SÜDWESTRUNDFUNK Anstalt des öffentlichen Rechts Radio Fernsehen Internet PRESSE Information Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an. Bernd Riexinger, Parteivorsitzender DIE LINKE, gab heute, 27.05.16, dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema: Linkenparteitag in Magdeburg – verzweifelt gesucht: ein Rezept gegen die AfD. Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Florian Rudolph. Mit freundlichen Grüßen Zentrale Information Chefredaktion Hörfunk Zentrale Information SWR Tagesgespräch Postadresse 76522 Baden-Baden Hausadresse Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden Telefon Telefax 07221/929-23981 07221/929-22050 Internet www.swr2.de Datum: 27.05.2016 Riexinger: müssen auf Wählerverluste an die AfD reagieren Baden-Baden: Linken-Chef Bernd Riexinger sieht ein großes Problem in den Wählerverlusten seiner Partei an die AfD. Um bei Arbeitslosen und Sozialschwachen wieder zu punkten will seine Partei stärker auf die sozialen Themen setzen, sagte Riexinger im SWR-Tagesgespräch. Als Beispiel nannte er die Rentendiskussion. Stammtischdebatten wie etwa den Ruf nach einer Begrenzung der Flüchtlingszahlen lehnt Riexinger ab. „Wir dürfen unser Fähnlein nicht nach dem Wind hängen, so der Parteivorsitzende. Den Vorwurf des früheren Fraktionschefs Gysi, die Linke sei „saft- und kraftlos“, weist Riexinger zurück. Das könne er nicht erkennen, sagte der Parteivorsitzende und verweist auf Parteieintritte vor allem junger Menschen. Er verstehe Gysis Äußerung dahingehend, dass die Linke im Osten als zweitstärkste Kraft harte Konkurrenz durch die AfD bekommen habe und reagieren müsse. Die Linke dürfe nicht den Eindruck erwecken, eine angepasste Partei zu sein, die nicht mehr ansprechbar ist für Menschen, die mit den Verhältnissen unzufrieden sind. Wenn Gysi das gemeint habe, stimme er zu, so Riexinger. Wortlaut des Live-Gesprächs: Rudolph: Lange Zeit hat die LINKE hat nicht wahrhaben wollen, dass ihre Wähler auch anfällig sind für den Rechtspopulismus der AfD. Wie schmerzhaft ist es, sich dieser Realität zu stellen? Riexinger: Das ist auf alle Fälle schmerzhaft. Wir haben schon analysiert, dass eben die LINKE bei den Erwerbslosen und bei den Arbeitern und Arbeiterinnen auch an die AfD verloren hat. Und mit dieser Frage setzen wir uns auch auseinander. Rudolph: Mit Mecklenburg-Vorpommern und Berlin stehen schon im September wichtige Wahlen an. Da wäre es ja gut, wenn man dann bis dahin einen Plan hätte, um die Verluste an die AfD zu begrenzen. Riexinger: Wir haben ja auch einen Plan. Der Plan ist, dass wir natürlich darauf setzen, dass die sozialen Fragen in der Gesellschaft wieder deutlich an Gewicht zunehmen. Wir sehen das gerade bei der aktuellen Rentendebatte. Wenn die Hälfte der Bevölkerung erwarten muss, eine Rente an der Sozialhilfegrenze zu bekommen, dann ist das ein Kernpunkt der LINKEN, die ja Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) schon seit langem ein wirklich gutes Rentenkonzept besitzt für armutsfeste und Lebensstandard sichernde Rente. Wir sehen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung beginnt, an der sozialen Gerechtigkeit im Land, auch an der Verteilungsgerechtigkeit, zu zweifeln. 76 Prozent sagen, Vermögen und Einkommen müssten gerechter verteilt werden. Das sind Kernthemen für die LINKEN, die wir wieder stärker in den Vordergrund rücken müssen, so dass die Leute erkennen, sie haben in der LINKEN eine Vertretung ihrer Interessen. Rudolph: Aber diese Kernthemen sind ja aus Sicht der LINKEN immer dagewesen. Wieviel Stammtisch geht denn eigentlich, auch ohne linke Ideale zu verraten? Riexinger: Nein, wir müssen keine linken Ideale verraten. Ich glaube, wir würden einen großen Fehler machen, wenn wir jetzt irgendwo sagen, wir beginnen damit, flüchtlingsfeindliche oder fremdenfeindliche Politik zu machen. Das erwartet auch gar niemand von uns. Wir haben ja