Ausgabe 31 Mai 2016 Die zehn Leitgedanken Es liegt auf der Hand, dass sich die Welt der Erziehung nicht in 10 Zeilen fassen lässt. Aber in den folgenden zehn Leitgedanken steckt ein Kern von Papilio, dem Sie über alle Maßnahmen hinweg immer wieder begegnen werden, wenn es um schwierige Situationen geht: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Jedes Kind individuell wahrnehmen Genau beobachten und wertfrei beschreiben Kindern Zeit lassen Situationen aushalten, nicht einmischen Kinder einbeziehen, mit ihnen sprechen Loben, differenziert und ehrlich Vorausdenken und Rahmen geben Den Kindern die Chance geben, etwas zu lernen Authentisch und spürbar für die Kinder sein Raus aus der Situation, reflektieren Eines gleich ganz klar im ersten Satz: „Schwierige“ Kinder gibt es nicht! Wenn uns Kinder herausfordern, dann sind es ihre Verhaltensweisen. Kinder reagieren mit ihrem Verhalten auf das was sie sehen, hören, spüren, erleben – und lernen daraus. Es ist an uns, dies sensibel wahrzunehmen und Kindern zu helfen, dass sie das Richtige lernen. Angesichts der aktuellen Herausforderungen ist es allerdings sehr verständlich, dass ErzieherInnen nach Hilfen, Programmen und Unterstützung rufen. In den Texten und Beispielen auf den folgenden Seiten werden Ihnen diese zehn Leitgedanken immer wieder begegnen. Die zutreffenden Punkte sind bei jedem Artikel angeführt. Meine Antwort: Papilio! Es hilft seit über 10 Jahren und es hilft genau bei den aktuellen Herausforderungen. Das bestätigen uns auch immer wieder ErzieherInnen, die Papilio seit vielen Jahren erfolgreich einsetzen. Als Papilio erfunden wurde … Inhaltsübersicht Was heißt überhaupt „schwierig“? Lea kann das nicht Sven: „Das hier ist meine Heimat!“ Damit die Krieger leise kämpfen Wenn Memorykarten vom Tisch fliegen … Welche Regel hilft Ricarda … 10 Jahre Papilio auf Tour Aktuelle Zahlen zu Papilio Papilio anpassen für schwierige Kinder … wie bitte? 2 3 5 6 7 9 11 11 … steckte der Touchscreen in den Kinderschuhen und Flüchtlinge waren ein Randthema. Doch schon damals wurde unser Programm entwickelt, um erste Verhaltensprobleme bei Kindern zu reduzieren. Es liefert „Handwerkszeug“ für Kitas, um mit Sprach-, Konzentrations-, Aggressions- und vielen weiteren Problemen umzugehen. Deshalb möchten wir in diesem Newsletter … … auf die grundsätzliche Basis von Papilio eingehen: Was sind eigentlich „schwierige“ Kinder? Worauf ist in schwierigen Situationen das erzieherische Augenmerk zu richten? Und wie helfen die PapilioMaßnahmen. Ihre HEIDRUN MAYER, Geschäftsführende 1. Vorsitzende Papilio e.V. Was heißt überhaupt „schwierig“? Theoretischer Hintergrund zu Verhaltensauffälligkeiten Es gibt Kinder, die das Fachpersonal massiv herausfordern. ErzieherInnen und Teams in den Kitas kennen solche Situationen und stellen sich häufig die Frage: „Wie gehen wir mit diesem Kind um?“ Und allerorten ist zu hören: Es werden eher mehr Kinder, die schwierig oder auffällig sind und die ganze Aufmerksamkeit fordern. Dies führt auch dazu, dass die Arbeit mit den anderen Kindern leidet. Die Frage ist: Welche Verhaltensweisen sind schwierig? Generell gilt: Nicht das Kind ist schwierig, sondern sein Verhalten. Diese Haltung hilft beim Umgang mit schwierigem Verhalten. Zum Auftreten von Verhaltensproblemen bei 3- bis 6-Jährigen gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, aber die Zahlen schwanken je nachdem, wen man befragt (die Eltern oder die ErzieherInnen) und was man im Vorfeld als „Problem“ definiert. Fakt ist allerdings: Es gibt Auffälligkeiten und Störungen und der Schwerpunkt liegt bei aggressiven Erscheinungsformen. Externalisierend: Aggressives Verhalten Fachleute benennen verschiedene Störungen, die mit aggressivem Verhalten einhergehen, z.B. „Störungen des Sozialverhaltens“. Diese werden dann weiter unterschieden, z.B. nach Sozialverhaltensstörungen • nur im familiären Rahmen • bei fehlenden sozialen Bindungen • bei vorhandenen sozialen Bindungen • mit oppositionellem, aufsässigem Verhalten Das oppositionelle Verhalten gilt insgesamt als etwas weniger problematisch, denn es fehlt das körperlich-aggressive Verhalten gegen Menschen oder Tiere. Darüber hinaus gibt es weitere Störungen mit aggressivem Verhalten, z.B. ADHS oder Probleme der ImpulsiOb ein Kind Probleme hat, gar eine Störung, lässt sich nur aus der vität oder Aufmerksamkeit. Die Unterscheidung zwischen Aggression Beobachtung über einen längeren Zeitpunkt beurteilen. und Impulsivität verlangt genaues Beobachten: Typischerweise fehlt beim impulsiven Verhalten die Schädigungsabsicht. Gelegentlich – oder immer wieder? Unterschieden werden muss zwischen gelegentlich schwierigem Verhalten und einer Verhaltensstörung. Nicht jedes Kind, das zuschlägt, hat eine Verhaltensstörung. Davon sprechen Kinderpsychologen erst, wenn ein ganzes Bündel problematischer Verhaltensweisen über einen längeren Zeitraum immer wieder auftritt. Gelegentlich