World Robot Olympiad - Alle Hintergründe zum

KARIN MÜNCH | RICHARD MÜNCH
Mit Schülern beim
Roboter-Wettbewerb
World Robot Olympiad in Qatar
Bei der World Robot Olympiad (WRO) handelt es sich um einen internationalen
Roboter Wettbewerb für Schüler, der auf dem LEGO Mindstorms System basiert.
Auf diese Weise soll Kindern und Jugendlichen der Zugang zu Naturwissenschaften
spielerisch erleichtert werden.
Der Wettbewerb besteht darin Roboter zu konstruieren und zu programmieren, die bestimmte Aufgaben auf einem einheitlich vorgegebenen Spielfeld lösen. Hierbei gibt es verschiedene Kategorien
und Altersklassen. Innerhalb der Regular Category
findet der grundlegende Roboterwettbewerb der
WRO statt. Es gibt drei Altersklassen: Elementary
(8—12 Jahre), Junior (13–15 Jahre) und Senior (16—19
Jahre). Die Aufgaben, die ausschließlich mit LEGOMaterialien bewerkstelligt werden sollen, sind weltweit identisch. Neben der Regular Category gibt
es die Open Category. Hier bauen und konstruieren die Teilnehmer ein Robotermodell, welches
das Thema der WRO-Saison repräsentiert. Der Kreativität und Phantasie sind keine Grenzen gesetzt
und das Projekt darf hier auch mit anderen Technologien und Materialien (zum Beispiel. Holz, Papier, Plastik etc.) kombiniert werden. Seit kurzem
kommen auch die Fußballfans innerhalb der Football Category auf ihre Kosten. Je zwei LEGO Roboter spielen als Mannschaft gegen das gegnerischen
Team. Ein spezieller Infrarot-Spielball kommt hier
zum Einsatz, so dass mit angepassten Fußballregeln
gespielt werden kann.
Oberster Grundsatz dieses Wettbewerbs ist allerdings: Die Kinder und Jugendliche sind während
des Wettbewerbs auf sich alleine gestellt und müs-
sen mit den Problemen vor Ort eigenständig zu Recht
kommen und eine gemeinsame Lösung finden.
Hintergrund
Die Idee einer „Roboter Olympiade“ entstand 1999
über ein Pilotprojekt der vier Gründungsländer
Korea, China, Singapur und Japan. Das Motto war
und ist junge Leute aus der ganzen Welt zusammenzubringen, ihre Kreativität zu stärken und Problemlösungen im Bereich Robotik zu fördern. Dies
sollte spielerisch in Form eines Wettbewerbs stattfinden, um den Nervenkitzel eines Sportevents mit
den technischen Herausforderungen zu kombinieren. Die erste offizielle WRO Saison startete 2004
in Singapur, an der bereits zwölf verschiedene Länder teilnahmen. Im Jahr 2015 waren es schon rund
25.000 Schüler aus über 50 Ländern.
Zeitplan
Der Austragungsort für das Weltfinale 2015 war
Doha, die Hauptstadt von Qatar. Der Wüstenstaat
hatte als Gastgeberland sowohl die Organisation, als
auch die Themenstellung übernommen. Das Thema
der Saison war „Robot Explorers“: Roboter erkunden die Welt.
Abb.1: (Links) Beliebte
Roboter aus LEGO im
Ausstellungsbereich.
(Rechts) Individuelle
Roboter Modelle von
Schülergruppen aus aller
Welt stehen zum Wettbewerb bereit.
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Abb. 2: (Links) Spielfeld
Parcours zum Thema
Perlentauchen.
(Rechts) Unser Roboter im
vollen Einsatz.
Um sich jedoch für das Weltfinale zu qualifizieren, gilt es viele Hürden zu nehmen. Zunächst muss
ein regionaler Wettbewerb bezwungen werden, um
sich für das Deutschlandfinale zu qualifizieren. Wer
dann hier einen der ersten drei Plätze in der jeweiligen Kategorie erreicht, erlangt die Startberechtigung für das Weltfinale. Aber nun ganz von vorne:
Jeder, der Spaß und Freude am Bauen mit Lego
einschließlich der damit verbundenen Programmierung hat ist eingeladen, sich für diesen Wettbewerb
anzumelden. Ein Schülerteam darf dabei aus zwei
bis drei Schülern bestehen, das von einem Coach
betreut wird. Neben unzähligen Legoteilen benötigt der Parcours einen Spieletisch und das aktuelle
Spielfeld. Nun kann die ca. viermonatige Konstruktions- und Programmierphase starten. Wie immer
im Leben reicht die Zeit an deutschen Schulen
kaum aus, diese relativ anspruchsvollen Aufgaben
innerhalb einer wöchentlichen Schul-AG zu lösen,
so dass zusätzliche Treffen organisiert werden müssen. Ab Mai finden dann an verschiedenen Austragungsorten in Deutschland die Vorentscheide statt.
Die glücklichen Gewinner dieser Vorrunde dürfen
dann am Deutschlandfinale teilnehmen, wobei die
besten drei Teams jeder Kategorie sich dann für die
Teilnahme am Weltfinale qualifizieren.
