch
Soldaten leistet sich der Bund jedes Jahr
Ungediente und selbst frühere Kriegsalle erforderlichen Ausgaben. Dazu gedienstverweigerer können sich als Reserhört auch die Rückführung von im Ausvisten im Sanitätsdienst einbringen. Wer
land verletzten oder traumatisierten
so wie ich direkt nach dem Abitur seinen
Truppenangehörigen, die perfekt organiGrundwehrdienst in den 80ern geleissiert ist. Nach Anruf bei der rund um die
tet hat, erkennt die heutige Bundeswehr
Uhr mit qualifiziertem Personal besetzkaum noch wieder. Heute ist die Bundesten Verwundetenleitstelle der Bundeswehr keine Wehrpflichtigen-, sondern
wehr (PECC = Patient Evacuation Cooreine Freiwilligenarmee. Ihr Auftrag ist
dination Center) wird z. B. unverzüglich
auch nicht mehr die Landesverteidigung,
eine fliegende Intensivstation (MedEsondern die Erfüllung von Aufträgen. In
vac-Airbus) in Marsch gesetzt. In diesen
einer globalen (Wirtschafts-)Welt steht
Flugzeugen können neben einer größedie Bundeswehr an der Seite der NATOren Anzahl leicht und mittelschwer verVerbündeten in Auslandseinsätzen, um
wundeter Soldaten auch bis zu sechs
sicherheitspolitische Interessen zu wahSchwerverletzte in sogenannten PTEs
ren oder eben auch wirtschaftliche. Die
(Patienten-Transporteinheiten) behanBundeswehr ist ihren heutigen Aufträdelt werden. Staunend steht man vor diegen entsprechend spezifischer geworden,
sen PTEs, die das Herz eines jeden Notsie agiert professionell und ist vor allem
arztes höher schlagen lassen: Als primägut organisiert.
rer Respirator ist zum Beispiel eine EVIGeblieben ist die Mangelverwaltung:
TA-4 installiert, als Redundanz ein OxyEs fehlt der Bundeswehr an Geld. Jahrelog-3000.
lang wurde sie geschrumpft und nicht
Fachlich unabhängig
den Erfordernissen entsprechend ausgestattet. Beispiele für verfehlte SparpoliInsgesamt kann man feststellen, dass
tik kennen wir alle zur Genüge, z. B. die
man als Truppenarzt zwar kaum auf
Verhältnisse bei der Polizei oder beim
die Gestaltung des Arbeitsalltages EinStraßenbau. Dass die Truppe trotzdem
fluss nehmen kann, andererseits aber die
funktioniert, ist dem Improvisationsverfachliche Unabhängigkeit ein wesentmögen vieler Soldaten in verantwortlilicher Pluspunkt ist: Man ist als TrupSämtliche Informatichen Positionen zu verdanken. Passend
penarzt nur seinem ärztlichen Gewisonen zum Sanitätsbeschrieben wird dies mit dem bei der
dienst in der Bunsen verpflichtet, behandelt nach aktueldeswehr sind auf
Bundeswehr oft rekapitulierten Gleichlen Leitlinien und ohne Furcht vor Reder Homepage unnis von der Hummel, die aus Sichtweise
gressen. Der Anspruch der Bundeswehr
ter www.sanitaetsder Aerodynamik gar nicht fliegen kön- dienst-bundeswehr.
ist mustergültig und selbst innerhalb
ne: Bei durchschnittlich 1,2 Gramm Ge- de/portal/a/sanitaets- der NATO-Staaten einzigartig: Erkrankdienst zu finden.
wicht und nur 0,7 cm² Flügelfläche ist
te oder verletzte Soldaten sollen das gleidies technisch gar nicht möglich. Der
che Behandlungsergebnis erreichen, das
Info
eine qualifizierte Therapie in der Heimat
bringen würde.
Vertrauensvolles Miteinander
auf Augenhöhe
Bei entsprechender Eignung kann
man als Reservist nicht nur im Einsatz,
im Urlaub oder auf Weiterbildung befindliche Bundeswehrärzte an ihren Heimatstandorten ersetzen, sondern eben
auch selbst im Auslandsdienst Verwendung finden. Das alles macht die Reservistenarbeit nicht nur interessant, sondern einzigartig. Diese Aspekte erklären
aber nur zum Teil die hohe Dienstzufriedenheit und das angenehme Arbeitsklima als Reservist, das ich erleben durfte;
ein weiterer, sehr wesentlicher Teil stellt
die gelebte Kameradschaft dar. Egal, ob
ich als Truppenarzt in Deutschland arbeitete oder für die gesundheitlichen
Belange der Flugabwehrraketen-Truppe beim scharfen Schuss auf Kreta verantwortlich war, als Schiffsarzt auf dem
Transit zum Einsatz am Horn von Afrika (ATALANTA) Soldaten versorgte, als
Notarzt im Rettungshubschrauber agierte oder als Sanitätsstaffelchef eines Luftwaffen-Einsatzgeschwaders die Sanitätskräfte leitete, begegnete mir stets ein vertrauensvolles Miteinander auf Augenhöhe. Die Truppe macht keinen Unterschied zwischen Bundeswehrärzten und
Reservisten; die Truppe leistet und honoriert ihrerseits Leistungen.
Vielleicht fühlt sich eine Leserin oder
ein Leser dieses Artikels – so wie ich
vor einigen Jahren – angesprochen, sich
ebenfalls als Reservist in den Sanitätsdienst einzubringen. Herzlich willkommen … es erwarten Sie viele Herausforderungen. Ich habe meine Entscheidung
nie bedauert, sondern die Erfahrungen und Erlebnisse während meiner Reservistendienste als Bereicherung empfunden.
Dr. Reimar Vogt, Pahlen
3 0 // I M N O R D E N
J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
SPRACHE
Mangelhafte Artikulation. Gut artikulieren heißt deutlich zu sprechen.
Wird nicht gut artikuliert und damit undeutlich gesprochen, können einzelne
Worte oder Satzteile nicht verstanden
werden. Besonders häufig ist eine unzureichende Artikulation beim schnellen
Sprechen. Damit kann das schnell gesprochene Wort noch schwerer verstanden werden.
Hintergrundmusik. Seit einiger Zeit
ist es im Fernsehen üblich, Handlungen und auch das Sprechen mit HinImmer weniger Menschen verstehen, was in den Medien
tergrundmusik zu unterlegen. Oft ist
gesagt wird. Nicht nur ältere Menschen haben Probleme.
die Hintergrundmusik so laut, dass es
schwer ist, den Text zu verstehen.
Simultanübersetzungen. Im Ferner Autor ist Arzt und einer der
on und Unterhaltung besonders auf das
sehen ist bei Simultanübersetzungen oft
führenden wissenschaftlichen PoFernsehen angewiesen ist. Es ist dies aber der Originalton so laut und die Überlitikberater im Gesundheitswesen.
auch eine Altersgruppe, die Mühe hasetzung so leise, dass sie kaum zu versteEr hat diese Zeilen im Alter von
ben kann, das, was akustisch verstanden hen ist.
93 Jahren geschrieben. 1981 endewird, auch inhaltlich zu begreifen. HörDurcheinanderreden. Besonders in
te sein Berufsleben im Alter von
geräte sind eine wesentliche Hilfe, doch Talkshows sprechen oft zwei oder auch
60 Jahren, die letzten zehn Jahkann ein Hörgerät das natürliche Hören mehrere Teilnehmer zur gleichen Zeit.
re als Staatssekretär im Sozialministerinicht vollständig ersetzen. Es wird geModeratoren mögen dies als Ausdruck
um Schleswig-Holstein. 1974, noch wähschätzt, dass es in Deutschland drei Mil- einer lebendigen Diskussion bezeichnen.
rend seiner Berufstätigkeit, gründete er
lionen Hörgeräteträger gibt. Der Bedarf Der Nachteil: Kaum einer der Sprecher
das später nach ihm benannte wissenist größer. Offenbar ist die Bereitschaft,
wird verstanden.
schaftliche Institut für Gesundheits-Syseine Brille zu tragen groß, ein Hörgerät
Stimmenakzeptanz. Elemente der
temforschung Kiel, das er bis zu seinem
zu tragen eher gering. Im Verständnis
späteren Sprechweise können angebo90. Lebensjahr leitete. Bis dahin hat der
des gesprochenen Wortes eingeschränkt ren sein. Die Art zu sprechen wird dann
Autor Radio und Fernsehen eher sporasind auch Immigranten mit Deutsch als
aber weitgehend vom sozialen Umfeld
disch genutzt. Das änderte sich mit dem
zweiter Sprache.
geprägt und kann geschult werden. Es
Ausscheiden aus der Institutstätigkeit.
Fest steht: Ein hoher Anteil unsegibt sympathische und weniger sympaDabei wurden ihm Defizite in Radio
rer Bevölkerung hat inzwischen Schwie- thische, gut und weniger gut verständliund Fernsehen deutlich. Thema ist aber
rigkeiten, das gesprochene Wort in Rache und disziplinierte und weniger diszinicht der Inhalt von Sendungen, Thema
dio und Fernsehen zu verstehen, Inhalplinierte Stimmen.
ist ausschließlich die Möglichkeit zu verte aufzunehmen und Zusammenhänge
Positive Beispiele
stehen, was gesprochen wird.
zu begreifen. Dies führt dazu, dass Vieles nicht verstanden wird und ein TheAls positive Beispiele sind gestandeSituationsanalyse
ma deshalb in der Bevölkerung nicht auf ne Nachrichtensprecher und NachrichDer Auftrag von Radio und Fernsedie erhoffte und ihm zustehende Resotensprecherinnen zu nennen, die durchhen kann in vereinfachter Form mit Innanz stößt.
gehend gut verstanden werden. Das
formation und Unterhaltung beschrieGleiche trifft in der Regel für SportreFehlerhaftes Sprechen und
ben werden. Um dies zu erreichen, muss
portagen und Berichte von Journalissystemische Fehler
verstanden werden, was gesendet wird.
ten über Ereignisse vor Ort zu, aber eben
Wesentlich ist dabei die Sprache und daWas in Radio und Fernsehen geauch nur in der Regel. Synchronisierte
mit das Sprechen. Jeder, der in Radio
sagt wird, kann vielfach schon akustisch Filme sind meist gut zu verstehen. Das
und Fernsehen spricht, will verstanden
nicht verstanden und damit auch inhalt- gleiche trifft auf Hörbücher zu, die von
werden, und dies in allen Sendungen,
lich nicht aufgenommen werden. Worgeschulten Sprechern oder Sprecherinvon Nachrichten über Berichterstattunum geht es, was wird falsch gemacht?
nen vorgelesen werden und deren Texte
gen bis hin zu Interviews und SpielfilZu schnelles Sprechen. Die wohl
gut zu verstehen sind.
men. Dabei geht es nicht nur um profeshäufigste Form einer Sprechweise, die
Schlussbemerkung
sionelle Sprecher, betroffen ist jeder, der
dazu führt, dass nur unzureichend verin Radio und Fernsehen spricht, Politistanden wird, ist zu schnelles Sprechen.
Verstehen, was in Radio und Fernseker, Verbandsvertreter, Wissenschaftler
Besonders gegen Ende eines Satzes wer- hen gesagt wird, ist für jeden in unserer
oder ein befragter Bürger. Sie alle spreden Silben oder ganze Worte verschluckt. Gesellschaft von Bedeutung. In Radio
chen, um verstanden zu werden.
Auch kleine Pausen zwischen Sätzen
und Fernsehen so zu sprechen, dass dies
Wer ist das Publikum? Grundsätzoder unterschiedlichen Aussagen fehlen. auch verstanden wird, betrifft jeden, der
lich jeder in der Bevölkerung, der hören
Die Ursache für Schwierigkeiten, Inhal- in Radio und Fernsehen spricht. Nicht
und der die deutsche Sprache verstehen
te beim zu schnellen Sprechen zu verste- oder nur unzureichend zu verstehen ist
kann. Dies sind zunächst diejenigen, die Menschen in Schleshen, liegt oft darin, dass sich der Zuhörer jedoch weit verbreitet. Erforderlich ist
über ein normales Hörvermögen verund besonders der ältere Zuhörer in ers- eine Kampagne, die jeden erreicht, der
wig-Holsein waren Ende 2015 wefügen. Über alle Altersgruppen hinweg
ter Linie darauf konzentriert, das gespro- in Radio und Fernsehen spricht. Erforgen Taubheit oder
gibt es jedoch eingeschränktes Hörverchene Wort akustisch zu verstehen. Bederlich ist aber auch, das Problembemögen und Schwerhörigkeit. Davon be- Schwerhörigkeit
vor dann auch inhaltliche Aussagen ver- wusstsein dafür in der Gesellschaft dauschwerbehindert. 62
troffen ist besonders die ältere Generastanden werden, ist der Sprecher bereits erhaft aufrechtzuerhalten.