aggressives und trotziges Verhalten kann auch durch Müdigkeit oder Stress verursacht sein. Es ist deshalb wichtig, die Kinder kontinuierlich zu beobachten und dabei Alter und Entwicklungsstand zu berücksichtigen. Aggression oder Ängste sind phasenweise „ganz normal“. Im dritten Lebensjahr kommen z.B. Schlagen oder Spielzeug-wegnehmen recht häufig vor. Externalisierend und internalisierend Was in der Kita stört, ist externalisierendes Problemverhalten, z.B. aggressives Verhalten, Impulsivität oder Hyperaktivität. Sie richten sich nach außen. Nicht übersehen werden dürfen aber die nach innen gerichteten, internalisierenden Auffälligkeiten, z.B. Trennungsangst, Schüchternheit. Internalisierend: Sozial unsicheres Verhalten Neben Aggression oder Trotz fällt sozial unsicheres Verhalten kaum auf. Entsprechende Kinder wirken in der Gruppe „pflegeleicht“, werden als „schüchtern“ oder „gehemmt“ beschrieben. Sie sprechen wenig oder nur leise, verstecken sich hinter anderen und vermeiden oft den Blickkontakt. Mimik und Gestik wirken reduziert. Hinter sozial unsicherem Verhalten können verschiedene Ängste stehen, am häufigsten bei Kindern sind: • Trennungsangst Starke Angst vor einer Trennung von der Bezugsperson, Sorge, dass der Bezugsperson etwas Schlimmes passieren könnte, bis hin zu körperlichen Symptomen wie Bauch- und Kopfschmerzen oder Übelkeit in Trennungssituationen. Davon zu unterscheiden ist das „Fremdeln“ als normale Reaktion jüngerer Kinder auf Trennungen. • Soziale Ängstlichkeit/soziale Phobie Anhaltende Angst vor fremden Erwachsenen und/oder Gleichaltrigen. Die Kinder versuchen, Kontakte mit Fremden zu Fortsetzung Seite 3 Fortsetzung von Seite 2: Was • • heißt überhaupt „schwierig“? Theoretischer Hintergrund vermeiden, und sind bei Fremden deutlich befangen. Die sozialen Beziehungen sind, außer zu den Hauptbezugspersonen, stark beeinträchtigt. Generalisierte Angststörung Vorliegen mehrerer starker Ängste, die sich auf unterschiedliche Ereignisse oder Aktivitäten beziehen. Die Kinder werden von den Ängsten beherrscht und wirken ruhelos oder nervös, begleitet von Müdigkeit, Konzentrationsproblemen und Schlafstörungen. Das wiederum kann die Problematik verstärken oder positive Entwicklungen in anderen Bereichen gefährden. Altersgemäße Kompetenzen werden nicht oder nur unzureichend aufgebaut, bereits vorhandene Fertigkeiten werden nicht geübt und gehen sogar verloren. Es entsteht ein Teufelskreis, den Gleichaltrige durch Zurückweisung verstärken können. Papilio hilft nachgewiesenermaßen Papilio hilft, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Das wurde wissenschaftlich in einer Langzeitstudie (ALEPP) nachgewiesen. Eine weitere Studie in Brennpunkt-Kitas in NRW zeigte, dass sich Papilio dort erfolgreich einführen lässt und ErzieherInnen bei ihrer Arbeit unterstützt. Neben dem sozial unsicheren Verhalten gibt es weitere internalisierende Störungen, z.B. Depression. Entwicklung ist gefährdet Wenn die angeführten Verhaltensweisen anhalten, können sie Kinder daran hindern, angemessen am altersüblichen Geschehen teilzunehmen, und die Entwicklung gefährden. Die Kinder haben wenig Sozialkontakte, schließen schwer Freundschaften, können Konflikte nicht (angemessen) lösen, haben einen niedrigen oder fälschlich überhöhten Selbstwert und unterstellen anderen feindselige Absichten. Für das Verständnis wichtig ist zu wissen, dass sozial kompetentes Verhalten nicht der Gegenpol zu dissozialem Verhalten ist, sondern dass es mit Blick auf Verhaltensprobleme als wichtiger Schutzfaktor wirken kann. Was heißt „schwierig“? Lea kann das nicht Damit das Kind eine Chance hat, es zu lernen Von Heidrun Mayer Neben den kindorientierten Maßnahmen, auf die ich in den folgenden Artikeln dieses Newsletters eingehen werde, ist das entwicklungsfördernde Erziehungsverhalten die Maßnahme, bei der es am stärksten auf das Verhalten der ErzieherIn ankommt. Sie verhält sich so, dass sie die Entwicklung des Kindes fördert. Einige Punkte dieses Erziehungsverhaltens möchte ich mit Blick auf Verhaltensprobleme vorstellen. Entwicklung fördern bedeutet, Schutzfaktoren gegen problematisches Verhalten aufzubauen – vgl. vorheriger Artikel. Damit geben ErzieherInnen Kindern die Chance, etwas zu lernen und unerwünschtes Quelle: Mayer , H., Peter, C., Scheithauer, H. (in Druck 2016). Papilio: Theorie und Grundlagen. Ein Programm für Kindertagesstätten zur Prävention von Verhaltensproblemen und zur Förderung sozial-emotionaler Kompetenz. 