S-Pedelecs: Wenn das Fahrrad zum Fahrzeug wird

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S-Pedelecs: Wenn das Fahrrad zum Fahrzeug
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10.06.2016 - 10:09 - Kategorie: Radsport - (ptext)
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Die sogenannten S-Pedelecs sind Elektrofahrräder, die ihre Piloten
bis 45 km/h unterstützen. Das macht sie juristisch zum Kraftfahrzeug
- mit weitreichenden Folgen für Hersteller, Fahrer und auch
Mechaniker, wie der pressedienst-fahrrad detailliert beleuchtet.
Begriffsklärung und Abgrenzung
[pd-f/hdk] Fast alle E-Bikes sind sogenannte Pedelecs, die mit
maximal 250 Watt Dauernennleistung bis höchstens 25 km/h beim
Treten unterstützen und rechtlich den Fahrrädern gleichgestellt sind.
Vor allem bei Pendlern werden inzwischen aber auch die SPedelecs immer beliebter, die maximal 500 Watt Dauernennleistung
aufweisen und bis 45 km/h schieben. Das macht sie ideal als
Autoersatz auch auf längeren Arbeitswegen. 2015 machten die SPedelecs rund zwei Prozent aller verkauften Elektroräder aus. Somit
wurden ca. 11.000 neue S-Pedelecs gekauft - in etwa so viele wie
neue E-Autos. Während sie von außen noch sehr nach Fahrrad
aussehen, sind sie verkehrsrechtlich allerdings Leichtkrafträder
(Klasse L1e bei Zweirädern und L2e bei Dreirädern), die sich vom
Fahrrad deutlich unterscheiden: "Man braucht in Deutschland einen
Helm, ein Versicherungskennzeichen und eine Fahrerlaubnis. Man
darf nicht auf den Radweg - und kann auch nicht mehr mal eben
etwas daran umbauen", fasst Anja Knaus vom schweizerischen EBike-Pionier Flyer zusammen.
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Bauliches
Rein äußerlich erkennt man S-Pedelecs am Rückspiegel und gelben
Seitenrückstrahlern, die meist an der Gabel angebracht sind.
"Zudem braucht das Rad ein Versicherungskennzeichen. Seit 2015
muss es an neu zugelassenen Rädern auch beleuchtet sein",
konkretisiert Sebastian Göttling vom Beleuchtungsspezialisten
Busch & Müller. Auch ein Seitenständer ist bei S-Pedelecs
vorgeschrieben, außerdem muss dieser sich von selbst einklappen,
sobald er unbelastet ist - wie beim Motorrad.
Hersteller von S-Pedelecs müssen für jedes Modell vom
Kraftfahrtbundesamt (KBA) eine Betriebserlaubnis einholen. Hat ein
Modell diese Zulassung einmal erhalten, darf es beliebig oft in den
Handel kommen. "Aus der Einzelzulassung resultiert jedoch, dass
man ein S-Pedelec nicht einfach baulich verändern darf", warnt
Harald Troost vom niederländischen Hersteller Koga. Ist etwa ein
Reifen verschlissen oder ein Bremshebel verbogen, muss er durch
ein gleiches Bauteil ersetzt werden. Ein anderes Teil müsste
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ausdrücklich den in der Betriebserlaubnis (BE) aufgeführten Teilen
entsprechen. Wenn man ein S-Pedelec davon abweichend
ausstattet, muss es dem technischen Dienst vorgeführt werden,
bevor es wieder auf die Straße darf.
Für den Endverbraucher heißt das: Vorbei ist die Zeit des
Selberschraubens - zumindest weitestgehend. Im Typenblatt des
Fahrzeugs (dem sogenannten COC-Papier, vergleichbar mit dem
Kraftfahrzeugschein) ist beispielsweise festgehalten, welchen
Spielraum man bei der Anpassung von Lenker und Lenkervorbau
hat. "Wir lassen gleich mehrere Lenkervorbauten im COC-Papier
eintragen, damit die ergonomische Anpassung des Rades vor und
nach dem Kauf einfacher wird," beschreibt Tobias Spindler vom
Darmstädter Hersteller Riese & Müller einen möglichen Ausweg.
Auch die Dimension der Reifen ist im COC-Papier festgeschrieben.
"Wenn man Reifen wechseln will, findet man dort die in Frage
kommenden Breiten. Außerdem benötigt der zu montierende Reifen
eine ECE-R75 genannte Zulassung, um an einem S-Pedelec
verbaut zu werden", erklärt Rene Marks, Produktmanager bei
Schwalbe. Auf den Verschleiß des Profils müsse man ebenfalls
achten: Eine Mindestprofiltiefe von einem Millimeter ist Pflicht.
