36 Fehlerbeschreibungen: Graphitentartung 37 Fehlerbeschreibungen: Graphitentartung Graphitentartung Entscheidungshilfe ➝ S. 136 Sandsteuerung ➝ S. 178 Beschreibung der Merkmale Entartete Graphitschicht auf der Oberfläche des Gußeisens mit Kugelgraphit als Lamellengraphit-Saum. Vorkommen des Fehlers An Gußstücken aus Gußeisen mit Kugelgraphit kann ein entarteter Graphitsaum aus Lamellengraphit von 0,2 – 1 mm Stärke, je nach Gußstückgröße, Wandstärke und Abkühlungsgeschwindigkeit, auftreten. Dieser Saum geht dann nahtlos in das Kugelgraphitgefüge über. Der Fehler kann bei allen Formverfahren auftreten, ist aber hauptsächlich abhängig vom Schwefelgehalt in der Form und dem Sauerstoffangebot an der Formoberfläche. In der Form sind die Partien am stärksten gefährdet, die am weitesten vom Anschnitt entfernt liegen. Die sich an der Gußoberfläche gebildeten Lamellen können die Dauerfestigkeit von wechselbeanspruchten Gußteilen verringern. Ursachen Abb.14: Oberfläche eines Gußteils aus GGG mit einer 0,3 mm breiten Zone, die Lamellengraphit enthält. Vergrößerung: 10 mm Bild = 0,07 mm Abb.15: Zeilenförmiger Schlackeneinschluß in einem Gußteil aus GGG. Schlackeneinschluß von einem Saum umgeben, der Lamellengraphit enthält. 10 mm Bild = 0,07 mm Bei der Bildung einer solchen entarteten Graphitschicht an der Gußoberfläche reagieren Sauerstoff aus dem Formhohlraum oder Schwefel aus dem Formstoff mit Magnesium, so daß der Restmagnesiumgehalt für die Bildung der Sphärolithen nicht mehr zur Verfügung steht und sich deshalb nur Lamellen bilden. Die Magnesium-Verbraucher an der Oberfläche der Form können ein überhöhtes Angebot an Sauerstoff (V-Verfahren, Maskenformverfahren) oder Schwefel aus dem Kohlenstoffträger (z. B. Bitumina) oder p-Toluolsulfonsäure als Härter beim Kaltharzformverfahren sein. Es scheint, daß sich der Schwefel vor Beginn der Erstarrung in der Schmelze verbreiten kann, ohne daß die Zeit ausreicht, in der neue Sphärolithisierungs-Elemente über Diffusion aus benachbarten Metallschichten an die Oberfläche gelangen. Hintergrundinformationen An Gußstücken aus Gußeisen mit Kugelgraphit treten oft entartete Graphitsäume auf. Sie können bis zu 1 mm unter die Gußoberfläche gehen und werden im Allgemeinen bei der Bearbeitung mit erfaßt. An unbearbeiteten Partien verbleibt allerdings ein Saum, der Lamellengraphit enthält und damit entsteht an Gußstücken mit Dauerwechselfestigkeits-Beanspruchungen eine Kerbwirkung. An großen Gußstücken mit dicken Wandstärken wird dieser Entartung meistens keine Bedeutung beigemessen. Dieser Fehler wurde von einer ganzen Reihe von Forschern untersucht. Die Ursachen sind inzwischen eindeutig geklärt. Der Schwefel im Formstoff wandert in das flüssige Eisen und verbraucht durch Bildung von Mangansulfid MnS das kugelgraphitbildende gelöste Magnesium sowie die vorliegenden Cer-Mischmetalle. Die in der Gußoberfläche verbleibende Menge Magnesium (< 0,015 %) reicht zur Kugelgraphitbildung nicht aus. Während der Erstarrung kristallisiert Lamellengraphit in einer ca. 0,2 – 1 mm starken Schale des Gußteils aus. Man spricht in diesem Fall von einer graphitentarteten Oberfläche des Gußteils. Auch vorhandene große Mengen Sauerstoff aus der Luft können zu einer MgO-Bildung führen und metallisches Magnesium oxidieren, welches damit nicht zur Kugelgraphitbehandlung zur Verfügung steht. Die Schwefelgehalte im Formstoff stammen in erster Linie aus schwefelreichen Kohlenstoffträgern oder aus p-Toluolsulfonsäure beim Kaltharzformverfahren. 