4. überarb. u. erg. Aufl. Augsburg, Papilio Verlag. Leitgedanken 1. Jedes Kind individuell wahrnehmen 2. Genau beobachten und wertfrei beschreiben 6. Loben, differenziert und ehrlich 8. Den Kindern die Chance geben, etwas zu lernen 9. Authentisch und spürbar für die Kinder sein 10. Raus aus der Situation, reflektieren Verhalten abzubauen. Dabei ist es egal, ob aggressives oder Rückzugsverhalten vorliegt, das Vorgehen der ErzieherIn ist dasselbe: Es hängt vom Kind und von der Situation ab. Das kann z.B. eine Berührung sein, die ein zurückhaltendes Kind ebenso erreicht wie ein quirliges. Handlungsabfolgen kindgerecht aufbereiten Eine der entwicklungsfördernden Maßnahme ist das kindgerechte Aufteilen von Handlungsanweisungen in mehrere Schritte. Nur wenn ein Kind versteht, was es als nächstes tun soll, hat es überhaupt die Chance einer Anweisung zu folgen. Fortsetzung Seite 4 Fortsetzung von Seite 3: Lea Überlegen Sie also individuell für das Kind und die Situation, welche Handlungsabfolge es braucht: • Gehen Sie dann auf das Kind zu, • gehen Sie auf Augenhöhe und nehmen Blickkontakt auf • und schlüsseln Sie dann die Handlungsabfolge auf. kann das nicht. Damit das Kind eine Chance hat, es zu lernen Pauschales Lob hilft Kindern nicht, übertriebenes Lob spüren sie. Loben Sie auch die unscheinbaren, vermeintlich selbstverständlichen Dinge. Leos Stuhlkippeln fällt auf, das auffällige Verhalten „zwingt“ zum Handeln: Es stört die Gruppe, stört Ihren Rhythmus, Ihre Struktur. Leas vorbildliches Verhalten Blenden Sie in schwierigen fällt nicht auf. Also loben Sie Situation Killersätze wie „Lea Lea – insbesondere dann, kann das nicht!“ aus. Überwenn Sie aus Beobachtung prüfen Sie stattdessen Ihre wissen, dass Lea ein sehr Haltung: Treten Sie innerlich zurückgezogenes, ängst„Die Lebhaften“ und „die Stillen“. Einschätzungen sind notwendig für das täglieinen Schritt zurück und überliches Kind ist: „Lea, Du lässt che Miteinander, aber es ist wichtig, sie immer wieder zu überprüfen. legen Sie genau, welches Kind Dich im Stuhlkreis nicht stöSie konkret vor sich haben. Welche Anweisung, welche Handlungsren und sitzt immer ruhig auf Deinem Stuhl. Das machst Du richtig abfolge braucht Lea von Ihnen, damit sie eine Chance hat, es zu gut.“ können. Gerade bei diesen Kindern ist es wichtig, ihr Verhalten zu loben. So Unerwünschtes Verhalten nicht verstärken gewinnen sie an Selbstwert und trauen sich selbst mehr zu. AußerWir alle kennen Situationen wie diese: Leo kippelt im Stuhlkreis. dem werden sie interessant für andere Kinder und bekommen mehr Oder stupst Leas Stuhl ständig an. Was passiert dabei? soziale Kontakte. • Leo fordert ständig Aufmerksamkeit ab: „Leo, sitz ruhig.“ • Leo steht ständig im Mittelpunkt: „Wenn Du nicht aufhörst, Und wenn Leo mit dieser lobenden Aufmerksamkeit für Lea gelernt dann …“ hat, auch ruhig zu sitzen, versäumen Sie nicht, auch ihn konkret • Obendrein lernt die eher ruhige Lea, die schon immer mehr dafür zu loben. Aufmerksamkeit von der ErzieherIn möchte: „Wenn ich das Zuweisungen immer wieder reflektieren auch so mache, bekomme ich Aufmerksamkeit und Zuwendung.“ Es ist normal, dass man sich ein Bild von den Kindern macht. Aber achten Sie darauf, dass sich Zuschreibungen („Lea träumt“, „Leo Beobachten Sie präzise, was im Stuhlkreis passiert, und reflektieren stört“) nicht verfestigen. Hinterfragen Sie diese Zuschreibungen bei Sie Ihre eigene Reaktion. Mit ständiger Ansprache, Bitten und Drosich selbst immer wieder und überlegen Sie: Was braucht dieses hungen bestätigen Sie Leos auffälliges Verhalten. Doch wie können Kind jetzt, damit es eine Entwicklungschance hat? Sie das Verhalten abstellen, ohne dem Kind Aufmerksamkeit zuzuwenden? Wenn ein Kind still mitläuft, sind wir leicht verführt zu denken, alles sei in Ordnung. Weil das Verhalten nicht stört. Reflektieren Sie dies Ignorieren ist die eine Möglichkeit. Eine Alternative ist das Meinsganz bewusst bei unauffälligen Kindern und beobachten Sie genau, deinsdeins-unser-Spiel. Spielen Sie mit allen Kindern die Regel: „Im ob es nur „gerade still“ ist, oder ob es sich um eine anhaltende und Stuhlkreis bleibe ich ruhig auf dem Stuhl sitzen.“ Details siehe damit auffällige Zurückgezogenheit handelt. Seite 9. Verstärken Sie die Zurückgezogenheit nicht durch „sein lassen“. Gehen Sie vielmehr aktiv auf dieses Kind in der Gruppe zu, loben Konkretes Loben Sie es oder unterstützen Sie es bei der Ausführung von HandlungsLoben ist eine wunderbare Entwickabfolgen. lungsförderung, vorausgesetzt Sie loben konkret und authentisch. Sven: „Das hier ist meine Heimat!“ Es gibt keine teilnahmslosen Kinder, viele brauchen einfach nur Zeit Von Heidrun Mayer Der Spielzeug-macht-Ferien-Tag soll unter anderem dazu beitragen, dass zurückgezogene Kinder ins Spiel finden und mit anderen Kindern interagieren. Aber was tun, wenn Sophie über Wochen hinweg nur um die Gruppe „schleicht“ und beobachtet, oder wenn Sven „teilnahmslos“ dasitzt. Diese Situationen sind für ErzieherInnen schwer auszuhalten, aber: Ich kenne keine teilnahmslosen Kinder. Zurückgezogenes Verhalten bedeutet, dass Sophie und Sven zwar nicht selbst aktiv, aber sehr wohl beteiligt sind. Ein Kind mit Rückzugsverhalten geht nicht auf andere zu, um zu sagen: „Kann ich mitspielen?