Prozent von ihnen
tion, die unverändert am gesellschaftweiter. Nach einiger Zeit folgt, was folProf. Fritz Beske, MPH
waren noch keine 65
Jahre alt.
lichen Leben teilnehmen soll und teilgen muss: Es wird abgeschaltet, zuminRehbenitzwinkel 29
nehmen möchte und die für Informatidest gedanklich abgeschaltet.
24106 Kiel
Zu undeutlich
und zu schnell
D
8.528
I M N O R D E N // 3 1
AUS GA B E 6 | J U N I 2 0 1 6
E
Prof. Eberhard Schwinger
ETHIK
Hilfe im
Grenzfall
Foto: DI
Das Klinische Ethikkomitee an der
Lübecker Universität steht Ärzten
bei schwierigen Entscheidungen
beratend zur Seite. Vielen Ärzten ist
das Angebot aber noch unbekannt.
ine Patientin infiziert sich nach einer schweren Herzoperation. Ob
ein weiterer Eingriff ihr Leben retten kann, ist zweifelhaft. Niemand
kann prognostizieren, ob sie die
Operation überleben oder zu einem
schweren Pflegefall wird. Ob die Patientin selbst in einer solchen Situation
in den Eingriff eingewilligt hätte, lässt
sich nicht mehr klären, weil sie nicht ansprechbar ist und keine Patientenverfügung vorliegt.
Der behandelnde Arzt steht damit
vor einer schweren Entscheidung. Im
verdichteten Klinikalltag muss er die
weiteren Schritte zügig, aber dennoch
sorgfältig abwägen. Soll er versuchen,
das Leben trotz geringer Erfolgswahrscheinlichkeit und nicht erwünschter
möglicher Folgen wie etwa schwere Pflegebedürftigkeit zu retten oder ist es besser, der Patientin einen würdigen Tod zu
ermöglichen? In solchen Fällen bietet an
einigen Krankenhäusern in SchleswigHolstein ein klinisches Ethikkomitee
Unterstützung. An der Universität Lübeck besteht dieses Gremium aus Ärzten
unterschiedlicher Fachrichtungen sowie aus zwei Pflegekräften, zwei Juristen
und zwei Krankenhausseelsorgern. Vorsitzender ist Prof. em. Eberhard Schwinger, früher Direktor des Instituts für
Humangenetik und auch Dekan in der
Hansestadt. Stellvertreter Schwingers
sind Prof. Achim Rody, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, sowie Dr. Doreen Richardt, Oberärztin in der Klinik für Herz- und thorakale Gefäßchirurgie. Das Komitee
kommt ad hoc zusammen, weil die Entscheidungen schnell getroffen werden
müssen. „Oft heißt es dann: Wir treffen
uns morgen um 9:30 Uhr auf der Intensivstation“, berichtet Schwinger.
Die Empfehlung, die das 2003 ins
Leben gerufene Gremium dem Arzt am
Ende gibt, ist bislang stets im Konsens
erfolgt, auch wenn die Entscheidungsfindung oft schwierig war. Das Komitee informiert sich zunächst beim behandelnden Arzt selbst und geht direkt
an das Krankenbett, bezieht anschließend den Rat aller für diesen Fall wichtigen Fachgebiete ein und bittet außerdem Angehörige um Stellungnahmen.
„Es ist unser Ziel, stets die Angehörigen einzubeziehen. Sie kommen aber
nicht immer, wenn wir sie darum bitten“, berichtet Schwinger im Gespräch
mit dem Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatt von seinen Erfahrungen in Lübeck. Es kommt auch vor, dass die Angehörigen eine Entscheidung des Arztes
nicht nachvollziehen können. „Wenn das
Ethikkomitee in solchen Fällen zur gleichen Empfehlung wie der behandelnde
Arzt kommt, kann das für ihn sehr entlastend im weiteren Umgang mit den
Angehörigen sein“, sagt Schwinger. Er
hat schon erlebt, dass sich Meinungs-
verschiedenheiten zwischen dem behandelnden Arzt und Angehörigen über
das weitere medizinische Vorgehen nach
Einschaltung des Ethikkomitees komplett aufgelöst haben.
Als „sehr hilfreich“ bezeichnet
Schwinger klar verfasste Patientenverfügungen – die liegen aber längst nicht
für jede Grenzsituation in der Universitätsklinik vor. Dann werden die Aussagen der Angehörigen umso wichtiger
und das Komitee muss die Glaubwürdigkeit dieser zum Teil auch konträren Aussagen abwägen.
In der Vergangenheit wurde das Komitee in Lübeck im Durchschnitt einmal im Monat von den Ärzten beratend
hinzugezogen. Allerdings steigt die Resonanz, was angesichts der erweiterten Möglichkeiten der modernen Medizin, den Verlauf des Lebens zu beeinflussen, nicht verwundert. Das Gremium kann jederzeit angerufen werden.
Schwinger vermutet, dass die Resonanz
noch größer wäre, wenn der oft hektische Klinikalltag Ärzte nicht davon abhalten würde.
Das Komitee, betont Schwinger, diene dem interdisziplinären Diskurs und
könne Ärzten und Pflegekräften ein Forum zur Reflexion und Diskussion der
von ihnen zu treffenden Entscheidungen im diagnostischen oder therapeutischen Einzelfall bieten, es maßt sich aber
nicht an, den Arzt bei seiner Entscheidung zu bevormunden. Außer mit Einzelfällen kann sich das Komitee auf Eigeninitiative auch mit exemplarischen
Fällen in grundsätzlicher Hinsicht befassen. Nicht zu seinen Aufgaben zählen
Fälle in Zusammenhang mit klinischen
Studien. Hierfür ist die Ethik-Kommission zuständig, der in Lübeck Prof. Alexander Katalinic vorsteht.
Jede Sitzung des Komitees wird protokolliert und das Ergebnis dem behandelnden Arzt in schriftlicher Form mitgeteilt, auch die Angehörigen und bei
Bedarf öffentlich zuständige Stellen wie
etwa das Jugendamt werden informiert.
Schwinger bekommt von den Ärzten, die
die Unterstützung suchen, positive Resonanz auf die Arbeit des Komitees. „Ich
glaube nicht, dass es schon mal ein Arzt
bereut hat, uns einzuschalten.“ Kontakt
finden Ärzte zum Ethikkomitee über das
von Janine Erdmann geleitet Büro in der
Universität (Telefon 0451 500 4639; [email protected]).
Nach Schwingers Wahrnehmung
nehmen ethische Fragestellungen in der
Medizin einen zunehmend höheren Stellenwert ein. Er beobachtet auch einen
Wandel in der Einstellung von Medizinern, die nach seinem Eindruck heute aufgeschlossener für ethische Fragen
sind als früher, u. a. auch, weil Seminare zu diesem Themenbereich inzwischen
schon in der Ausbildung angeboten werden.
Dirk Schnack
3 2 // P E R S O N A L I A
J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
G EB URT STAGE
Neuer Chefarzt für Gynäkologie in Schleswig
Veröffentlicht sind nur die Namen der Jubilare,
die mit der Publikation einverstanden sind.
Dr. Ullrich Ivens, Elmshorn,
feiert am 21.06. seinen 75. Geburtstag.
Dr. John Friedrich Näthke begrüßt Prof. Dirk Günter Kieback (v. l.).
D
ie Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe im Helios Klinikum Schleswig hat
eine neue chefärztliche Leitung: Der gebürtige Schleswiger Prof. Dirk Günter
Kieback hat diese Position zum 1. Mai übernommen. Laut Mitteilung der Klinik bringt Kieback langjährige Erfahrungen in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit und beherrscht das breite Spektrum der Gynäkologie, inklusive sämtlicher gynäkologischer und minimalinvasiver Operationsverfahren. Er verfügt über
die Subspezialisierungen in Gynäkologischer Onkologie, die er am M.D. Andersen Cancer Center in Houston, Texas, erworben hat, sowie in Spezieller Geburtshilfe und Perinatalmedizin. Auch die Behandlung von Beckenbodenschwäche und Inkontinenz liegt Kieback laut Klinik am Herzen. „Er wird die gynäkologische und geburtshilfliche Versorgung in unserem Haus zum Wohl der Patienten stärken und
weiter ausbauen“, so Dr. John Friedrich Näthke, Klinikgeschäftsführer des HELIOS
Klinikums Schleswig. (PM/Red)
Herrmann im Amt bestätigt
Dr. Henrik Herrmann geht in die
zweite Amtsperiode
als Vorsitzender des
Marburger Bundes.
D
r. Henrik Herrmann geht in seine
zweite Amtszeit als Vorsitzender des
schleswig-holsteinischen Landesverbandes des Marburger Bundes. Der
58-jährige Internist und Geriatrie-Chefarzt des Westküstenklinikums Brunsbüttel wurde Anfang Mai einstimmig
gewählt, ebenso wie der zweite Vorsitzende, Dr. Joachim Schur, Internist und
Oberarzt im DRK Krankenhaus Middelburg, der ebenfalls in seinem Amt
bestätigt wurde.
Mit der Vorsitzendenwahl unterstreicht die Hauptversammlung laut
Pressemitteilung ihren Wunsch nach
Kontinuität in der Verbandsarbeit. „Wir
haben bereits viel bewegt und wir wer-
den uns weiter mit Nachdruck für bessere Arbeitsbedingungen für Ärzte, gerechte Tarifarbeit und eine transparente Qualitätsoffensive einsetzen“, sagte
Herrmann, der auch Vizepräsident der
Ärztekammer ist, anlässlich seiner Wiederwahl. Sieben weitere Beisitzer wählte die Hauptversammlung des Verbandes der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Schleswig-Holsteins
in den Vorstand, sechs davon wurden
wieder gewählt. Sönke Freischmidt, Assistenzarzt aus der Schmerzklinik Kiel,
geht dagegen in seine erste Amtsperiode. Er übernimmt den Posten von Matthias Kalbe, der aus dem Vorstand ausgeschieden ist. (PM/Red)
FotoS: HELIOS/ Andrea Schwarze; Marburger Bund Schleswig-Holstein
Dr. Sven-Uwe Kroehnert, Lübeck-Travemünde,
feiert am 01.07. seinen 75. Geburtstag.
Dr. Joachim Schulze, Eutin,
feiert am 02.07. seinen 75. Geburtstag.
Dr. Heiner Klostermann, Eutin,
feiert am 03.07. seinen 70. Geburtstag.
Dr. Horst Mosler, Heidekamp,
feiert am 04.07. seinen 75. Geburtstag.
Dr. Lutz Wettwer, Preetz,
feiert am 04.07. seinen 75. Geburtstag.
Dr. Clemens Kröger, Lübeck-Travemünde,
feiert am 05.07. seinen 70. Geburtstag.
Dr. Anneliese Christiansen, Husum,
feiert am 06.07. ihren 75. Geburtstag.
Dr. Werner Junk, Lübeck,
feiert am 06.07. seinen 70. Geburtstag.
Dr. Francisco Lameiras, Heiligenhafen,
feiert am 06.07. seinen 80. Geburtstag.
Dr. Johanna Schmidt, Rendsburg,
feiert am 06.07. ihren 90. Geburtstag.
Dr. Klaus-Ulrich Kürff, Wohltorf,
feiert am 07.07. seinen 80. Geburtstag.
Prof. Dr. Abdolhamid Sheikhzadeh, Hamburg,
feiert am 07.07. seinen 80. Geburtstag.
Dr. Jochen Hümpel, Lübeck,
feiert am 08.07. seinen 75. Geburtstag.
Dr. Richarda Sobotta, Glinde,
feiert am 08.07. ihren 80. Geburtstag.
Dr. Alard Stolte, Alt Duvenstedt,
feiert am 08.07. seinen 80. Geburtstag.
Priv.-Doz. Dr. Jürgen Voigt, Altenholz,
feiert am 10.07. seinen 75. Geburtstag.
Dr. Bernd Henningsen, Norderstedt,
feiert am 12.07. seinen 75. Geburtstag.
Dr. Karl-Friedrich Plücker, Westerholz b. Langballig,
feiert am 13.07. seinen 75. Geburtstag.
Dr. Rolf Thielsen, Flintbek,
feiert am 13.07. seinen 75. Geburtstag.
Dr. Hinrich Sömmer, Lübeck-Travemünde,
feiert am 15.07. seinen 70. Geburtstag.
Jens Vosgerau, Flensburg,
feiert am 15.07. seinen 70. Geburtstag.
Dr. Joachim Bloem, Kiel,
feiert am 16.07. seinen 70. Geburtstag.
Dr. Hartmut Alpers, Lübeck,
feiert am 17.07. seinen 75. Geburtstag.
Szilárd Szücs, Holm,
feiert am 23.07. seinen 75. Geburtstag.