38 Fehlerbeschreibungen: Graphitentartung 39 Fehlerbeschreibungen: Graphitentartung Prüfung Bauer1 hat Untersuchungen über die Störung der Kugelgraphitbildung in der Randzone von GGG beim Gießen in eine mit p-Toluolsulfonsäure gehärtete furanharzgebundene Form durchgeführt. Er schlägt vor, die p-Toluolsulfonsäure-Menge möglichst klein zu halten und evtl. diese mit Phosphorsäure zu verschneiden. Er macht auf den sich anreichernden Schwefelgehalt in regenerierten Umlaufsanden aufmerksam. Die Grenzwerte sind von der Wandstärke abhängig: bis 25 mm Wandstärke bis 75 mm Wandstärke < 0,15 % Schwefel im Sand ca. 0,07 % Schwefel im Sand Schlichten wirkt sich positiv aus; die Schlichte muß aber eine besonders hohe Dichtheit aufweisen. Es werden Schlichten mit CaO/MgO/Talkum-Zusammensetzung für besonders vorteilhaft gehalten. Martin und Karsay2 befassen sich mit der lokalen Lamellengraphitausscheidung infolge einer Reaktion zwischen GGG und einigen schädlichen Formstoffbestandteilen. Sie kommen auch zu dem Schluß, daß bestimmte Schlichten die Entartung verhindern können. Barton3 führt die Beschaffenheit und Tiefe des nichtkugelförmigen Graphits auf den Restmagnesiumgehalt des Eisens, die Fließcharakteristik des Metalls in der Form, den Gußquerschnitt und die Konditionierung im Formsand zurück. Magnesium dürfte danach bei der Reaktion mit der Luft innerhalb der Form und dem im Formsand befindlichen Schwefel verloren gehen. Er schlägt vor, den Schwefelgehalt im Kohlenstoffträger auf 1 % zu begrenzen. Beim Kaltharz und regeneriertem Altsand sollte der Schwefelgehalt von 0,15 % nicht überschritten werden. Eine Erhöhung des Magnesiumgehaltes soll alleine nicht ausreichen, hohe Schwefelgehalte zu kompensieren. Barnabe4 gibt eben falls als Grenzwert einen Schwefelgehalt von 0,15 % im Formsand an. Er führt zusätzlich noch das MnSVerhältnis als Einflußgrenze an. Voroncov und Mitarbeiter5 haben den Einfluß der Gießtemperatur untersucht. Danach soll die Entartung bei niedrigen Gießtemperaturen (1330 – 1360°C) stark verminderbar sein. Dort werden geeignete Schlichten auf FeSi- oder Al-Basis zur Desoxidation vorgeschlagen. Dunks6 berichtet über den Einfluß der Formstoffe und Formschlichtem auf die Graphitausbildung bei der Herstellung von Gussteilen aus GGG. Wasserglasgebundene Sande und WismutSchlichten sollen die Entartung fördern. Golovan7 weist nach, daß bei dauerwechsel-beanspruchten Kurbelwellen, die in Maskenformen gegossen wurden, die Tiefe der entarteten Schicht auf die Dauerfestigkeit Einfluß nimmt. Abkühlungsgeschwindigkeit, Gießtemperatur und Restmagnesiumgehalt sind weitere Einflußfaktoren. Hier wird erstmals davon gesprochen, daß die entartete Zone nicht nur durch oxidierende Gase, sondern auch durch die Reduktion von Quarzsand nach der Reaktionsgleichung SiO2 + 2 Mg ➝ Si + 2 MgO ablaufen kann. Vorteilhaft ist die Prüfung auf entartete Graphitzonen an Y2-Probekeilen, die Bauer1 und Berndt 6 bei Versuchen genutzt haben. 6 Dunks, C.M. Einfluß der Formstoffe und Formschlichten auf den Zerfall des Kugelgraphits Foundry Trade Journal 123, 1967, S. 3 – 6 7 Golovan, N.A.; Dudni, K.J.A.; Dubrov, V.V. Bildung von Lamellengraphit in der Oberflächenzone von Gußstücken aus GGG Lit. proizv. 7, 1977, S. 35 – 36 Literatur 1 Bauer, W. Untersuchungen über die Störung der Kugelgraphitausbildung in der Randzone von GGG beim Gießen in mit paratoluolsulfonsäure-gehärteten Furansandformen Gießerei-Praxis 1982, S. 175 – 183 2 Martin, F.; Karsay, S.L. Lokale Lamellengraphitausscheidungen infolge einer Reaktion zwischen Gußeisen mit Kugelgraphit und einigen Formstoffbestandteilen Gießerei-Praxis 1981, S. 218 – 224 Gießerei 67, 1980, S.506 3 Barton, R. Anzahl und Verteilung der Sphärolithen – ihre Bedeutung und Wirkung in Gußstücken aus Sphäroguß Intern. Tagung der Lizenznehmer für das +GF+ -Konverterverfahren 1977, S. 8 u. 9 4 Barnabe, M. Elefantenhaut als Gußfehler bei GG und GGG Fondeur aujourd `hui 1978, S. 10 – 12 (fr.) 5 Voroncov, V.I.; Bespalov, N.S.; Michajlov, A.M. Graphitentartungen in Gußstücken aus GGG Isvetija vyssich ucebnych zavedenij, cernaja metallurgija 1979, S. 119 – 123 (russ.)
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