“ Es bezieht andere nicht in seine Welt mit ein. Oder es ist ein klassischer Mitläufer. Kinder auf dem Schiff In einer Kita in Finnland hatten Kinder aus Tischen, Stuhlreihen und Sesseln erkennbar ein Schiff gebaut. Alle waren schwer beschäftigt, nur Sven saß regungslos auf dem Schiff. „Willst Du nicht mitspielen?“, fragte eine Erzieherin. Unwillige Antwort: „Nein, ich bin der Kapitän. Das hier ist meine Heimat!“ Leitgedanken 1. Jedes Kind individuell wahrnehmen 2. Genau beobachten und wertfrei beschreiben 4. Situationen aushalten, nicht einmischen 5. Kinder einbeziehen, mit ihnen sprechen 10. Raus aus der Situation, reflektieren Mischen Sie sich nicht in das Spiel ein. Lassen Sie die Kinder weiterspielen und nehmen Sie sich die Zeit, alles bewusst wahrzunehmen. Reflektieren Sie das Spiel erst danach, in der Runde mit den Kindern. Beziehen Sie Sophie bewusst in die Besprechung ein und beschreiben Sie: „Du hast gut zugeschaut, was hat Dir gefallen? Was hast Du gesehen?“ Die Herausforderung für uns Erwachsene ist, dies auszuhalten. Aufgabe der Erzieherin ist, zu beobachten und in der Reflexion jedes Kind aktiv einzubeziehen. Mit Sophie könnte man also überlegen: „Wo willst Du mitspielen?“ Sophie muss selbst etwas wollen, muss es selbst ausprobieren und muss selbst die Aktivität entwickeln. Sonst lernt sie es nie. Die andere Möglichkeit ist, das Gespräch mit den Kindern weiterzuentwickeln. Was haben die Kinder gesehen? Was hat Sophie gemacht? Aus dem miteinander Sprechen lassen sich Ideen entwickeln, z.B. ob Sophie an eine Tür klopft, ob sie eingeladen wird, ob sie einen Igel auf Futtersuche spielt … Lassen Sie die Kinder entwickeln, nur so lernen sie das Miteinander. Mit diesem Beispiel will ich zeigen, dass wir Erwachsenen oft sehr schnell interpretieren und sofort handeln. Ziel ist, mehr mit den Kindern zu sprechen (was ganz nebenher auch die Sprachentwicklung fördert) –, aber nicht sofort. Beobachten Sie genau, reflektieren Sie und geben Sie dann erst eine beschreibende, bewertungsfreie Rückmeldung. Dann können auch die Kinder ihre Rolle reflektieren. Die Rolle der ErzieherIn ist die Analyse: Welche Kinder sind wie beteiligt? Wie können sie ein positives Mitglied der Gruppe werden? Regen Sie die Phantasie und Aktivität der Kinder durch Fragen an, nicht durch Vorschläge. Wenn ein Kind sich nicht traut Häufig zu beobachten ist die Situation, dass ruhige Kinder wie Sophie sich immer in der Nähe einer Spielgruppe aufhalten, um die Gruppe „schleichen“. Die anderen Kinder beziehen sie nicht ein. Der Spielzeug-macht-Ferien-Tag verlangt einen BalanceAkt von den ErzieherInnen: Einerseits präsent sein, andererseits „nur“ beobachten. Damit die Krieger leise kämpfen Auch am Spielzeug-macht-Ferien-Tag gelten Regeln Von Heidrun Mayer Zum Spielzeug-macht-Ferien-Tag bekommen wir oft die Rückmeldung, dass es zu laut wird: Die Kinder geraten außer Rand und Band, störende Kinder sind noch auffälliger. Dazu noch einmal ein Beispiel aus Finnland, vom „Schiff“ – siehe vorheriger Artikel. Sören stört …? Auf dem Schiff herrscht geschäftiges Treiben, da kommt Sören herein, rennt um das Schiff, schlägt mit den Armen und lässt sich auf die Couch fallen. Immer wieder. Er betritt nie das Schiff, nimmt keinen Kontakt auf, sondern spielt parallel: Und plumps, rein in die Couch. Weg von der Situation Als grundsätzliche Richtschnur für die ErzieherIn gilt, was ich im vorherigen Artikel schon ausgeführt habe: ErzieherInnen sollten sich so wenig wie möglich und nur so viel wie notwendig ins Spiel einmischen. Es ist sinnvoll, präsent und beobachtend zu sein. Die Kinder müssen spüren, die Erzieherin steht uns zur Verfügung, wenn wir sie als AnsprechpartnerIn brauchen oder sie zum Mitspielen einladen möchten. Leitgedanken 2. Genau beobachten und wertfrei beschreiben 5. Kinder einbeziehen, mit ihnen sprechen 7. Vorausdenken und Rahmen geben 9. Authentisch und spürbar für die Kinder sein 10. Raus aus der Situation, reflektieren Wenn es schwierig zu werden droht, sollten Sie für sich selbst reflektieren, was Sie im Vorfeld hätten besser besprechen können. Häufig fehlt das Vorbesprechen des Spiels mit den Kindern am Tag vorher, vor dem Aufräumen der Spielsachen: „Was wollt Ihr morgen spielen?“ Nehmen Sie das Plakat, auf dem Kinder Spielideen gesammelt haben, nochmals her. Dies kann auch erweitert und ergänzt werden: „Was sind unsere Regeln am Spielzeug-machtFerien-Tag?