"Uschi hoch zu Beet" – Folge 10 (17. Mai 2016) Im Paradies der Paradeiser Von der Zierpflanze zur Liebesfrucht Die in Südamerika (Mexiko bis Peru) wild vorkommenden Tomaten wurden von den Spaniern nach Europa gebracht und dort ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wegen ihrer gelben Sternenblüten als Zierpflanze angepflanzt. Man nannte Tomaten damals Liebes- oder Paradiesäpfel und hielt sie für giftig. Als Pommes d`amour der Franzosen half die Tomate bis zur Jahrhundertwende bei Liebeszauber, Alpträumen und sogar Tollwut. Später liebten sie die Maîtres de la Cuisine auch aufgrund ihrer angeblich aphrodisierenden Wirkungen. Die ursprünglichen Tomaten hatten die Größe von Kirschen. Der Name Tomate stammt aus der Sprache der Azteken, die das Gewächs „Tomatl“ nannten, das bedeutet "etwas prall angeschwollenes". Die Azteken glaubten an die potenzfördernde Wirkung der Tomate. Vielleicht ist dieser Glaube auch für die Bezeichnung „Liebesapfel“ verantwortlich. Botanisch zählt die Tomate (Solanum lycopersicum , Lycoperesicon esculentum) zu den Nachtschattengewächsen. Tomaten sind wahre "Sonnenenergie-Speicher"; je mehr Licht sie bekommen und je reifer sie geerntet werden, umso aromatischer ist ihr Geschmack und höher ihr Nährstoff-Gehalt. Tomaten-Vielfalt Die Tomaten gehören zur beliebtesten Gemüsesorte weltweit. Im Burgenland wird die Tomate Paaradeiser genannt (möglicher Weise ein Hinweis auf den paradiesischen Geschmack). Seit der ersten Kultivierung wurden weltweit etwa 10 000 Tomatensorten gezüchtet: Wildtomaten, deren Früchte nicht größer als Johannisbeeren sind und wenige Gramm wiegen, Fleischtomaten, die über ein Kilogramm schwer werden u.v.m. Zur Vielfalt der Namen und Größen kommt die Vielfalt der Formen und Verwendungsarten. Von rund, länglich, flaschenförmig, bauchig, birnenförmig, 1 zitronenförmig bis zu unterschiedlichen Tomatenfärbungen rot, rosa, gelb, orange, weiß, braunschwarz, mehrfärbig gestreift oder gemustert. Jede Tomatensorte hat ihren eigenen Geschmack und eine besondere Eignung für individuelle Verwendungen (zum roh essen, als Salattomate, zur Verwendung von Tomatensaucen, als Saft-tomate, zum Füllen etc.) Pflanzen und Pflege: Tomaten erst nach den Eisheiligen auspflanzen! Dazu einen Platz in der prallen Sonne auf nährstoffreicher Erde ODER in einem Gewächshaus wählen. Pflanztipp: Süßwasserfische in das 30 cm tiefe Pflanzloch legen, etwas Erde darauf geben und dann die Jungpflanzen leicht schräg einsetzen. So wird die Pflanze zu mehr Wurzelbildung angeregt. Mäßig bis wenig gießen: So holt sich die Pflanze Wasser aus dem Erdinneren, wird kräftiger und widerstandsfähiger Niemals von oben gießen! Noch besser: Regendach bauen Nie zu dicht setzen! Der Wind muss Feuchtigkeit abtrocknen können, um Schimmel und andere Krankheiten zu verhindern. Zusätzlich mit Brennessel-Jauche und Beinwelljauche düngen. Jauche 1:10 alle 14 Tage zu den Wurzeln gießen Tomaten ausgeizen und die Triebe zu den Wurzeln legen Liegend oder am Stab ziehen? •Aus der Sicht der Botanik lässt sich festhalten: wild wachsende Tomatenformen sind in ihren tropischen Herkunftsländern mehrjährige, am Boden, viele Meter weit rankende und ständig Nebenäste bildende Pflanzen. Sie setzen dabei auch laufend neue Wurzeln, um eine ausreichende Versorgung mit Wasser und Nährstoffen zu sichern. • In den deutschsprachigen Gartenbaubüchern der vergangenen 50 Jahre wurden GärtnerInnen nahezu ausnahmslos dazu angehalten, Tomatenpflanzen eintriebig (also ohne Nebenäste) an Stab oder Schnur hoch zu ziehen. Außerdem wurde empfohlen, die Spitzen der