SoSsQuS - Neue Zürcher Zeitung

von heute* geschnitten, treten sie an und bekräftigen
das mit» chinesische Sprichwort, nach welchem beim
guten Aussehen drei Zehn-
tel der natürlichen Anlage
und sieben Zehntel der
Kleidung, der Aufmachung
zuzuschreiben sind.
Es
liegt auf der Hand,
daß sie sich für die jungen
Männer hübsch machen.
Was für einen Europäer
nicht auf der Hand liegt,
ist die Anzahl von Rendezvous, die jedes Collepc-Girl
im Lauf der Semester
bucht. Das Zusammenkommen mit jungen Männern
(meistens mit Studenten)
wird von der Schulleitung
(Florida), welch« Im spanischen KolonialTeilansicht de«
stil gebaut wurdo and zusammen mit andern College-Bauten in den Vereinigten
benswürdigkeit, die die Gewährung und Spendung
von Liebkosungen einschließt, zunächst als Rätsel
Bit man dann zur Einsieht kommt, daß da* Spiel
strengen Regeln folgt und daß alle Elemente der
Spannung und »
d e Unerwarteten sorgfältig eliminiert
wurden.
College
Im
hat das Mädchen gelernt, daß Leiden,
schaft etwas ganz Gräßliches ist, wenn sie nicht
Heiratsgedanken
gefolgt wird. Und um
prompt von
ihm vorläufigen Ersatz und ein» Art Uebungsgelegenheit zu bieten, gestattet man ihm jene Tändeleien,
die unter andern Breitengraden Ouvertüren, hier indessen eigenartigerweise Finalen sind. Küssen etwa
ist in den Vereinigten Staaten eine Betätigung, bei
welcher viel von jener Poesie verloren geht, die doch
in Europa heut» noch da und dort zu walten und die
Herzen höher zu schlagen scheint. Et herrscht sogar
in gewissen Situationen eine Kußpflicht. Doch halten
wir hier inne!
Sagen wir nur noch,
daß etwas erfunden wurde,
um zumindest die Illusion der Spannung heraufzubeschwören: die
Man übersetzt es am besten
mit «Tour». Di» Partner verstellen sich. Sie machen
sich etwas vor. Der Harvard-Student macht etwa auf
die imposante und «kulturanthropologische» «Tour».
Ein anderer schlägt die smart» sportliche «Linie»
ein. Das Grotesk» dabei ist, daß im Grund beide
bald die «Line» des andern aufdecken- Es handelt
sich um organisierte und standardisierte Spannung.
Das muß man uns Europäern lassen: wir spielen auf
diesem Sektor dann schon richtig «Versteckens»!
nicht nur toleriert, sondern
mit allen Mitteln gefördert.
Solche Rendez-vous
in
Staaten zo den szenischem Sehenswürdigkeiten dieses Landes gehört.
Amerika <;l hites» genannt
werden im Augenblick
nisten meiner Amerikareisen. In Cambridge, dem
und ohne lange Geschichten eingefädelt. Der Europäer, der frisch ankommt und von einem Freund das
Sitz der Harvard-Universität, kam ick mit einer achtAngebot «/ Itavc a girl
zehnjährigen Studentin des benachbarten Radcliffe'
for you>; bekommt, traut zuCollege zusammen. Sie »ah aus wie Schneewittchen
O h r e und dann, wenn das Girl lächelnd
erst seinen n
beiläufig
Augen
hatte,
steht,
sie
wie
erund
nicht.
vor ihm
seinen
in seiner Glanzzeit
klärte, gerade einen Rapport über die gegenwärtigen
Es besteht indessen kein Grund zur Befürchtung
ideologischen Strömungen in der Sowjetunion ge(beziehungsweise zum Frohlocken). Die Organisalesen. Ich konnte gerade «Ah!» sagen; dann erklärte
tion des «Dating» ruht auf typisch amerikanischen
sie mir die gegenwärtige geistige Lage der Welt. Ich
Prinzipien. Seien wir vor allem praktisch!» sagten
war gar nicht einverstanden, gab indessen nach
sich die Erzieher und erfanden diese clicndcz-vous
Augen den Kampf
tieferer Lektüre ihrer dunkeln
am laufenden Band*, die vor allem in den Colleges
ums Recht auf.