“ Es ist notwendig, diese Regeln mit den Kindern immer wieder zu besprechen, gerade wenn Sie sehr viele Kinder in der Gruppe haben, die meinen, es wäre ein Tobetag. Kinder brauchen Räume Das darf sich aber nicht dahingehend entwickeln, dass der Spielzeug-macht-Ferien-Tag den Kindern die Freiräume nimmt, die er ja gerade eröffnen soll. Nehmen Sie Frei-„Räume“ beim Wort und überlegen Sie, in welchen „Räumen“ die Kinder rennen und auch mal laut sein können. Am Spielzeug-macht-Ferien-Tag wird es schnell zu laut. Wie Lassen Sie die Kinder ihr Spiel spielen damit umgehen, ohne den Kindern die Freiräume zu nehmen? und beobachten Sie genau: Spielt Sören eine Möwe, die ums Schiff flattert und dann ins Nest plumpst? Stört er die anderen Kinder? Wie Im Bewegungsraum können z.B. Laufspiele wie „Schau nicht um der reagieren die anderen? Ist das Umkreisen ein Versuch, Fuchs geht rum“ oder „Fischer ich bin ins Wasser gefallen“ gespielt mitzuspielen? Will er auf sich aufmerksam machen? werden. Im Werkraum dürfen die Kinder auch mal sägen und hämmern. Der Garten oder Hof eignet sich z.B. für Spiele mit einem Beschreiben Sie in der anschließenden Besprechung Ihre Beobachselbstgebastelten Ball, Verstecken spielen und Wettrennen verantungen, wertfrei, ohne Interpretationen. Sie werden hören, was die stalten. Dort kann aber auch beobachtet, ein Gemüsebeet angelegt Kinder und Sören gespielt haben. Mit Fragen können Sie dann die oder sonsige Gartenarbeit getan werden, die ohnehin erledigt werKinder anregen, das weitere gemeinsame Spiel zu entwickeln. den muss. Hier können Kinder mithelfen. Kinder brauchen einen Rahmen Bei allen Freiheiten, die Sie den Kindern lassen sollten, brauchen die Kinder auch und gerade am Spielzeug-macht-Ferien-Tag Strukturen und einen Rahmen. Sie kennen Ihre Gruppe. Überlegen Sie sehr genau, was eine Gruppe sich zumuten kann bzw. was Sie der Gruppe zumuten dürfen. Es muss nicht alles im Gruppenraum stattfinden und Spielanregungen hierfür sind sinnvoll. Nutzen Sie die Räume und das Gelände rund um Ihr Haus. Wann unterbrechen? Wenn die Regeln nicht eingehalten werden, können Sie ein Spiel auch unterbrechen: „Mir ist das zu laut. Da tun die Ohren weh. Was ist unsere Regel?“ Fortsetzung Seite 7 Fortsetzung von Seite 6 Damit die Krieger leise kämpfen. Auch am Spielzeug-macht-Ferien-… Rufen Sie die Regel ins Gedächtnis und überlegen Sie zusammen mit den Kindern, wie sie es schaffen können, dass sie sich an die Regel halten. Ein heikles Thema sind hier Kämpfe. Besprechen Sie also z.B. alternatives Kämpfen, das leiser vonstattengeht: Armdrücken statt Kampfsprünge und Schreie, oder „Leise Krieger“, die nur mit geschlossenem Mund kämpfen. Wer schießt womit? Womit könntet Ihr noch schießen, ohne dass es gefährlich wird? Achten Sie dabei auch auf die Kinder, die Schießen und laute, wilde Spiele nicht mögen. Beziehen Sie deren Meinung und Vorschläge mit ein. Hören Sie zu, welche Anliegen hinter dem Schießen stecken. Schießen verbieten? Wichtig für die ErzieherIn ist, dass sie sich immer wieder fragt: Wie gehe ich mit der unerwünschten Situation um? Wenn es zu laut wird oder Verletzungsgefahr droht, dann ist es nötig, den Rahmen zu definieren, Regeln in Erinnerung zu rufen und neue Ideen zu entwickeln. Vor allem Jungen schießen gerne. Verbote bringen erfahrungsgemäß nichts, weil sie einfach schießen wollen und Medienberichte zusätzliche Vorbilder liefern. Aber es muss Regeln geben, z.B. nicht auf Tiere und Menschen zu schießen. Statt pauschale Verbote auszusprechen sollte die ErzieherIn die heiklen Themen beim Spielzeug-macht-Ferien-Tag aufgreifen – und dann interessiert, mit Empathie zuhören. Besprechen Sie dabei auch den Sinn der Regeln, z.B.: Rennen zwischen den Stühlen ist gefährlich. Schreien Ein „unsterbliches“ Thema: Jungen wollen schießen. stört, weil die anderen sich dann Aber es muss Regeln geben. Sprechen Sie also über das Schießen und nicht mehr unterhalten können. Die denken Sie mit den Kindern über neue Ideen nach: Was habt Ihr daraus folgende Regel sollte immer gemeinsam entwickelt werden, zum Schießen? Was gibt es für Geschichten über das Schießen? so wie es beim Meins-deinsdeins-unser-Spiel gelernt wurde. Wenn Memorykarten vom Tisch fliegen … … und Kinder eines Tages doch anders reagieren Von Heidrun Mayer Leitgedanken kommt wieder und spielt weiter. „Paula und die Kistenkobolde“ ist in der Öffentlichkeit die bekannteste Maßnahme von Papilio. Die Kobolde sind „so niedlich“ – doch erst in der intensiven Arbeit, vor allem mit den vermeintlich schwierigen Kindern, zeigen sie so wirklich, was in ihnen steckt. Voraussetzung für das nachfolgend Beschriebene ist, dass die Maßnahme bereits eingeführt ist. Die wichtigste Aufgabe der ErzieherIn ist dann, immer und immer wieder sehr genau zu beobachten. Petra ist zornig Beim Memory gibt es regelmäßig Ärger: Wenn Petra die passende Karte mehrmals nicht findet, wird sie wütend und fegt das ganze Spiel vom Tisch. Doch eines Tages steht sie in einer solchen Situation auf und hängt ihr Bild zum Zornibold, Für Petra ist das ein Riesenfortschritt. Sie hat ihren Zorn gespürt und nicht einfach impulsiv reagiert, sondern ein neues Verhalten ausprobiert. 1. Jedes Kind individuell wahrnehmen 2. Genau beobachten und wertfrei beschreiben 3. Kindern Zeit lassen 8. Den Kindern die Chance geben, etwas zu lernen 9. Authentisch und spürbar für die Kinder sein 10. Raus aus der Situation, reflektieren Diesen Fortschritt sollten Sie als ErzieherIn unbedingt aufgreifen. Fühlen Sie zunächst den Zorn von Petra empathisch nach: „Du bist jetzt richtig wütend, dass Du die passende Karte nicht gefunden hast.