auch viele junge Wähler gewonnen, weil wir eben einen klaren Standpunkt in Sachen Menschenrechte haben. Wir müssen da eben auch deutlicher in den Vordergrund stellen, dass wir Fluchtursachen bekämpfen. Wir sagen ja nicht, alle Flüchtlinge sollen hierher kommen, sondern wir sagen, wir müssen Bedingungen schaffen, damit die Menschen erst gar nicht fliehen müssen. Aber wenn Menschen in Not sind, dann muss ihnen auch geholfen werden. Dieser Standpunkt wurde ja auch zum Teil honoriert von vielen Wählern und Wählerinnen. Wir dürfen unser Fähnlein auch nicht einfach nach dem Wind hängen. Ich glaube, das wäre eine falsche Konsequenz. Rudolph: Aber mit Verlaub, da wirkt Ihre Partei dann doch gespalten. Einerseits, das Boot ist voll-Rhetorik, das Bedienen von Verlustängsten, andererseits eben auch Asylrecht ohne Wenn und Aber und offene Grenzen. Welcher Kurs gilt denn nun? Riexinger: Wir müssen diesen Spagat schaffen. Bei uns sagt niemand, das Boot ist voll. Sondern wir sagen natürlich, dass es eine Vielzahl von Menschen in diesem Land gibt, die ohnehin schon soziale Not haben, und die jetzt Angst haben, dass diese soziale Not noch größer wird. Diese Ängste müssen wir in der Tat sehr ernst nehmen und Konzepte vorlegen, damit eben Leute nicht Angst haben müssen, abzusteigen, oder damit sie nicht Angst haben müssen, keine bezahlbare Wohnung zu finden. Diese Politik hat ja die Bundesregierung verursacht, und die AfD hat eben verstanden, hier die Flüchtlinge als Sündenböcke aufzubauen. Viele Menschen werden jetzt erfahren, wenn weniger Flüchtlinge kommen, dass ihre Rente trotzdem nicht steigt, dass es trotzdem nicht mehr bezahlbare Wohnungen gibt, sondern dass man dazu eine andere Politik braucht. Und da ist die LINKE die richtige Adresse für ihre Interessen. Rudolph: Nun hat es da ja gerade kräftig gerumst. Die LINKE seit saft- und kraftlos. Das hat Ihr früherer Fraktionschef Gysi dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gesagt. Das trifft ja, wenn das stimmen sollte, grade sie als Parteivorsitzenden. Haben Sie Fehler gemacht? Riexinger: Ich glaube nicht, dass er uns gemeint hat. Ich weiß auch überhaupt nicht, wen er gemeint hat. Ich komme viel rum in unserer Partei, die erscheint mir überhaupt nicht saft- und kraftlos zu sein. Im Gegenteil, wir kriegen gerade Zuwachs von jungen Leuten, die sich bei uns engagieren wollen. Wir machen interessante Kampagnen gegen prekäre Arbeit und prekäre Lebensbedingungen. Wir stellen uns den gesellschaftlichen Fragen und Sie werden auch sehen, am Wochenende werden wir einen Parteitag haben, der Aufbruchstimmung verbreitet. Die LINKE hat diese Wahlergebnisse wahrgenommen, aber wir stellen uns der Auseinandersetzung. Wir werden deutlich machen, dass die AfD keine soziale Partei ist, die nichts zu bieten hat bei Mieten, bei Löhnen, bei Renten, bei anderen Fragen, im Gegenteil, sie würde sogar Verschlechterungen verabschieden, wenn sie an die Macht käme. Und wir werden eben deutlich machen, dass wir tatsächlich Lösungen haben für die sozialen Fragen unserer Zeit. Rudolph: Aber wie interpretieren sie denn dann die Äußerungen von Herrn Gysi? Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Riexinger: Ich weiß es nicht. Ich bin ja nicht dazu da, jetzt die Äußerungen von Gregor Gysi zu kommentieren. Ich glaube, er hat natürlich Befürchtungen, dass wir im Osten, wo wir ja häufig wirklich die zweitstärkste Partei sind, dass wir dort harte Konkurrenz bekommen durch die AfD und dass wir dort auch entsprechend reagieren müssen. Wir dürfen nicht den Anschein erwecken, dass wir in irgendeiner Form eine angepasste etablierte Partei sind, die nicht mehr ansprechbar ist für Menschen, die mit den Verhältnissen unzufrieden sind. Wenn er das gemeint hat, dann würde ich mit ihm übereinstimmen. - Ende Wortlaut - Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
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