Dr. Peter Ude, Ellerau,
feiert am 26.07. seinen 80. Geburtstag.
Dr. Rainer Gaedt, Salem,
feiert am 28.07. seinen 75. Geburtstag.
Dr. Lutz-Folke Rösler, Groß Grönau,
feiert am 29.07. seinen 75. Geburtstag.
P E R S O N A L I A // 3 3
AUS GA B E 6 | J U N I 2 0 1 6
KURZ NOTIERT
Neuer Vorsitzender der Kreitz-Stiftung
Neue
Professur
für Gynäkologische
Onkologie
P
D Dr. Dirk Bauerschlag hat vergangenen Monat die neue Professur für
Gynäkologische Onkologie an der
Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)
übernommen.
Sein Forschungsschwerpunkt liegt
auf der Untersuchung neuer molekularer Marker bei Patientinnen mit Eierstockkrebs und anderen gynäkologischen Malignomen. Die neuen Marker sollen helfen, die Erkrankungen früher zu entdecken und Mechanismen der
Resistenzbildung zu klären, so Bauerschlag. Laut Mitteilung der CAU soll die
Leitung des Gynäkologischen Krebszentrums den Schwerpunkt seiner klini-
Die Werner und Klara Kreitz-Stiftung hat einen neuen Vorsitzenden: Dr. Carsten Leffmann, ärztlicher Geschäftsführer der
Ärztekammer Schleswig-Holstein, wurde Mitte Mai in den
Vorstand und zum Vorsitzenden der Stiftung gewählt. Er folgt
auf Dr. med. Dr. phil. Karl-Werner Ratschko, der nicht erneut
kandidiert hatte. Die Werner und Klara Kreitz-Stiftung wurde
auf private Initiative hin gegründet. Das Ehepaar aus Schleswig-Holstein war in den 1980er Jahren an Krebs gestorben
und hatte im Testament die Stiftungsgründung verfügt. Ziel ist
die Förderung der Krebsforschung durch Unterstützung der
universitären Forschung in Schleswig-Holstein. (Pm/Red)
Bosch wird Senior Fellow des CIFAR
PD Dr. Dirk Bauerschlag
schen Tätigkeit ausmachen.
Bauerschlag studierte von 1993 bis
1999 Medizin an der CAU, wo er 2001
auch promoviert wurde. Es folgte ein
zweijähriger Forschungsaufenthalt am
Genomics Institute of the Novartis Research Foundation in San Diego, USA.
Nach der Facharztausbildung am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein,
Campus Kiel, wechselte Bauerschlag
2009 an die Uniklinik der RheinischVerstärkung für Mammazentrum
Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. 2013 folgte die Habilitation.
Im April 2015 kehrte er als stellvertreten- Afsana Hussainzada verstärkt das Mammazentrum Hamburg
am Krankenhaus Jerusalem. Ab 20. Juni tritt sie die Nachfolder Direktor an die Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe nach Kiel zurück. ge von Dr. Ursula Scholz an. Hussainzada spezialisierte sich in
ihrer Facharztausbildung auf Mammakarzinome und hat die(PM/Red)
se Expertise laut Mkitteilung ihres künftigen Arbeitgebers u.a.
an der Berliner Charité ausgebaut. Zuletzt war die 43-Jährige in Berlin als Oberärztin am Brustzentrum des Martin-Luther-Krankenhauses und in einer gynäkologisch-senologischen Praxis tätig. Die gebürtige Afghanin kam im Alter von
fünf Jahren mit ihrer Familie nach Hamburg und wuchs im
heitsbild der Gallengangsentzündung
Stadtteil Bramfeld auf. Am Mammazentrum Hamburg reizt
(primäre sklerosierende Cholangitis,
die Ärztin die disziplinübergreifende Herangehensweise. Die
PSC) sowie des mit PSC verbundenen
Einrichtung ist nach eigenen Angaben Deutschlands größtes
Gallengangkarzinoms. Neben dem LüOrganzentrum mit dem Schwerpunkt Brustgesundheit.(PM/
becker Team, zu dem unter anderem
Red)
Dr. Stefanie Derer und Prof. Marc Ehlers aus dem in Gründung befindlichen
Lübecker Institut für Ernährungsmedi- Ausbau der onkologischen Chirurgie
zin gehören, waren auch Forscher der
Dr. Klaus Johann Niehaus ist seit Kurzem Leiter der LeberUniversitäten Heidelberg und Oslo sound Pankreaschirurgie im Hamburger Albertinen-Krankenwie Mitarbeiter der Firma Euroimmun
haus und unterstützt das Team um Chefarzt Dr. Thies Danibeteiligt.
els beim weiteren Ausbau der großen onkologischen ChirJendrek, 1985 geboren, ist seit 2012
urgie. Im Bereich seiner chirurgischen Expertise liegt neben
Assistenzarzt in Lübeck und seit 2014
dem hepatobiliären Bereich auch der restliche obere GastroMitarbeiter in der Arbeitsgruppe Mointestinaltrakt mit Ösophagus- und Magenkarzinomen.
lekulare Gastroenterologie (Leiter Prof.
Dr. Christian Sina). Forschungsschwer- Niehaus stammt aus Oldenburg, hat seine Ausbildung zum
Chirurgen in Bonn und Hannover absolviert und dann über
punkte sind der mukosale Immunme20 Jahre an der Asklepios Klinik Barmbek das Zentrum für
tabolismus des Darms und die funktioPankreaskarzinomchirurgie als Leitender Oberarzt mit aufnelle Relevanz pankreatischer Autoangebaut. Er ist verheiratet mit einer Allgemeinärztin und hat
tikörper bei chronisch-entzündlichen
zwei Kinder. (PM/Red)
Darmerkrankungen und der primär
sklerosierenden Cholangitis. (PM/Red)
Lübecker Forscher ausgezeichnet
Foto: privat
D
r. Sebastian Jendrek von der Medizinischen Klinik I der Universität
zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, konnte den engen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von
Antikörpern und der mit dem Tumor
verbundenen Gallengangsentzündung
nachweisen. Für seine Arbeit „Autoreactive IgA Antibodies against the Pancreatic Major Glycoprotein 2 (GP2) are
Associated with Primary Sclerosing
Cholangitis and Related Biliary Tract
Cancer” wurde er auf dem diesjährigen Kongress der „Europäischen Gesellschaft zum Studium der Leber (EASL)“
in Barcelona mit dem Preis für den besten Posterbeitrag ausgezeichnet.
In seiner Arbeit beschreibt Dr.
Jendrek laut Universität erstmalig einen
engen Zusammenhang zwischen dem
Auftreten von Autoantikörpern der
Bauchspeicheldrüse und dem Krank-
Der Kieler Zoologieprofessor Thomas Bosch wurde als Senior
Fellow des Canadian Institute for Advanced Research (CIFAR)
berufen. Das CIFAR entspricht in seiner Bedeutung in etwa
dem Wissenschaftskolleg in Berlin, und zwar auf internationaler Ebene: Es vereint führende Wissenschaftler verschiedener Disziplinen, um an Lösungen für globale Probleme in Gesundheit, Technik und Umwelt zu arbeiten. Rund 350 wissenschaftliche Mitglieder aus 115 Institutionen und 17 verschiedenen Nationen zählen zu diesem Kreis, dem seit seiner Gründung 18 Nobelpreisträger angehörten. Bosch ist Zell- und
Entwicklungsbiologe an der Kieler Christian-Albrechts-Universität (CAU) und Sprecher des Forschungsschwerpunkts
Kiel Life Science. Die Entscheidung des kanadischen Komitees beruht insbesondere auf Boschs Forschung zu den Beziehungen von Lebewesen, Mikroorganismen und Umwelt und
seinem Bestreben, die Mechanismen dieser Interaktionen zu
ergründen. (Pm/Red)
3 4 // P E R S O N A L I A
Bundesverdienstkreuz für Jonitz
Der Präsident der Ärztekammer Berlin, Dr. Günther Jonitz,
hat das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der
Bundesrepublik Deutschland erhalten. Der Berliner Senator
für Gesundheit und Soziales, Mario Czaja, überreichte Jonitz
die Auszeichnung im Mai im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung in der Ärztekammer Berlin. „Wir ehren damit einen Arzt, der sich herausragende Verdienste um das deutsche
Gesundheitswesen erworben hat“, sagte Czaja in seiner Dankesrede. „Die Gemeinwohlbindung der Ärzteschaft ist Jonitz
ein ganz persönliches Kernanliegen, für das er sich in herausragender Weise engagiert“, erklärte Czaja. Jonitz habe sich
stets mit außerordentlichem Weitblick für Themen eingesetzt,
die nicht unmittelbar auf der Hand lagen, zum Teil zunächst
für Widerstand sorgten, sich in der Folge aber als hochrelevant und richtungsweisend für die Patientenversorgung herausstellten. So gehörte Jonitz laut Senat zu den frühen Verfechtern der Evidenzbasierten Medizin in Deutschland. Ebenso frühzeitig wurde das Thema Patientensicherheit zu einem Schwerpunkt seines Wirkens. Als „einer der Pioniere in
Deutschland“ forderte er einen sachlich-lösungsorientierten
Umgang mit Fehlern in der Patientenversorgung – und das zu
Zeiten, als das Thema auch international noch stark tabuisiert
wurde. „Jonitz ging als ärztlicher Standesvertreter voran, ihm
gelang es aber, dass sich nicht nur die Ärzteschaft ihrer Verantwortung für die Patientensicherheit stellt, sondern sich alle
Beteiligten im Gesundheitswesen zusammen für eine systemorientierte Ursachenanalyse von Fehlern einsetzen“, heißt es
in einer Mitteilung zur Ehrung. Darin wird auch auf den Berliner Gesundheitspreis abgehoben, den die Ärztekammer Berlin, der AOK Bundesverband und die AOK Berlin auf sein Betreiben hin gemeinsam zum Thema „Fehlervermeidung und
Sicherheitskultur“ ausschreiben. 2005 gründete Jonitz dann
zusammen mit anderen Vertretern des Gesundheitswesens
das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V., dessen Vorsitzender er u. a. auch war. Die Suche nach Mitstreitern und
ein konstruktives Miteinander mit dem Ziel einer hochwertigen Patientenversorgung prägen seine Herangehensweise. Dadurch sei es gelungen, das Thema Patientensicherheit in
Deutschland in einer Weise zu etablieren, die international ihresgleichen suche, betonte Czaja. (PM/RED)
WIR G ED EN K EN DE R VE RST O RBE NE N
Dr. Volkert Schmidt-Grimminger, Großhansdorf,
geboren am 27.12.1929, verstarb am 04.12.2015.
Dr. Harald Dethlefsen, Schleswig,
geboren am 08.06.1937, verstarb am 02.02.2016.
Dr. Herta Betzendahl, Kiel,
geboren am 12.07.1922, verstarb am 11.02.2016.
Dr. Harald Beyer, Bosau,
geboren am 10.06.1934, verstarb am 11.03.2016.
Dr. Wolfgang Ehrich, Kiebitzreihe,
geboren am 29.11.1925, verstarb am 19.03.2016.
Dr. Ursel Dethlefsen, Schleswig,
geboren am 04.08.1935, verstarb am 08.04.2016.
Dr. Otto Houtrouw, Ellerbek,
geboren am 06.02.1940, verstarb am 18.04.2016.
Dr. Ingrid Hell, Kiel,
geboren am 30.01.1925, verstarb am 23.04.2016.
Dr. Gisela Woitschach, Berkenthin,
geboren am 02.10.1944, verstarb am 30.04.2016.
PORTRAIT
„Erst die Medizin,
dann der Erfolg“
Die Ära Lothar Obst geht zu Ende – einer der erfolgreichsten Klinikmanager im Norden geht in Ruhestand.
Lothar Obst, seit über
drei Jahrzehnten Klinikmanager in Schleswig-Holstein, geht in
Kürze in den Ruhestand. Obst war u.a.
im VKD engagiert.
K
aum ein Krankenhauschef in Schleswig-Holstein kann auf eine so lange, erfolgreiche und einflussreiche
Berufszeit zurückblicken wie Lothar
Obst, Geschäftsführer und Kaufmännischer Direktor des Krankenhauses Reinbek St. Adolf-Stift: seit 1984 Verwaltungsleiter des Krankenhauses Mölln,
seit 1997 in Reinbek, von 1992 bis 2008
Vorsitzender der Landesgruppe des
Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) und im VKDBundesvorstand. Im Juli will er sich mit
60 Jahren zurückziehen.
Wer das Arbeitszimmer von Lothar Obst betritt, ist sofort beeindruckt
von der warmen Atmosphäre: Holzmöbel, viele Bilder und kleine Skulpturen, ein Kruzifix – aber kein sichtbarer Computer. Es herrscht eine produktive Wohlfühlumgebung. Die Kleinplastiken von Sokrates, Friedrich dem Großen und J. F. Kennedy deuten auf eine
in der geistig-politischen Tradition verwurzelte Führungsnatur hin, die Obst
schon seit Jugendzeiten im Hannoverschen Land war.
