Berlin, 2. Juni 2016 PRESSEMITTEILUNG Museen Dahlem

Berlin, 2. Juni 2016
GENERALDIREKTION
PRESSE – KOMMUNIKATION – SPONSORING
PRESSEMITTEILUNG
Museen Dahlem, Museum für Asiatische Kunst
Lansstr. 8, 14195 Berlin
Öffnungszeiten: Di – Fr 11 – 17 Uhr, Sa + So 11 – 18 Uhr
Stauffenbergstraße 41
10785 Berlin
MECHTILD KRONENBERG
Schnittmengen. Zeitgenössische Kunst und die Überlieferung
3. Juni 2016 – 8. Januar 2017
Eine Ausstellung des Museums für Asiatische Kunst – Staatliche Museen
zu Berlin
Eröffnung: Donnerstag, 2. Juni 2016, 19 Uhr
Die Werke von acht Künstlern – Sven Drühl, Jia, Naoko Matsubara,
Ônishi Hiroshi, Rhee Jae Yong, kate-hers RHEE, Luzia Simons und Aiko
Tezuka – interagieren mit Kunstwerken aus dem Bestand der Ostasiatischen Kunstsammlung. Die Dialoge in den Räumen der ständigen Ausstellung hinterfragen Seh- und Denkweisen, lassen bekannte Objekte in
neuem Licht erscheinen und offerieren überraschende Einsichten und
Perspektiven.
REFERATSLEITUNG
MARKUS FARR
PRESSEREFERENT
Telefon: +49 30 266 42 3402
Telefax: +49 30 266 42 3409
[email protected]
www.smb.museum/presse
Die diversen künstlerischen Positionen beziehen alle in der einen oder
anderen Weise Inspiration aus formalen und konzeptionellen Eigenheiten
ostasiatischer Kunst. Sie reflektieren die Verflochtenheit von Kulturen,
Objekten und Konzepten genauso wie von Biografien in der Gegenwart
und stellen Grenzen in Frage. Traditionelle Formen zeigen sich in modernem Gewand, Vergangenes und Gegenwärtiges werden verwoben, hinter
dekorativer Ordnung erscheint subversiver Sinn und setzt Oberfläche und
Substanz in ein spannungsvolles Verhältnis.
Das Museum für Asiatische Kunst wird im Januar 2017 schließen, um den
Umzug ins Humboldt Forum vorzubereiten. Die Ausstellung markiert
gleichzeitig den Abschied aus Dahlem und gibt mit der Präsentation der
sehr unterschiedlichen Werke und Haltungen einen Ausblick auf die vielfältigen, der Gegenwart zugewandten Konzepte im Humboldt Forum.
Die beteiligten Künstlerinnen und Künstler
Sven Drühl
Sven Drühl, 1968 in Nassau an der Lahn geboren, setzt sich in seiner
künstlerischen Arbeit seit vielen Jahren mit Landschafts- und Architekturmotiven der Kunstgeschichte und der zeitgenössischen Kunst auseinander. In seinen Gemälden und Neonarbeiten zitiert er häufig bereits
existierende Bilder anderer Künstler wie etwa Caspar David Friedrich,
Kawase Hasui oder Wolfgang Tilmanns. Dabei geht es Drühl gleichermaßen um das Benutzen von Vorgefundenem wie auch um die Konstruktion
von Neuem, wenn er die gezielt ausgesuchten Versatzstücke und Fragmente neu arrangiert, kombiniert und gleichzeitig dekonstruiert. So entstehen kulturelle Rückkopplungen und Transfers, die das tradierte Thema
Landschaft höchst aktuell erscheinen lassen. Über Jahre verfeinerte er
eine spezielle Technik aus Öl, Lack und Silikon und bearbeitet seit einiger
Zeit auch reine Lackbilder in asiatischer Tradition.
