Dr. Werner Müller Vorsitzender des Vorstandes RAG

Dr. Werner Müller
Vorsitzender des Vorstandes
RAG-Stiftung
Rede anlässlich des Presse-Jahresgesprächs
am 23. Mai 2016
in Essen
Sendesperrfrist: 23. Mai 2016, 10:00 Uhr
– Es gilt das gesprochene Wort –
Presse-Jahresgespräch RAG-Stiftung am 23. Mai 2016
Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren,
meine Vorstandskollegen und ich begrüßen Sie herzlich zu unserem dritten und damit fast schon
etablierten Presse-Jahresgespräch. Ich freue mich, dass Sie unvermindert großes Interesse an der
Entwicklung der RAG-Stiftung zeigen. Das sieht man einmal mehr an Ihrem zahlreichen Erscheinen, dafür herzlichen Dank.
Vorausgeschickt: 2015 war für die RAG-Stiftung ein weiteres sehr erfreuliches Jahr. Beim PresseJahresgespräch im vergangenen Jahr konnten wir eine positive Halbzeitbilanz – bezogen auf die
Amtszeit meiner Vorstandskollegen und mir – ziehen. Abschließend hatte ich angemerkt, dass
wir mit Blick auf die anstehende zweite Halbzeit bei unseren unternehmerischen Aktivitäten sicher auch einmal Rückschläge erleben und Pech haben werden. Ich kann Ihnen aber sagen, 2015
war das nicht der Fall. Davon können Sie sich auch bei der Lektüre unseres Geschäftsberichtes
überzeugen. Zudem wird Herr Dr. Linssen hierzu gleich detailliert ausführen.
Es gibt wenige Aussagen, die wahrer werden, indem man sie unablässig wiederholt. Von wenigen
Ausnahmen abgesehen. Dazu gehört die Aussage: Die Stiftungslösung funktioniert. Wir nehmen
unverändert deutlich mehr ein, als wir künftig ausgeben müssen. Wir sind dementsprechend
sicher, dass wir – nach allem, was wir heute wissen – die Ewigkeitsaufgaben aus dem deutschen
Steinkohlenbergbau der RAG ab 2019 dauerhaft finanzieren können. Und das, ohne die Steuerzahler zu belasten. Für 2016 gehen wir von einem Überschuss von mindestens 350 Mio. € aus.
2019 haben wir Erträge von über 400 Mio. € eingeplant.
RAG-Stiftung
Das Vermögen der RAG-Stiftung beläuft sich aktuell auf rund 15 Mrd. €. Das ist nur rund eine
Milliarde Euro weniger als zum gleichen Vorjahreszeitpunkt. Obwohl der Wert unserer EvonikBeteiligung derzeit über zwei Milliarden geringer ist. Das zeigt deutlich den Erfolg unserer diversifizierten Anlagestrategie. Gleichzeitig konnten wir die Rückstellung für Ewigkeitslasten von
4,1 Mrd. € auf über 4,5 Mrd. € erhöhen.
Die Höhe unserer Gesamtverpflichtung hat sich derweil – wenn Sie so wollen dramatisch – nach
oben entwickelt. Auch hierzu wird Herr Dr. Linssen später noch genauer ausführen. Sie liegt bei
einem Realzins von 0,62% zum Jahresende 2015 rein rechnerisch bei über 37,4 Mrd. €. Nun muss
ich vielen von Ihnen, die unsere Entwicklung schon länger aufmerksam verfolgen, nicht mehr
erklären, was das für die Erfüllung der Stiftungsaufgaben bedeutet: Nämlich wenig. Die durch
das HGB vorgegebenen Parameter zur Berechnung von Rückstellungen bleiben in unserem Fall
weiterhin wenig praxistauglich.
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Presse-Jahresgespräch RAG-Stiftung am 23. Mai 2016
Viel wichtiger ist für uns, dass wir vorausschauend doppelt so viele Einnahmen haben wie Ausgaben. Gesetzt den völlig theoretischen Fall, wir hätten längere Zeit gar keine Einnahmen, könnten wir unseren Verpflichtungen über gut sechs Jahrzehnte weiterhin problemlos nachkommen.