Aufgabenstellung
Unser Schülerteam aus der 6. Und 7. Klasse des
Gymnasiums Neue Oberschule Braunschweig hat
2015 zum ersten Mal an der WRO innerhalb der
Elementary Category teilgenommen. Wenn man
an Qatar denkt, kann man viele Dinge mit diesem
Land assoziieren. Sehr bedeutend für den Wüstenstaat war allerdings das Perlentauchen. Es musste
ein Roboter entworfen werden, der dieser waghalsigen Aufgabe gewachsen war. Dabei waren die
Ideen und Verwirklichungen des gesamten Teams
samt Coach und Co-Coach gefragt.
Das Spielfeld war hierzu in drei Tauchbereiche
unterteilt (grün, gelb und rot). Diese enthielten
Landflächen (große farbige Bereiche), Wasserbereiche (blaue Flächen) und den Meeresgrund
(kleine farbige Bereiche). Des Weiteren befanden
sich neun schwarz-umrandeten Felder auf der Wasserfläche, auf denen LEGO Klötze der Farben rot,
gelb, grün und blau zufällig verteilt wurden. Der
Tauchroboter sollte 12 Perlen in Form von Tisch-
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tennisbällen geladen haben und beginnend vom
grünen Startbereich, bis zu den farbigen Klötzen
tauchen. Die Farbe der Klötze entschied über die
Anzahl der gefundenen Perlen. Zunächst mussten
die Klötze in den Meeresgrund verschoben werden, um danach die richtige Anzahl von Perlen (die
Summe aus jeweils drei Klötzen) in den jeweiligen
Landzonen abzulegen. Leider kann auch ein Roboter nicht unbegrenzt tauchen, so dass dieser alle
30 Sekunden zum Luftholen in den Landbereichen
auftauchen musste. Für die knifflige Aufgabe gab
es ein vorgegebenes Zeitlimit von zwei Minuten. Zu
guter Letzt sollte der Roboter im roten Landbereich
parken. Gewertet wurden die Ausführung der Teilschritte und die Dauer der gesamten Tauchgänge.
Ablauf der Wettbewerbe
Nach einem erfolgreichen Bauteilecheck soll aus
einzelnen LEGO-Bauteilen der Roboter vor Ort ohne
Anleitung zusammengebaut werden. Lediglich die
abgespeicherte Programmsteuerung darf auf dem
EV3 Block mitgebracht werden. Nach der langen
Bauphase ist es dann endlich soweit. Der Wettbewerb beginnt. Der Roboter wird in vier Spielrunden
sein Können unter Beweis stellen. Da aber ein Roboter auch nur ein Roboter ist, werden nur die beiden
besten Durchläufe gewertet.
Vor jeder Spielrunde erfolgt eine Überprüfung
der Roboterhöchstmaße. Sollte jemand gegen die
Regeln verstoßen, wird er an dieser Stelle disqualifiziert. Nach jeder Spielrunde folgen weitere kürzere Bau- und Testphasen. Als kleinen Ansporn
gilt es darüber hinaus immer, eine knifflige Überraschungsaufgabe zu lösen, die Zusatzpunkte gibt.
Hier können die Schüler zeigen, ob sie spontan bauliche Veränderungen vornehmen oder ihre Software an neue Anforderungen umprogrammieren
können.
Ablauf in Deutschland
Wir sind in der Vorentscheidung in Hannover/Garbsen als bestes Team hervorgegangen und konnten
im Deutschlandfinale in Dortmund den zweiten
Platz erreichen. Somit waren wir für das Weltfinale
in Katar qualifiziert. In Deutschland wird die aufwendige WRO Organisation von ehrenamtlichen
Mitarbeitern über den gemeinnützigen Verein
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Technik begeistert e. V. großartig organisiert und
über moderate Teilnahmegebühren finanziert. Zur
Teilnahme am Weltfinale muss jedes Team dann
allerdings eigene Sponsoren finden um Transport,
Unterkunft und Nebenkosten zu finanzieren. Für
drei Schüler ein Coach und zwei begleitende Elternteile kam hier eine stolze Summe von ca. 6.000
Euro zusammen. Trotz mehreren Berichten in der
lokalen Zeitung, im regionalen Radio und Internet
sowie öffentlichen Präsentationen war es eine unerwartet schwierige und zeitaufwendige Hürde die
Gelder zusammenzubekommen. Generell waren ITund Technologie-Unternehmen sowie Banken aus
der Region nicht bereit, ein erfolgreiches Schülerteam zu unterstützen. Wie wir später von anderen
deutschen Team Coaches erfahren mussten, war
dies auch ein genereller Trend bei der Sponsorensuche. Auch der Versuch Mittel über eine Crowdfunding Plattform zu bekommen war gescheitert.
Letztendlich konnten wir über Service Clubs, Stiftungen, dem Ehemaligenverein der Schule und privaten Spendern einen Großteil des Betrags einwerben und den Rest als Eigenanteil übernehmen.