„Ich bin der erste Diener meines
Staates“, diesen Wahlspruch des „Alten
Fritz“ wandelte er gelegentlich um zu:
„Ich bin der erste Diener unseres Krankenhauses“. Ein selbst gemaltes Bild des
vietnamesischen Patenkindes weist auf
die vorurteilsfrei menschenzugewandte,
soziale, harmoniebedürftige Seite seiner
Persönlichkeit hin. Die Frage stellt sich,
ob all dies mit dem „Geheimnis“ seines
Erfolges zusammenhängt: ein schuldenfreies Krankenhaus mit umfangreichen
baulichen, medizintechnischen und personellen Investitionen fast jedes Jahr,
immer mehr hochqualifizierte und habi-
litierte Ärzte, keine Auseinandersetzungen mit Kassen und Tarifpartnern, viele kulturelle und hochkarätige deutschlandpolitische Veranstaltungen. „Ja, ich
habe meine Verhandlungspartner und
die Mitarbeiter nie eingeengt, habe ihre
Meinung gehört und respektiert, habe
ihnen vertraut und weitgehende Verantwortung übertragen.“ Das gilt besonders für die Ärzte, derzeit 110 Vollzeitstellen (1997: 51) bei über 17.000 stationären Patienten: „Erst kommt bei uns
die Medizin, d. h. die Ärzte und die assistierenden Berufe, und dann der wirtschaftliche Erfolg.“ Wirtschaftliche Vorgaben hat der Fußballfan nie gemacht,
nicht einmal den Wirtschaftsplan mitgeteilt („wäre ein Tabubruch“): „Die Leistungen kamen dann gern und aus eigenem Antrieb.“
Der gute Geist einer menschlichen
Führung im Sinne von „Leben und leben lassen“ hat sich offenbar vertikal von
der Spitze her ausgedehnt auf Chefärzte, Oberärzte und Assistenzärzte. „Ich
denke, sie haben es gut in Reinbek, leider nur mit zu viel bürokratischer Belastung.“ Ist Obst also der ideale Krankenhauschef? „Nein, auf keinen Fall, ich
mache vieles nicht, habe mich um viele Details nie gekümmert, weil ich gute
Mitarbeiter dafür habe.“ Seine Sache ist
die große Linie und das Einstellen auf
zukünftige Entwicklungen, unterstützt
wurde er dabei von einem besonderen
Berater, Prof. Fritz Beske in Kiel. So ist
sein Ausblick nach vorn natürlich optimistisch: „Um unser doch recht stabiles,
erfolgreiches Gesundheitswesen ist mir
nicht bange – also Hoffnung für die Zukunft des deutschen Krankenhauswesens.“ Horst Kreussler
Foto: Krankenhaus reinbek St. Adolf-stift
KURZ NOTIERT
J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
S E R I E // 3 5
AUS GA B E 6 | J U N I 2 0 1 6
I
m letzten Beitrag „E-Health-Gesetz
– neue Anwendungen für Ärzte und
Versicherte kommen“ wurden die Anwendungen der Telematikinfrastruktur (wie z. B. Notfalldaten, Medikationsplan) und deren gesetzlich vorgegebenen Einführungstermine vorgestellt. Um diese neuen Anwendungen zu
nutzen, brauchen Ärzte den elektronischen Arztausweis (eArztausweis).
So wie sich der neue elektronische
Personalausweis in den letzten Jahren
durchgesetzt hat, wird im Gesundheitswesen der elektronische Arztausweis
(eArztausweis) zunehmend Verbreitung finden. Denn er ist das Instrument,
das seinem Inhaber die Zugehörigkeit
zum Beruf „Arzt“ auch in der elektronischen Welt attestiert. Dies ist notwendig,
da der Gesetzgeber vorgegeben hat, dass
ein Zugriff auf die Daten der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) grundsätzlich nur durch Berechtigte erfolgen
darf. Je nach Anwendung sind dies z. B.
Ärzte oder Apotheker. Daher müssen
diese Berechtigten mit einem entsprechenden elektronischen Ausweis ausgestattet sein. Im Vergleich zu allen anderen elektronischen Heilberufsausweisen
(z. B. für Apotheker, Rettungsassistenten) verfügt der eArztausweis über die
umfassendsten Zugriffsrechte und Möglichkeiten.
E - H E A LT H
e-Arztausweis
tere Einsatzmöglichkeiten an. Der eArztausweis ist in der digitalen Welt so auch
beispielsweise zur Eröffnung eines Online-Bankkontos nutzbar.
Beantragung eines eArztausweises
Da der eArztausweis in der Onlinewelt weitreichende Einsatzmöglichkeiten hat, ist die Ausgabe der eArztweise mit deutlich höheren Sicherheitsmaßnahmen verbunden als die Ausgabe der
alten Papierausweise. Daher ist eine sichere Identifizierung des antragstellenden Arztes Voraussetzung für den Erhalt
eines eArztausweises. Ihre Ärztekammer
Serie der Bundesärztekammer
ist zwar weiterhin für die Ausgabe der
über die einzelnen Anwendungen
eArztausweise zuständig, die notwendige technische Infrastruktur für eArztder Telematik-Infrastruktur.
ausweise wird jedoch von Dienstleistern
– QES) erstellen. Diese Signatur ist
angeboten. Diese sogenannten Zertifider handschriftlichen Unterschrift in zierungsdienstanbieter (ZDAs) sind soder Papierwelt gleichgestellt. Mit ihr
mit in die Ausgabe der eArztausweise inkönnen Arztbriefe für Kollegen oder volviert: Die ZDAs produzieren die Ausauch Abrechnungsunterlagen für die weise und betreiben die Technik für die
Kassenärztliche Vereinigung rechtssi- elektronische Signatur etc. Zurzeit stellt
cher elektronisch unterschrieben und ein Anbieter (Medisign GmbH) eArztversendet werden.
ausweise her. Perspektivisch, d. h. ab
4. Der eArztausweis ist in der Lage, me- etwa Mitte 2016 werden zwei weitere Andizinische Daten, die mit ihm versen- bieter, nämlich die Bundesdruckerei und
det werden, zu ver- und entschlüsT-Systems, ebenfalls in den Markt einseln. Damit steigt das Datenschutzni- treten. Je nach Anbieter und Zugehörigveau bei der Übertragung personen- keit zu einer Ärztekammer werden unbezogener medizinischer Daten deut- terschiedliche Identifizierungsverfahlich.
ren angeboten. Immer ist eine IdentifiFunktionen
5. Mit dem eArztausweis kann auf die
zierung in einer Postfiliale möglich (über
Patientendaten zugegriffen werden,
Der eArztausweis besitzt fünf Funkdas sogenannte Post-Ident-Verfahren).
die auf der eGK abgespeichert sind.
tionen:
Der eArztausweis ist kostenpflichtig,
Dies bezieht sich absehbar auf die
1. Wie sein klassischer Vorgänger, der
zurzeit liegen die monatlichen Kosten
Anwendungen „Notalldaten“ und
Arztausweis in Papier, dient er als
bei 7,90 Euro.
„Medikationsplan“.
Sichtausweis (bspw. um sich in einer
Grob skizziert sind für die BeanDiese Übersicht über die FunktioApotheke als Arzt auszuweisen).
tragung eines eArztausweises folgende
nen zeigt, dass der eArztausweis zukünf- Schritte notwendig:
2. Mit ihm ist es möglich, sich in der
tig integraler Bestandteil der ärztlichen
elektronischen Welt als Arzt auszu1. Ausfüllen der Antragsunterlagen
Berufsausübung werden wird.
weisen (z. B. bei Portalen von Kamdurch den Arzt;
mern, Arztnetzen). Bisherige relaa. online im Antragsportal des Einsatzgebiete (s. Tabelle)
tiv unsichere Anmeldeverfahren wie
Anbieters
Weitere Anwendungen, die den
„Username/Password“ können erb. mit der Möglichkeit des Hoch
kostet der eArztauseArztausweis benötigen, werden folgen
setzt und auf ein höheres Sicherheits- weis derzeit im Mo
ladens eines Passbildes (Alter
nat. Die Einsatzgebie- (z. B. Prüfung der Arzneimitteltherapieniveau angehoben werden.
nativ Foto aufkleben)
te werden sich in den
3. Der Inhaber kann mit dem eArztaus- kommenden Monaten sicherheit, Abbildung der Organspenc. ausdrucken und unterschrei
deerklärung auf der eGK). Auch jenseits
weis eine elektronische Unterschrift
ben
und Jahren noch erdes Gesundheitswesens bieten sich wei- 2. Identifizierung des antragstellenden
(Qualifizierte elektronische Signatur weitern.
Arztes anhand des Personalausweises
mit Übergabe der Antragsunterlagen
Für die folgenden Anwendungen, für die das E-Health-Gesetz feste Einführungstermine vorgesehen hat,
in der Identifizierungsstelle. Die Ärzwird der eArztausweis benötigt:
tekammer Schleswig-Holstein bietet
drei Varianten der Identifizierung an:
ANWENDUNG
FUNKTION DES EARZTAUSWEISES
TERMIN
Post-Ident, Kammer-Ident, zeitverVersand von
Signatur des Arztbriefes und Verschlüsselung der
ab 01.01.2017
setztes Ident.
eArztbriefen
Inhalte
3. Übermittlung des bestätigten Antrages an die zuständige Ärztekammer.
Notfalldaten auf der
Zugriff auf die Daten der eGK des Patienten,
ab 01.01.2018
eGK
Signatur des Notfalldatendatensatzes bei Erstanlage
Die Ärztekammer prüft, ob der Anund darauffolgenden Aktualisierungen
tragsteller Arzt und Mitglied der ÄrzteMedikationsplan auf
Zugriff auf die Daten der eGK des Patienten
ab 01.01.2018
kammer ist. Fällt die Prüfung positiv aus,
der eGK
erteilt die Ärztekammer dem Anbieter
die Erlaubnis einen eArztausweis herePatientenakte unter
Zugriff
ab 01.01.2019
zustellen. Der Anbieter produziert und
Verfügungsgewalt des
versendet den eArztausweis an den anPatienten
tragstellenden Arzt.
7,90 Euro
3 6 // A R Z T & R E C H T
J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
DER SCHLICHTUNGSFALL
behandelbar gewesen. Die durchgeführte Operation sei nicht lege artis erfolgt,
da unmittelbar vor Eröffnung des gelben
Bands keine Röntgenkontrolle erfolgt sei
und auch intraoperativ eine bildgebende
Diagnostik hätte erfolgen müssen, gerade wenn sich Befunde während der Operation als unschlüssig darstellen würden.
Danach hätte eine postoperative Röntgenkontrolle zu erfolgen. Es wurde ein
für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) erstattetes Gutachten
vorgelegt, welches einen Behandlungsfehler feststellt. Es habe nur eine relative
Indikation bestanden und es seien keine
intra- und postoperativen Röntgenkontrollen vorgenommen worden.
Bandscheibenoperation im
falschen Segment
Aus der Praxis der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern.
Kasuistik
Bei einer Patientin wurde wegen seit
drei bis vier Wochen bestehender Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in das
rechte Bein und nachfolgender konservativer Therapie eine MRT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule (LWS) am
1. August durchgeführt. Hierbei zeigte
sich eine Höhen- und Signalminderung
der Bandscheibe bei LW4/5 mit Ausbildung einer kräftigen medialen subligamentären Bandscheibenvorwölbung im
Sinne eines subligamentären medialen
Bandscheibenvorfalls, der den Duraschlauch und die Nervenwurzelabgänge L5
beidseits deutlich pelottierte. Drei Wochen später wurde die Patientin von einem Neurochirurgen untersucht mit der
Diagnose „Massenprolaps LW4/5 rechts“.
Bei der Untersuchung bestand ein rechts
positives Trendelenburgzeichen. Daraufhin befand sie sich in stationärer Behandlung und wurde von dem Neurochirurg am 5. September operiert.
Im Operationsbericht wurde zu Beginn notiert, dass die Patientin in KnieBrust-Lagerung operiert wurde und eine
Nadelmarkierung und Röntgenkontrolle erfolgte. Unter mikroskopischer Sicht
erfolgten nach interlaminärer Fensterung ein stumpfes Aufdrängen des subligamentären Bandscheibenvorfalls mit
dem Dissektor und Ausräumen des Zwischenwirbelraums sowie Neurolyse L5
rechts. Laut Entlassungsbericht war der
postoperative Verlauf unkompliziert.
Daran schloss sich eine Anschlussheilbehandlung an. Bei Aufnahme bestanden Schmerzen im rechten Oberschenkel verbunden mit nächtlichen Krämpfen sowie Kribbelparästhesien, keine Paresen, PSR rechts nicht sicher auslösbar,
Lasègue beidseits negativ. Der Abschlussbefund war unverändert.
