Christiane Tumbrink Christianes unverwechselbare Art machte sie von Anfang an bei den Schülern und Kollegen sehr beliebt. Sobald sie einen Raum betrat, war sie sehr präsent. Die Kollegen schätzten sie als Teamplayer, wenn es beispielsweise um den Austausch von Klausuren oder das Aufteilen von Arbeitsaufträgen ging. Die Fachschaft Englisch profitierte von ihrer Kompetenz, die neben ihrer Literaturkenntnis, ih‐ rem Oxford English mit einem typisch britischen Akzent auch alles Wissenswerte zu den British Ro‐ yals umfasste. Christianes innovativem Denken ist es auch zu verdanken, dass seit einigen Jahren der Projektkurs „Business English“ im Kursangebot der Q1 verankert ist. Im Zusammenhang mit ihrem Fach Erdkunde fällt jedem Loburger sofort IHR Erdkunderaum ein, den sie wie einen Schatz gehütet, mit Bildern von Son‐ nenblumen und der Welt von oben bereichert oder zu Weihnachten mit gebastelten Sternen dekoriert hat, und dessen Raumbelegungsplan im Lehrer‐ zimmer für alle sichtbar in pink aushing. Eines ihrer Herzensprojekte als langjährige Fachvorsitzende war die Einführung eines Erdkunde‐ Leistungskurses, für deren Legitimation sie schon vor Jahren ein dreizehnseitiges Schreiben an die Schulleitung verfasst hatte – wie groß war ihre Freude in diesem Jahr, als sie davon hörte, dass ein solcher Leistungskurs nun realisiert wird. Über‐ haupt konnte sie charmant, beherzt und beharrlich für Dinge eintreten, die sie umsetzen wollte, und gern auch zauberhaft schmollen, um ihren Willen durchzusetzen; Eigenschaften, die schnell dafür sorgten, dass sie immer wieder in den Lehrerrat gewählt wurde. Darüber hinaus kamen sie den Referendaren zugute, deren Betreuung ihr am Her‐ zen lag und für die sie sich immer viel Zeit genom‐ men hat, auch wenn ein beliebter Ausspruch von ihr lautete, sie favorisiere eine Kernarbeitszeit von 9 bis 12 Uhr. Die Schüler, die sie auf ihren High Heels immer schon frühzeitig auf dem Flur zum Unterricht kommen hörten, hatten sie ins Herz geschlossen. Wiederholt war sie als Klassenlehrerin in einer Klasse 5/6, insbesondere im Bili‐Zweig eingesetzt und ihre Beliebtheit wurde nicht nur daran augen‐ fällig, dass bei der Nikolausaktion ihr Tisch mit Ni‐ koläusen überfüllt war. Ihre Homepage mit den fliegenden pinkfarbenen Herzen hatte tausende von Klicks und das zu einer Zeit vor dem Handy‐, Facebook‐ und WhatsApp‐Boom. In ihrer Lieblingsfarbe pink prangte auf allen ihren Materialien der Schriftzug „Miss T.“ Als Herr Witt‐ hake für sie bei eBay einen pinkfarbenen Sessel ersteigern wollte, konnte Christiane dies allerdings gerade noch verhindern. Doch die Tassen, aus de‐ nen sie in den Pausen gerne ihren Tee trank, waren ihrer Farbvorliebe angepasst, wobei die Tasse „Miss T & Fabio Cannavaro“ auch ein weiteres ihrer Hobbys verrät: Fußball. Als eingefleischten Preußen Münster Fan konnte man sie bei Heimspielen im Stadion antreffen, doch in der Bundesliga war Borussia Dortmund ihr Verein und Top‐Favorit ih‐ res Geschmacks war die Squadra azzura. Offensichtlich war auch ein weiteres ihrer Hobbys, nämlich Mode. Sie liebte es, zu shoppen, kleidete sich gerne von lässig bis gestylt und business‐like und brachte damit ihr Lebensgefühl zum Ausdruck. Als sie beispielsweise von Abiturienten gebeten wurde, die Abiturrede zu halten, wurde sie von Kollegen bedauert, doch Christianes Reaktion lau‐ tete nur: „Wieso? Ich kaufe mir ein schickes Kleid, der Rest kommt von alleine!“ Diese lebensfrohe Haltung spiegelte sich auch in dem Faustzitat wider, das sie ‐ wohl nicht nur auf geografische Exkursionen bezogen ‐ betonte: „Grau, teurer Freund, ist alle Theorie // und grün des Lebens goldner Baum." Insofern ist nicht verwunderlich, dass genau diese Exkursionen sowie Klassen‐ und Kursfahrten mit Christiane in der Erinnerung vieler Schüler und Kollegen bleiben. Besonders legendär sind dabei die „TuRa‐Reisen“ (Tumbrink‐Raveaux‐Reisen) in die Toskana und nach Bad Oldesloe. Nicht nur auf diesen Fahrten hat sie immer jemanden gefunden, der ihr Gepäck getragen hat, sondern auch in der Schule war sie die einzige Kollegin, die es geschafft hat, dass die Schüler ihre Taschen trugen. Ebenso hatte die Frauenpowerverfechterin Christiane kein Problem damit, im Unterricht die technischen Feinheiten den Schülern zu überlassen: „Wären Sie so nett, schon mal die Technik aufzubauen?“ war eine Aufforderung, die man in Oberstufenkursen häufiger hören konnte. Bei aller Lebensfreude hatte Christiane auch einen Blick für soziale Ungerechtigkeiten in der Welt und engagierte sich in diesem Bereich. Ihre letzte grö‐ ßere Schüleraktion war beispielsweise die Fasten‐ aktion 2014 mit der 9b: (D)ein Euro gegen Hunger. Um Geld für Misereor zu sammeln, hatten sich die Schüler zusammen mit Christiane diverse Aktionen ausgedacht: Sie hatten in der Schule Sparschweine platziert (natürlich in pink), boten in der Pausenhal‐ le und im Lehrerzimmer Kuchen an und hatten einen „Pfandflaschencontainer“ aufgestellt, sodass sie jeden Tag einen großen Sack voller Plastikfla‐ schen zu Bargeld für Misereor machen konnten. Ein zentraler Bestandteil ihres Lebens war die Fa‐ milie. Deshalb war die Freude groß, als im Novem‐ ber 2014 ihr Sohn Leonard gesund zur Welt kam. Doch gleichzeitig wurden sie und ihre Familie mit der niederschmetternden Diagnose einer Krebser‐ krankung konfrontiert. Christiane konzentrierte sich in der folgenden Zeit ganz auf ihre Familie. Weihnachten 2015 musste der Familienmensch Christiane einen weiteren Schicksalsschlag hin‐ nehmen, als ihr geliebter Vater unerwartet starb. Im Frühjahr schien es bei Christiane bergauf zuge‐ hen, denn der ein oder andere erhielt Grüße oder eine Postkarte von einem Kurztrip an die See. Die Nachricht ihres Todes am vergangenen Montag traf daher die Loburger völlig unvorbereitet. Viele Kollegen bedauern, nichts von der Erkrankung gewusst zu haben. Sie hätten Christiane, die selbst so viel Herzlichkeit und Empathie ausströmte, in dieser Phase gerne unterstützt. Wir werden sie so in Erinnerung behalten, wie sie hier gewirkt hat – ohne sie ist die Loburg ein biss‐ chen weniger pink. When I'm feeling weak And my pain walks down a one way street I look above And I know I'll always be blessed with love (aus: Robbie Williams, Angels – Christianes Lieb‐ lingslied)
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