Links der Woche, rechts der Welt KW 24/16 von Timotheus Schneidegger (11.06.2016, 14:23 Uhr) Alles noch offen(er) Thomas Thiel schreibt in der FAZ über die ambitionierten Pläne der EU, wissenschaftliches Publizieren komplett auf digital und Open Access umzustellen; Geisteswissenschaften spielen dabei allenfalls eine Nebenrolle. Die EU-Pläne haben Vor- und Nachteile, die Thiel aufzählt, und offen lässt, wohin das absehbare Verschwinden des Gedruckten gehört. (07.06.16) Barbaren und Heimatliebe In einem Essay beschäftigt sich der Sozialphilosoph Gunzelin Schmid Noerr in der FR mit Rassismus, und zwar anlässlich von Gaulands kürzlichen Aussagen über deutsche Fußballer. Trotz der Ablehnung, die dem AfD-Politiker darob entgegenschlug, hat er sozialwissenschaftlich Recht: Fremdenfeindliche Vorurteile sind eher die Regel als die Ausnahme. (07.06.16) Bürokratie macht blöd. Für den Freitag unterhält sich Lea Fauth mit David Graeber über Bürokratie, die verblödet, keinen Spaß macht und der er sein jüngstes Buch gewidmet hat. Graeber plädiert für Anarchismus als die Haltung, Zwang und Gewalt abzuschaffen, um gemeinsame Regeln aufzustellen. (08.06.16) Provokation und Streit In der ZEIT legt uns Lisa Friedrich die Lektüre von Judith Butler ans Herz, die in Deutschland nicht nur von Maskulisten mit Skepsis betrachtet wird und wegen der sie nach Berkeley gegangen ist. Denn Butler beschäftigt sich mit Fragen der Norm, Repräsentation und Anerkennung, die auch jenseits des feministischen Diskurses von Belang sind. (10.06.16) Epistemisches Soziogramm des Hiwis Der Hiwi ist eine alte Institution, wie Martin Mulsow in der NZZ schreibt. Vor 300 Jahren wohnten und aßen die Purschen noch beim Prof, gingen ihm zur Hand und mitunter sehr ungewöhnlich mit dem um, was sie bei ihm aufschnappten - wie Mulsow an einigen historischen Beispielen zeigt. (11.06.16) Neue Bücher: Die FAZ stellt das Buch von Carl Cederström und André Spicer vor, die darin das ?Wellness-Syndrom? als Auswuchs der kapitalistischen Selbstoptimierungs- und Glücksdoktrin ausmachen. +++ Die NZZ bespricht Hartmut Rosas Buch über Resonanz, Weltbeziehung und das glückliche Leben. +++ Außerdem rezensiert die NZZ Christine Christ-von Wedels (kurze) Biographie des Erasmus von Rotterdam. +++ Die ZEIT stellt einen Briefwechsel und die Neuauflage des Denktagebuchs von Carl Schmitt vor, das einen ungeschönten Einblick in sein Heidegger-haftes antisemitisches Nachkriegsschmollen gibt. +++ Die ZEIT bespricht außerdem Franco Berardis Studie ?Helden?, die hinter den zeitgenössischen Fällen von Massenmord und Suizid einen ?gewaltbereiten Neoliberalismus? entdeckt. Et cetera: Die FAZ startet ein neues Blog über das Campusleben und zum Auftakt überlegt Jürgen Kaube, wie wenig Einfluss die Bologna-Reformen auf Klassiker wie Studienabbruch, Fachwahl- und wechsel und Akademiker-, d.h. Geisteswissenschaftlerarbeitslosigkeit (schönes Wort) hatten. +++ Letzte Woche ward an dieser Stelle auf die einstweilige Verfügung der NPD gegen den Dresdner Extremismusforscher Steffen Kailitz hingewiesen worden; diese Woche nun nahm der Richter seine Entscheidung zurück, wie der DLF meldet. +++ Die FAZ vermeldet eine Beobachtung, die nahelegt, dass Affen religiös sein könnten. +++ Für die taz berichtet Micha Brumlik vom Berliner Kant-Symposium. +++ Florian Rötzer stellt auf Telepolis eine Studie vor, wonach die Rede vom Anthropozän reichlich übertrieben ist: Der Mensch ist nicht erst seit der Industrialisierung eine erderschütternde Kraft. +++ In einer guten Woche erscheint der neue Lichtwolf (Titelthema: Ekstase), abonnieren Sie jetzt! (c) 2003-2016 Lichtwolf - Zeitschrift trotz Philosophie - URL dieses Artikels: http://www.lichtwolf.de/artikel.php?a=20160611-Links-der-Woche-rechts-der-Welt-KW-2416
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