Gelungener Startschuss - Öko

Aktuell
Gelungener Startschuss
Die Ökomodellregion Oberallgäu/Kempten startet in ihre
zweijährige Projektphase. Knapp 100 Allgäuer trafen sich zur
Auftaktveranstaltung in Immenstadt/Stein.
D
as Bewusstsein der Konsumenten
für Produkte aus dem regionalen
und biologischen Anbau nimmt weiter
zu. Gerade Allgäuer Landwirte genießen mit ihren kleinstrukturierten Betrieben großes Vertrauen bei den
Verbrauchern. 2 600 landwirtschaftliche Betriebe und 630 Alpen werden im
Oberallgäu und Kempten bewirtschaftet. Und das soll auch so bleiben.
Bedarf decken
»Wir wollen den Bedarf an Bioprodukten in unserer Region mit eigenen Erzeugnissen decken«, macht Landrat
Landrat Anton
Klotz legt Wert
darauf, dass
konventionelle
Landwirte mit
in die Projekte
der Ökomodellregion integriert werden.
Anton Klotz deutlich. Die Initiative, die
ökologische Landwirtschaft in Bayern
auszubauen, kommt vom Bayerischen
Staatsministerium. Nach dem formulierten Ziel von Landwirtschaftsminister Helmut Brunner soll die Produktion
von biologisch erzeugten Lebensmitteln in Bayern bis zum Jahre 2020 zu
verdoppelt werden. Dazu wurden im
Rahmen des Landesprogrammes BioRegio-Bayern 2020 die Ökomodellregionen ausgerufen. »Im Zentrum stehen die Stärkung der regionalen
Identität und die Stärkung des ökologischen Landbaus.« Zwölf dieser Regionen gibt es aktuell in Bayern. Durch die
ursprünglich vom Bioring-Allgäu initiierte Bewerbung ist eine dieser Regionen nun auch die Öko- modellregion
Oberallgäu/Kempten.
»Das Ziel ist es, unsere landwirtschaftlichen Strukturen, die hier noch einigermaßen intakt sind, zu fördern. Die
Lebensqualität unserer Region und der
Tourismus hängen von der Landwirt-
Sie werden die Geschicke der Ökomodellregion lenken (vorne v.l.): BBV-Kreisbäuerin Monika Mayer, Projektmanagerin Sarah Diem, Christine Räder, Bio-Ring Allgäu; Dr. Sabine Weizenegger, Regionalentwicklung Oberallgäu sowie (h.v.l.) Christian Schiebel, Landkreis
Oberallgäu; Thomas Weiß, Stadt Kempten; Martin Hermle, Vertreter der Bio-Anbauverbände; Kreisrat Rainer Hofmann, Landtagsabgeordneter Ulrich Leiner, Axel Hüttenrauch,
Ökoase Immenstadt und Hans Ulrich von Larr, Bürgermeister von Missen/Wilhams.
Fotos: Florian Maucher
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schaft ab. Wir sitzen dabei alle im gleichen Boot«, so Klotz, der darauf verwies,
dass es hinsichtlich der Öko- modellregion auch kritische Stimmen gibt. »Es
gibt Befürchtungen, dass biologisch und
konventionell arbeitende Betriebe auseinanderdividiert werden. Es darf aber
nicht sein, dass wir hier einen Keil treiben.
Wir müssen gemeinsam im Interesse der
Regional-Produktion arbeiten und da
sind uns alle Landwirte von größter Bedeutung.«
Für die Koordination der Ökomodellregion ist seit zwei Monaten Sarah Diem als
Projektmanagerin im Amt. Die gebürtige
Allgäuerin hat Agrarwissenschaften studiert und wird nun in ihrer Arbeit von
einer zehnköpfigen Steuerungsgruppe
unterstützt. »Im Gebiet der Ökomodellregion leben und wirtschaften fast
215 000 Menschen und traditionell spielt
die Landwirtschaft eine große Rolle. Eine
Besonderheit ist hier der große Anteil
an Biobetrieben, der mit 18 % sehr
hoch ist und rund doppelt so hoch liegt
wie der bayerische Durchschnitt«, sieht
Diem gute Voraussetzungen für ihre Arbeit.