Qater
Die gesamte deutsche Delegation bestand aus über
100 Teilnehmern die sich aus Schülern, Coaches,
Organisatoren, Schiedsrichtern und Eltern zusammensetzte. Wir sind mit vielen Teams ins Gespräch
gekommen und haben Erfahrungen ausgetauscht.
Vor Ort waren wir plötzlich nicht mehr konkurrierende Teams, sondern alle Vertreter eines Landes.
Von den deutschen Organisatoren wurde am Vortag
eine Stadtrundfahrt in offenen Doppeldecker Bussen organsiert. So bekamen wir bei Temperaturen
zwischen 25-32° C einen Eindruck von der ständig wachsenden Skyline und den kulturellen Highlights von Doha.
Die Organisation vor Ort war vorbildlich. Regelmäßig verkehrende Sonderbusse haben alle Teilnehmer von den Hotels zum Austragungsort und
wieder zurück gebracht. Der Austragungsort war
die Al Shaqab Indoor Arena, eine voll-klimatisierte
Mehrzweckhalle mit einer 100x60 Meter großen
Nutzfläche, 6000 Sitzplätzen und einem großen
Außenbereich. Am Abend des ersten Wettbewerbstages wurde die Eröffnungszeremonie abgehalten. Es wurde u.a. der traditionelle Qatari Männer-Schwerter-Tanz aufgeführt. Danach wurden in
einem bunten Spektakel alle teilnehmenden Länder
aufgefordert mit jeweils drei Repräsentanten und
ihrer Länderflagge die Bühne zu betreten. Die Al
Shaqab Halle war in mehrere Bereiche unterteilt.
Es gab einen nachgestellten Basar (Souq) mit landestypischen Ausstellungen und Vertretern aus der
Industrie. Daran angrenzend waren die Stände der
Open Category, wo Robotermodelle im Rahmen des
Themas der Saison vorgeführt wurden. Der größte
Bereich der Halle nahm die Regular Category mit
ihren Bau- und Spieltischen ein. Sehr eindrucksvoll
waren die vielen Ideen der Open Category. Schüler
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aus aller Welt und Kulturen dachten sich großartige
Ideen zum Thema Robot Explorers aus und präsentierten diese in den räumlich begrenzten Ausstellungsboxen. Besonders beindruckend war es, die
vielen Schüler aus den verschiedensten Nationen
in ihrer landestypischen Team-Kleidung zu erleben.
LEGO kann demzufolge die Schüler aus der ganzen
Welt vereinen.
Der Wettbewerb wurde auf zwei Spieltage aufgeteilt und in ähnlicher Form wie die regionalen Vorentscheide durchgeführt. Zeitlich limitierte Bau-,
Test- und Spielphasen wurden vor den Augen der
internationalen Schiedsrichter durchgeführt und
bewertet. In drei Runden haben wir innerhalb der
74 Teams in unserer Kategorie jeweils Plätze im
oberen Mittelfeld erreicht, was leider nicht für eine
Medaille gereicht hat. Aus der deutschen Delegation schaffte das Team RoBoss vom Otto-Hahn-Gymnasium Böblingen einen respektablen achten Platz
in der Senior Category. In der Open Category holte
das Team Schollibotics von der Geschwister-SchollGesamtschule Lünen eine Bronzemedaille.
Vergleich zu anderen Ländern
Unter den ersten Plätzen waren fast ausschließlich
Teams aus asiatischen Ländern. In diesen Ländern,
die auch in den Pisa Tests die Nase vorn haben, werden MINT Fächer mit deutlich größerem Stellenwert vermittelt. So haben wir erfahren, dass hier
die Schüler vor dem Weltfinale für zwei Wochen in
ein „LEGO-Camp“ gehen dürfen, um sich dort konzentriert mit fachlicher Unterstützung auf den
Wettbewerb vorbereiten zu können. Wir konnten
erleben, wie strukturiert und effizient die Bauphasen in diesen Teams durchgeführt wurden. Zusätzlich waren wir erstaunt, wie stark die finanzielle
Unterstützung in anderen, auch vermeintlich ärmeren, Ländern ist. Es mangelte hier weder an der
technischen Ausstattung, noch mussten sich diese
Teams um ein Sponsoring kümmern.
Besonders schön war, dass unser Schülerteam
mit dem Team aus Indonesien Trikots getauscht hat.
Wir stehen mit Aurelia und Reynard heute noch
per Email in Kontakt und hoffen, dass wir uns nächstes Mal an der World Robot Olympiad 2016 in Neu
Delhi wieder treffen. Das diesjährige Thema der Saison ist übrigens Mülltrennung.
AUTOREN
Karin Münch ist Biologin und
Lehrerin für Naturwissenschaften in Braunschweig.
Dr. Richard Münch ist Bioinformatiker und IT-Projektleiter
innerhalb der Westermann
Gruppe Braunschweig.
LINKS
http://worldrobotolympiad.de/
http://wroboto.org/
https://www.youtube.com/
watch?v=Aarik1vgj9U
Abb. 3: Trikottausch mit Schülern aus Indonesien.
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