Artikel als PDF lesen - ff - Das Südtiroler Wochenmagazin

leitartikel
Befreit die Beamten!
Landeshauptmann Arno Kompatscher ist mit dem Versprechen angetreten,
die Verwaltung zu entpolitisieren. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit dafür:
durch die Abschaffung der Ressortdirektoren.
von Georg Mair
Gibt es eigentlich
unter Landeshauptmann
Kompatscher eine
­saubere Trennung
von Politik und
Verwaltung?
Oder ist der Druck
nur subtiler
­geworden?
D
ie Bozner SVP hat sich nach dem ersten
Durchgang bei den Gemeindewahlen
schnell daran erinnert, dass sie einen
Pakt mit dem Partito Democratico (PD) hat.
Er gilt für die Bildung der Landesregierung, für
die Bildung des Stadtrates in Bozen. Und er erstreckt sich auch auf die Landesverwaltung. Eros
Magnago, Sekretär der Landesregierung und damit mächtigster Beamter des Landes, ist ein Exponent des PD. Natürlich sitzt er dort nicht nur
wegen seiner politischen Gesinnung, aber er sitzt
dort auch wegen seiner politischen Gesinnung.
Er ist der Vertrauensmann des Landeshauptmanns. So, wie die Ressortdirektoren die Vertrauensleute der Landesräte sind. Die Ressortdirektoren sind die Verbindung zwischen Politik
und Verwaltung. Sie stehen und fallen mit den
jeweiligen Landesräten. Wenn sie fallen, fallen
sie meistens weich. Sie werden von der Landesverwaltung aufgefangen. Sie müssen sich nicht
unten anstellen, die Leiter in die obere Etage, zu
den Amts- oder Abteilungsdirektionen, ist in der
Regel schon aufgestellt.
Die Ressortdirektoren sind eine Südtiroler
Besonderheit – ein Hybrid zwischen Politiker
und Verwalter. Und sie sind ein Problem. Solange es sie gibt, gibt es keine klare Trennung
zwischen Politik und Verwaltung. Ressortdirektoren sind eine ständige Mahnung, der Politik
zu Willen zu sein. Beamte geraten unter Druck,
zögern, Entscheidungen zu treffen, die politisch
nicht genehm sind. Es hat sich eigentlich im Vergleich zu früher in dieser Hinsicht nicht viel geändert.
Ist die Landesverwaltung jetzt transparenter, sind die Beamten unter Landeshauptmann Kompatscher jetzt eigenständiger? Ja, in
der Form, weniger in der Substanz: Der Druck
von oben ist geblieben, er ist jetzt nur subtiler.
­Kompatscher & Co. lenken die Dinge so, dass es
® © Alle Rechte vorbehalten/Riproduzione riservata – FF-Media GmbH/Srl weniger auffällt. So war es beim Benko-Projekt
für das Einkaufszentrum in Bozen, wo die Landesbeamten freudig in der sogenannten Dienststellenkonferenz am Abkommen mit dem österreichischen Investor arbeiteten, so ist es jetzt
auch beim Flughafen.
Bis Arno Kompatscher kam, war der Generalsekretär der Landesregierung auch Generaldirektor der Landesverwaltung. Der neue Landeshauptmann schuf dafür zwei getrennte Posten.
Magnago wurde Generalsekretär, der Posten des
Generaldirektors wurde, per Ausschreibung,
mit Hanspeter Staffler besetzt. Generaldirektor
Staffler ist Landesrätin Deeg unterstellt, Generalsekretär Magnago dem Landeshauptmann. Es
ist eine Konstellation, die Konfliktstoff in sich
birgt, so wie die Figur der Ressortdirektoren.
Generaldirektor Staffler hat jetzt einen Entwurf für die Reform der Landesverwaltung vorgelegt, der die Macht der Ressortdirektoren zurückgedrängt hätte. Er biss auf Granit, wie
s­alto.bz berichtete. Die Reform wäre auf eine
Entpolitisierung der Landesverwaltung hinaus­
gelaufen. Erwünscht ist offensichtlich eher eine
Repolitisierung, indem die Ressortdirektoren
Beamten gleichgestellt werden, das heißt also
Beamte sind, die auch noch Politik machen.
Nun haben die Landesräte bisher mit ihren
Ressortdirektoren Pech gehabt, drei haben sich
schon verabschiedet. Vera Nicolussi-Leck, mit
viel Trara von der Jugendanwaltschaft zu Landesrat Achammer gewechselt, wird der nächste
Abgang werden. Es ist ein Job mit viel Macht.
Gleichzeitig stecken die Leute, die ihn machen,
in einer Zwickmühle: Auf wen sollen sie hören,
was sind die Maßstäbe für ihre Arbeit?
Es wäre jetzt eine gute Gelegenheit, die Funktion der Ressortdirektoren abzuschaffen. Und so
Transparenz zu schaffen. Befreit die Beamten,
n
entpolitisiert die Verwaltung! No. 20 / 2016