"Zum Verständnis beim etwaigen Austausch von Bauteilen am SPedelec gilt immer der Grundsatz: Gleicher Art und Güte!",
verdeutlicht Ulf-Christian Blume, Jurist und Unternehmensberater in
der Radbranche (www.lbu-beratung.de). So darf man den
persönlichen Vorlieben entsprechend etwa Griffe, Sattel und Pedale
ändern - solange man vergleichbare Teile verwendet. Schraubgriffe
dürfen daher nicht durch eventuell rutschende Gummigriffe ersetzt
werden, Sättel mit Stahlgestell nicht durch Carbonsättel und
gummierte Plattformpedale nicht durch Klickpedale, zumal letztere
selten über die von der StVZO vorgeschriebenen Rückstrahler
verfügen. Alles andere, was die Abmessungen des Rads verändert,
ist ohne Eintragung tabu, die beliebten Lenkerhörnchen etwa. "Wir
reden hier eben nicht mehr über das Fahrrad, sondern befinden uns
im Kraftfahrzeugrecht: Man kann alles ändern, aber nur in
Absprache mit dem TÜV - wie beim Auto", so Blume weiter.
Aufgrund der Spezifikation des Antriebs (Motor, Ritzel, Schaltung
und Sensorik) ist außerdem eine maximale Übersetzung
vorgegeben, die man nicht ändern, sprich vergrößern darf. Eine
kürzere, also leichtere Übersetzung ist erlaubt. Bezüglich der
einzelnen Schalt- und Bremskomponenten brauche es keine
Herstellervorgaben, etwa bei Schalthebeln und Schaltwerken,
Bremsbelägen oder Bremshebeln. Diese darf man
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eigenverantwortlich wechseln - der Tausch muss aber einer
eventuellen Prüfung durch den Fachhandel oder Behörden
standhalten. "Es braucht allerdings schon den versierten
Hobbyschrauber, um sich mit hydraulischen Bremssystemen
auseinanderzusetzen", schränkt Tobias Erhard vom
Komponentenhersteller Sram ein. "Bei S-Pedelecs ist überdies zu
beachten: Der Bremshebel muss ein Kugelende aufweisen, wie
Motorradbremshebel auch. Ein Tuning auf kürzere MTB-Bremshebel
etwa könnte bei einer Verkehrskontrolle stillgelegt werden", so
Erhard weiter.
"Als Richtschnur gilt dabei immer die Zulassung des Fahrzeugs",
fasst Branchenjurist Blume zusammen. "2016 neu zugelassene
Fahrzeuge brauchen z. B. ein Bremslicht, ältere S-Pedelecs nicht.
Alles was vorher dran war, muss auch wieder dran."
Rechtliches im Alltag
Bei vielen rechtlichen Vorschriften für diese Fahrzeugklasse der SPedelecs liegt die sogenannte bauartbedingte
Höchstgeschwindigkeit (bbH) zugrunde. "Das
Bundesverkehrsministerium geht hier explizit nicht von der reinen
Motorleistung (Schiebehilfe) aus, sondern von der
Höchstgeschwindigkeit des Hybridantriebs Mensch und Motor, und
die liegt bei 45 km/h", beschreibt Felix Puello, bei Haibike zuständig
für die Produktentwicklung. Dass der Fahrer theoretisch darüber
hinaus pedalieren könnte, fällt nicht ins Gewicht. Aus der bbH
resultiert laut § 21a Abs. 2 StVO die Pflicht, einen "geeigneten
Schutzhelm" zu tragen. "Ob ein Radhelm oder ein Motorradhelm
geeigneter ist, steht dort nicht genauer", weiß Torsten Mendel,
Sicherheitsexperte bei Abus. "Experten empfehlen durch die Reihe
den Fahrradhelm. Denn auf dem S-Pedelec bewegt man sich viel
aktiver als auf dem Motorrad - da wäre der Motorradhelm einfach zu
schwer und warm", schildert Ulf-Christian Blume. Schon auf dem
Deutschen Verkehrsgerichtstag 2012 in Goslar waren sich die
Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Polizei und Verbänden einig,
dass ein Motorrad-Integralhelm als nicht geeignet angesehen
werden kann, wie Blume direkt von der Tagung berichtete.
"Pedelecs sind ja sehr beliebte Familienmobile. Das S-Pedelec
jedoch ist ausdrücklich nicht zum Transport weiterer Personen
freigegeben - Kindersitz und auch Kinderanhänger sind demnach
verboten", erklärt Anne Schmidt vom Anhängerhersteller Croozer.
"Ein Lastenanhänger wiederum ließe sich theoretisch zwar am
schnellen E-Bike verwenden. Nur muss die Kupplung "in amtlich
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genehmigter Bauart ausgeführt sein", wie es so schön heißt", so
Schmidt weiter. Faktisch gebe es derzeit aber keine für S-Pedelecs
zugelassenen Kupplungen.
S-Pedelecs müssen permanent mit Licht fahren, wie Motorräder
auch. Dazu gilt ein Mindestalter von 16 Jahren, bedingt durch die
Führerscheinpflicht (Klasse AM). Dieser ist im Autoführerschein
enthalten. Menschen, die vor dem 01.04.1965 geboren wurden,
dürfen schnelle Pedelecs auch ohne Fahrerlaubnis bewegen.
