Verheiratet mit 14: Jugendamt trennt Eheleute - K

Verheiratet mit 14: Jugendamt trennt
Eheleute – Gericht widerspricht
Themenbild
Mit 14 Jahren wurde eine Syrerin in ihrer Heimat mit einem älteren
Mann verheiratet. Ihre Flucht vor dem Krieg endete in einer
Aschaffenburger Asylunterkunft. Hier trennte das Jugendamt beide. Der
Ehemann wollte seine Frau zurück, Bamberger Richter gaben ihm recht.
Der bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) ist empört.
Die Ehe einer mit 14 Jahren verheirateten Syrerin, mit der das
Aschaffenburger Jugendamt befasst war, könnte zu einer Rechtsänderung
führen. Auf der am Donnerstags beendeten Justizministerkonferenz
plädierte Bayerns Ressortchef Winfried Bausback (CSU) für eine
Klarstellung,
in
Deutschland
wonach
künftig
keine
»Kinderehen
Ankerkennung
finden«,
so
der
Aschaffenburger auf Facebook.
Die Syrerin hatte im Februar 2015 mit 14 Jahren ihren etwa sieben
Jahre älteren Cousin in Syrien geheiratet. Danach flüchteten die
Sunniten
gemeinsam
über
die
Balkanroute
nach
Deutschland.
Im
Spätsommer kamen sie in die damalige Flüchtlingsunterkunft in der
Aschaffenburger Erbighalle.
Das Jugendamt der Stadt Aschaffenburg trennte die beiden im September
voneinander.
Die
junge
Frau
zeige
»noch
eher
kindliches
bis
jugendliches Verhalten« und sei noch nicht fähig »zur sexuellen
Selbstbestimmung«, gibt das später eingeschaltete Oberlandesgericht
(OLG) Bamberg die Position der Stadt wieder. Die 15-Jährige kam in
eine
Jugendhilfestätte
in
Schöllkrippen
(Kreis
Aschaffenburg),
berichtete die »Welt« in dieser Woche.
Ehemann will Frau zurückhaben
Im Dezember bat der Ehemann das Amtsgericht Aschaffenburg um
»Rückführung« seiner Frau, die damals unter der Vormundschaft des
Stadtjugendamts stand. Das Amtsgericht entschied im März, dass der
Umgang zwischen den beiden nach deutschem Recht geregelt werde.
Zunächst wollte das Familiengericht dem Ehepaar erlauben, sich
freitags bis sonntags unbegleitet zu treffen, zumal es bereits in
Syrien »wie Mann und Frau zusammengelebt« habe. Diese Genehmigung nahm
das Gericht nach Intervention des Jugendamts rasch zurück. Das Amt
hatte nur eine dreistündige Begegnung pro Woche in Begleitung eines
Dritten erlauben wollen. Das Mädchen könne noch kein selbstbestimmtes
Leben führen und werde eventuell schwanger.
Das OLG Bamberg, bei dem der Fall danach landete, erkannte am 12. Mai
die Ehe an und ließ den Umgang der beiden miteinander zu (Aktenzeichen
2 UF 58/16, im Internet bei WWW.GESETZE-BAYERN.DE). Inzwischen leben
die beiden Syrer wieder zusammen.
Die Bamberger Richter hatten ausgiebig das syrische Eherecht studiert.
Über deutsche Diplomaten holten sie sich die Zusicherung syrischer
Behörden, wonach die Ehe der beiden Sunniten rechtmäßig geschlossen
worden sei. Auch wenn das deutsche Recht eine Ehe frühestens ab dem
16. Lebensjahr erlaube, werde eine Heirat im Ausland damit nicht
automatisch unwirksam, so das OLG.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat Bamberg Beschwerde zum
Bundesgerichtshof erlaubt. Dann könnte der BGH erstmals darüber
befinden, ob eine solche Auslandsehe gegen die öffentliche Ordnung
(»Ordre Public«) verstoße und für nichtig erklärt werden müsse. Die
Stadt Aschaffenburg kann bis 23. Juni entscheiden, ob sie Beschwerde
einlegt.
»Minderjährige schützen«
Bayerns
Justizminister
mittelalterliche
Bausback
Rechtsverständnis
schreibt
anderer
auf
Facebook:
Staaten
»Das
widerspricht
unserem Verständnis von Minderjährigenschutz.« Der Aschaffenburger
will eine »klare Regelung, nach der im Ausland geschlossene Ehen mit
unter 16-jährigen Mädchen durch unsere deutsche Rechtsordnung nicht
anerkannt werden«. Sein Düsseldorfer Kollege Thomas Kutschaty (SPD)
hatte das Thema der Justizministerkonferenz vorgelegt, zumal durch den
Flüchtlingszuzug solche Fälle vermehrt aufträten.
Hintergrund: Ehemündigkeit in Deutschland
Der Fall der Syrerin, die in ihrer Heimat mit 14 Jahren geheiratet
hat, wirft ein Schlaglicht auf die deutsche Rechtslage. Paragraf 1303
des Bürgerlichen Gesetzbuchs beginnt mit dem Satz: »Eine Ehe soll
nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden.« Ausnahmen
kann das Familiengericht erlauben, »wenn der Antragsteller das 16.
Lebensjahr vollendet hat und sein künftiger Ehegatte volljährig ist«.
(C.M.)
Wie lange wollen wir dabei noch zusehen? Was hier in unserem Land
gerade alles passiert ist nicht mehr hinnehmbar! Wenn wir schon nicht
für uns selbst kämpfen wollen, so müssen wir wenigstens für alle
Kinder dieser Erde kämpfen! (I.T.)