Ausgabe 2016.5

www.publicus-boorberg.de
2016.5
VERGABERECHTSREFORM –
Die Mantelverordnung und vier
weitere Verordnungen
VOR DEM BVerfG –
Der Atomausstieg:
Streit um Milliarden
KOMMUNALES FLÜCHTLINGS­
MANAGEMENT –
Zeit des Durchatmens?
PERSONALPOLITIK –
Was tun, wenn die „Generation Y“
kommt?
© goldbany – Fotolia
Der Online-Spiegel für das Öffentliche Recht
Seite 2
Publicus 2016.5
 Editorial
Inhalt
Nach Fukushima
Liebe Leserin, lieber Leser,
Franz Königsperger
Redaktion PUBLICUS
© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
gerade hat sich die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl
zum 30. Mal gejährt. Dieses traurige Ereignis führte seinerzeit nicht zu einem großen Umsteuern in der Energiepolitik.
Begründung: Wir in der westlichen Welt haben sichere
Atomkraftwerke. Geändert hat sich die politische Haltung
nach der Katastrophe von Fukushima, die mittlerweile auch
schon gut fünf Jahre zurückliegt, zumindest in Deutschland. Andere Länder – selbst Japan – halten weiter an der
Kernkraft fest. In Deutschland wurde ein Bündel von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um einen beschleunigten
Atomausstieg zu gestalten. Unter anderem wurde ein
gerafftes, zeitlich gestuftes Abschalten von Atomreaktoren
festgelegt.
Hiergegen wehren sich nun die Energiekonzerne E .ON ,
RWE und Vattenfall mit einer Verfassungsbeschwerde vor
dem Bundesverfassungsgericht. Am 15. 03. 2016 wurde
mündlich verhandelt – Ergebnis offen. „Ein Obsiegen der
Beschwerdeführer könnte dem Steuerzahler teuer zu stehen
kommen”, so unser Autor Prof. Dr. jur. Thomas Sauerland. Im
Einzelnen geht er auf die vielen rechtlichen Facetten der
Verfassungsbeschwerden ein. Dies kommt einem kleinen
(Auffrischungs-) Kurs zum Staats- und Verfassungsrecht
nahe. Beleuchtet werden die Grundrechte der Gleichbehandlung (Art. 3 GG ), der Berufsfreiheit (Art. 12 GG ), des Eigentums (Art. 14 GG ) sowie im Gegenzug das Grundrecht auf
Leben und körperliche Integrität (Art. 2 Abs. 2 GG ) und die
staatliche Verpflichtung zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 20a GG ). Erörtert wird zudem die Frage,
inwieweit sich juristische Personen auf Grundrechte berufen
können. Haben wir Ihr Interesse geweckt?
Abzuwarten bleibt, inwieweit der neu vorgeschlagene
„Atomdeal“ der Regierungskommission Auswirkungen auf
das Verfahren hat.
Mehrfach haben wir die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien konkret bisher schon im PUBLICUS behandelt.
Auch die Rahmenbedingungen hierzu. Erinnert sei z. B. nur
an die sog. 10H-Regelung für Windkraftanlagen, über die
ebenfalls das Bundesverfassungsgericht entscheiden muss.
Nicht zum Bundesverfassungsgericht kommen dürfte hingegen das Nahwärmenetz der Gemeinde Dollnstein im schönen
Altmühltal. Eine intelligente Wärmeversorgung durch ein
Nahwärmenetz, das bedarfsgerecht, flexibel und damit
modern und zukunftsorientiert nur die Wärme liefert, die
auch tatsächlich in den Haushalten und Gemeindegebäuden
gebraucht wird. Doch der Weg dahin war für die Gemeinde
nicht leicht und geprägt von den typischen Widerständen bei
Projekten mit Pioniergeist (siehe hierzu auch PUBLICUS
2015.9, S. 24 ff. Wie die Anbindung der Gemeinde an ein
kaltes Nahwärmenetz letztendlich erfolgreich gestaltet
werden konnte, erläutert Ihnen in einem Interview Wilhelm
Radmacher, damaliger zweiter Bürgermeister von Dollnstein
und Vorsitzender des Verwaltungsrates des Dollnsteiner
Kommunalunternehmens.
Diese und weitere spannende Beiträge finden Sie in der
vorliegenden Ausgabe. Wenn Sie selbst mal in PUBLICUS ein
interessantes Thema „beackern” möchten, setzen Sie sich
mit der Redaktion in Verbindung. Wir würden uns freuen.
