NDR 2 Moment mal Montag – Freitag 18:15, Samstag & Sonntag 9:15 Uhr Radiopastorin Susanne Richter aus Hamburg Montag, 23. Mai 2016 _____________________________________________________________________________ „Die müssen sich dann aber auch ans Grundgesetz halten.“ Meine Nachbarin macht sich Sorgen. „Die“, damit meint sie Flüchtlinge und Ausländer. Beim genauen Nachfragen merke ich: Sie meint eigentlich „die Muslime“. Ziemlich verallgemeinernd, aber trotzdem, in einem hat sie Recht: „Ja, bei uns muss man sich an das Grundgesetz halten. Das müssen wir alle.“ Meine Nachbarin nickt eifrig. „Damit sollten wir uns eigentlich alle mal wieder beschäftigen“, überlege ich. „Ich bin sicher, wir halten uns nämlich auch nicht immer dran.“ Sie guckt fragend. Naja, zum Beispiel dass Homosexuelle bei uns ja schließlich auch immer noch nicht gleichberechtigt sind.“ Das wiederum stört meine Nachbarin ganz und gar nicht. Im Gegenteil, sie ist entsetzt, dass „solche Leute“ per Verfassung geschützt werden. Und ich merke darum gerade wieder, was für ein Fan ich bin von unserem Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu schützen ist Aufgabe aller staatlicher Gewalt“, heißt es in Artikel 1. Ein hoher Anspruch, unparteiisch, zeitlos, unbequem. Nicht der Staat ist das Ziel, nicht irgendeine Partei, Mode, Weltanschauung oder Religion. Sondern der einzelne Mensch. Gleich am Anfang heißt es: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen […] hat sich das deutsche Volk […] dieses Grundgesetz gegeben.“ Der Ausdruck „Gott“ ist hier komplett konfessionsungebunden und frei. Der steht als Platzhalter für eine Instanz über uns, fern von jedem Dogma. Wie um daran zu erinnern: Ihr Menschen könnt Euch irren. Hinterfragt also alles, was Ihr tut. Großartig! Heute am 23. Mai ist Tag des Grundgesetzes. Evangelische Kirche im NDR – www.ndr.de/kirche
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