Kommafehler

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Fehlerbeschreibungen: Kommafehler
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Kommafehler
Entscheidungshilfe ➝ S. 139
Sandsteuerung ➝ S. 179
Abb.16:
Schliff durch einen durch Stickstoffausscheidung verursachten Riß in einem Gehäuse aus GGL.
Charakteristisch ist die dentritische Struktur des Eisens. Vergrößerung: 10 mm Bild = 16 mm
Beschreibung der Merkmale
Erläuterungen
Meist schmale rißartige Hohlräume, die an der Oberfläche häufig
senkrecht zur Gußstückoberfläche verlaufen. Das Innere der Hohlräume ist bevorzugt dendritisch. Die Oberfläche der Risse ist nicht
so glänzend wie bei Wasserstoffpinholes. Die Breite der Fehler
kann einige Millimeter betragen.
Bei extrem hohen Stickstoffgehalten werden die Hohlräume
rund und die Blasenoberfläche glatt. Einschlüsse in den Stickstofffehlern werden nicht gefunden.
Gußeisenschmelzen, die hohe Anteile an Stahlschrott enthalten,
weisen hohe Stickstoffgehalte auf, wobei ein Gehalt von mehr als
100 ppm als bedenklich gilt. Mit dem verstärkten Einsatz von
Stahlschrott ist die Gefahr von Kommafehlern gewachsen. Ebenso ist durch den Einsatz stickstoffhaltiger Bindemittel (Form- und
Kernbinder) und Aufkohlungsmittel die Gefahr von Gasfehlern
gestiegen.
Vorkommen des Fehlers
Die rißartigen Hohlräume bis zu 2 cm tief, meistens senkrecht
zur Oberfläche, haben häufig Dendritenstrukturen in der Hohlraumoberfläche. Die Fehler können sowohl an Formflächen und
-kanten, als auch an der Kernoberfläche auftreten. Die rißartigen
Hohlräume entstehen durch Gasausscheidungen von Stickstoff
während des Erstarrungsablaufes, wobei eine gleichzeitige Wasserstoffausscheidung diesen Fehler noch verstärken kann.
Stickstoffehler können über einen größeren Bereich verteilt als
Wasserstoffblasen im Gußteil auftreten. Gußstücke mit höheren
Wandstärken können leichter diesen Fehler aufweisen als Gußstücke mit geringeren Wanddicken.
Mögliche Ursachen
Metallurgie
• zu hoher Stickstoffgehalt der Schmelze.
• Titangehalt bei vergleichsweise hohem Stickstoffgehalt zu
niedrig
• Kohlenstoffäquivalent bei vergleichsweise hohem Stickstoffgehalt zu niedrig
Kunstharzgebundene Formstoffe
• zu hohe Stickstoffgehalte der Kernbinder oder zu hohe Mengen an Binder
• zu hohe Gasentwicklung und schlechte Gasabführung bei
Kernen
Tongebundener Formsand
• zu hohe Feuchtigkeit des Sandes und damit zu starke Wasseraufnahme der Schmelze
• zu hohe Stickstoffgehalte im Formsand bedingt durch einlaufenden Kernsand oder Glanzkohlenstoffbildner
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Abb.17:
Fehlerbeschreibungen: Kommafehler
Rißbildung in einem Ring aus GGL durch Stickstoffausscheidung.
Vergrößerung: 10 mm Bild = 4 mm
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Abhilfen
Hintergrundinformationen
Metallurgie
• Stahlanteile in der Gattierung vermindern. Stickstoffgehalte
auf 100 ppm absenken.
• Stickstoffgehalte in der Schmelze durch Zusatz von Titan abbinden
• Erhöhen des Kohlenstoffäquivalents
Kommafehler werden vor allem auf zu hohe Stickstoffgehalte
der Eisenschmelze zurückgeführt. In der Literatur wird ein Grenzwert für Grauguß und Kugelgraphitguß von 100 ppm angegeben.1,2 Unterhalb dieses Wertes sind Gasausscheidungen auszuschließen.
Hohe Stahlschrottanteile in der Gattierung erhöhen den Stickstoffgehalt der Schmelze. In einer Versuchsgießerei wurden im
Kupolofeneisen folgende Werte bestimmt:3
Kunstharzgebundene Formstoffe
• Stickstoffärmere Binder einsetzen
• Bindemittel mit langsamer Gasfreisetzung einsetzen, falls
möglich, gasärmere Bindemittel einsetzen
• Eisenoxide zusetzen
Tongebundener Formsand
• Feuchtigkeit durch besseren Sandaufschluß, verminderten
Bentonitzusatz und geringere Mengen an Inertstaub reduzieren
• Stickstoffgehalte im Formsand reduzieren. Evtl. Glanzkohlenstoffträgergehalt vermindern oder stickstoffärmere
Kohlenstoffträger einsetzen.
