** MITTWOCH, 18. MAI 2016 KUNDENSERVICE 0 8 0 0 / 9 3 5 8 5 3 7 ** D 2,50 EURO Zippert zappt D Atom-Option im Klimaschutz DANIEL WETZEL DPA (17); GETTY IMAGES (8); INFOGRAPHIC; PRESSEFOTO ULMER; ANADOLU AGENCY E Junges Gemüse aus deutschen Landen Stolz blickt der Nationaltrainer auf seine Auserwählten. 27 Spieler hat Joachim Löw am Dienstag in seinen vorläufigen Kader berufen. Die Auswahl überraschte. Neben sympathischen Kämpen wie Lukas Podolski oder Bastian Schweinsteiger setzt der Bundestrainer auf junges Gemüse. Er vertraut gleich vier Kickern, die noch nie ein Länderspiel für Deutschland bestritten haben. Diese müssen sich nun beweisen, wollen sie zu den 23 gehören, die im Juni und Juli in Frankreich den EM-Titel für Deutschland gewinnen sollen. Wie schon in Brasilien ging es Löw in seiner Auswahl nicht nur ums Leistungsprinzip. Auch Soft Skills seien wichtig: „Es geht um mehr als nur guten Fußball, auch die Persönlichkeit der Spieler ist mir wichtig. Wir müsSeite 18 sen ein bedingungsloses Miteinander schaffen.“ DIE SPIELER (V. L.): MANUEL NEUER, BASTIAN SCHWEINSTEIGER, MESUT ÖZIL; BERND LENO, MARC-ANDRÉ TER STEGEN, SHKODRAN MUSTAFI, JONAS HECTOR, BENEDIKT HÖWEDES, MATS HUMMELS; EMRE CAN, ANTONIO RÜDIGER, JÉROME BOATENG, SEBASTIAN RUDY, SAMI KHEDIRA, ANDRÉ SCHÜRRLE, LUKAS PODOLSKI, MARCO REUS, THOMAS MÜLLER, JULIAN DRAXLER, TONI KROOS, MARIO GÖTZE; KARIM BELLARABI, MARIO GOMEZ, JULIAN BRANDT; LEROY SANÉ, JULIAN WEIGL, JOSHUA KIMMICH THEMEN Der Papst, sein Chor und die Akustik der Sixtinischen Kapelle Seite 22 POLITIK Moskau macht letzte unabhängige Zeitung des Landes mundtot Seite 7 WIRTSCHAFT Magere Ernte in Madagaskar sorgt für Preisschock bei Vanille Seite 12 WISSEN Warum Teenager ihr Smartphone mit ins Bett nehmen Seite 20 Nr. 114 KOMMENTAR er neue Fifa-Chef Gianni Infantino hat dem Fußballvermarktungsunternehmen die lang vermisste Glaubwürdigkeit zurückgegeben. Wusste man bei seinem Vorgänger Sepp Blatter nie genau, was man ihm glauben sollte, kann man Infantino gar nichts mehr glauben. Darauf ist aber hundertprozentig Verlass. Gerade hat er durchgesetzt, dass die Fifa ihre Kontrolleure selber ernennt, und damit sichergestellt, dass nicht ständig neue Skandale ans Licht kommen, die die Glaubwürdigkeit des Unternehmens erschüttern. Infantino kämpft leidenschaftlich gegen Transparenz und Überwachung und fordert dafür zu Recht mehr Gehalt als zwei Millionen Euro jährlich. Diese unbeugsame Haltung bringt ihm weltweiten Respekt. So erklärte der Plastikschuhhersteller Adidas seine bedingungslose Bereitschaft, weiterhin die Fifa zu unterstützen. Auch der Freiheitszuckerwasserabfüller CocaCola steht fest zur Fifa und ihrem Präsidenten, der soeben eine Kommission eingesetzt hat, die herausfinden soll, wie sein Unternehmen noch korrupter werden könnte. Und wie viel Katar dafür zahlen würde, wenn es auch noch die WM 2026 austragen darf. FEUILLETON B EU will neue Kernkraftwerke Ideen für Forschung, Subventionen und den Bau von Mini-Reaktoren, um Klimaziele zu erreichen. Fonds soll Investitionen anstoßen. SPD- und Grünen-Politiker nennen Überlegungen „absurd“ bis „abenteuerlich“ I n der Europäischen Union wird über die Förderung neuer Atomreaktoren gestritten. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) lehnt es ab, den Bau neuer Atommeiler mit europäischen Mitteln zu finanzieren. „Es ist schon absurd, darüber nachzudenken, wie man eine der ältesten Technologien, die wir zur Energieerzeugung in Europa nutzen, erneut mit Subventionen ausstatten will“, sagte Gabriel. Dies wäre „der völlig falsche Weg“. VON MARTIN GREIVE, ANDRE TAUBER UND DANIEL WETZEL AUS BERLIN UND BRÜSSEL Er reagiert damit auf Überlegungen in Brüssel, neue Atomprojekte in Europa mit europäischen Mitteln zu unterstützen. „Europa kann die Technologieführerschaft in der Nuklearenergie nur erhalten, wenn es eine lebendige heimische Nuklearindustrie erhält und entsprechend diversifizierte und gut finanzierte Fähigkeiten zur Forschung“, schrieben Beamte der Europäischen Kommission in einem Diskussionspapier, das der „Welt“ vorliegt. Während Deutschland den Ausstieg aus der Atomkraft verfolgt, wird damit in Brüssel sehr konkret über eine Weiterentwicklung der Kernkraft gesprochen. So wird die Entwicklung von Mini-Atomkraftwerken diskutiert. Schon 2030 könnte ein erster Kleinreaktor in Betrieb gehen. Für die Erforschung neuer Reaktorprojekte sollten auch europäische Mittel herangezogen werden können. Konkret wird etwa ein möglicher Zugriff auf Mittel aus dem im vergangenen Jahr aufgelegten Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) aufgeführt, dem sogenannten Juncker-Fonds. Die Europäische Kommission spielte die Bedeutung des Papiers herunter. Es handele sich um ein „Diskussionspapier“ aus der Generaldirektion für Forschung, Wissenschaft und Innovation, das am Mittwoch kommender Woche „offen“ diskutiert werde. Es lege in „keiner Weise“ die Position der Behörde fest. Die Kommission betonte, es sei Angelegenheit der EU-Staaten, ihren Energiemix festzulegen. Im Kreis von SPD wie der Grünen stießen die Diskussionen über eine europäische Förderung von Atomforschung auf breite Ablehnung. „Das ist eine verrückte und unverantwortliche Idee“, kritisierte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). „Die Vorstellungen der EUKommission sind der abenteuerliche Versuch, das Rad der Geschichte zurückzu- Atommeiler in Europa In der EU waren Ende 2015 insgesamt 129 Atomkraftwerke in Betrieb, wie die Internetseite kernenergie.de berichtet. In 14 der 28 Mitgliedsländer wird Strom aus Kernspaltung gewonnen, die mit Abstand meisten Kraftwerke gibt es mit 58 in Frankreich, gefolgt von Großbritannien (15), Deutschland (acht), Belgien sowie Spanien (je sieben) und der Tschechischen Republik (sechs). Weltweit laufen 441 Kernkraftwerke in 31 Ländern. drehen“, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer der „Welt“. Die Behörde wird allerdings auch verteidigt. „Auch die Atomforschung ist ein legitimer Bereich der Energieforschung“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Fuchs der „Welt“. „Wenn Grünen-Politiker aus Deutschland anderen europäischen Staaten die Atomenergie ausreden wollen, dann müssen sie endlich eine Marktperspektive für die Erneuerbaren aufzeigen. Mit 24 Milliarden Euro Erneuerbaren-Subventionen pro Jahr findet die deutsche Energiewende im Ausland keine Nachahmer.“ Die Diskussion über weitere Investitionen in die Atomkraft steht auch im Zusammenhang mit den internationalen Bemühungen zum Klimaschutz. Auf der Weltklimakonferenz von Paris im vergangenen Dezember war das Klimaziel zwar deutlich auf 1,5 Grad verschärft worden. Doch wie es erreicht werden soll, ist bislang noch unklar. Die Atomkraft könnte eine technische Alternative zur Kohlekraft sein, der aktuell größten einzelnen CO2-Quelle in Europa. nergiepolitisch tickt Deutschland völlig anders als der Rest Europas. Ein Strategiepapier