Am 20. Oktober erfolgte eine Wiedervorstellung bei dem Neurochirurgen.
Von ihm wurde eine starke Schmerzsymptomatik lumbosakral ohne neurologisches Defizit beschrieben. Am 9. November erfolgte eine MRT-Kontrolle
der LWS. Die Beurteilung lautete: „Zu-
Stellungnahme des Neurochirurgen
Der Arzt erwidert, es habe eine relative Operationsindikation vorgelegen.
Bei der in Knie-Brust-Lagerung durchgeführten mikrochirurgischen Bandscheibenoperation sei die Verifizierung
der anzugehenden Höhe durch präoperative Röntgenkontrolle in Operationslagerung und Narkose erfolgt. Er habe
sich zur Operation der am Beckenkamm
nächstgelegenen Etage entschlossen.
„Zur Sicherheit“ sei vor Eröffnung des
gelben Bands digital ausgetastet worden. In der angegangenen Höhe habe
sich kein freier Bandscheibenvorfall befunden. Eine Bandscheibeninhaltsentleerung sei aber auch anhand des MRT
nicht zu erwarten gewesen. Aus diesem
Grunde sei die Bandscheibe in üblicher
Weise mikrochirurgisch ausgeräumt
und der operative Eingriff ohne Störung
beendet worden. Der gute postoperative
Verlauf habe ihn bestärkt, dass die richtige Pathologie angegangen worden sei.
Laut Literaturangaben würden Höhenprobleme bei mikrochirurgischen Operationen in 0,5 bis 5 Prozent angegeben.
Es sei nicht der Fall, dass eine intraoperative Röntgenuntersuchung obligat vor
Eröffnung des gelben Bands zu erfolgen
habe. Eine entsprechende Leitlinie würde nicht existieren und auch den Prinzipien der Strahlenhygiene widersprechen. Beides gelte auch für die postulierte postoperative Röntgenkontrolle
stand nach Bandscheiben-OP in Höhe
LW3/4. Deutliche Anhebung des hinteren Längsbandes bei LW4/5 mit Nachweis eines ausgedehnten dorsomedianen
subligamentären Bandscheibenvorfalls
und deutlicher Bedrängung der ventralen Duraschlauchkontur und Einengung der Neuroforamina beidseits“. Am
25. November erfolgte laut Eintragung
in der Karteikarte des Neurochirurgen
eine Auswertung des MRT vom 9. November. Es wurde notiert, dass die Patientin nicht noch einmal operiert werden
möchte, es gehe ihr wieder besser.
Am 14. Februar des Folgejahrs wurde die Patientin im Segment LW4/5
rechts in einer anderen Neurochirurgischen Klinik operiert. Bei Aufnahme bestanden keine Lähmungen oder sensiblen Ausfälle. Der rechtsseitige Lasègue
war endgradig positiv. Postoperativ bestanden keine neurologischen Defizite, die Schmerzsymptomatik war regredient.
Im März erfolgte eine dreiwöchige erneute stationäre Rehabilitationsbehandlung. Bei der Abschlussuntersuchung gab die Patientin noch Schmerzen im LWS-Bereich an. Es bestanden
noch Kribbelparästhesien im Fußsohlenbereich, PSR und ASR waren seitengleich gut auslösbar, Lasègue beidseits
negativ.
Beanstandung der ärztlichen Maßnahmen
Die Patientin beanstandet, dass eine
Operation LW3/4 am 5. September medizinisch nicht indiziert gewesen sei.
Zudem sei sie ohne Einwilligung erfolgt.
Die beabsichtigte Entfernung des Bandscheibenvorfalls LW4/5 sei weiterhin
ohne eine klare neurologische Ausfallsymptomatik erfolgt, weshalb die Operation auch bei richtiger Etage medizinisch jedenfalls nicht indiziert gewesen sei. Zudem sei die Patientin über Alternativen, Risiken und andere Behandlungsmethoden nicht aufgeklärt worden.
Die sich seinerzeit darstellenden Wirbelsäulenveränderungen seien konservativ
Fazit
Ein Abgleich des präoperativen Bildmaterials mit einer intraoperativen Röntgenkontrolle zur Verifizierung des avisierten
Bandscheibensegments hilft dem Patienten und dem Operateur – insbesondere bei lumbosakralen
Übergangsanomalien.
Gutachten
Der beauftragte Gutachter, Facharzt
für Neurochirurgie, ist der Auffassung,
dass die Operation am 5. September aufgrund der Massivität des neuroradiologischen Befunds mit therapieresistenten Beschwerden indiziert gewesen
sei. Durch die massive Quetschung der
Dura hätten weitere neurologische Störungen bis hin zum Kauda equina-Syndrom gedroht. Allerdings sei die Operation nach Art und Umfang nicht fachgerecht durchgeführt worden. Fehlerhaft
sei intraoperativ nicht eine Höhensicherung an der Lendenwirbelsäule vorgenommen worden. Es sei unklar, warum
A R Z T & R E C H T // 3 7
AUS GA B E 6 | J U N I 2 0 1 6
ANzeige
Foto: UPD
angesichts des deutlichen Bandscheibenvorfalls im Sinne eines Massenprolaps intraoperativ nicht die nötigen Konsequenzen gezogen worden seien. Hierbei würde die richtig adressierte Operationshöhe durch die Massivität des Befunds bestätigt werden. Wenn man kein
entsprechendes pathologisches Korrelat
finden würde, müsse intraoperativ die
Höhe mittels Durchleuchtung überprüft
werden. Die Fehleinschätzung sei allerdings begünstigt worden durch die lumbosakrale Übergangsstörung, wenn man
sich intraoperativ lediglich auf den Tastbefund zur Bewertung der Segmenthöhe
verlassen würde. Diese Übergangsstörung sei anhand der präoperativ durchgeführten konventionellen Bildgebung
der LWS in zwei Ebenen erkennbar. Die
Operation einer falschen Bandscheibenhöhe sei vermeidbar, wenn man die konventionelle präoperative Röntgendiagnostik berücksichtigen, intraoperativ
Diskrepanzen zur Bildgebung korrekt
einschätzen und eine intraoperative Höhensicherung mittels Durchleuchtung
vornehmen würde, was im vorliegenden Fall unterlassen worden sei. Insofern sei von einem vermeidbaren Fehler
auszugehen.
Bei richtigem ärztlichem Handeln
wäre eine Besserung der Beschwerden
zu erwarten gewesen. Postoperativ sei es
zu einer deutlichen Höhenminderung
der Bandscheibe LW3/4 gekommen, was
mit der Wahl der richtigen Segmenthöhe hätte vermieden werden können. Bis
zur Nachoperation seien anhaltende Beschwerden dokumentiert. Von einer
postoperativ verstärkten Degeneration der Bandscheibe LW3/4 sei auszugehen. Ein zu erwartender Dauerschaden
sei eher als gering einzuschätzen und die
prolongierte Schmerzsymptomatik lediglich temporär bis zur Nachoperation begrenzt.
Stellungnahmen zum Gutachten
Der Sachverhalt nach der am 5. September durchgeführten Operation sei
nach Ansicht der Patientin nur ungenügend dargestellt worden, da eine alleinige Bezugnahme auf die Patientenkartei erfolgt sei. Es sei nicht richtig, dass
die Patientin am 25. November nicht
noch einmal hätte operiert werden wollen. Der Neurochirurg habe erklärt, dass
er mit seiner Arbeit nicht zufrieden sei,
aber nicht die Patientin darüber aufgeklärt, dass in der falschen Etage operiert
worden sei. Daraufhin habe sich die Patientin entschlossen, eine zweite Mei-
KURZ NOTIERT
„Mehr Nähe, mehr Fachkompetenz“
Thorben Krumwiede, Geschäftsführer
der neuen Unabhängigen Patientenberatung Deutschland
(UPD), will den Bürgern mehr und bessere Beratung bieten.
In einer ersten Zwischenbilanz zur Tätigkeit der neuen Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) hat
der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Staatssekretär Karl-Josef Laumann, ein positives Fazit gezogen. Rund vier
Monate nach dem Start sagte Laumann im Mai in Berlin: „Ich
bin sehr zufrieden mit der bisherigen Arbeit der neuen UPD.“
Laumann hält das Beratungsangebot für „deutlich verbessert“.
Er bezieht sich auf längere telefonische Erreichbarkeit und die
Aufstockung von 21 auf bundesweit 30 Beratungsstellen. In
Schleswig-Holstein gibt es allerdings nur einen festen Standort, und zwar in Kiel (Wittland 2-4). Hinzu kommen UPDMobile, die in ganz Deutschland unterwegs sind. „Damit erreicht die UPD diejenigen Patienten, die nicht in der Nähe einer der Beratungsstellen wohnen“, sagte Laumann. In Schleswig-Holstein werden jedes Quartal Lübeck, Flensburg, Neumünster, Schleswig, Heide, Husum und Norderstedt von den
Mobilen angefahren. Die ersten Besuche in diesen Städten
fanden im April statt, die nächsten sind für Juli vorgesehen.
Zum Zeitpunkt des Fazits am elften Mai hatte die UPD
rund 24.000 Menschen beraten, dies liegt über dem Niveau
des Vorjahres. Für die Beratungsteams arbeiten Sozialversicherungsfachangestellte, Psychologen, Juristen und Mediziner.
Die Erreichbarkeit des Teams wurde verbessert. In der Vergangenheit mussten Ratsuchende im Durchschnitt bis zu 2,8
Mal bei der UPD anrufen, um mit einem Berater zu sprechen.
Bis Mai konnte dieser Wert auf 1,5 reduziert werden.
UPD-Geschäftsführer Thorben Krumwiede will „mehr
Bürgernähe, bessere Erreichbarkeit und mehr Fachkompetenz
der Berater“ mit seinen Teams erzielen. Die ersten Monate
hätten gezeigt, dass sich die UPD auf einem guten Weg befinde. Er sprach davon, „eine gute Idee noch besser zu machen“.
Dazu sollen auch die Einführung einer Online-Beratung und
eine neue App beitragen. Die Berater können für die Beantwortung der Fragen auf Wissensportale mit den für sie notwendigen Informationen zurückgreifen.
Die UPD arbeitet wie berichtet seit Jahresbeginn unter
neuer Trägerschaft. Die bisherigen gemeinnützigen Träger –
der Sozialverband VdK, die Verbraucherzentrale Bundesverband und der Verbund Unabhängiger Patientenberatung –
waren bei einer Ausschreibung zur UPD-Fortsetzung unterlegen. Durchgesetzt hatte sich wie berichtet die Duisburger Sanvartis GmbH, die auch für Krankenkassen tätig ist. Kritiker
sehen darin einen Verstoß gegen die Unabhängigkeit und gegen Patienteninteressen. Bei der europaweiten Ausschreibung
ging es um viel Geld: In den kommenden sieben Jahren stehen
für die Arbeit der UPD insgesamt 63 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung. (PM/Red)
3 8 // A R Z T & R E C H T
J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
Weniger Behandlungsfehler
Die Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Nord (MDK Nord) haben im vergangenen Jahr
erstmals einen Rückgang bei Behandlungsfehlern festgestellt.
Laut Mitteilung des MDK sank die Zahl der ärztlichen oder
pflegefachlichen Behandlungsfehler in Schleswig-Holstein
und Hamburg zusammen um 53 auf 173. Im Jahr 2014 waren
noch 226 Behandlungsfehler vom MDK in den beiden NordBundesländern festgestellt worden.
Die Krankenkassen haben sich im vergangenen Jahr mit
insgesamt 3.427 Verdachtsfällen an den Fachbereich des MDK
gewandt. Auch dies ist im Vergleich zu 2014 (3.746) ein deutlicher Rückgang. In allen Fällen wurde laut MDK zunächst
untersucht, ob ein angezeigter Verdacht auch aus medizinischer Sicht vorhanden war, bevor eine ausführliche Begutachtung vorgenommen wurde. Für diese Begutachtung blieben
828 Vorwürfe übrig, die vom MDK zunächst als „stichhaltig“
eingestuft wurden. Als tatsächlichen Behandlungsfehler stuften die Gutachter schließlich nur jeden fünften dieser Fälle
ein. 28 Prozent der 173 Fälle stammten aus der Unfallchirurgie
oder von orthopädischen Operationen. es folgen die Zahnmedizin (14 Prozent), die Frauenheilkunde und die Bauchchirurgie (jeweils sechs Prozent). Einen ursächlichen Zusammen4000
3500
3.746
3.427
2014
2015
3000
2500
2000
1500
1000
850
828
500
0
226
Verdachtsfälle
stichhaltige Fälle
173
Behandlungsfehler
hang zwischen dem Fehler und dem Schaden für den Versicherten konnten die Gutachter in 91 Prozent dieser Fälle feststellen. Weitere medizinische Behandlungen waren in 76 Prozent der Fälle erforderlich.