Das Fotografieren ist ausschließlich zur aktuellen Berichterstattung über die Ausstellung /
Veranstaltung erlaubt. Bei jeder anderweitigen Nutzung der Fotos sind Sie verpflichtet, selbständig vorab die Fragen des Urheber- und Nutzungsrechts zu klären. Sie sind verantwortlich für die Einholung weiterer Rechte (z.B. Urheberrechte an abgebildeten Kunstwerken,
Persönlichkeitsrechte).
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Sven Drühls Interesse für die Bildkunst Ostasiens geht über motivische
oder technische Anleihen hinaus. Die Konzentration auf das Wesentliche,
das Auskosten der Wechselwirkung von Zufall und Intuition und die Akzeptanz von Nicht-Handeln schlagen eine Brücke zur Geisteshaltung traditioneller chinesischer Literaten.
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Jia
Die Schriftkunstwerke von Jia zeigen auf den ersten Blick einen geordneten Kosmos, hinter dem sich allerdings Verlust und Brüche offenbaren. Es
geht der 1979 in Beijing geborenen Künstlerin nicht um eine Verlängerung
von Traditionen in die Gegenwart; vielmehr benutzt sie einen von ihr
selbst als „hübsch“ bezeichneten formalen Aspekt aus dem Repertoire der
chinesischen Kunstgeschichte, um verhängnisvolle Vorgänge zu thematisieren. Konzeptionelle Anleihen nimmt sie eher bei der Text-basierten
amerikanischen Konzeptkunst als bei ostasiatischen Traditionen. Nicht die
Kultivierung der Persönlichkeit, sondern eine weitreichende Ent-Individualisierung sind ihr Thema.
Jia schreibt die Zeichen nicht in klassischer Weise, sondern stellt sie mit
Hilfe von lasergeschnittenen Schablonen und Acrylfarbe her. Sie benutzt
einen Schriftfont, der für die ersten Druckmaschinen entwickelt wurde,
aber auch für Propaganda-Poster zum Einsatz kam. Ihre Arbeiten kreisen
um die Folgen der Schriftreform in der Volksrepublik China 1955. Sie blättert ein Archiv der Verluste auf, das von den semantischen Einbußen
kündet, die mit den Vereinfachungen einhergingen. Die gefällige Oberfläche ist sinnentleert. Die Widersprüchlichkeit von Inhalt und Form spiegelt
sich auch in den Fotos aus „The Road Series“.
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Naoko Matsubara
Naoko Matsubaras Grafiken haben mit dem traditionellen japanischen
Holzschnitt ukiyo-e, der in strikter Arbeitsteilung entstand, wenig gemein.
Ihr Ausgangspunkt ist vielmehr der moderne japanische Holzschnitt
(sôsaku hanga) – die 1937 geborene Künstlerin schneidet ohne Vorzeichnung direkt in das Holz. Die durch das Wegschneiden entstehenden
Leerstellen werden erst im Druck als sinnstiftende Schnittmengen sichtbar. Material- und Druckspuren, Einschnitte sowie Über- und Nebeneinander von farbigen Flächen prägen die aktuellen Arbeiten.
Gleichwohl scheinen in den Grafiken Elemente der traditionellen japanischen Kultur auf, die letztlich auch Reflektionen persönlicher Erfahrungen
sind. So zeigt der Holzschnitt „Kenkun Jinja“ den Schrein im Norden Kyotos, in dem die Künstlerin aufwuchs. Der Druck „Shôjô“ visualisiert den
Tanz des japanischen Alkohol-Geistes im gleichnamigen No-Stück und
auch das Blatt „Tagasode“ („Wessen Ärmel?“) spielt mit der Überlieferung. Der Titel verweist auf ein Sujet der Malerei im Stellschirm-Format,
bei dem schöne Damen allein durch auf Ständern drapierte Kimonos evoziert werden. Das Museum dankt der Künstlerin für das großzügige Geschenk dieses herausragenden Druckes.