“ Bewerten Sie die Wut nicht, sondern kommen Sie mit Petra darüber ins Gespräch. „Du hast Dich wie der Zornibold gefühlt und hast dann Dein Fortsetzung Seite 8 Bild gleich zum Zornibold gehängt.“ Fortsetzung von Seite 7: Wenn Memorykarten vom Tisch fliegen … und Kinder eines Tages … Jedes Kind braucht seine Zeit Für die Unterstützung der Kinder beim Umgang mit Gefühlen gibt es keine Patentrezepte. ErzieherInnen sind gefordert, unermüdlich individuell zu unterstützen. Geben Sie jedem Kind die Zeit, seine jeweils eigene Zeit, diese Fähigkeiten zu entwickeln. Geben Sie niemals auf und sagen: „Petra kann das nicht.“ Jedes Kind ist anders. Ihre Aufgabe als Erzieherin ist zu fragen: Was kann ich tun, damit Petra es lernen kann? Kind zum Beispiel gerade sehr ruhig ist, oder ob ein problematisches Rückzugsverhalten vorliegt, ist selten auf die Schnelle erkennbar. Es erfordert sorgfältige Beobachtung der Verhaltensweisen, frei von Interpretation, und die Einbeziehung des Kindes. Mit dem Sprechen über die Gefühle gewinnen sowohl die ErzieherIn als auch das Kind ein Verständnis für die Gefühle, und das Kind lernt, damit umzugehen. Zurückgezogene Kinder sind nicht nur ängstlich Während Kinder wie Petra die Aufmerksamkeit der ErzieherInnen in der Regel sofort auf sich ziehen, ist bei zurückgezogenen Wenn also Petra wieder einmal die Kindern das Gegenteil der Fall. Sie Karten vom Tisch fegt: Greifen Sie die Für den Umgang mit den Kistenkobolden gibt es keine behalten ihre Gefühle oft für sich. Wir als Situation auf und sprechen über ZorniPatentrezepte: Nutzen Sie die Kobolde immer wieder im Erzieherinnen erkennen sie deshalb nicht bold. Was kann man jetzt tun, wenn Alltag, um über Gefühle ins Gespräch zu kommen. sofort. Gefordert sind daher besondere man sich fühlt wie der Zornibold? Empathie und Vorsicht bei Bewertungen. Dieser rote Kobold, der auch immer so Zurückgezogene Kinder haben nicht nur Angst oder sind traurig. Sie wütend ist und mit den Fußen aufstampft. zeigen auch andere Gefühle nicht so sehr. Die Entwicklung dieser Vorrang für die Kindesentwicklung Kinder können Sie unterstützen, wenn Sie aktiv über Gefühle sprechen. Das Aufgreifen ist in diesem Moment wichtiger als Petra zu tadeln und weiter Memory zu spielen – womöglich gar unter Ausschluss von Zwei Beispiele Petra. Räumen Sie der Entwicklung des Kindes Vorrang ein, nehmen Pia freut sich, dass sie eine kleine Katze bekommen hat. Beziehen Sie sich Raum und Zeit dafür. Damit Petra die Zeit und eine Chance Sie alle Kinder ein und fragen Sie bewusst auch stille Kinder, wann bekommt, den Umgang mit ihrer Enttäuschung und Wut zu lernen. sie sich über etwas gefreut haben. Beziehen Sie Freudibold ein und wiederholen Sie noch einmal, wie man seine Freude zeigt. Nehmen Sie dabei alle anderen Kinder mit: Wie geht es Euch, wenn Petra zornig ist? Wie könnt Ihr ihr helfen? Wie geht es Euch, wenn Patrick erzählt in der Morgenrunde vom gestrigen Gewitter und seiIhr selbst zornig seid? Was hat Euch dann geholfen? Was könnte ner Angst. Fragen Sie alle Kinder: Habt Ihr das auch gehört? Habt Petra helfen? Ihr auch Angst gehabt? Was hat Euch Angst gemacht? Was hat Euch geholfen? Wie wurde es wieder besser? Bringen Sie BibberIm Gespräch lernen alle Kinder, dass jeder schon mal wütend war. bold in Erinnerung und achten Sie darauf, dass alle Kinder zu Wort Dass Wut normal und nichts schlechtes ist. Und dass es Wege gibt, kommen. Eine Stigmatisierung kann auch entstehen, wenn Sie bei aus dieser Wut wieder herauszukommen, ohne andere zu ärgern bestimmten Themen immer auf die gleichen Kinder fokussieren. oder etwas kaputt zu machen. Doch die Kinder entwickeln sich und eine Beobachtung, die vor Was erscheint schwierig? einem halben Jahr zutreffend war, kann heute schon überholt sein. Für die ErzieherInnen bedeutet diese Form der Unterstützung, dass Mit immer wieder neuem Blick sie nicht müde werden, auch sich selbst immer wieder zu reflektieDie große Herausforderung dabei ist, die Kinder immer wieder neu ren: Welche Kinder erscheinen mir schwierig? Was hat das mit mir, wahrzunehmen ohne zu bewerten. Und das nicht nur mit Blick auf mit meiner eigenen Haltung zu tun? Interpretiere ich Gefühle? Bei die Verschiedenheit der Kinder, sondern auch auf ihren Entwickwelchen Gefühlen neige ich besonders dazu, sie zu bewerten? Bei lungsfortschritt, ihre täglichen Stimmungen und langfristigen Veränwelchen Gefühlen gelingt es mir gut, wertfrei zu beobachten und zu derungen. Dafür gibt es kein pauschales Maß. Es hilft nur, immer beschreiben? wieder einen Schritt zurückzutreten und zu reflektieren. Nutzen Sie Die emotionale Entwicklung der Kinder dafür auch ganz bewusst den Austausch mit den KollegInnen. Das findet über Jahre statt. Entsprechende schärft die Wahrnehmungsfähigkeit des ganzen Teams. Ausdauer und Sorgfalt