Für die Feststellung eines Behandlungsfehlers prüfen die
Gutachter laut Mitteilung des MDK in jedem Fall, ob die Behandlung nach „anerkanntem medizinischen Standard“ ausgeführt wurde. „Nur wenn die Behandlung nicht gemäß diesem Standard erfolgte, haben die Versicherten eine Chance,
dass Schadenersatzforderungen anerkannt werden“, heißt es
in der Mitteilung.
Die für die Versicherten kostenfreien Gutachten des MDK
stehen diesen über ihre gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung. Nach Ansicht von Dr. Bernhard van Treeck, leitender Arzt des MDK Nord, trägt der Dienst damit zur Patientensicherheit bei. Außerdem stärkten die Begutachtungen die
Position der Patienten gegenüber Behandlern, Kliniken und
deren Haftpflichtversicherungen. Trotz der aktuell rückläufigen Zahlen erwartet der MDK keine dauerhafte Reduzierung. Die Zahlen des ersten Quartals 2016 lagen nach Angaben des Dienstes „wieder deutlich über den Vergleichszahlen
von 2015“. PD Dr. Dimitrios Psathakis, Fachbereichsleiter Behandlungsfehler beim MDK Nord, wollte nicht ausschließen,
dass sich der Rückgang auch als „Schwankung“ herausstellen
könnte. (PM/Red)
nung einzuholen. Die Einschätzung zu
den im MRT festgestellten Befunden.
einem Dauerschaden, wie im GutachBei der durchzuführenden intraoperatiten vorgenommen, würde als erhebliven Röntgenkontrolle hätte sich gezeigt,
cher angesehen. Durch die als fehlerdass zunächst das falsche Segment angehaft festgestellte erste Operation im Seg- gangen wurde. Daraufhin wäre die Opement LW3/4 sei völlig unauffälliges Ma- ration des korrekten Segments LW4/5
terial in einem beträchtlichen Maße ent- erfolgt.
fernt worden.
Gesundheitsschaden
Ärztlicherseits wird vorgetragen,
dass die im Gutachten nachbefundeten
Bei korrektem Vorgehen wäre mit eiRöntgenaufnahmen der LWS vom 11. Juli ner Rückbildung der vor der Operatiweder zum Zeitpunkt der Indikationson am 5. September vorhandenen Rüstellung noch zum Zeitpunkt der Bandckenschmerzen mit Ausstrahlung in das
scheibenoperation am 5. September vor- rechte Bein zu rechnen gewesen. Durch
gelegen hätten. Die OP-Lagerung der
das fehlerhafte Vorgehen ist es zu folKnie-Brust-Lagerung sei mit den MRTgenden zusätzlichen GesundheitsbeeinUntersuchungsverhältnissen im Liegen
trächtigungen gekommen: Höhenminnicht vergleichbar. Ob bezüglich der Be- derung und verstärkte Degeneration
schwerden das operierte Bandscheiben- der Bandscheibe LW3/4, Schmerzen im
segment nicht doch ausschlaggebend
rechten Oberschenkel mit nächtlichen
gewesen sein könnte, bleibe auch nach
Krämpfen und Kribbelparästhesien bis
dem Gutachten offen, da bei Patienten
zur zweiten Operation am 14. Februar
mit Übergangsstörungen Wurzelverteides Folgejahrs, die ohne den Fehler nicht
lungsanomalien auftreten könnten.
notwendig gewesen wäre.
Bezüglich der erhobenen AufkläBewertung der Haftungsfrage
rungsrüge gilt, dass sich der SchadensDie Schlichtungsstelle schließt sich
ersatzanspruch aus dem dargelegten Bedem Gutachten im Ergebnis an. Die
handlungsfehler ergibt. Hierüber war
Operation am 5. September mit Planung nicht aufzuklären, weil ärztliche Beeiner operativen Behandlung des Band- handlungsfehler zu unterbleiben haben
scheibenvorfalls LW4/5 war indiziert.
und nicht durch Aufklärung zu bewältiDie Operation wurde jedoch nach Art
gen sind. Der Aufklärung unterliegt leund Umfang nicht fachgerecht durchge- diglich das allgemeine Risiko, das mit eiführt, da der aufgrund der vorliegenden ner kunst- und sachgerecht ausgeführKernspintomographie nachgewiesene
ten ärztlichen Behandlung verbunden ist.
Bandscheibenvorfall in Segment LW4/5 Dieses Risiko hat sich nicht verwirklicht,
nicht operiert wurde, sondern stattdesweil es durch den festgestellten Behandsen fälschlicherweise das nicht betroffe- lungsfehler überlagert worden ist. Ein
ne Segment LW3/4. Wie im Gutachten
etwaiger Aufklärungsmangel ist vorlieausgeführt und aus der Fachliteratur be- gend nicht kausal geworden, weil durch
kannt, ist eine Operation eines falschen
den nachfolgenden Geschehensverlauf
Bandscheibensegments im Bereich der
überholt (vgl. hierzu OLG Zweibrücken
Lendenwirbelsäule als vermeidbar zu be- VersR 99,719).
werten. Durch sorgfältige Auswertung
Prof. Matthias Brandt,
des präoperativen Bildmaterials und AbFacharzt für Neurochirurgie,
gleich mit einer intraoperativen RöntÄrztliches Mitglied
genkontrolle hätte eine Verifizierung
Kerstin Kols, Schlichtungssteldes avisierten Segments erfolgen müsle für Arzthaftpflichtfragen der
sen. Die im Operationsbericht beschrienorddeutschen Ärztekammern
benen Befunde unterschieden sich von
Rechnungskürzung war zulässig
E
in Krankenhaus hat keinen Anspruch auf die vollumfängliche Vergütung, wenn
es verbindliche Qualitätsvorgaben nicht erfüllt. Das Bundessozialgericht (BSG)
in Kassel entschied vor Kurzem in einer Revisionsverhandlung, dass die Krankenkasse in solchen Fällen die Rechnungen kürzen darf.
Auslöser für den Rechtsstreit war die Behandlung eines Patienten mit Bauchaortenaneurysma, für dessen stationäre Therapie das Krankenhaus dem Kostenträger eine Rechnung stellte, die von der Krankenkasse anschließend deutlich gekürzt
wurde. Zur Begründung führte sie an, dass die Stationsleitung der Intensivstation
nicht den hierzu erforderlichen Leitungslehrgang absolviert hatte. Die an den Leitungslehrgang zu stellenden Anforderungen sind an den Empfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zur Weiterbildung von Krankenpflegepersonen für die pflegerische Leitung eines Bereiches im Krankenhaus und anderen
pflegerischen Versorgungsbereichen zu messen. Der vom Stationsleiter absolvierte „modulare Führungskurs“ genügt diesen Anforderungen nicht. Az: B 1 KR 28/15
R (PM/RED)
Grafik Quelle: MDK Nord
KURZ NOTIERT
M E D I Z I N & W I S S E N S C H A F T // 3 9
AUS GA B E 6 | J U N I 2 0 1 6
DIABETESKONGRESS
Initialzündung
für Neubeginn
Bei der Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft
(DDG) standen neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf
der Agenda. Auch das aha!-Projekt wurde vorgestellt.
D
iabetes zählt zu den häufigsten
chronischen Erkrankungen weltweit. Derzeit sind 6,7 Millionen
Menschen hierzulande an Diabetes erkrankt, über 95 Prozent an
Diabetes Typ 2. Jährlich kommen
etwa 270.000 Neuerkrankungen
hinzu. „Der größte Teil der Patienten
wird vom Hausarzt betreut. Eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Hausärzten und Diabetologen ist
daher unverzichtbar“, sagte DDG-Präsident Prof. Baptist Gallwitz aus Tübingen.
Dr. Carsten Petersen aus Schleswig
stellte in Berlin erste aktuelle Ergebnisse des von ihm initiierten Präventionsprogramms aha! (www.ab-heute-anders.
de) vor. Ziel von aha! ist es, Risikopatienten frühzeitig zu identifizieren und
mit hausärztlicher Unterstützung und
angeleiteten Lebensstilinterventionen
eine Krankheitsmanifestation zu verzögern oder gar zu vermeiden. Aufgenommen werden in das Programm insbesondere Versicherte mit erkennbarer abdomineller Adipositas, familiärer Disposition und bewegungsarmem Lebensstil.
Mithilfe des schnell durchführbaren,
acht Fragen umfassenden FINDRISKTests (Finnish Diabetes Risk Score) lässt
sich das 10-Jahres-Risiko für eine Diabeteserkrankung ermitteln. „Seit Juli
2014 haben wir den Test bei 812 Versicherten durchgeführt, von denen 805 in
das aha!-Programm aufgenommen wurden. Bis April 2016 haben 52 Versicherte
das vollständige Programm – drei Monate Intervention, zwölf Monate Follow-up – durchlaufen“, erläuterte Petersen in Berlin.
Die Interventionsstrategie verfolgt
fünf Ziele: Körpergewicht um fünf bis
sieben Prozent abbauen; an mindestens
fünf Tagen in der Woche jeweils 30 Minuten so bewegen, dass man etwas ins
Schwitzen kommt; die tägliche Nahrung sollte zu maximal 30 Prozent aus
Fett bestehen; davon sollten höchstens
zehn Prozent gesättigte Fettsäuren sein,
die zum Beispiel in Butter, Käse, Wurst,
Fleisch und Kuchen enthalten sind; täglich 30 Gramm Ballaststoffe essen, also
Vollkornbrot, Beerenfrüchte, viel Gemüse. Zusätzlich wird empfohlen, weniger
zuckerhaltige Getränke zu sich zu nehmen. Unterstützend erhalten die Teilnehmer ein sogenanntes aha!-Startset,
unter anderem mit Theraband, Ernährungs- und Bewegungstagebuch.
„Im Mittel konnten die Teilnehmer
ihr Gewicht um 5,8 kg reduzieren, der
Taillenumfang verringerte sich um 6,7
cm“, erklärte Petersen. 40 Prozent – die
Frauen wogen initial bei 1,66 m durchschnittlich 100 kg, die Männer bei 1,81 m
118 kg, das Diabetes-Manifestationsrisiko lag bei 33 Prozent – konnten ihr Gewicht reduzieren, 60 Prozent den Bauchumfang verringern. 79 Prozent der Teilnehmer sind auch weiterhin mindestens
30 Minuten pro Tag körperlich aktiv.
„Die ersten Auswertungen deuten darauf hin, dass aha! eine effektive Intervention darstellt, um Risikofaktoren bei Versicherten mit hohem Diabetesrisiko zu
reduzieren“, bilanzierte Petersen. Viele
Patienten seien froh, von ihrem Arzt angesprochen worden zu sein, so Petersen.
„Die aha!-Teilnahme ist für viele Versicherte eine Initialzündung zur Lebensstilveränderung; sie hilft ihnen, sich bewusster zu ernähren und im Alltag mehr
zu bewegen. Viele streben an, in 100 Tagen ´Schritte-Millionär´ zu werden, also
täglich mindestens 10.000 Schritte zu
absolvieren. Diese Rückmeldungen sind
ein toller Erfolg!“
Getrübt wird dieser allerdings durch
eher geringes Engagement der Ärzte in
Schleswig-Holstein, so Petersen. „Seit
Juli 2014 ist das Modellprojekt eine vertragsärztliche Leistung, die vergütet
wird. Die Zahl der teilnehmenden Ärzte in Schleswig-Holstein beträgt 330. Leider sind sie sehr unterschiedlich aktiv;
einzelne Kollegen haben das Screening
bei bis zu 40 Versicherten durchgeführt.
Mindestens die Hälfte der eingeschriebenen Ärzte hat aber bisher keinen einzigen FINDRISK-Test durchgeführt.“
Aktuelle Forschungen aus dem Bereich der Fettgewebshormone stellte Prof. Hendrik Lehnert von der Universität Lübeck und dem UKSH, Campus Lübeck, in Berlin vor. Fettgewebe
ist eines der endokrin aktivsten Gewebe des Menschen, insbesondere im weißen Fettgewebe werden zahlreiche sogenannte Adipokine – also Fettzellprodukte mit hormonähnlicher Wirkung – gebildet und sezerniert. Adipokine verfügen über metabolische Effekte,
insbesondere was Nahrungsaufnahme,
Thermogenese und Insulinsensitivität
angeht. „Während die wissenschaftlichen
Erkenntnisse über Adipokine weit fortgeschritten sind, sind die klinischen Anwendungsbereiche noch sehr spärlich
und weit davon entfernt, Eingang in tägliches ärztliches Handeln zu finden“, erläutert Lehnert.