Ōnishi Hiroshi
Die Teeutensilien des primär als Maler tätigen Künstlers Ōnishi Hiroshi
(1961–2011) kombinieren eine fest in der japanischen Tradition gründende Formensprache und Materialästhetik mit einer international-modernen
konzeptuellen Monochromie.
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Im Gegensatz zum patentierten International Klein Blue (I.K.B.) des
Künstlers Yves Klein (1928-1962), der sich als Judōka intensiv mit der
japanischen Sprache und Kultur beschäftigte und ebenfalls monochromultramarinblaue Objekte und Keramiken schuf, verwendete Ōnishi jedoch
kein synthetisches Pigment, sondern das Mineral Lapislazuli aus Afghanistan. Dieses wurde bis zur Erfindung des synthetischen Pigments 1826
in der Malerei Europas als Fra-Angelico-Blau wie auch in der traditionellen
Malerei Japans unter dem Namen Gunjō verwendet.
2007 schuf Ōnishi für eine Teezusammenkunft zum 120. Gründungsjubiläum der Kunstuniversität Tokyo, an der er ausgebildet wurde und zu diesem Zeitpunkt auch selbst lehrte, erstmals mit Lapislazuli-Pigment gebrannte Teeschalen sowie mit demselben Pigment lackierte Utensilien
aus Bambus und Holz. Ihre zeitgenössisch-traditionelle Monochromie korrespondiert in der Ausstellung mit monochromen Teeutensilien aus Museumsbesitz.
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Rhee Jae Yong
Die fotografischen Arbeiten von Rhee Jae Yong erforschen die zeitliche
und räumliche Multiperspektivität von Landschaften, Bauwerken und Objekten. In seiner einzigartigen fotografischen Technik montiert der 1969
geborene Künstler unterschiedliche Dimensionen eines Gegenstands zu
einem im wörtlichen wie im übertragenen Sinn vielschichtigen Bild. Seine
Fotografien assoziieren die Veränderungen und Bewegungen, die das
jeweilige Objekt in seiner Geschichte erfahren hat. Zugleich appellieren
sie an die Blicke der Betrachter, das Dargestellte in seinem Wesen zu
erfassen, befreit von Zuschreibungen, die ihm im Laufe seiner Historie
auferlegt wurden. Was ist museale Inszenierung, was kulturelle Konnotation, und worin besteht die wahre Natur der Dinge? Was bestimmt letztendlich die Wahrnehmung?
Rhee Jae Yong fotografierte Objekte aus der Sammlung des Museums.
Die jadegrünen Keramiken aus der Goryeo-Zeit (918–1392) mit ihrer subtilen Eleganz gehören zu den charakteristischsten Erzeugnissen koreanischer Kunsthandwerker. Die Aufnahmen lassen ihre Konturen verschwimmen, evozieren Geschichten von Herkunft und Gebrauch der Gefäße und
überbrücken damit gleichermaßen Raum und Zeit.
kate-hers RHEE
Die koreanisch-stämmige, US-amerikanische Künstlerin kate-hers RHEE
beschäftigt sich in ihren interdisziplinären Kunst- und Forschungsprojekten mit dem komplexen Charakter von transnationaler Identität, kultureller
Entwurzelung und Rollenzuschreibungen. Von konzeptuellen Ansätzen
ausgehend, arbeitet sie mit den unterschiedlichsten Medien, wie Zeichnungen, Videos, Installationen und Performances. Letztere sind oft interaktiv und schließen soziale Interventionen ebenso ein wie Wechselwirkungen mit dem Publikum. Nicht selten benutzt kate-hers RHEE Essen
und Sprache sowie einen speziellen Humor, um Identitäten und Selbstbilder zu thematisieren.