der EU-Kommission zur Atomkraft nährt jetzt den Verdacht, dass die deutschen Energiewender sogar auf einem völlig anderen Planeten leben. Denn Brüssel ist bereit, neue öffentliche Finanzmittel zur Förderung der Kernkraft auszuloben. Und zur Ergänzung der Flatterstrom-Erzeugung von Windrädern und Solaranlagen will die EU-Kommission künftig Minireaktoren auf Uranbasis einsetzen. Gedankenspiele dieser Art hätte in Deutschland schon Jahre vor Fukushima niemand mehr gewagt. Doch das Bedrohungsgefühl ist offenbar ein anderes, wenn man wie die Briten auf einer rohstoffarmen Nordseeinsel lebt und von einem rapide wegrostenden Kraftwerkspark umgeben ist. Auch in Frankreich ersetzt man alte Meiler durch neue. In Polen, Ungarn, Litauen und Tschechien hat man neue Atomprojekte wegen des widrigen Marktumfelds nur auf Eis gelegt. Jetzt soll Brüssel wohl im Interesse und Auftrag dieser Länder die Atomkraft mit Subventionen wieder profitabel machen. Schon weil diese Art genehmigter Beihilfen die europäischen Strompreise verzerren würde, sollte Deutschland gegen das Ansinnen Front machen. Doch das neue Nuklearprogramm ist zugleich Ausdruck einer wachsenden klimapolitischen Verzweiflung in der EU-Kommission selbst. Denn auf der Weltklimakonferenz von Paris hatten sich die Staatsoberhäupter gegenseitig versprochen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen – eine erhebliche Verschärfung des ohnehin schon anspruchsvollen Zwei-Grad-Ziels. Die Frage des Wegs dahin überließen die Staatsmänner ihren Fachabteilungen – und dort herrscht seither Ratlosigkeit. Denn die CO2-Menge, die die Menschheit zur Erreichung des 1,5Grad-Ziels noch ausstoßen darf, ist bereits heute aufgebraucht. Praktisch ab sofort dürften weltweit nur noch Elektroautos verkauft, müssten alle Kohlekraftwerke stillgelegt werden. Auch die EU-Kommission weiß nicht, woher so schnell so viel grüne Energie kommen soll: Der Ausbau der ergiebigsten Quellen, Biomasse und Wasserkraft, trifft weltweit auf harte politische Widerstände. Und die „neuen Erneuerbaren“ Wind- und Solarkraft tragen erst im unteren einstelligen Prozentbereich zur Deckung des globalen Primärenergiebedarfs bei. Deshalb haben die EU-Beamten wohl die Atomkraft als gangbare Option im Klimaschutz ausgemacht. Das überzeugte Nein aus Deutschland ist noch kein Gegenkonzept, das den europäischen Klimaschützern in ihrer Not helfen würde. [email protected] Siehe Kommentar und Seite 9 DAX Wie Feinstein und Raanan das Glück herausforderten Im Minus Seite 15 Hobbytaucher finden vor Israels Küste Bronzeobjekte. Sie sind Teil eines 1600 Jahre alten Römerschatzes Dax Schluss Euro EZB-Kurs Punkte US-$ 9890,19 –0,63% ↘ 1,1318 Dow Jones 17.40 Uhr 17.646,16 Punkte –0,052% ↘ –0,36% ↘ ANZEIGE Auftrag Schwertransport Giganten auf Reisen Heute um 20.05 Uhr Wir twittern Diskutieren live aus dem Sie mit uns Newsroom: auf Facebook: twitter.com/welt facebook.com/welt „Die Welt“ digital Lesen Sie „Die Welt“ digital auf allen Kanälen – mit der „Welt“-App auf dem Smartphone oder Tablet. Attraktive Angebote finden Sie auf welt.de/digital oder auch mit den neuesten Tablets auf welt.de/bundle S echs Richtige im Lotto. Eine unerwartete Millionenerbschaft. Beim Tauchen ein Wrack mit einem Schatz finden. Es gibt allerlei ungewöhnliche und leider auch sehr unwahrscheinliche Methoden, schnell reich zu werden. Aber obwohl – oder gerade weil – man laut Statistik eher vom Blitz erschlagen oder vom Auto überfahren