Bleiben Deutschlands Investmentmärkte sicher? Self-fulfilling prophecy der Märcherzähler Ist „Sicherheit der deutschen Investmentmärkte“ ein historisch tradiertes Märchen geworden? Basiert der aktuelle Investmentboom auf einem methodischen Irrtum? Im letzten Editorial hatte der Autor das Thema schon angeschnitten. Hier noch die ausführliche Begründung für das angenommene „Sicherheitsmärchen“. Internationale Investoren fluten die deutschen Investmentmärkte mit Liquidität. Sicherheit ist diesmal das Argument. Bislang war das die Stärke der deutschen Investmentmärkte, die Finanzkrisen, Wachstumskrisen, Hochzinsphasen und historisch niedrige Zinsen anscheinend unbeeinflusst im Bereich zyklischer Schwankungen durchgestanden haben. Bleibt das so oder zerstört sich der Sicherheitsaspekt durch die Überschwemmung mit sicherheitsorientierter Liquidität selber? Die positive Botschaft vorab: Aus deutscher Sicht ist das internationale Investment mit viel Eigenkapital unterlegt. Das hört sich sicher und stabil an. Allerdings dürfte die Annahme, dass es sich bei aktiven internationalen opportunistischen Fonds um Eigenkapitalgeber handelt, eher weltfremd sein. Hier dürfte geleveragtes Kapital in geleveragte Feeder Funds fließen, die dann Eigenkapital investieren, das dann für deutsche Banken tatsächlich nur moderat geleveragt wird. Aber rechnen Sie einmal nach, wieviel Eigenkapital dann tatsächlich in Deutschland landet. Die Annahme, dass so aus 5% Mietrendite leicht 20% Eigenkapitalrendite werden, dürfte eher vorsichtig sein. Mit opportunistischen Investments in Deutschland geht der Renditehebel von 7% leicht Richtung 30%. Hört sich das nach langfristig sicher kalkulierbaren Zahlungsströmen nach Deutschland an? Die nächste Frage ist, inwieweit die aktuelle „Sicherheitsstrategie“ auch großer internationaler Staatsfonds dauerhaft auf ein 4%er Renditeland mit einer „3“ vor dem Komma nach Kosten ausgerichtet bleibt. Das wäre geschichtliches Neuland. Hinzu kommen die Wechselwirkungen der Investments untereinander. Wie wir 2009 gelernt haben, werden die sicheren Immobilienmärkte volatil, wenn die großen Fonds gezwungen werden, stabile Immobilien zu verkaufen, wenn durch Sinken der Aktienkurse die Immobilienquoten der großen Kapitalsammelstellen oder Funds zu hoch werden. Angelsächsische Bewertungsmethoden, die schnelle Marktreaktionen berücksichtigen und auch in einer Krisen-Folgezeit aktuelle Neuvermietungsmieten in multiplikativer Verbindung mit aktuellen, krisengeschüttelten Multiplikatoren in die Bewertung gut und langfristig vermieteter Gebäude einfließen lassen, führen zu zusätzlicher Volatilität durch Brüche von LTV’s und anderen Covenants, die Banken trotz guter Immobiliensituation zum Handeln zwingen. Das alles war 2009 ein wenig lästig, hat aber nicht zu besonderen Einbrüchen geführt. Warum blieb der deutsche Markt aber im Aufbau des Booms und in der Krise stabil? Bleibt das so? Aus „Der Immobilienbrief“-Sicht setzt die Erwartung einer langfristigen Stabilität eine spürbare Retrovertiertheit voraus. Der Blick auf einen Langfristchart von Bulwiengesa (s. o.) zu den Immobilieninvestments institutioneller Investoren von 1981 bis 2015, den Professor Günter Vornholz von der EBZ für uns einmal etwas einfacher in einem Chart zusammengestellt hat, macht bedenklich. Der Chart beantwortet in einem ersten Schritt die Frage, warum im Absturz die Preise stabil blieben. In der Zeit von 1981 bis 2004 war der Auslandsanteil im professionellen Markt nur marginal. In der Phase nach der Wende, in der die Bestände aufgebaut wurden, die es in der Krise hätte treffen können, lag der Anteil ausländischer Investoren im Schnitt bei 5%. Wirklich spürbar sind die Ausländer erst ab 2005 gewesen. Hier hatten sie zwar einen großen Investmentanteil, aber die Bestandswirkung blieb gering. Verkaufszwänge blieben beherrschbar. Nationale Investoren blieben stabil. Für Preisdruck sorgten