In ihrem jüngsten Projekt „Modern Beauty Ideals in the Age of Digital
Technology“ befasst sie sich aus transnationaler feministischer Perspektive mit kosmetischer Chirurgie. Nachdem ein erstes Kapitel dieser Arbeit
um ihre eigene koreanisch-amerikanische Identität und die vorgebliche
Obsession für Schönheit und Kosmetik in Süd-Korea kreiste, dehnt kateDas Fotografieren ist ausschließlich zur aktuellen Berichterstattung über die Ausstellung /
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hers RHEE ihre Arbeit nunmehr auf die Geschichte des Phänomens aus
und untersucht dessen Eigenheiten weltweit. In der Ausstellung wird ein
historischer Kontext durch die Konfrontation mit chinesischen Darstellungen von Frauen mit gebundenen Füßen hergestellt.
Luzia Simons
Luzia Simons‘ Blumenbilder sind keine klassischen Fotografien. Die 1953
in Quixadá, Brasilien geborene Künstlerin komponiert ihre Bilder mit echten Blüten, die sie direkt auf dem Scanner anordnet. Die Stellen, an denen die Blumen auf dem Glas aufliegen, werden mikroskopisch genau
abgebildet. Dort, wo es einen größeren Abstand gibt, entsteht eine abstrakte Unschärfe. Die meist großformatigen Bilder bestechen durch frappante räumliche Tiefe, eindringliche Plastizität und farbliche Brillanz. Im
Gegensatz zur intensiven Präsenz dieser Scanogramme stehen ihre fragilen Zeichnungen, die in ihrer unbestimmten Dynamik vom Betrachter weitergedacht werden wollen.
Migration, Wandel und Adaption sind Themen, die Luzia Simons beschäftigen. In ihren Darstellungen dekonstruiert sie herkömmliche Bildvorstellungen, indem sie die Blumen aus ihrem natürlichen Kontext isoliert und
zu einem abstrakt-ästhetischen Motiv erhebt, das eine ganze Palette an
Bedeutungen transportiert. In diesem Verzicht auf eine Verankerung in
Raum und Zeit sind ihre Bilder ostasiatischer Malerei geistesverwandt.
Die traditionell ein eigenes Genre bildende Blumenmalerei Ostasiens
zeigt Blumen und andere Pflanzen häufig ihrer natürlichen Umgebung
enthoben und metaphorische Bedeutungen repräsentierend.
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Aiko Tezuka
Aiko Tezukas Interesse gilt dem, was unter der Oberfläche verborgen ist.
Vom Fach der Malerei herkommend, führte die 1976 in Tokyo geborene
Künstlerin der Überdruss an der Flut der Bilder zur Beschäftigung mit Alltagsobjekten. Sie verwendet Stoffe, die sie zu oftmals raumgreifenden
Objekten und Installationen transformiert. Einen Teil der Gewebe dekonstruiert sie, indem sie die Kettfäden herauszieht. Aus einem blickdichten
Stoff wird auf diese Weise ein fragiles, transparentes Gewebe, das überraschend seine Strukturen enthüllt und den ewigen Prozess der Wandlung fassbar macht. Mit den gewonnenen Fäden wiederum stickt sie überraschende Arrangements, in denen Bilder und Begriffe wie auf Mindmaps
zusammenfinden. Unsichtbare Geschichten und vergessenes Können,
eingewebt in den benutzten Textilien, kommen ans Licht.
Inzwischen lässt Aiko Tezuka auch nach eigenen Entwürfen Stoffe fertigen, in denen sie Vergangenes und Gegenwärtiges aus unterschiedlichen
Welten miteinander verwebt: „Ich möchte den Stoff unserer Zeit in meinen
Stoff hineinweben, mit einem Gespür von Zeitlosigkeit ebenso wie von
Zeitlichkeit.“ Mit ihren poetischen (De-)Konstruktionen enthüllt sie nicht
nur Zusammenhänge, sondern verneigt sich auch vor der Kreativität und
den Fertigkeiten vergangener Generationen.
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