florieren und die, wie Geoffrey Gorer in seinem
Das Dato
Buch über die Amcrihincr (deutsche Uebertragung
bei Manesse, Zürich, erschienen) zu Recht schreibt,
In ihrem Arbeitsdreß sehen übrigens die Collegedie volle Unterstützung der amerikanischen FrauenGirls gar nicht besonders attraktiv aus. Wer Gelevereine genießen. «Sie sollen doch etwas Spaß
genheit hat, sie in einem Studierzimmer ihres Dorhaben! Sonst gibt es nur Stauungen! Ganz abgesehen
mitoriums zu beobachten, ist das erste Mal fast entdavon, daß sich unsere Mädchen anläßlich der versetzt über die Saloppheit und die Burschikosität, die
schiedenen JDates' allmählich an die Männer geda an den Tag gelegt werden. Blaue Mechanikerwöhnen*
hosen oder Shorts, Cowboyhemden oder lose Blusen
Die Line
und Schlarpen, die einmal Turnschuhe waren, sind
gleichsam Ordonnanz,
So kommt es, daß die amerikanischen Mädchen
von allem Anfang eines Rendez-vous an eine Art BeVor einem Rendez-vous vollziehen sie dann
reitwilligkeit bekunden, die den Fremden abereinen Tenuewechsel, der alles in den Schatten stellt
punkto Schnelligkeit und Verwandlungsgabe. Wie aus
raschen. Besonders im Fall eines hellen und aufgeweckten College-Girls erscheint
einem Modeinserat mit dem Titel «Die junge Dame
die lächelnde Lie-
Hunden» von Parthern sehen, die Hand in Hand »dar
Arm in Arm in die Vorlesungen wandeln und sich
sorte Blick» zuwerfen.
Da»
leite Heimweh
Abschließend sei festgestellt, daß es sehr angenehm und unterhaltsam ist, mit einem College-Girl
zusammenzukommen. Einer seiner Vorzüge ist etwa,
daß sie beim Empfang eines Komplimentes für ein»
nett» Bluse «Danke vielmals!» und nicht «Oh, sie
ist schon vier Jahre alt!» sagt. Für das Still», das
Versponnene, das Abwägende
und Tastende haben sie
wenig Verständnis. «Dating» ist
»in» Tätigkeit! Ich
habe das am eigenen Leib erfahren. Einmal war ich
einige Sekunden lang stumm (sprach
also nicht und
war irgendwie abwesend und traurig): schon sagte
Gene: «This is not fair, Paul!» Traurigkeit ist in
Amerika tatsächlich unfair!
Manchmal ertappe ich mich dabei, tut» ich mich
leise nach der stillen Romantik, der zaghaften Unentschlossenheit und dem sparsamen, aber darum
Carni
Die Girls der exklusiven Mädchenuniversitäten
(Vassar, Smith, Radcliffe, Mount Holyoke gehören zu
den berühmtesten) können nur am Wochenende
«Dates» arrangieren. Es gibt Mädchen, die fast jeden
Sonntag mit
einem «Boy» ausgehen. Caroline etwa
<;
sagte mir, als ich sie nach ihrer Lieblingsbeschäftigung befragte: «Männer». Die Erklärung halte nichts
Vamphaftes und auch nichts Schwärmerisches. Ganz
offensichtlich liebt es Caroline einfach, mit jungen
Männern auszugehen, so wie andere Briefmarken
sammeln oder Golf spielen.
In den Colleges, die man «co-educational» (abgekürzt «Coed») nennt, können die Girls ihre Rendez-
vous ausdehnen. Studenten und Studentinnen studieren zusammen, und oft kommt es vor, daß eine Verbindung durchs ganze Studium hindurch anhält und
mit einer Eheschließung endet. Fast alle staatlichen
Universitäten (jene, die 10000 bis 20000 Studenten
zählen!) sind heute «coed», und
man kann jeweils
auf dem «Campus» (dem Areal der Universität)
Vorlesung unter der
Sonne Florida». Bauchen und
Beine auf den Tisch legen gestattet!
Photot: P*Ur Grieder
um so schöneren Charm» der Zürcher Mädchen
sehne. Es ist dies meine Art, inmitten von Texas die
600-Jahr-Feier zu begehen. In einem Tea-Room zusammen schön traurig zu sein und miteinander zu
schweigen, sich
nicht nach dem Programmheftchen,
sondern ganz aus dem Stegreif gern zu haben . .