Regionale Mast
Ein erster Austausch der bisher angestoßenen Arbeitsgruppen fand im Rahmen der Auftaktveranstaltung statt.
Eines der Hauptanliegen ist die regionale Mast und Vermarktung der BioKälber. Von den rund 470 Biobetrieben
in der Projektregion sind ein großer Teil
Milchviehbetriebe. »Wir haben 4 000
bis 6 000 männliche und weibliche Gebrauchskreuzungen und Braunviehkälber, die hier vermarktet werden
können«, erklärt Martin Hermle, Sprecher der Arbeitsgruppe Kälber, die Ausgangssituation. Als Einstieg in das
Projekt ist vorgesehen, Exkursionen zu
Betrieben zu organisieren, die die Kälbermast und -vermarktung bereits erfolgreich umsetzen.
Umgesetzt werden soll auch eine größere Produktvielfalt. »Was kann man
aus dem Hektar außer Milch noch
machen?«, fragt Kreisbäuerin und
Gruppensprecherin Monika Mayer.«
Allgäuer Bauernblatt 20/2016
Aktuell
Wir wollen weg von der grünen
Wüste.« Im Laufe der beiden Projektjahre sollen mehr regionale Bioprodukte auf den Markt kommen – »mehr
Gemüse, mehr Imker, mehr Bio-Rindfleisch, mehr Fisch«, erklärt Mayer.
»Wir müssen schauen, dass wir die Bauern und Bäuerinnen, die an Neuem interessiert sind, zusammenbringen.«
Neue Produkte
Eine interessante Perspektive könnten
auch Ziegen- und Schafmilch-Produkte
sein. Bioland-Vorstand Erwin Keck
stellte die Ergebnisse dieser Projektgruppe vor: »Ein Markt für Ziegenmilchprodukte ist vorhanden und ist
aber derzeit in der Hand der Franzosen.
Unser Ziel ist es, ein Allgäuer Produkt
zu schaffen.« Hier sei die Bündelung
der Schaf- und Ziegenmilcherzeuger
in einer Milcherzeugergemeinschaft
denkbar. Und es ergaben sich bereits
konkrete Perspektiven: der neu ge-
Allgäuer Bauernblatt 20/2016
gründete Allgäuer Milchhof bei Missen
könnte in der ersten Jahreshälfte 2017
mit der Produktion beginnen.
Mit 630 Alpen spielt auch die Berglandwirtschaft eine wichtige Rolle für
die Projektregion. Hier geht es laut Rolf
Eberhardt, Geschäftsführer des Naturparks Nagelfluhkette, vor allem um den
Bioanteil der Lebensmittel in der Bewirtung und die Verfügbarkeit der Weideplätze. »Der Anteil an Weidefläche
für Biorinder ist aktuell sehr gering –
dieser soll erhöht werden, und zwar so,
dass er mit dem Anteil an Biofläche im
Tal übereinstimmt. Hier gibt es aktuell
ein Missverhältnis.«
Großes Potenzial mit Signalwirkung
sieht Alexandra Hiebel vom AELF Augsburg in der Gastronomie und in Gemeinschaftsverpflegungen wie Schulen.
Die Projektgruppe legt den Fokus darauf, Großabnehmer für das Thema Bio
und Regionalität zu sensibilisieren und
Bio-Gerichte auf den Allgäuer Speise-
karten zu etablieren. Dazu wird eine effiziente Logistikstruktur benötigt, um
das Produkt zur richtigen Zeit an den
richtigen Ort zu bringen – und das auf
möglichst kurzem Weg. Entstehen sollen laut Dr. Sabine Weizenegger von
der Regionalentwicklung Oberallgäu
Kooperationen bei der Produktion und
dem Transport. »Es ist wichtig, die
Mengen zu bündeln und damit Fahrtwege zu reduzieren.«
»Es ist ein großer Strauß an Ideen zusammengekommen, die in den Arbeitsgruppen weiter konkretisiert
werden müssen«, erklärt Projektmanagerin Sarah Diem abschließend. Über
die Presse, die Homepage oder persönlich möchte Diem zu den weiteren
Schritten informieren und freute sich
über die rege Teilnahme an den InitialWorkshops im Rahmen Auftaktveranstaltung: »Damit bekam unsere
Modellregion einen guten Startschuss.«
Florian Maucher
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