Eine Geschichte mit Happy End

Geschichte mit Happy End
Jeaninne Duffaud (88) ist mehr
als einmal ausgebüxt und
spazieren gegangen, ohne
jemandem etwas zu sagen. Das
Risiko ist mit dem Heim
abgesprochen gewesen. Die
Kinder waren der Meinung, ihre
Mutter solle einen Rest Freiheit
behalten können.
Es ist ein schöner Nachmittag im Herbst. Die Lausanner
Altstadt präsentiert sich freundlich im warmen Licht der
Sonne. Die meisten Menschen eilen geschäftig durch die
Gassen. Mitten im Trubel fällt eine ältere Dame auf. Sie ist
stehen geblieben, schaut sich um und weiss ganz
offensichtlich nicht weiter. Sie macht einen verlorenen
Eindruck. Es geht nicht lange und eine junge Frau zeigt sich
aufmerksam. Sie fragt, ob sie behilflich sein kann. Als sich
herausstellt, dass sich die Seniorin verirrt hat und es ein
weiter Weg ist bis nach Hause, bietet ihr die junge Frau an,
sie zu begleiten. Die beiden nehmen ein Taxi und der Zufall
will es, dass sie auf einen verständigen Chauffeur treffen.
Die Fahrt ist gratis.
An der genannten Adresse realisieren die Helfer schnell,
dass die Frau nicht mehr hier wohnt. Es gibt keine Klingel
mit ihrem Namen und sie selber wirkt unsicher und noch
verlorener. Sie kann nicht angeben, wo sie wirklich zuhause
ist. Dass sie seit einem Jahr in einem Heim lebt, daran kann
sie sich in dem Moment nicht erinnern. Die junge Frau und
der Taxi-Chauffeur geben nicht auf und fragen im Haus
nach. Eine Bewohnerin rät ihnen, sich beim Concierge zu
erkundigen, vielleicht wisse er mehr. Dieser kennt die Frau
tatsächlich und auch die Tochter. Der Rest ist schnell
erzählt. Die Tochter wird alarmiert, sie kommt sofort und
fährt die Mutter ins Heim und die junge Frau nach Hause.
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Claire Attinger erzählt mit einem Lächeln auf dem Gesicht
vom Abenteuer ihrer Mutter Jeaninne Duffaud. Es hat ihr
bestätigt, was sie schon immer vermutet hat: Vielerorts
schlummert eine grosse Hilfsbereitschaft, auf die man sich
verlassen kann, wenn es wirklich darauf ankommt. Vor allem
wenn es eine verletzliche Person ist, die Hilfe braucht.
Claire Attinger erinnert sich dankbar an Marie, die junge
Frau, den Taxi-Chauffeur, die Nachbarin und den Concierge.
Es sei „une jolie petite histoire“, die zeige, dass es in
unserem Umfeld Personen jeden Alters gibt, die solidarisch
sind und voller Menschlichkeit. Das seien doch gute
Vorzeichen.
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