Aber ein solches Szenario, indem wir über einen derart langen Zeitraum ohne jegliche Einnahmen blieben, halte ich für definitiv ausgeschlossen. Insbesondere, da wir mit unserer Anlagestrategie und damit unseren Investments in verschiedenen Anlageklassen breit und gut aufgestellt
sind.
Beteiligungen
Damit komme ich zu unseren Beteiligungen.
Beginnen möchte ich mit der RAG. Hier arbeiten heute noch rund 7.500 Beschäftigte. Die RAG
hat Ende 2015 mit der Schließung des Bergwerks Auguste Victoria einen weiteren wichtigen Meilenstein im Auslaufprozess erreicht. Unter großer Beteiligung von Politik und Medien wurde in
Marl am 18. Dezember vergangenen Jahres das letzte Stück Kohle gefördert. Damit verbleiben
als die beiden letzten Steinkohlenbergwerke in Deutschland das Bergwerk Prosper Haniel in
Bottrop sowie das Bergwerk in Ibbenbüren, deren Schließungen Ende 2018 anstehen.
Bis dahin und auch darüber hinaus werden die RAG und ihre Mitarbeiter die an sie gestellten
Aufgaben gewissenhaft und hochmotiviert wahrnehmen. Das ist keineswegs selbstverständlich
und verdient hohe Anerkennung. Dies umfasst auch den Umgang mit allem, was uns der Bergbau
an Lasten vererbt. Im Speziellen möchte ich den Umgang mit dem Thema Reststoffe und PCB
unter Tage erwähnen. Dieses Thema war im vergangenen Jahr oft Gegenstand der medialen Berichterstattung. Um hier den Sorgen der Menschen angemessen zu begegnen, ruft die RAG einen
unabhängigen Expertenkreis ins Leben. Der sogenannte „Wasser-Beirat“ wird die RAG in Fragen
des Grubenwassermanagements beraten. Dazu wird der Beirat die relevanten Themen zum Grubenwasser definieren, analysieren und bewerten. Dies unterstreicht einmal mehr den sehr gewissenhaften Umgang der RAG mit diesem Thema.
Neben dieser insbesondere politisch geführten Diskussion um die Umsetzung der Grubenwasserkonzepte an Ruhr und Saar wird auch die RAG durch die oben beschriebenen Auswirkungen
der Niedrigzinsphase belastet. Die notwendigen Zuführungen zu den Rückstellungen für die endlichen Bergbaufolgen und Pensionen sind in den letzten Jahren auch hier stark gestiegen und
steigen absehbar weiter. Bisher aber befindet sich die RAG auf der Linie, die 2007 mit dem Steinkohlefinanzierungsgesetz vorgegeben wurde, und es konnte verhindert werden, dass die RAGStiftung bei der RAG ausgleichspflichtig werden musste. Wir arbeiten gemeinsam intensiv daran,
dass das auch weiterhin so bleibt.
Ich komme zu Evonik:
Evonik hat 2015 ein sehr gutes Ergebnis erzielt, das eine um 15% höhere Ausschüttung an die
Eigentümer ermöglichte. Dabei liegt dem von der HV letzte Woche gebilligten Dividendenvorschlag die Überzeugung zugrunde, diese Dividende in den nächsten Jahren mindestens halten zu
können.
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Presse-Jahresgespräch RAG-Stiftung am 23. Mai 2016
Evonik ist ein gut verdienendes Unternehmen, das für 2016 prognostizierte Ergebnis liegt zwar
unter dem außerordentlichen Vorjahresergebnis, aber deutlich über dem Ergebnis von 2014.
Die im ersten Quartal 2016 erwirtschaftete Umsatzrendite von 18,2% ist ein Spitzenwert in der
deutschen chemischen Industrie.
Ich muss leider aber feststellen, dass sich die nachhaltige Dividenden- und die Ergebnisstärke in
dem Börsenwert nicht ausreichend widerspiegeln, jedenfalls verglichen mit anderen Unternehmen.
