Prof. Dr. Martin Ludwig Hofmann Humanwissenschaften - HS-OWL

Prof. Dr. Martin Ludwig Hofmann
Humanwissenschaften
Hochschule Ostwestfalen-Lippe
Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur
Handout – 4
Vorlesung
Umweltpsychologie, Umweltsoziologie
(= Humanwissenschaften für Gestalter)
Warum gutes Design unsichtbar ist
„Designer sind verantwortlich
für die Konsequenzen, die sie verursachen.“
Horst Rittel
I. Warum ist gutes Design unsichtbar?
Traditionelles Designverständnis (nach L. Burckhardt):
- Die Gestalter kümmern sich nur um die sichtbaren Dinge.
- Dabei sind Räume vor allem Systeme von unsichtbaren Dingen (von Beziehungen
zwischen Menschen)
Die Alternative dazu (nach L. Burckhardt):
„Ein Design, das …
- unsichtbare Gesamtsysteme,
- bestehend aus Objekten
- und zwischenmenschlichen Beziehungen,
… bewusst zu berücksichtigen imstande ist.“
Literaturhinweis:
Lucius Burckhardt: „Design ist unsichtbar“, in: ders.: Wer plant die Planung? Architektur,
Politik und Mensch, Kassel 2003, S. 187-199.
II. Gestaltung als Problemlösungsprozess
Design-Definition nach Host Rittel
Design
- ist planendes Handeln
- bemüht um die Kontrolle seiner Konsequenzen
- ist nicht nur mit dem Erscheinungsbild befasst,
- sondern mit allen Aspekten seiner Folgen,
- wie Herstellung, Handhabung, Wahrnehmung,
- aber auch den ökonomischen, sozialen, kulturellen Effekten.
[Horst Rittel: Planen, Entwerfen, Design. Ausgewählte Schriften zu Theorie und
Methodik, hrsg. von Wolf D. Reuter, Stuttgart u.a. 1992, S. 2]
Gebäudeperformanz
G. benennt das Ausmaß, in dem ein Gebäude bestimmten, genau spezifizierten
Funktionsansprüchen gerecht wird – insbesondere aus Nutzersicht
Phasen des Entstehungsprozesses eines Raumes
1. Programmentwicklung (Programming)
Analyse der Anforderungen an den zu gestaltenden Raum.
2. Planung, Kreation, Evaluation (Planing, Design, Pre-Occupancy-Evaluation)
Entwicklung eines Raumkonzepts, das den Anforderungen entspricht.
3. Bauliche Ausführung (Construction)
Ausführung der bautechnischen Arbeiten.
4. Ingebrauchnahme und Aneignung (Use and Adaption)
Nutzer nehmen den Raum in Gebrauch = Test an der Realität.
5. Evaluation (Post-Occupancy-Evaluation)
Überprüfung, ob der Raum den Nutzungszwecken gerecht wird
III. Programmentwicklung und Evaluation
Programmentwicklung
- Datenerhebung: Recherche, Informationen sammeln, Einsatz
sozialwissenschaftlicher Methoden
- Kommunikation: Moderation der beteiligten Akteure, insbesondere zwischen
Auftraggeber, Architekt und Nutzer
- Impulse setzen: Lösungsvorschläge erarbeiten und einbringen
Nicht nur funktionale Perspektive
= die Frage, welche Tätigkeiten im zu entwerfenden Gebäude zu erwarten sind und
ermöglicht werden müssen.
Sondern auch psycho-soziale Perspektive
= wie die geplante Umwelt das soziale Miteinander und das subjektive Befinden der
Nutzer beeinflusst
Evaluation
= Überprüfung der Wirkung der baulichen Maßnahmen auf die Nutzer. Die E. kann
prinzipiell zu zwei Zeitpunkten durchgeführt werden:
-
Pre-Occupancy-Evaluation
Analyse und Bewertung der Entwürfe noch vor Beginn der baulichen Arbeiten.
-
Post-Occupancy-Evaluation (POE)
Die eigentliche Evaluation findet statt, nachdem die baulichen Maßnahmen
abgeschlossen und die Räume von den Nutzern in Gebrauch genommen worden
sind. Wie werden die fertigen Räume von den Nutzern angenommen? Erfüllen sie
ihre vorgesehenen Funktionen? Wie fühlen sich die Menschen in den Räumen?
IV. Ein empirisches Beispiel
Öffentlicher Disput zwischen einem Star-Architekten und einem Nutzer:
Neubau des Krankenhauses Berlin-Neukölln, Architekt: Josef Paul Kleihues.
Literaturhinweis:
Bauwelt, Nr. 20, 20. Mai 1988, 79. Jahrgang, S. 816-838.