Am besten belegt seien die Effekte
des Fettgewebshormons Leptin bei Patienten mit defektem Leptin-Gen, die zum
Teil massiv an Gewicht zunehmen, weil
die nahrungssupprimierende Wirkung
des Hormons fehle. Der Einsatz von Lepsteht für das Präventin führe bei diesen Patienten – ähnlich
tionsprojekt „ab heute wie die Insulinwirkung bei Diabetes Typ
anders“.
1 – zu einer teils dramatischen Gewichtsabnahme und Verbesserung aller metabolischen Parameter. Dagegen hat sich
der Einsatz von Leptin bei der nicht leptindefizienten Adipositas nicht bewährt.
Risikopatienten solÄhnlich wie bei der Insulinresistenz bei
len früher identifiziert
Diabetes Typ 2 liege bei diesen Patienten
und mit hausärztlicher Unterstützung zu eine Leptinresistenz vor, so Lehnert.
Derzeit untersuche eine ArbeitsLebensstiländerungen
bewegt werden.
gruppe von UKSH-Wissenschaftlern
in Lübeck die Wirkung einer intranasalen Leptingabe; im Tiermodell habe sich
eine deutliche Gewichtsreduktion gezeigt. Ausblick von Lehnert: „Langfristig
40 Prozent der Teilhoffen wir, dass die intranasale Gabe von
nehmer konnten ihr
Adipokinen wie Leptin oder Nesfatin
Gewicht und ihren
1 zu nachweisbaren und langanhaltenTaillenumfang reduden positiven Effekten auch beim Menzieren und sind dauschen führt.“
erhaft körperlich aktiv.
Uwe Groenewold
aha!
Ziel
Ergebnis
4 0 // F O R T B I L D U N G E N
J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
Fortbildungstermine Juni/Juli 2016
AKADEMIE FÜR MEDIZINISCHE FORT- UND WEITERBILDUNG
EDMUND-CHRISTIANI-SEMINAR
JUNI/JULI 2016
JUNI/JULI 2016
18. JUNI
8. Info-Tag für Existenzgründer & Praxisabgeber der
APO-Bank, KVSH & ÄKSH
9:00 - 17:00 Uhr
AB 17. JUNI
Teamentwicklung
Beginn: 15:00 Uhr
AB 18. JUNI
Balint-Gruppe,
Beginn: 9:30 Uhr Warteliste
22. JUNI
Aktualisierung der Kenntnisse/Fachkunde im
Strahlenschutz
9:00 - 17:15 Uhr
22. JUNI
Notfallmanagement und Basisreanimation für Praxis
und kassenärztlichen Notdienst
15:00 - 18:00 Uhr
AB 24. JUNI
Grundlagen der Vorsorge und
Früherkennungsmaßnahmen
Beginn: 15:00 Uhr
23. JUNI
Kindernotfälle – Kindertrainingszirkel (KiTZ) –
Trauma/Akutschmerz/Brandverletzung,
17:00 - 21:00 Uhr Warteliste
AB 1. JULI
Betriebswirtschaftliche Praxisführung
Beginn: 14:15 Uhr
AB 24. JUNI
Akupunktur – Block D
Beginn: 15:00 Uhr
AB 8. JULI
Psychosomatische und psychosoziale Versorgung
Beginn: 15:00 Uhr
25. JUNI
ACLS-Training (Advanced Cardiac Life Support)
9:30 - 17:30 Uhr
13. JULI
Rechtliche Grundlagen und demografische
Entwicklung
14:00 - 18:00 Uhr
AB 27. JUNI
Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie
Beginn: 9:00 Uhr
AB 15. JULI
Geriatrische Syndrome und Krankheitsfolgen im
Alter/Diagnoseverfahren
Beginn: 15:00 Uhr
AB 1. JULI
Akupunktur Block E
Beginn 15:00 Uhr
AB 22. JULI
Versorgung und Betreuung von Onkologie- und
Palliativpatienten
Beginn: 15:00 Uhr
2. JULI
Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) nach
Jon Kabat-Zinn
9:30 - 17:30 Uhr
AB 22. JULI
Sachkunde gem. §4 der Medizinproduktebetreiberverordnung
Beginn: 15:00 Uhr
6. JULI
Cardio Pulmonale Reanimation HLWBasismaßnahmen
15:00 - 18:00 Uhr
AB 29. JULI
Fachzertifikat Notfallmanagament/Aufbauseminar
Beginn: 15:00 Uhr
6. JULI
Ärztliche Leichenschau
16:00 – 19:15 Uhr in Kiel
8. JULI 2016
KV-Trainee Veranstaltung für
Weiterbildungsassistenten
10:00 - 16:00 Uhr
9. JULI
Medical English
9:00 - 16:30 Uhr
AB 15. JULI
Selbstmanagement für Ärztinnen und Ärzte
Beginn: 16:00 Uhr
16. JULI
Aktualisierung der Fachkunde im Strahlenschutz
nach Röntgenverordnung
9:00 - 16:30 Uhr
AB 16. JULI
Autogenes Training – Aufbaukurs
Beginn: 9:30 Uhr
AB 16. JULI
Hypnose Aufbaukurs
Beginn: 9:30 Uhr
„Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung,
Esmarchstraße 4, 23795 Bad Segeberg, Leiterin: Helga Pecnik,
Telefon 04551 803 761, [email protected]
Sachkunde gem. §4 der Medizinproduktebetreiberverordnung
Letzte Chance vor den Sommerferien!
Die Sachkunde gemäß §4 der Medizinproduktebetreiberverordnung ist
notwendig für das mit der Aufbereitung betraute Personal in Arztpraxen,
in denen Instrumente der Risikogruppe „kritisch B“ anfallen und für das
Personal in ambulant operierenden Praxen.
Gemäß §4 der Medizinprodukte Betreiberverordnung (MPBetreibV)
dürfen nur Personen mit der Instandhaltung von Medizinprodukten beauftragt werden, die die Sachkenntnis zur Ausführung dieser Aufgabe erworben haben. Die Inhalte dieses Fachzertifikates entsprechen dem Curriculum der Deutschen Gesellschaft für Sterilgutversorgung (DGSV)
Termin: 22. - 24. Juli 2016 und 29. - 31. Juli 2016
Information: Susanne Korbs (04551 803 705)
Medizinische Fachberufe und Edmund-Christiani-Seminar
„Edmund-Christiani-Seminar, Berufsbildungsstätte der Ärztekammer Schleswig-Holstein, Esmarchstraße 2, 23795 Bad Segeberg,
Ansprechpartnerinnen: Gabriele Steens Telefon 04551 803 704 und
Susanne Korbs Telefon 04551 803 705, sowie Marlies Petrick
Telefon 04551 803 703 und Rabea Brunke Telefon 04551 803 706,
[email protected]
F O R T B I L D U N G E N // 4 1
AUS GA B E 6 | J U N I 2 0 1 6
Cardio Pulmonale Reanimation
FORTBILDUNGSTERMINE AUS DEM NORDEN
JUNI/JULI 2016
23. JUNI
Interdisziplinäre
Entscheidungsfindung in der
Notfallmedizin in Hamburg
3 Punkte
öffentliche Veranstaltung,
UKE, Campus Lehre, N55,
Seminarraum 210/211 16:15 18:30 Uhr
25. JUNI
Neues vom amerikanischen
Krebskongress 2016 in Kiel
5 Punkte
UKSH, Inges Kunft, Telefon:
0431 500-24970
28. JUNI
Häufige Kindermittel anhand
von Fallbeispielen in Kiel
2 Punkte
Arbeitskreis Homöopathie der
CAU, Olshausenstr. 75, Raum
185 (1. OG), Seminargebäude 3,
19.00 Uhr c.t.
29. JUNI
Philosophische Einflüsse in
der Intersubjektivitätstheorie
in Kiel
2 Punkte
John Rittmeister-Institut, keine
Anmeldung erforderlich, CAU,
Audimax Hörsaal C, 18:15 19:45 Uhr
29. JUNI
Therapie der weiblichen
Inkontinenz: Operativ versus
konservativ/was und für wen?
in Lübeck
Punkte beantragt
UKSH, Anmeldung unter
Telefon 0451 500- 61 13
2. JULI
Refresherkurs /FB-Kurs
Sonographie der Säuglingshüfte
in Bad Segeberg
10 Punkte
KVSH, Abt. Qualitätssicherung,
Ute Tasche, Telefon: 04551 883
485, E-Mail: ute.tasche@kvsh.
de
2. JULI
Kollagenosetag in Lübeck
für Patienten, Angehörige und
interessierte Ärztinnen und
Ärzte
Informationsaustausch,
UKSH, Campus Lübeck
Stefanie Dörner, Telefon: 0451
500 2368, E-Mail: stefanie.
[email protected]
6. JULI
MS -Schwangerschaft in Lübeck UKSH, Prof. Dr. Klaus-Peter
2 Punkte
Wandinger, Klaus-Peter.
[email protected],
Telefon 0451 500-2925
6. JULI
„I wanna get high“: Rausch
und Drogen in der Popmusik in
Lübeck
2 Punkte
keine Anmeldung erforderlich,
AHG Klinik Lübeck, 13:30 15:00 Uhr, Vortragsraum, Haus
2, [email protected],
9. JULI
Gruppenpsychotherapie Suchttherapie in Gruppen in
Kiel
10 Punkte
IFT-Nord gGmbH,
[email protected]
15. JULI
Mentalisierungsbasierte
Gruppenpsychotherapie
(MBTG) in Bad Malente
10 Punkte
Dr. Silke Kleinschmidt
Telefon: 04523/407502
sekretariatCA@curtiusklinik.
de
16. Thomas Mann Symposium
Neuroendokrine Neoplasien/
Qualitätssicherung in der
Chirurgie in Lübeck
8 Punkte
UKSH, Sekretariat Maike Wolf
Telefon: 0451 500-2001, E-Mail:
[email protected]
AB 15. JULI
Weitere Informationen bei den Veranstaltern. Alle Angaben ohne Gewähr.
Zielgruppe: Arztpraxen im Team, Kliniker ohne Notfallroutine, Pflegepersonal. Das Schicksal unmittelbar vital bedrohter Notfallpatienten hängt entscheidend davon ab, in welcher
Zeit sie cardio pulmonal reanimiert werden. Deswegen sollte die Cardio Pulmonale Reanimation von allen Mitarbeitern
einer Praxis beherrscht werden. Inhalte: Warum werden Klinik- und Praxisteams benötigt?, anatomische und physiologische Grundlagen bei der Wiederbelebung, praktische Übungen der Wiederbelebungstechniken bis zum Beherrschen der
Methode, Einführung in die Technik der endotrachealen Intubation, praktische Übungen der endotrachealen Intubation bis
zum Beherrschen der Methode, Frühdefibrillation mit Halbautomaten gem. ERC-Richtlinien, allgemeines Notfallmanagement.
Termin: 6. Juli 2016
Gebühr: 56 Euro
Information: Birte Wachholz (04551 803 755)
Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung
Selbstmanagement für Ärztinnen
und Ärzte
Die Arbeitsdichte hat zugenommen, die Rahmenaufgaben fordern zunehmend Zeit, wir müssen immer mehr leisten. Zum
Handling der zeitlichen Ressourcen kommt das Management
der eigenen Energie, Emotionen und (psychischen) Gesundheit sowie die Wahrung einer bekömmlichen „Work-Life-Balance“. In diesem Seminar werden gemeinsam Strategien entwickelt, die Lufthoheit über das Arrangement des eigenen Arbeitstages zurück zu erobern. Statt des Gefühls permanenter
Zeitnot, ständigen Getriebenseins und chronischer Fremdbestimmung werden Wege entwickelt, das Berufs- und Privatleben zufriedener und gelassener zu gestalten.
Termin: 15. - 16. Juli 2016
Gebühr: 192 Euro
Information: Susanne Müller (04551 803 762)
Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung
Geriatrische Syndrome
Ein immer größerer Anteil Ihrer Patienten befindet sich im
höheren Lebensalter. Trotz chronischer Erkrankungen können
sich viele ältere Menschen ihre weitgehende Selbstständigkeit
durch rechtzeitige Behandlung lange Zeit erhalten. Dazu können Sie entscheidend beitragen.
Hier lernen Sie, Ihren bereits geschulten Blick durch Einsatz
gezielter Anamnese und einfacher Diagnoseverfahren einschließlich standardisierter Tests zu schärfen. So können Sie
auf die besonderen Bedürfnisse geriatrischer Patienten noch
besser eingehen und mithelfen, anbahnenden Komplikationen
entgegenzuwirken.
Termin: 15. - 17. Juli 2016
Information: Susanne Korbs (04551 803 705)
Medizinische Fachberufe und Edmund-Christiani-Seminar
Rechtliche Grundlagen und
demografische Entwicklung
Die demografische Entwicklung in Deutschland und der Einfluss auf die Epidemiologie werden in diesem Seminar im Hinblick auf die ärztliche Versorgung mit verschiedenen Konsequenzen erläutert. In diesem Seminar werden auch die rechtlichen Grundlagen für die Nicht-ärztliche Praxisassistenz in der
ärztlichen Versorgung detailliert dargestellt.