Der eine oder andere von Ihnen wird meine Sicht nachvollziehen: Bei Evonik sind Kommunikation, gerade auch die Kapitalmarktkommunikation, noch ausbaufähig. Die Weichen dafür wurden
kürzlich gestellt. Es geht nicht darum, Evonik sozusagen „besser zu verkaufen“, sondern schlicht
darum, Evonik mit all seinen Potentialen und Perspektiven überzeugend darzustellen.
Dazu gehört übrigens auch die Klarstellung einer bei internationalen Investoren gelegentlich zu
hörenden Falschmeinung, Evonik sei ein Staatsunternehmen. Im Aufsichtsrat der Evonik hat der
Staat Null Einfluss und Null Vertreter.
Zu den erweiterten Perspektiven der Evonik trägt der kürzliche Kauf des SpezialadditivGeschäftes des US-Unternehmens Air Products bei, der jetzt Kartellbehörden mit der Bitte um
Freigabe vorgelegt wird. Der Evonik-Vorstand rechnet damit, das Ergebnis der Akquisition 2017
vereinnahmen zu können, und bereitet sich vor, den Erwerb dann in den Konzernverbund zu
integrieren. Dabei ist besonders hervorzuheben, dass – im Fischereideutsch gesprochen – keinerlei störender Beifang im Netz ist. Auf Basis der erfolgten Integration, also 2018 ff., erwächst die
Kraft für weitere Akquisitionen.
Oder kurz und einfach gesagt: Evonik ist eine strahlende Perle in unserem Portfolio und liefert
die Mittel für den weiteren Ausbau und die Diversifikation unseres Vermögens.
Hierzu trägt auch unsere Beteiligung am Vivawest-Konzern bei. Vivawest hat 2015 seine positive
Geschäftsentwicklung fortgesetzt. Die wesentlichen Ergebniskennzahlen lagen über Budget. Die
geplante Dividendenausschüttung in Höhe von 4% bezogen auf unseren Kaufpreis ist an sich
schon eine attraktive Rendite. Hinzu kommt der Wertzuwachs: Unser 30-Prozent-Anteil an Vivawest ist heute rund 1,5 Mrd. € wert, also rund 50% Wertzuwachs gegenüber dem Erwerb vor
drei Jahren. Die positive Geschäftsentwicklung setzt sich sehr zu unserer Freude fort, denn Vivawest ist auch in das Jahr 2016 erfolgreich gestartet.
Kapitalanlagen
Auch mit Blick auf unsere Mittelstands-Beteiligungen sind wir unverändert auf gutem Kurs.
Wir sind aktuell mit rund 560 Mio. € an elf Unternehmen beteiligt. Rund 180 Mio. € haben wir in
diverse Fonds investiert, die ihrerseits Mittelstands-Beteiligungen halten. Und es gibt weiterhin
interessante mittelständische Betriebe, die beispielsweise keine geeigneten Nachfolger in den
eigenen Reihen finden und die deshalb gerne mit uns sprechen. Unser guter Ruf als langfristiger
Investor, der nun bereits auf eine gute Zusammenarbeit bei bestehenden Beteiligungen verweiSeite 4 von 6
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sen kann, eilt uns unverändert voraus. Was wir in diesem Jahr auch angehen: Bei den bislang
schon bestehenden Beteiligungen planen wir Ergänzungsinvestitionen zur Stärkung der jeweiligen Unternehmen vorzunehmen. Hier haben wir für jedes einzelne Beteiligungsunternehmen
mögliche Akquisitionsziele identifiziert.
Unsere Immobilieninvestments neben Vivawest belaufen sich derweil auf 550 Mio. €, die Rendite in 2015 lag bei sehr guten knapp 8%. Hierauf wird Herr Dr. Linssen später ebenfalls noch genauer eingehen.