Mit besten Grüßen
Ihr Franz Königsperger
Seite 3
Publicus 2016.5
Inhalt
Inhalt
Editorial
Nach Fukushima
2
Verfassung/Verfassungsrecht
Streit um Milliarden –
Der Atomausstieg vor dem
Bundesverfassungs­gericht
Prof. Dr. iur. Thomas Sauerland, Brühl
4
Vorsicht: EU-Kommission –
Wohnraumförderung im Lichte des
EU-Beihilferechts Dr. Christian Wagner, Brüssel
Naturschutz in drei Geschwindigkeiten –
Die aktuelle Gesetzgebung am Beispiel Bayerns,
Hessens und Thüringens
Prof. Dr. Matthias Schneider, Schmalkalden
17
Gesetzgebungsspiegel35
20
Vergaberecht 2016 –
Teil 2: Die neue Vergabeverordnung
Michael Stemmer, München
8
Vergaberecht 2016 –
Teil 3: Vier weitere Verordnungen auf einen Streich 11
Michael Stemmer, München
Bund/Länder/Kommunen
Zeit des Durchatmens? –
Kommunales Flüchtlingsmanagement –
Anregungen der KGSt14
Matthias Kreutzer, Köln
Andreas Pamp, Köln
Matthias Wieliki, Köln
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Was tun, wenn die „Generation Y” kommt? –
Eine Herausforderung für die Verwaltung:
Wer führt morgen wen?
Dr. Hanne Weisensee, Berlin & Bamberg
Veranstaltungsspiegel37
Zeitschriftenspiegel40
Öffentlicher Dienst/Personal
Vergaberecht
Rechtsprechungsspiegel33
Literaturspiegel43
Partner44
23
Natur/Umwelt/Energie
Eine „grüne Idee” wird Realität –
Im oberbayerischen Dollnstein wird ein Pilotprojekt
erfolgreich umgesetzt
26
Wilhelm Radmacher
Polizei/Sicherheit und Ordnung
Im Blickpunkt: Polizeirecht in Hessen –
Aktuelle Entwicklungen des HSOG – Ein Überblick 30
Dirk Fredrich, Wiesbaden
Impressum45
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Inhalt
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Kompetente Arbeitshilfen für die Sozialhilfeverwaltung.
Diese Sammlungen enthalten neben den Richtlinien im Land jeweils das SGB XII mit den Durchführungsverordnungen und länderspezifischen Durchführungsbestimmungen sowie u.a. die weiteren Sozialgesetzbücher (teilw. im Auszug). Die Länderausgaben tragen damit zum rechtlich und sachlich gleichartigen Vollzug des Sozialhilferechts bei. Für die Sachbearbeiter in den öffentlichen Verwaltungen, den Wohlfahrtsverbänden und den vielen anderen sozialen Einrichtungen sind die Loseblattwerke eine nützliche Arbeitshilfe.
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Sozialhilferichtlinien Baden-Württemberg
Richtlinien und Anhaltspunkte zur Grundsicherung
und Sozialhilfe mit SGB-Texten und SGG sowie
anderen einschlägigen Vorschriften
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Sammlung der in Mecklenburg-Vorpommern
geltenden bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen zur Grundsicherung und Sozialhilfe mit
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Verfassung/Verfassungsrecht  Atomausstieg
Inhalt
Streit um Milliarden
Der Atomausstieg vor dem Bundesverfassungsgericht
Die durch ein Seebeben und einen nachfolgenden Tsunami
an der Ostküste Japans ausgelöste Reaktorkatastrophe von
Fukushima vor fünf Jahren war Anlass für den Atomausstieg
in Deutschland. Zwischenzeitlich haben die drei Energiekonzerne E.ON , RWE und Vattenfall gegen das Gesetz, mit dem
der vorzeitige Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen
wurde, Verfassungsbeschwerde erhoben. Am 15. 03. 2016
wurde vor dem Bundesverfassungsgericht mündlich verhandelt. Das Ergebnis ist offen. Ein Obsiegen der Beschwerdeführer könnte dem Steuerzahler in jedem Fall teuer zu stehen
kommen.
Vorgeschichte der Energiewende
Ein Rückblick: Seit dem Inkrafttreten des AtomG im Jahr
1959 waren die für Kernkraftwerke erteilten Betriebsgenehmigungen weder zeitlich befristet noch auf die Produktion
einer bestimmten Elektrizitätsmenge beschränkt. Die Politik
hatte an die Nutzung der Kernenergie für friedliche Zwecke
zunächst große Erwartungen geknüpft. Das AtomG war
deshalb ursprünglich als „Gesetz zur Förderung der Atomenergie” (de Witt, UPR 2012, 281) konzipiert worden.
Gleichwohl stieß die Nutzung der Kernenergie in der
Bevölkerung zunehmend auf Widerstand. Mit dem „Atomausstiegsgesetz” vom 22. 04. 2002 (BGBl. I S. 1351) wurde folglich ein radikaler Kurswechsel in der deutschen Energiepolitik vollzogen. Das Ziel des AtomG bestand nunmehr darin,
„die Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung
von Elektrizität geordnet zu beenden” (§ 1 Nr. 1 AtomG).
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Seite 4
Hochspannung: Wie fällt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Atomausstieg aus?