Als Leichtkrafträder benötigen S-Pedelecs das
Versicherungskennzeichen, das man vom Moped und Roller kennt:
drei Ziffern, drei Buchstaben und jedes Jahr eine neue Farbe. Für SPedelecs hat es einen finanziell sehr interessanten Aspekt, berichtet
Harald Troost: "In der Leistung der vorgeschriebenen Versicherung
ist neben Unfallschäden auch der Diebstahl des Fahrzeugs
abgedeckt - für ab etwa 50 Euro jährlich und Fahrzeugpreisen ab
etwa 3.000 Euro ist das ein im Gegensatz zu
Fahrradversicherungen ziemlich günstiger Posten!"
Umdenken in Sachen Streckengestaltung
"Die in Deutschland vorhandene Infrastruktur ist vornehmlich für
Autos ausgelegt und selbst dort, wo etwas für den Radverkehr getan
wird, profitiert man als Fahrer eines S-Pedelecs nicht davon", erklärt
Andreas Hombach vom Stadtmöblierer WSM. Viele mit dem Fahrrad
übliche Abkürzungen darf man mit dem schnellen E-Rad nicht
nutzen - für routinierte Radler keine einfache Sache. So sind zum
Beispiel in Gegenrichtung freigegebene Einbahnstraßen zu
umfahren, auch gilt das "Durchfahrt verboten"-Schild (roter Kreis auf
weißem Grund, StVO-Schild 250) an Feld-, Wirtschafts-, Wald- und
Parkwegen für S-Pedelecs ebenso wie für Autos. Selbst mit
ausgeschaltetem Motor dürfen sie dort nicht bewegt werden.
"Grundsätzlich dürfen S-Pedelecs nicht auf dem Radweg fahren,
was durchaus für Verwirrung anderer Verkehrsteilnehmer sorgen
kann", wie Tobias Spindler erlebt hat. Einzige Ausnahme: Ein
explizit mit "Mofas frei" gekennzeichneter Radweg darf, meist
außerorts, auch mit dem schnellen Pedelec befahren werden. Im
Sommer 2015 beschloss die Bundesregierung, Verkehrsbehörden
die Freigabe von ausgewählten Radwegen für die S-Klasse mit
einem "E-Bikes-frei"-Schild zu erlauben - mit häufigen baulichen
Begebenheiten außerorts vor Augen, bei denen Fahrer schneller
Pedelecs gezwungen waren, eine Bundesstraße zu nutzen.
Umdenken in der Industrie
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Das S-Pedelec hat der gesamten Fahrradbranche einen kräftigen
Evolutionsschritt beschert. "S-Pedelec-Hersteller sind einem
Qualitätsmanagement verpflichtet - was sich automatisch auf ihre
restliche Palette auswirkt", weiß Branchenjurist Blume. Aber auch in
den Fachwerkstätten muss umgedacht und weitergebildet werden.
Verständlich, dass einige Händler das ablehnen. Ein auf E-Bikes
spezialisiertes Geschäft dürfte einen Vorsprung an Modellen und
Knowhow haben.
Internationales
"Obacht beim Urlaub mit dem S-Pedelec!", gibt Anja Knaus von
Flyer zu bedenken. Auch innerhalb der EU gehen die geltenden
Vorschriften teils stark auseinander. Man darf zwar mit einem
deutschen Versicherungskennzeichen im Ausland fahren, muss sich
aber zwingend an die dort geltenden Bestimmungen halten, was
etwa Wegenutzung und Helmpflicht betrifft. Vorherige Recherche ist
also unumgänglich!
Fazit
Die schnellen E-Räder werden immer beliebter und ersetzen vor
allem bei Pendlern oft das Auto, erhöhen sie doch den Aktionsradius
signifikant. "Schnelle Elektroräder helfen, die noch große Lücke in
der Individualmobilität zwischen Fahrrädern und Autos zu
schließen", ist sich Paul Hollants vom Liegeradhersteller HP
Velotechnik sicher, wo immerhin ein Achtel aller motorisierten
Liegedreiräder in der 45-km/h-Variante verkauft werden.
Letztlich erfordert das S-Pedelec ein deutliches Umdenken - auf
allen Seiten.
Der Gesetzgeber muss dringend die Grauzone für diese Fahrzeuge
abschaffen und insbesondere die legalen Vorgaben an die
Nutzungsrealität auf den Straßen anpassen.
Im Alltag müssen andere Verkehrsteilnehmer sich daran gewöhnen,
dass nicht mehr nur Rennradfahrer schnell unterwegs sind: "Ein SPedelec sieht wie ein Fahrrad aus. Will man es aus Gewohnheit
überholen, fährt man im Ort schnell mal 70", so Andreas Hombach.
Für S-Pedelec-Fahrer selbst gilt plötzlich das Stichwort "angepasste
Geschwindigkeit": Man fährt nicht mehr immer so schnell man
gerade kann. In Kurven auftretende Kräfte oder Bremswege heißt es
neu zu bewerten. Es ist also ratsam, nur als versierter Radfahrer auf
das S-Pedelec zu steigen, oder ein Fahrtechnikseminar zu
besuchen - und dann noch aufmerksamer unterwegs zu sein als mit
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