Pflanzen gegen Ende des Sommers abzuschneiden, um eine gute Ausreifung der verbleibenden Früchte zu gewährleisten. • Andererseits berichten ältere Hausgärtner aus den pannonischen Regionen Ostösterreichs immer wieder davon, dass bei ihnen die Paradeiser früher oft am 2 Boden liegend kultiviert wurden. Aktuelle Berichte über diese Kulturform kommen immer wieder aus rumänischen Hausgärten zu uns. • Erich Stekovics, der „Paradeiser Kaiser“ aus Frauenkirchen setzt zehntausende Tomaten pro Saison aus und lässt sie auf Strohmulch dahin wachsen, um danach eine gute Ernte einzufahren. Die obligate Braunfäuleinfektion (Phytophora infestans), eine Pilzinfektion, die besonders im Freilandanbau von Paradeisern große Ernteausfälle verursachen kann, fiel je nach Sorte unterschiedlich aus, Ausgeizen oder nicht ? Deutliche Unterschiede zwischen den Pflanzen jeweils einer Sorte ergaben sich aber bei den Erntemengen ausgereifter Früchte: die drei-triebig gezogenen Pflanzen entwickelten im Vergleich zu den ein-triebig gezogenen Pflanzen in der Regel auch die 2 bis 3-fache Erntemenge. Die nicht ausgegeizten, am Boden liegenden Pflanzen hatten bis zu 4 x so viele und auch mehr Früchte zum Ernten, wie die ein-triebig kultivierten. Erntezeit war für alle Kulturen bis Anfang Oktober. Die Tomate als Heilpflanze In der ursprünglichen Verwendung als Heilpflanze steckt ein wahrer Kern. Tomaten enthalten Lycopin, das heute als Anti-Krebs-Mittel verwendet wird. Und gesund sind sie sowieso, denn ausgereifte Tomaten strotzen vor Vitamin C und Beta-Carotin. Trotzdem, ganz erfunden ist die Geschichte mit der Giftigkeit nicht: giftige Teile hat das Nachtschattengewächs nämlich schon. Man sollte bei unreifen, grünen Tomaten den Strunk komplett entfernen; denn Solanin, ein toxisches Glycoalkaloid, kann Magenschmerzen verursachen. Zu Marmelade oder Chutney verkocht, schmecken auch grüne Tomaten toll und werden vor dem Wegschmeißen bewahrt. Heilwirkung: antioxidativ, juckreizlindernd, kühlend, verdauungsfördernd; 3 Das Lycopin soll die UV-Licht-Empfindlichkeit senken. Die Früchte enthalten 93 Prozent Wasser, weniger als 4 Prozent Kohlenhydrate und nur 1 Prozent Protein. Wertvoll sind die Tomaten vor allem wegen ihrer organischen Säuren, der verschiedenen Karotinoiden (gelbe bis rote Pflanzenfarbstoffe) sowie der Vitamine A und C, deren Gehalt bei vollreifen Früchten am höchsten ist. Außerdem sind Tomaten: leicht abführend, adstringierend, appetitanregend, erfrischend, harntreibend Anwendung der Heilpflanze Die Tomate wird in der Pflanzenheilkunde innerlich und äußerlich angewendet, z.B. bei Akne, Asthenie, Gicht, Handpflege, Rheumatismus, Schönheitsmasken, Verstopfung Bei Sonnenbrand die betroffenen Stellen mit einer halbierten Tomate ohne Druck abreiben. Das kühlt und lindert den Juckreiz. Als Peeling und Gesichtsmaske: Tomaten wirken antibakteriell und lassen Entzündungen und Pickel schneller abheilen. Die enthaltene Fruchtsäure wirkt wie ein leichtes Peeling und entfernt abgestorbene Hautschüppchen. Tomaten mit einem Messer schälen und zerdrücken. Einen Esslöffel Honig dazu geben und zu einer Paste rühren. Auf eure gereinigte Haut auftragen und zehn Minuten lang einwirken lassen und danach mit lauwarmem Wasser abwaschen. Die Tomaten-Gesichtsmaske gleicht den Feuchtigkeitshaushalt von fettiger Haut aus und verbessert ihr Aussehen. Die übermäßige Talgproduktion von fettender Haut wird durch die Eigenschaften der Tomate gesenkt, ohne die Haut dabei auszutrocknen, so dass die Haut frisch und jugendlich bleibt. 4
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