verlangt deshalb die Unterstützung der Kinder. Ob ein Welche Regel hilft Ricarda … … damit es erst gar nicht so weit kommt Von Heidrun Mayer Es ist ein Klassiker, zu dem – seien wir ehrlich – fast jede ErzieherIn irgendwann greift. Die 5-jährige Ricarda hat die anderen Kinder immer wieder gestört, z.B. am Maltisch, indem sie den Kindern immer wieder die Farbstifte wegnahm und sie nicht wieder in die Schale zurücklegte. Nun soll sie darüber nachdenken, warum sie mit den Kindern immer wieder streitet. Da sitzt sie also allein am Tisch, irgendwo auf einem Stuhl oder in der Garderobe. • Das ist beschämend für Ricarda. • Sie wird in ihrer Rolle bestätigt, nicht anerkannt zu sein. • Ihr Verhalten wird verstärkt, da sie ohnehin keinen Ausweg hat. Denn worüber denkt Ricarda wohl nach? Über das Stören! Über das nachzudenken, was sie hätte tun sollen, ist in diesem Alter nicht angemessen und entspricht nicht der Entwicklung des Kindes. Es muss erst lernen, wie eine Regel funktioniert und was es bedeutet sie einzuhalten. Leitgedanken 1. Jedes Kind individuell wahrnehmen 3. Kindern Zeit lassen 5. Kinder einbeziehen, mit ihnen sprechen 6. Loben, differenziert und ehrlich 7. Vorausdenken und Rahmen geben 10. Raus aus der Situation, reflektieren insbesondere die Kinder, die sich nicht den gesamten Tag über an Regeln halten können, davon profitieren und eine Regel lernen können. Ein Aspekt ist hier die Dauer des Spiels: Die Spielzeit des Meinsdeinsdeins-unser-Spiels richtet sich immer nach dem schwächsten Kind, also dem, das sich am wenigsten an die Regel während des Spiels halten kann. Die Zeitdauer muss aber lange genug sein, dass die Kinder die Möglichkeit haben, sich gegenseitig an das Einhalten der Regel zu erinnern. Dann haben auch die „Störer“ die Chance, die Regel einzuhalten und so zu einem Punkt für die Gruppe beizutragen. Lassen Sie den Kindern die Zeit, eine Spielregel lange genug zu üben. Vorher unterstützen Kinder helfen Kindern Es ist also unsere Aufgabe als ErzieherIn, herauszufinden, was schon im Vorfeld nötig ist, damit Ricarda erst gar nicht in diese Situation kommt: • Ist gegebenenfalls eine Reflexion der Regeln am Maltisch notwendig? • Welche Regeln gibt es in der Gruppe dafür? • Sind Ricarda die Regeln bewusst? Versteht sie deren Inhalt und Sinn? • Kann sie diese Regeln die ganze Zeit durchhalten? Wichtig beim Meins-deinsdeins-unserSpiel ist die Integration der Kinder, die sich mit dem Einhalten von Regeln schwer tun. Wenn es Ricarda z.B. nicht gleich schafft, sich an die Regel zu halten, überlegen Sie als Erzieherin mit den Kindern, was sie tun können, damit Ricarda sich an die Regel halten kann und die gesamte Gruppe dann einen Punkt bekommt. Gegenseitige Unterstützung und Hilfestellung ist gefragt. Ricarda kann dann bei einer anderen Spieleinheit auch zu jemandem werden, der ein anderes Kind an die Regel erinnert. • Alle üben die Regel und erinnern einander daran. • So kann auch Ricarda die Regel ein halten und wird im Selbstwert bestä tigt. • Die anderen Kinder merken: Ricarda ist gar nicht so schlimm. Die Rolle von Ricarda in der Gruppe verändert sich. Meins-deinsdeins-unser-Spiel hilft Kindern, die Schwierigkeiten mit dem Einhalten von Regeln haben, hilft das Meins-deinsdeinsunser-Spiel. Es ist bewusst ein „Spiel“, denn Kinder im Kita-Alter lernen überwiegend im Spiel. Die Aufgabe der ErzieherInnen ist, das Meinsdeinsdeins-unserSpiel so zu gestalten, dass Er soll nachdenken – aber worüber? Fortsetzung Seite 10 Fortsetzung von Seite 9 Welche Regel hilft Ricarda … damit es erst gar nicht so weit kommt diese zurückgezogenen Kinder bewusst dafür zu loben: „Rita hat sich heute an die Regel gehalten, sie kann das.“ Normalerweise bekommen sie wenig Lob für ihr regelkonformes Verhalten, sie brauchen diese Unterstützung aber, um sich mehr zuzutrauen – und auch, um als positives Mitglied der Gruppe wahrgenommen zu werden. Spielen statt Sanktionen Das Meins-deinsdeins-unser-Spiel ermöglicht das Einüben von Regeln auf spielerische Art und bewahrt ErzieherInnen davor, ständig in Konflikt mit dem Kind zu sein. Anstelle von „lass das“, „jetzt hör endlich auf“, „was hast du denn schon wieder“ fragt sie: „Wie müsste denn die Regel lauten, die wir miteinander spielen?