Termin: 13. Juli 2016
Information: Susanne Korbs (04551 803 705)
Medizinische Fachberufe und Edmund-Christiani-Seminar
4 2 // M I T T E I L U N G E N D E R K A S S E N Ä R Z T L I C H E N V E R E I N I G U N G
Mitteilungen der
Kassenärztlichen
Vereinigung
Schleswig-Holstein
J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
Hinweise:
 Bewerbungen richten Sie bitte an:
Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein, Zulassung/Praxisberatung, Bismarckallee 1 - 6, 23795 Bad
Segeberg.
 Der Bewerbung sind ein Auszug aus
dem Arztregister sowie ein unterschriebener Lebenslauf beizufügen.
Ferner ist ein polizeiliches Führungszeugnis der Belegart „O“ (Behördenführungszeugnis) zu beantragen. Bitte verwenden Sie für Ihre Bewerbung
das unter www.kvsh.de hinterlegte
Formular (Antrag auf Zulassung zur
vertragsärztlichen Tätigkeit).
 Die Bewerbung wird nicht durch eine
eventuell erfolgte Wartelisteeintragung ersetzt!
 Um Vertragsarztsitze/Psychotherapeutensitze können sich auch Vertragsärzte/Psychotherapeuten und
Medizinische Versorgungszentren
bewerben, um einen anderen Arzt/
eine andere Ärztin bzw. mehrere
Ärzte/Ärztinnen anzustellen. Der
Arzt/die Ärztin/die Ärzte muss bzw.
müssen namentlich genannt werden
und die oben bezeichneten Unterlagen sind für ihn/sie einzureichen.
Bitte verwenden Sie für Ihre Bewerbung das unter www.kvsh.de hinterlegte Formular (Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes).
 Es besteht die Möglichkeit, dass ein
für einen vollen Versorgungsauftrag
ausgeschriebener Vertragsarztsitz/
Psychotherapeutensitz von zwei Ärzten/Ärztinnen übernommen wird,
die den Sitz übernehmen und ihren
Versorgungsauftrag jeweils auf einen halben Versorgungsauftrag beschränken.
 Um die Übernahme von ausgeschriebenen Vertragspsychotherapeutenpraxen können sich Fachärzte für
Psychotherapeutische Medizin, Fachärzte für Psychosomatische Medizin
und Psychotherapie, Psychologische
Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie
Ärzte, die beabsichtigen, ausschließlich psychotherapeutisch tätig zu
werden, bewerben.
Öffentliche Ausschreibung von Vertragsarztsitzen gemäß § 103 Abs. 4 SGB V
Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein schreibt auf Antrag von Ärzten/Psychotherapeuten deren Vertragsarztsitz zur Übernahme durch einen Nachfolger aus, sofern es sich bei dem maßgeblichen Planungsbereich um ein für weitere Zulassungen gesperrtes Gebiet handelt.
FACHGEBIET/ARZTGRUPPE
PLANUNGSBEREICH
PRAXISFORM
BEWERBUNGSFRIST*
AUSSCHREIBUNGSNUMMER
Hausärzte
MB Metropolregion Südost
EP
31.07.2016
4040/2016
Hausärzte
-halbe Zulassung-
MB Bad Segeberg/Wahlstedt
BAG
30.06.2016
3464/2016
Hausärzte
MB Bad Oldesloe
EP
31.07.2016
4648/2016
Orthopäden
Kreis Segeberg
EP
31.07.2016
4188/2016
Internisten
-halbe Zulassung-
SH Mitte 101
BAG
30.06.2016
4185/2016
Urologen
Kreis Ostholstein
BAG
30.06.2016
4186/2016
HNO-Ärzte
Stadt Kiel
BAG
30.06.2016
4717/2016
M I T T E I L U N G E N D E R K A S S E N Ä R Z T L I C H E N V E R E I N I G U N G // 4 3
AUS GA B E 6 | J U N I 2 0 1 6
Hausärzte
MB Metropolregion Südwest
BAG
30.06.2016
3211/2016
* Die Bewerbungsfrist ist eine Ausschlussfrist, das heißt es können nur Bewerbungen akzeptiert werden, die innerhalb der Bewerbungsfrist eingehen. Sollte innerhalb der
Bewerbungsfrist keine Bewerbung eingehen, so gilt die Ausschreibung maximal für ein weiteres Jahr. Die Bewerbungsfrist ist gewahrt, wenn aus der Bewerbung eindeutig
hervorgeht, auf welche Ausschreibung sich die Bewerbung bezieht, für welche Adresse die Zulassung beantragt wird, das beantragte Fachgebiet eindeutig angegeben ist, ein
Arztregisterauszug beigefügt wurde und der Antrag unterschrieben ist.
Folgende Vertragsarztsitze/Psychotherapeutensitze waren bereits ausgeschrieben, jedoch hat sich innerhalb der Bewerbungsfrist niemand beworben, so
dass Sie sich um diese Sitze weiterhin bewerben können:
FACHGEBIET/ARZTGRUPPE
PLANUNGSBEREICH
PRAXISFORM
AUSSCHREIBUNGS-NUMMER
Frauenärzte
Pinneberg
BAG
6828/2015
Hausärzte
MB Brunsbüttel
EP
9290/2015
Hausärzte
MB Eckernförde
EP
7483/2015
Hausärzte
MB Eckernförde
EP
338/2016
Hausärzte
MB Flensburg
EP
10995/2015
Hausärzte
MB Flensburg
EP
13084/2015
Hausärzte
MB Heide
EP
13529/2015
Hausärzte
MB Itzehoe
EP
6611/2015
Hausärzte
MB Itzehoe
EP
6520/2015
Hausärzte
MB Metropolregion Südost
BAG
8409/2015
Hausärzte
MB Metropolregion Südost
EP
8229/2015
Hausärzte
MB Neumünster
EP
7487/2015
Hausärzte
MB Ratzeburg
EP
5390/2015
Hausärzte
MB Ratzeburg
EP
8576/2015
Hausärzte
MB Rendsburg
EP
4866/2015
Hausärzte
MB Rendsburg
EP
10194/2015
4 4 // M I T T E I L U N G E N D E R K A S S E N Ä R Z T L I C H E N V E R E I N I G U N G
J U N I 2 0 1 6 | AUS GA B E 6
Hausärzte
MB Schleswig
EP
13334/2015
Hausärzte
-halbe Zulassung-
MB Neumünster
EP
7266/2015
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut
-Sonderbedarf-
NMS/RD-E
EP
10240/2015
­­
Für folgende Vertragsarztsitze/Psychotherapeutensitze, die sich in einem für weitere Zulassungen/Anstellungen nicht gesperrten Planungs­bereich befinden, werden Nachfolger gesucht. Es handelt sich hierbei nicht um Ausschreibungsverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V.
FACHGEBIET/ARZTGRUPPE
PLANUNGSBEREICH
PRAXISFORM
CHIFFRENUMMER
Hausärzte
MB Husum
EP
467/2016
Hausärzte
MB Husum
EP
1389/2016
Fortführung von ausgeschriebenen Vertragsarztsitzen als Zweigpraxen
Für folgende Vertragsarztsitze ist die Bewerbungsfrist seit einem Quartal abgelaufen, ohne dass eine Bewerbung eingegangen ist. Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein würde für die hier aufgeführten Sitze eine Zweigpraxisgenehmigung erteilen, wenn sie von einem anderen Vertragsarzt als Zweigpraxis fortgeführt werden sollen:
FACHGEBIET/ARZTGRUPPE
PLANUNGSBEREICH
AUSSCHREIBUNGSNUMMER
Hausärzte
MB Itzehoe
6611/2015
Das Statut über die Durchführung von Gemeinschaftsaufgaben und von Maßnahmen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in Schleswig-Holstein sieht unter
II 3 a) ff. vor, dass eine finanzielle Förderung für die Fortführung der ausgeschriebenen Vertragsarztsitze als Zweigpraxis möglich ist. Die finanzielle Förderung erfolgt durch
einen einmaligen Zuschuss, der schriftlich beantragt werden muss. Für nähere Auskünfte zu der Möglichkeit der Fortführung einer Praxis als Zweigpraxis setzen Sie sich bitte
unter den unten genannten Telefonnummern mit der Abteilung Zulassung/Praxisberatung der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein in Verbindung.
Für nähere Informationen stehen Ihnen unter den Tel.-Nummern 04551 - 883 und den angegebenen Durchwahlen unsere Sachbearbeiter zur
Verfügung:
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 Psychotherapeuten: alle Kreise
(259)
 Stadt Neumünster/Kreis Rendsburg-Eckernförde
 Kreis Herzogtum Lauenburg
(258)
 Stadt Lübeck
 Kreis Ostholstein
 Kreis Plön
(634)
 Stadt Kiel
 Kreis Pinneberg
 Kreis Stormarn
(427)
 Stadt Flensburg/Kreis Schleswig-Flensburg
 Kreis Dithmarschen
 Kreis Nordfriesland
 Kreis Steinburg
(561)
 Kreis Segeberg
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Titelgeschichte.
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Ärzte proben den nik besuchen und
von der Ärztekammer
SchleswigWiedereinstieg in nander lernen, auf Augenhöhe vonei- Holstein als Koordinierungsstelle
ist das anders:
als freiden Beruf
Freude, daran teilzunehmen „Es macht willige Methode der Qualitätsverbesse-
23
Das AMEOS Klinikum mit seinen Standorten in Anklam, Pasewalk und Ueckermünde ist ein Krankenhaus der Grundund Regelversorgung mit insgesamt 332 Betten. Das Klinikum in Anklam verfügt über 101 Betten und 12 tagesklinische
Plätze und umfasst die Fachbereiche Anästhesie und Intensivmedizin, Innere Medizin, Chirurgie, Frauenheilkunde,
Geburtshilfe, Kinder- und Jugendmedizin, eine Kinder- und Jugendpsychiatrische Institutsambulanz (PIA) und eine
Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie.
Zur Verstärkung unseres Teams der neu eröffneten Klinik für Pädiatrie des AMEOS Klinikums Anklam suchen wir
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Eckernförde. Wir sind Mitglied der 6K-Kooperation kommunaler
Krankenhäuser mit über 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
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Normalstation. Es existiert eine intensive Kooperation mit dem Institut
für diagnostische und interventionelle Radiologie und der gefäßchirurgischen Klinik, mechanische Thrombektomien und Karotisinterventionen werden vor Ort durchgeführt. Die intensivneurologische Behandlung erfolgt auf der neu gebauten interdisziplinären Intensivstation.
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Fach Neurologie und die Zusatzbezeichnungen spezielle Schmerztherapie und Intensivmedizin, außerdem besitzt er den DEGUM-Ausbilderstatus (DEGUM II).
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Herr Dr. Ulrich Pulkowski (Tel. 04331/200-2901; ulrich.pulkowski@
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Verfahren in Diagnostik und Therapie beherrschen. Sie verfügen
über eine hervorragende fachliche Kompetenz, Motivation und
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Fähigkeiten und Kollegialität.
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Die Sana-Krankenhaus Rügen GmbH ist ein modernes Krankenhaus
der Grund- und Regelversorgung mit 206 Planbetten in den
Fachbereichen Innere Medizin, Chirurgie, Gynäkologie/Geburtshilfe,
Pädiatrie und Anästhesie und Intensivmedizin sowie Belegbetten
der HNO-Heilkunde und der Urologie. Wir arbeiten als Akademisches
Lehrkrankenhaus eng mit der Ernst-Moritz-Arndt-Universität
Greifswald zusammen.
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kleinen Patienten auf der Insel sicher. Jedes Jahr werden in unserer
Klinik über 1.100 Patienten stationär und 2.500 Patienten ambulant
behandelt.
Es besteht die Weiterbildungsermächtigung zum Erwerb der Zusatzbezeichnung Allergologie. Wir bieten Ihnen ebenso die optionale
Entwicklungsmöglichkeit zur oberärztlichen Tätigkeit mit dem Ziel der
Übernahme dieser Position.
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Pädiatrie, PD Dr. med. Thomas Hirsch, gerne zur Verfügung:
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Existenzgründung
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Anette Hoffmann-Poeppel - Steuerberaterin
Horst Stingl - Steuerberater
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RA Hans Barth
Fachanwalt f. Medizinrecht
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RA Jan Dischinger
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Fachanwalt f. Medizinrecht
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Rechtsanwälte
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Barth u. Dischinger
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Kanzlei für Medizinrecht
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Fachanwältin f. Familienrecht
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Horst Stingl
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der IHK zu Kiel öffentlich bestellter und vereidigter
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