• Evtl. Stickstoffgehalte im einlaufenden Kernsand vermindern.
Anschnitt- und Gießtechnik
• Gießwege zur Verminderung der Gasaufnahme verkürzen
• Gießtemperatur und evtl. Gießgeschwindigkeit erhöhen.
Stahlanteil [%]
Stickstoffgehalt [ppm]
20
80
100
110
150
170
Durch verschiedene Legierungselemente kann die Löslichkeit von
Stickstoff in Eisen beeinflußt werden. Vanadium und Chrom erhöhen die Löslichkeit, Silicium und Kohlenstoff senken diese ab.
Auch stickstoffhaltige Aufkohlungsmittel können zu Kommafehlern führen. Über solche Fehler ist bereits berichtet worden.4
Kommafehler können durch Titan- oder Aluminiumzusatz zur
Eisenschmelze bekämpft werden. Jedoch ist die Gefahr einer
erhöhten Wasserstoffaufnahme durch den Einsatz dieser Stoffe
zu bedenken.
Die Stickstoffaufnahme der Eisenschmelze aus der Luft ist auf
Grund der hohen Bindungsenergie des Stickstoffmoleküls nicht
wahrscheinlich. Die Stickstoffabsorption aus Formteilbindern ist
von großer Bedeutung. Kaltaushärtende und heißaushärtende
Harzbinder enthalten häufig Anteile von Harnstoffharzen mit
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Literatur
hohen Stickstoffgehalten. Beim Croningverfahren wird als Härter
Hexamethylentetramin eingesetzt. Auch die Isocyanat-Komponenten der Cold-Box-Härter enthalten Stickstoff. Setzt man den
Formteilen Eisenoxide zu, kann das Auftreten von Fehlern unterdrückt werden.
Die Stickstoffaufnahme erfolgt leicht aus vielen Stickstoffverbindungen. In einem Versuch wurde Gußeisen mit niedrigem
Kohlenstoffäquivalent mit steigender Menge an Na3[Fe(CN)6]
versetzt und die Stickstoffgehalte und die Fehlerausbildung ermittelt.3 Bei Gasgehalten von 140 ppm entstanden Kommafehler,
bei Gasgehalten von über 300 ppm bildeten sich runde Gasblasen
aus. Diese hohen Gasgehalte haben technisch keine Bedeutung.
Neben den organischen Bindemitteln können auch bentonitgebundene Sande Einfluß auf Kommafehler nehmen. Der Gehalt
an einlaufendem stickstoffhaltigen Kernsand kann den Fehler
beeinflussen, aber auch der Stickstoffgehalt der Kohlenstoffträger
kann sich auf das Entstehen von Kommafehlern auswirken. Zur
Fehlervermeidung wird empfohlen, Bentonit- und Wassergehalt
so niedrig wie möglich einzustellen.1,5 Eine einheitliche Beurteilung der Wirksamkeit der Kohlenstoffträger liegt nicht vor, jedoch
erscheint uns der Einsatz von hochaktiven Kohlenstoffträgern mit
niedrigem Stickstoffgehalt sinnvoll, wenn Kommafehler auftreten.
Der in der Literatur empfohlene Zusatz von Bariumsulfat gegen
Kommafehler5 ist ebenfalls wirkungsvoll. Jedoch treten durch Reduktion des Sulfats zu Sulfid und der nachfolgenden Bildung von
Bariumhydroxid und Schwefelwasserstoff Probleme auf, die
einen ständigen Zusatz erschweren.
1
Dawson, J. V.; Kilshaw, J. A.; Morgan, A. D.
Art und Entstehung von Gasblasen in Gußeisenteilen
Mod. Cast. 47, 1965, S. 144 – 160
2
Greenhill, J. M.; Reynolds, N. M.
Stickstoffeinschlüsse in Gußeisenteilen
Foundry Trade Journal 151, 1981, S. 111, 113 – 114,
117 – 118, 121 – 122 (engl.)
3
Mountford, F. A.
Einfluß von Stickstoff auf Festigkeit, Dichtigkeit und Gefüge
von Gußeisen
Brit. Foundrym. 1966, S. 141 – 151
4
Davison, M. H.; et al.
Stickstoffporosität in Gußeisen mit Lamellengraphit
Trans. Amer. Foundrymen �s Soc. 71, 1963, S. 528 – 543
u. 830
5
van Capelle, G. A. F.
Verhütung bestimmter Oberflächenfehler bei Gußeisen mit
Lamellengraphit
Foundry Trade 130, 1971, S. 681 – 684