vielleicht eher die aufzulösenden offenen Fonds, die aber durch die Erholung des Marktes in Verbindung mit einer 5 bis 7-jährigen Verwertungsdauer inklusive der vorherigen, mehrjährigen Schließungs-Zappelei durch die Markterholung aufgefangen wurden. Dann transformierte der Markt. Jetzt haben volatile internationale Investoren auch schon hohe Bestände. Bei Objektqualitäten und Standorten, die für internationale Investoren geeignet sind, wird das Stabilitätsargument zum Unsinn. Solche Produkte, die sich auch bei Publikumsfonds finden, sind längst zum internationalen Kapitalmarktprodukt mit entsprechender Volatilität geworden. Die internationalen Instis kamen erst ab 2005 tatsächlich als game changer. Aktuell meldet die Presse wieder Investment-Rekorde. Dabei fallen seit 35 Jahren alle deutschen institutionellen ImmobilienNeuanlagen gerade einmal in die Kategorie „Zyklus“. Blicken wir noch einmal auf die deutschen Investoren (siehe Editorial „Der Immobilienbrief“ Nr. 371). Die Berichterstattungen erwecken oft den Eindruck, dass der Investmentboom sowohl national als auch international getragen wird. Ohne Berücksichtigung von 30 bzw. 40% Inflation im Beobachtungszeitraum hatten die deutschen institutionellen Investitionen 1993 den nominalen Peak, der wohl erst im letzten Jahr annähernd wieder erreicht wurde. 1997, 1998, 1999, 2000, 2002 und 2003 lagen sie nominal gleichauf mit dem Boom 2005/6, aber deutlich unter 1993. Selbst nach der Erholung bis 2014 blieben die deutschen Institutionellen nominal auf Level 1992. Und rechnen Sie jetzt einmal die Preisentwicklung der letzten 4 Jahre heraus, wenn 2015 der nominale Level von 1996 erreicht wird. Was ist also passiert? Die Internationalen knipsen sich an und aus. Ein wenig tauchten sie um die Wendephase auf. Von 99 bis 2003 kämpften sie sich auf Pensionskassen-Niveau hoch. 2005 bis 2007 knipsten sie auf einmal 2/3 des deutschen Marktes zusätzlich an. 2009 blieben sie komplett zu Hause und liegen jetzt wieder bei 55%. Damit ist der stabile deutsche Markt um eine hoch volatile Verdreifachung bis Verdoppelung „bereichert“ worden. Am Anfang macht das natürlich Spaß, streichelt das Ego und die Kasse. Denn natürlich hat eine Nachfrageverdoppelung Preiswirkungen, die aber bislang eher noch zurückhaltend und viel geringer waren, als theoretisch bei einem Gut wie der Immobilie zu erwarten war. Das liegt aber daran, dass im ersten Boom das Angebot durch riesige Problembestände und den Druck, auch einmal Gewinne zu realisieren, hoch elastisch war. Die deutschen Institutionellen konnten ihre Portfolien bereinigen. Das schaffte das nötige Angebot. Neubau war nicht nötig und sowieso viel zu langsam. Seit 2013 geben jetzt alle Gas. Wenn man dann allerdings die Core-Preisentwicklung herausrechnet, bleibt real für die deutschen Investoren nur wenig reales Wachstum über. Aber jetzt erreicht der Markt Elastizitätsgrenzen. Produktmangel herrscht. Kapitalanlage entkoppelt sich von Nutzern. Wie es weitergeht, ist dann ein offenes Szenario. Bei unelastischem Angebot und hoher Nachfrage müssten die Preise weiter steigen. Gibt es natürliche Preisgrenzen des Immobilienverstandes? Aber was passiert in der nächsten Krise, wenn die Internationalen Fonds wieder gezwungen sind, Bestände um jeden Preis zu verkaufen. Gibt es dann wirklich zum ersten Mal ein Softlanding? Vielleicht macht es Draghi’s Geldpolitik aber möglich, die uns sowieso neue Grenzen des wirtschaftlichen Sachverstandes zeigte (siehe hierzu auch Japan-Editorial). Aber die üblichen Softlandings haben wir schon für die NBL in den 90ern, die Internetblase zur Jahrtausendwende und zuletzt für den Non-Recourse-Zinsdifferenz-Boom vor 10 Jahren vorhergesagt. Halten wir fest, dass Stabilität bei Gewerbeimmobilien mit Vorsicht zu betrachten ist. Kapitalmarktprodukte, auch wenn sie wie Häuser aussehen, sind volatil.
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