wird, träumen viele unbeirrt vom großen, spontanen Glück. Und manchmal kommt es ja auch. Wie bei Ran Feinstein und Ofer Raanan. Die israelischen Hobbytaucher haben an der Mittelmeerküste einen spektakulären Schatz mit Tausenden antiken Münzen und mehreren Bronzestatuen geborgen. Es sei der größte Fund dieser Art seit drei Jahrzehnten, teilte die israelische Altertumsbehörde mit. Es handele sich um die Ladung eines vor rund 1600 Jahren gesunkenen Handelsschiffs aus der späten römischen Ära, hieß es weiter. Die beiden Taucher hatten im April vor der antiken Hafenstadt Caesarea einige Bronzeobjekte entdeckt und der Behörde den Fundort gemeldet. Systematische Tauchgänge von Meeresarchäologen brach- ten danach zahlreiche Gegenstände aus der späten Römerzeit ans Tageslicht, die in einem Wrack lagerten. Offenbar sollte das Schiff zur Wiederverwertung bestimmte Metallobjekte aus Caesarea abtransportieren, geriet dann aber schon an der Hafenausfahrt in einen Sturm. Die Lage der noch erhaltenen Anker verriet den Archäologen, dass der Frachter noch umkehren wollte, aber an den Uferfelsen zerschellte. Zu den eindrucksvollsten Fundstücken gehören Bronzelampen und Statuen mit Abbildungen des Sonnengottes Sol, der Mondgöttin Luna oder dem Kopf eines afrikanischen Sklaven. Auch ein Wasserhahn in Form eines Wildschweins und Navigationsinstrumente wurden geborgen. Tausende Münzen wurden im Laufe der Jahrhunderte zu zwei Klumpen zusammengeschweißt, welche die Form der Krüge angenommen haben, in denen sie aufbewahrt wurden. Aufgeprägt finden sich die Konterfeis von Konstantin dem Großen, römischer Kaiser von 306 bis 337, und seinem Rivalen Licinius. Funde von römischen Metallstatuen seien selten, weil diese meist eingeschmolzen und neu verwertet wurden, erklärte Jakob Scharvit, Leiter der Meeresabteilung in der Altertumsbehörde, bei der Vorstellung der Entdeckungen. „Das Schiffsunglück hat sie in diesem Fall vor dem Recycling bewahrt und für uns erhalten“, freute er sich. Caesarea Maritima, auf halbem Wege zwischen den heutigen Städten Haifa und Tel Aviv gelegen, war im ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung unter König Herodes dem Großen gegründet worden, der in dieser Region als Vasall der Römer herrschte. Der Fund von Feinstein und Raanan ist aber nicht nur spektakulär, er bringt auch ein wenig die Wahrscheinlichkeitsrechnung durcheinander: Taucher fanden bereits im vergangenen Jahr in den Gewässern vor Caesarea zweitausend Goldstücke – den größten jemals in Israel entdeckten Goldschatz. Die Zahl der Funde nehme zu, so Scharvit, weil der Sandboden zunehmend aus dem alten Hafen gedpa/jay spült werde und es mehr Hobbytaucher gebe. DIE WELT, Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin, Redaktion: Brieffach 2410 Täglich weltweit in über 130 Ländern verbreitet. Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen. Telefon: 030 / 2 59 10 Fax 030 / 259 17 16 06 E-Mail: [email protected] Anzeigen: 030 / 58 58 90 Fax 030 / 58 58 91 E-Mail [email protected] Kundenservice: DIE WELT, Brieffach 2440, 10867 Berlin Telefon: 0800 / 9 35 85 37 Fax: 0800 / 9 35 87 37 E-Mail [email protected] A 3,20 & / B 3,20 & / CH 5,00 CHF / CZ 95 CZK / CY 3,40 & / DK 25 DKR / E 3,20 & / I.C. 3,20 & / F 3,20 & / GB 3,00 GBP / GR 3,40 & / I 3,20 & / IRL 3,20 & / L 3,20 & / MLT 3,20 & / NL 3,20 & / P 3,20 & (Cont.) / PL 15 PLN / SK 3,20 € + ISSN 0173-8437 114-20 ZKZ 7109
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