“ Spielend üben und lernen die Kinder die Regel, das Spiel ersetzt Sanktionen. Gruppen sorgfältig zusammensetzen Es ist zudem wichtig, die Gruppen beim Meins-deinsdeins-unser-Spiel sehr überlegt zusammenzusetzen. Mischen Sie die Kinder so, dass aktive und zurückgezogene, sozial kompetentere und inkompetentere Kinder miteinander in einer Gruppe spielen. Mit Lob aktivieren Ein weiterer Aspekt des Meinsdeinsdeins-unser-Spiels ist die Einbindung von zurückgezogenen Kindern: • Rudolf zum Beispiel weiß gar nicht, was er kann, weil er sich nicht einbringt. Damit erlebt er keinen Erfolg und macht trotz seiner Fähigkeiten keine positiven Erfahrungen. • Rita fällt eigentlich gar nicht auf, ist oft „hinten dran“, sagt selten etwas – woraus schnell die Zuweisung entsteht: Rita kann nichts, ihre Fähigkeiten entsprechen nicht ihrer Entwicklung, sie ist schwierig. Zum Helfen ermutigen Wenn eine Gruppe keinen Punkt erhält, ist die erste Frage immer: Was könnt Ihr als Gruppe tun, damit es beim nächsten Mal klappt? Achten Sie dann bewusst auf die stillen, zurückgezogenen und auf die sonst störenden Kinder. Vielleicht waren es gerade Rudolf, Rita oder RiMiteinander spielen erfordert Regeln. Das Meins-deinsdeinsunser-Spiel sollte so gestaltet werden, dass gerade die schwäche- carda, die die Regel einhalten konnten. Ermutigen Sie diese besonders, ren Kinder die Chance bekommen, die Regel einzuhalten. die anderen Kinder an die Regel zu erinnern. Damit schreiben Sie ihnen eine wertschätzende und aktive Rolle zu, motivieren sie zur Aktivität. Kinder wie Rudolf und Rita können zwar durchaus etwas, aber sie sind nicht aktiv, schnell oder extrovertiert genug, um sich z.B. zu melden. Bei genauer Beobachtung stellt man fest: Im Meinsdeinsdeins-unser-Spiel halten sie die Regel meist ein. Wichtig ist, Impressum © 2016 Papilio e.V. www.papilio.de Redaktion: Annika Jungclaus, Andrea Nagl Fotos: Gregor Eisele Wenn sich solche Kinder dann beim nächsten Mal aktiv in das Spiel einbringen und andere Mitspieler an die Regeln erinnern, ist das für ihren Selbstwert und ihre Selbstwirksamkeit enorm wichtig. Rotary Club Berlin-Unter den Linden spendet Papilio freut sich: Der Rotary Club Berlin-Unter den Linden e.V. hat im April 1.500 € an uns gespendet. Ein herzliches Dankeschön aus Augsburg nach Berlin. 10 Jahre Papilio auf Tour Papilio wird bundesweit unterstützt von: Augsburger Puppenkiste Auridis Ashoka Deutschland rundet auf Sternstunden e.V. BARMER GEK, Präventionspartner in 15 Bundesländern Papilio wird auf Länderebene unterstützt von: Mit einer Auftaktveranstaltung am 7. März 2006 (Foto) im Bayerischen Landtag in München begann eine Aufklärungskampagne der besonderen Art: Seit über zehn Jahren „reist“ Papilio durch ganz Deutschland und sensibilisiert für die Anliegen der Prävention und Gesundheitsförderung bei Kindern. Immer mit dabei: Puppenspieler der Augsburger Puppenkiste mit ihren vier Kobolden und Paula. In der Bildmitte die damalige Projektleiterin und heutige 1. Vorsitzende und Geschäftsführerin von Papilio Heidrun Mayer sowie rechts von ihr Univ.-Prof. Dr. Herbert Scheithauer, der Papilio von der ersten Entwicklung an wissenschaftlich begleitet. Und natürlich geht es auch 2016 weiter In Baden-Württemberg, Bayern und Saarland lagen die Stationen der ersten Staffel der Papilio-Tournee 2016 im April. Nun folgen Hessen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen: Montag, 6. Juni: Offenbach Dienstag, 7. Juni: Oberursel Mittwoch, 8. Juni: Alsfeld Donnerstag, 9. Juni: Korbach Dienstag, 14. Juni: Hamburg Mittwoch, 15. Juni: Hamburg Donnerstag, 16. Juni: Hamburg Montag, 20. Juni: Wermelskirchen Dienstag, 21. Juni: Bottrop Mittwoch, 22. Juni: Beckum Aktuelle Zahlen zu Papilio Stand: März 2016 • 187 TrainerInnen in 12 Bundesländern fortgebildet. • 6.422 ErzieherInnen fortgebildet. • 128.440 Kinder profitieren von Papilio. • 1.281 Kindergärten wurden erreicht. Baden-Württemberg: Round Table 125, Landkreis Heidenheim. Bayern: Krumbach Stiftung, Landratsamt Coburg, Rotary Clubs. Brandenburg: Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Suchtpräventionsfachstelle Tannenhof BerlinBrandenburg e.V. Hamburg: Hamburgische Landesstelle für Suchtfragen e.V. in Kooperation mit der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration. Hessen: AOK – Die Gesundheitskasse in Hessen, Hessische Landesstelle für Suchtfragen e.V., Hessisches Ministerium für Soziales und Integration, Gesundheitsminister Stefan Grüttner (Schirmherr), Fachschule für Sozialpädagogik Bad Hersfeld. Mecklenburg-Vorpommern: Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales, Landeskoordinierungsstelle für Suchtvorbeugung – LAKOST, Volkssolidarität Greifswald-Ostvorpommern e.V., Drogenberatungs- und Behandlungsstelle Anklam. Niedersachsen: Jugendamt Landkreis Schaumburg, VHS Hannover Land, HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim. Nordrhein-Westfalen: Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen. Rheinland-Pfalz: Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur im Rahmen der Initiative „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“. Saarland: Akademie für Erzieher und Erzieherinnen am SBBZ Saarbrücken, Ministerium für Bildung und Kultur. Sachsen: Große Kreisstadt Stollberg/Erzgebirge. Schleswig-Holstein: Deutsches Rotes Kreuz, Caritasverband, Arbeiterwohlfahrt, Deutscher Kinderschutzbund Kreisverband Ostholstein e.V. Wissenschaftlicher Partner: Freie Universität Berlin, Univ.-Prof. Dr. Herbert Scheithauer Papilio-Schirmherr: Ulrich Wickert, Autor und Journalist
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