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Lockende Zukunftstechnologie
Posted on 20. Mai 2016 by Thomas Müncher
Die orangefarbenen Roboter von Kuka sind weltweit gefragt. Keine Überraschung deshalb, dass der chinesische Konzern
Midea seine Anteile im Februar 2016 auf über 10% erhöhte. Welche strategischen Ziele er damit verfolgt, bleibt im
Dunkeln. Um den Augsburger Maschinenbauer hat ein harter Investorenkampf begonnen.
Erst im August 2015 wurde bekannt, dass Midea Anteile an Kuka erworben hatte – vermutlich stammen sie vom
französischen Lebensversicherer Axa, der seine Beteiligung reduzierte. Im Februar 2016 stockte der chinesische
Hersteller von Haushaltsgeräten seine Aktien an dem Augsburger Maschinenbauer nochmals von 5,4 auf 10,2% auf. Der
Nachkauf ist für das Unternehmen aus Foshan nicht einfach eine Finanzinvestition. Da die Schwelle von 10%
überschritten wurde, mussten die Ziele veröffentlicht werden. In einer Pflichtmitteilung teilte der Konzern mit, er verfolge
mit seinem Engagement „strategische Ziele“, ohne sie jedoch näher zu erläutern. Die Anteile der Chinesen sind
mittlerweile über 380 Mio. EUR wert. Und damit geben sie sich noch nicht zufrieden. Die börsennotierte Midea will in den
nächsten zwölf Monaten bei Kuka weiter zukaufen, wird in der Mitteilung angekündigt. Doch nicht nur über die Beteiligung
ist der MDAX-Konzern mit China verbunden. Die Augsburger sind dort längst mit einer eigenen Fertigung präsent und ihre
Produkte sind seit Jahren in den chinesischen Fabriken deutscher Autobauer zu finden.
Stark bei Industrie 4.0
Roboter sind das Kerngeschäft von Kuka. Die orangefarbenen Maschinen der Augsburger leisten gute Dienste in Fabriken
auf der ganzen Welt. Vor allem große Autobauer wie BMW, Daimler und Volkswagen stehen auf der Kundenliste.
Daneben ist der deutsche Konzern ganz vorn bei einer wichtigen Zukunftstechnologie: Digitalisierung der
Industrieproduktion. Bei Industrie 4.0 lernen die Roboter untereinander und mit den Mitarbeitern zu kommunizieren.
Dieses innovative Know-how macht den drittgrößten Roboterhersteller der Welt attraktiv für viele – auch für chinesische
Konzerne.
Weltweiter Boom im Robotermarkt
Seit 2009 befindet sich der weltweite Markt für Industrieroboter in einem stetigen Aufwärtstrend. „Laut International
Federation of Robotics stieg die Zahl der verkauften Industrieroboter 2014 um 29% auf den neuen Jahreshöchststand von
229.000 Einheiten“, erläutert Karen Kharmandarian, Manager des Pictet-Robotics-Fonds. Die stärkste Nachfrage kommt
aus Asien. „Bei einem Marktvolumen von 32 Mrd. USD gehen wir bis 2018 von jährlichen Wachstumsraten von
mindestens 15% aus“, sagt Kharmandarian. Kuka gehöre zu den vier größten Playern weltweit. „Hinzu kommen die
japanischen Konzerne Fanuc und Yaskawa Electric sowie die Schweizer ABB“, so Kharmandarian. „Diese Konzerne sind
auch stark bei ’Collaborative Robots’, einer neuen Generation von Industrierobotern, die intelligenter, kleiner, sicherer und
billiger als ihre Vorgänger sind.“
Neuer Markt für Midea
In China ist der Nachholbedarf am größten: Hier gibt es pro 10.000 Fabrikarbeiter erst 36 Industrieroboter, im globalen
Durchschnitt sind es bereits 66. Doch das Land holt rasant auf: Seit 2013 werden die meisten neuen Roboter in China
gekauft. „2014 konnte mit 57.100 Einheiten erneut eine Rekordmarke erzielt werden – 25% der weltweiten Lieferungen
und ein Anstieg um 56% gegenüber 2013“, erläutert Kharmandarian. „Bis 2018 wird schätzungsweise jeder dritte in der
Produktion tätige Industrieroboter in China stehen.“ Midea hat mit Industrierobotern noch wenig Erfahrung, denn die
Aktiengesellschaft ist auf Haushaltsgeräte spezialisiert. Das 1968 gegründete Unternehmen ist nach eigenen Angaben
Chinas größter Hersteller von Heizgeräten, Raumbelüftern und Klimaanlagen. Der Konzern beschäftigt weltweit über
100.000 Mitarbeiter und erzielte 2014 einen Umsatz von 23 Mrd. USD. Viele chinesische Unternehmen haben es
momentan auf deutsche Technologie abgesehen. Ein Schwerpunkt sind Maschinenbau und Umwelttechnik. Deshalb ist
es kein Wunder, dass sich auch Midea für einen deutschen Konzern interessiert, der in China stark wächst.