Paul Rothenhäusler
Eine japanische Zeitung berichtet über die schweizerische Armee
Di» Zeitung «Mainichi», mit einer Auflage von über vier Millionen wohl eine der größten Zeitungen
der Welt, ein Blatt, das sehr wirksam für demokratische Institutionen und für die Erziehung der Japaner
zu wirklich demokratischem Denken eintritt, zitiert seinen Lesern nicht selten das Beispiel der Schweiz.
Oft werden auch Artikel der «Neuen Zürcher Zeitung» auszugsweise wiedergegeben.
Es wird den schweizerischen Leser interessieren, einen Ausschnitt aus einer Seite von «Mainichi» zu
sehen, der über einen so wohlbekannten Gegenstand wie unsere
Wehrbereitschaft in Wort und Bild berichtet. Rechts der Artikel des ständigen Korrespondenten des japanischen Blattes in Zürich; der Text
links stellt eine Fortsetzung der Memoiren Churchill
s
dar. Die drei ersten (schwarz gedruckten) Zeichen
im Haupttitel der Artikel rechts heißen «Schweiz». Der Text lautet in Uebersetzung wie folgt:
Bewaffnete Neutralitat der Schweiz
Die stlrkste Milizarmee in Europa
/
Sorgfältige Vorbereitung und starker Kampfgeist
Von unserem Sonderkorrespondenten IT okayama, Zürich
Der Leser in Japan hat von der Schweii meist nur die Vorstellung eines kleinen Landes im Alpengebiet
mit einer wunderschönen Landschaft und infolgedessen als eines beliebten Touristenzentrums. Andere
werden wiederum an die in der ganten Welt bekannten Präzisionsuhren denken und andere an die eidgenössische Demokratie mit ihrer alten Tradition,
oder auch an die ewige Neutralität. Aber wenn der
Leser hört, Haß «diese kleine Schweiz» heute eine der stärksten Militärmächte in Europa außerhalb des
Vorhangs
ist,
Eisernen
wird er sehr erstaunt sein. Aber tatsächlich ist es so. Und oft hört man in Europa
(BW)
-rta.
amnifflmMiiiiMiM^
j>;
,
die Meinung, «laß, wenn die Rote Armee versuchen sollte, Westeuropa sa überrennen, die Schweiz
eines
der wenigen Länder wäre, die tatsächlich einen wirksamen Widerstand zu leisten imstande wären.
Die schweizerische Militärverfassung hat ein Milizsystem; selbst die höheren Offiziere, abgesehen von
Einigen Instruktionsoffizieren,
sind Zivilisten. Die persönliche Ausrüstung und kleine Feuerwaffen werden
im Hause des Dienstpflichtigen aufbewahrt. Der Grundsatz der Unterordnung des Militärs unter die zivile
Regierungsgewalt wird peinlich
bewahrt. Es gibt in Japan gewisse Kreise, die die Notwendigkeit einer
beschränkten Wiederaufrüstung in der gegenwärtigen Weltlage für unumgänglich halten, aber wegen der
Gefahr einer Wiedergeburt des Militarismus unentschlossen sind. Für diese Kreise wird die schweizerische
Heeresverfassung sicherlich
manche interessanten Anregungen geben können. Anderseits gibt es auch große
Schichten in der Bevölkerung, die, um die Remilitarisierung zu vermeiden, von einer ewigen Neutralität
Japans nach dem Muster der Schweiz sprechen. Sie
wollen aus Japan «die Schweii in Ostasien» machen
und vergessen dabei, daß die Schweizer Neutralität eine bewaffnete Neutralität ist. Daß die Schwele im
Weltkrieg
konnte,
Zweiten
auch ihre Neutralität bewahren
obwohl alle sie umgebenden Länder besetzt
wurden und die Schweiz schließlich eine kleine Insel bildete, verdankt sie nicht zuletzt dem unerschütterAbwehrgeist
lichen
des Schweizervolkes und der militärischen Vorbereitung, die einen wirksamen Widerstand gegen Angriffe ermöglichte. Die Schweiz hätte selbst dann Widerstand geleistet, auch wenn der
größte und wichtigste Teil des Landes besetzt worden
wäre. Die Schweizer Armee hätte sieh in einem solchen Falle in die befestigten Alpen, in das «Reduit», zurückgezogen und dort weitergekämpft. Auch heute
werden große Opfer vom ganzen Schweizervolk verlangt, die Landesverteidigung sä stärken und auszubauen, um gegen jegliche Eventualitäten vorbereitet su sein.
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Neue Zürcher Zeitung vom 20.05.1951
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