Daneben sind wir mit rd. 3 Mrd. € im liquiden Kapitalmarkt diversifiziert investiert. 2015 haben
wir hier aufgrund des schwachen Rentenmarktes eine Verzinsung von 2% erzielt, deutlich niedriger als die 6% des Vorjahres. Wir sind jedoch trotz erheblicher Turbulenzen am Aktienmarkt insgesamt wieder gut ins das Jahr 2016 gestartet und sind zuversichtlich, das Jahr auch hier gut abschließen zu können.
Fazit
Die RAG-Stiftung wird ihre eigentliche Aufgabe ab 2019 erfüllen können. Daran arbeiten der gesamte Stiftungsvorstand sowie unsere Mitarbeiter hochmotiviert weiter.
Ab 2017 werden wir dies von Zollverein aus tun. Wir haben uns dazu entschieden, keine Miete
mehr zu zahlen, sondern in die eigene Immobilie zu investieren. Anfang Mai haben wir den
Grundstein dafür gelegt. Im Herbst 2017 wird unser neuer Verwaltungssitz, den wir gemeinsam
mit der RAG und damit mit insgesamt rund 220 Mitarbeitern beziehen werden, fertig sein. In
zwei Jahren werden wir unser Presse-Jahresgespräch dann auch auf dem Gelände von Zollverein
führen.
Gleich werde ich das Wort an Frau Bergerhoff-Wodopia übergeben. Sie wird insbesondere über
unser erfolgreiches Engagement bei der Förderung von Bildung, Wissenschaft und Kultur berichten. Außerdem wird sie Ihnen einen Eindruck von unserem Flüchtlingsprojekt und dessen Fortschritt vermitteln.
Glückauf Zukunft!
Ich möchte zuvor aber die Gelegenheit nutzen, noch einmal auf unser Projekt „Glückauf Zukunft!“ zu verweisen, das wir im vergangenen Jahr angekündigt haben und das mittlerweile kräftig Fahrt aufgenommen hat:
Wenn 2018 der deutsche Steinkohlenbergbau endgültig endet, meine Damen und Herren, endet
damit eine industriegeschichtliche Ära. Diese Ära wollen wir nicht sang- und klanglos beenden.
Daher haben wir gemeinsam mit RAG, Evonik und der IG BCE mit „Glückauf Zukunft!“ eine Initiative ins Leben gerufen, die den Bergbau würdig verabschiedet und gleichzeitig nach vorne blickt.
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Zahlreiche Projekte unter dem Dach von „Glückauf Zukunft!“ sind als Impulse für die Bergbauregionen gedacht, um diese lebenswert zu erhalten. Wir haben unsere Initiative Ende April erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Viele von Ihnen waren dabei. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal für Ihre Berichterstattung bedanken. Denn für das Gelingen unseres Vorhabens
brauchen wir gerade auch Ihre Unterstützung, um die Botschaft von „Glückauf Zukunft!“ zu
transportieren und möglichst viele Menschen zu erreichen. Selbstverständlich werden wie Sie
auch zukünftig über diese Initiative informiert halten.
Der nächste Termin, den ich Ihnen gerne ans Herz legen möchte, ist das Zukunftsforum am
9. Juni auf Zollverein. Hierzu laden wir Sie schon jetzt herzlich ein. Dieses Zukunftsforum bildet
den inhaltlichen Auftakt von „Glückauf Zukunft!“ und steht unter dem Motto „Impulse für ein
junges Ruhrgebiet“. Wir werden im Rahmen der Veranstaltung auch die Ergebnisse unserer angekündigten Zukunftsstudie vorstellen, die sich mit den Herausforderungen und Zukunftsperspektiven der Bergbauregionen befasst. Wir erwarten zahlreiche interessante und renommierte
Referenten und Diskutanten. Darunter die stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin und NRWSchulministerin Sylvia Löhrmann, NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin, WAZ-Chefredakteur
Andreas Tyrock und Zukunftsforscher Prof. Peter Wippermann. Insgesamt erwarten wir rund 400
nationale und internationale Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien. Vor Beginn
des Zukunftsforums findet eine Pressekonferenz mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft statt.
Auch hierzu möchte ich Sie selbstverständlich herzlich einladen. Wir würden uns sehr freuen, Sie
begrüßen zu dürfen.
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