Jenseits der Autobranche
Wie gut Kuka aufgestellt ist, bestätigen die Jahreszahlen für 2015. Wegen der Übernahme des Schweizer LogistikSpezialisten Swisslog schnellte der Umsatz um 41,5% auf knapp 3 Mrd. EUR hoch. Wie angekündigt bauten die
Augsburger vor allem ihr Geschäft außerhalb der Autobranche stark aus. Ohne die Bilanzeffekte durch den Merger legte
der Betriebsgewinn (EBIT) um ein Drittel auf 194,3 Mio. EUR zu. „Wir haben die Digitalisierung der Fertigungsprozesse
vorangetrieben“, sagt Vorstandschef Till Reuter. „Die intelligente Produktion wird auch 2016 ein Kernthema sein.“ Die
operative Marge ist noch steigerungsfähig; mit 6,6% lag sie nur knapp innerhalb der Prognose von 6,5 bis 7,0%. Auch die
Gewinnspanne im Segment Robotik war mit 11% niedriger als bei den Konkurrenten Fanuc (40%) und ABB (15,6%). Der
Ausblick auf 2016 ist indes eher verhalten. Zwar soll der Umsatz auf über 3 Mrd. EUR steigen, prozentual wird aber
weniger als operatives Ergebnis übrig bleiben. Bei der EBIT-Marge rechnet Kuka für dieses Jahr nur mit etwa 5,5%. Der
Grund dafür sind höhere Investitionen in die Digitalisierung der Produktion und der eigenen Logistik.
Weitere Großaktionäre
Mit der Aufstockung ist Midea zum drittgrößten Aktionär von Kuka aufgestiegen. Der größte ist der schwäbische
Anlagenbauer Voith mit einem Anteil von 25,1%, den er 2014 vom früheren Großaktionär Grenzebach erwarb. Die KukaManager sehen dieses Engagement positiv: Voith ist mit knapp 5,6 Mrd. EUR Umsatz fast doppelt so groß wie der MDAXKonzern. Die Schwaben, die bereits Aktien vom Karbonfaserhersteller SGL Group kauften, sehen die Beteiligung als
strategisches Investment. „Die Informatisierung und Automatisierung wird die industriellen Fertigungsabläufe in den
nächsten Jahren fundamental verändern“, ließ Voith seinerzeit beim Einstieg verlauten. „Roboter sind die
Schlüsselkomponenten für die digitalisierte Industrie der Zukunft und den Megatrend Industrie 4.0.“ Zweitgrößter Aktionär
ist der hessische Unternehmer Friedhelm Loh mit seiner Investmentfirma Swoctem. Seit August 2014 besitzt er rund 10%
der Anteile, die er ebenfalls noch erhöhen möchte.
Voith hält Sperrminorität
Wegen dieser weiteren Großaktionäre ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass Midea eine strategische Mehrheit bei Kuka
anstrebt. Dazu bräuchten die Chinesen 75% der Anteile, was jedoch Ankeraktionär Voith derzeit verhindern will. Zudem
müssten sie enorm viel Kapital in die Hand nehmen. Denn die Kuka-Aktie entwickelte sich in den vergangenen sechs
Jahren zu einer Kursrakete – der Anstieg betrug über 800%. Wegen des hohen Preises ist es auch für einen großen
Konzern wie Midea nicht leicht, weitere Wertpapiere zu kaufen.
Aktie hoch bewertet
Hinzu kommt, dass Analysten die Aktie auf diesem Niveau bereits für überteuert halten. „Das operative Geschäft gibt eine
solche Bewertung nicht her“, sagt Sebastian Growe, Aktienanalyst bei der Commerzbank. Außerdem hängt Kukas
Geschäftsentwicklung stark davon ab, ob die chinesische Regierung das Wirtschaftswachstum weiter stabil halten kann.
China ist für das Unternehmen der zentrale Wachstumstreiber außerhalb der Autoindustrie. Bisher geht man in der
Augsburger Zentrale davon aus, dass hier der Markt für Automatisierungen in der Fertigung in den nächsten beiden
Jahren doppelt so stark wie global zulegen wird. Neben dem eigenen Produktionswerk in Shanghai wurde deshalb auch
ein Joint Venture mit dem chinesischen Konzern Yawei vereinbart. Käme es jedoch zu einer Rezession in China, ist eine
Talfahrt der Kuka-Aktie nicht auszuschließen. So viele Risiken könnten bei Midea Bedenken wecken, die Beteiligung auf
über 50% zu erhöhen.
FAZIT
Der Robotermarkt ist ein weltweit heiß umkämpftes Zukunftsgeschäft. Kuka ist in vielen Ländern sehr gut aufgestellt.
Wenig Wunder, dass neben deutschen auch chinesische Konzerne an einer strategischen Partnerschaft interessiert sind.
Eine Übernahme durch Midea dürfte aber momentan kein Thema sein. Dagegen sprechen die beträchtlichen Anteile der
übrigen Großaktionäre und der derzeit hohe Aktienkurs.
Kurzprofile
Kuka AG
Gründung
1898
Branche
Maschinenbau
Unternehmenssitz
Augsburg
Mitarbeiter
12.300
Umsatz 2015
2,966 Mrd. EUR
Internet
www.kuka.de
Midea Consumer Electric Manufacturing Co.,Ltd.
Gründung
1968
Branche
Haushaltsgeräte
Unternehmenssitz
Foshan, Provinz Guangdong
Mitarbeiter
100.000
Umsatz 2014
23 Mrd. USD
Internet
www.midea.com
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