Dazu wurde jedem einzelnen Kernkraftwerk in Anlage 3 des
AtomG eine sog. „Reststrommenge” zugewiesen, mit deren
Erzeugung die Berechtigung zum Leistungsbetrieb des
jeweiligen Kraftwerks endgültig erlöschen sollte. Grundlage
der Kalkulation der Reststrommengen war u. a. eine durchschnittliche Laufzeit der Kraftwerke von je 32 Jahren. Mit
der Zuteilung „auskömmlicher” Reststrommengen sollte
den Energiekonzernen eine Amortisation ihrer getätigten
Investitionen und zugleich ein „angemessener” Gewinn
garantiert werden (BT-Drucks. 14/6890, S. 16). Die Reststrommengen konnten auch auf ein anderes Kernkraftwerk
übertragen werden.
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Verfassung/Verfassungsrecht  Atomausstieg
Inhalt
Mit dem 11. Gesetz zur Änderung des AtomG vom
08. 12. 2010 (BGBl. I S. 1814) wurde der Atomausstieg
infolge politischer Neubewertungen wieder vertagt. Zwar
hielt die damalige Bundesregierung grundsätzlich am
Ausstiegsziel fest, wies der Kernenergie jedoch die Funktion einer „Brückentechnologie” auf dem Weg zum „Zeitalter
der erneuerbaren Energien” zu. Nach Auffassung der
Bundesregierung erforderte dieser Funktionswandel eine
Laufzeitverlängerung um durchschnittlich zwölf Jahre. Den
Kernkraftwerken wurden deshalb in einer neuen Spalte 4
der Anlage 3 des AtomG zusätzliche Reststrommengen
anlagenscharf zugeteilt.
ÌÌ
Die verfassungsrechtliche Prüfung des
Atomausstiegs ist durchaus facettenreich.
Nur wenige Wochen später verwüstete ein schweres Seebeben mit anschließendem Tsunami das Kernkraftwerk Fukushima in Japan, dessen Notstrom- und Kühlwasserversorgung ausfiel. Es kam zu Explosionen und erheblichen
Freisetzungen von Radioaktivität (dazu Sauerland, PUBLICUS
2011.5, S. 8-10). Die mit der 11. AtomG-Novelle erfolgte
Laufzeitverlängerung wurde daraufhin im 13. Gesetz zur
Änderung des AtomG vom 31. 07. 2015 (BGBl. I S. 1704)
wieder rückgängig gemacht: Zum einen wurden die erst
wenige Monate zuvor gewährten zusätzlichen Reststrommengen vollständig gestrichen und damit der Besitzstand
des Jahres 2002 wiederhergestellt. Zum anderen wurde für
jedes Kernkraftwerk eine Frist festgelegt, bei deren Ablauf
die Berechtigung zum Leistungsbetrieb – unabhängig von
der Ausnutzung der Reststromkontingente – spätestens
erlischt. Die Fristen wurden nach dem Alter der Anlagen
gestaffelt: Die Genehmigungen der drei jüngsten Anlagen
erlöschen spätestens am 31. 12. 2022; die übrigen Anlagen
wurden am 06. 08. 2011 und 31. 12. 2015 bzw. müssen Ende
2017, 2019 und 2021 vom Netz genommen werden. Lediglich
für das Kraftwerk Krümmel erlosch bereits unmittelbar mit
dem Inkrafttreten der 13. AtomG-Novelle die Berechtigung
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zum Leistungsbetrieb, obwohl dieses Kraftwerk jüngeren
Datums ist. Darauf wird noch zurückzukommen sein.
Gegen das 13. Gesetz zur Änderung des AtomG richten
sich die rechtshängigen Verfassungsbeschwerden der Energiekonzerne E.ON (Az. 1 BvR 2821/11), RWE (Az.
1 BvR 321/12) und Vattenfall (Az. 1 BvR 1456/12).
Eingriff in Berufsausübungsfreiheit verfassungsrechtlich
gerechtfertigt
Die verfassungsrechtliche Prüfung des Atomausstiegs ist
durchaus facettenreich. Eines kann jedoch vorab konstatiert
werden: Gegen die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete
Berufsfreiheit verstößt die 13. AtomG-Novelle nicht. Zwar
greift das 13. Gesetz zur Änderung des AtomG in die Berufsfreiheit ein. Anders als E.ON und RWE vortragen − Vattenfall
beruft sich nicht auf das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG −,
handelt es sich aber nicht um eine Berufswahlregelung,
sondern „lediglich” um eine Berufsausübungsregelung mit
einer geringeren Beeinträchtigung der Berufsfreiheit.
Die Einstufung der 13. AtomG-Novelle als Berufswahlregelung hängt davon ab, ob ein eigenständiger Beruf des
„Kernkraftwerkbetreibers” anzuerkennen ist, dessen Ausübung ausgeschlossen wird (so Di Fabio, Der Ausstieg aus
der wirtschaftlichen Nutzung der Kernenergie, 1999,
S. 104). Dies ist jedoch abzulehnen. Ob ein eigenständiger
Beruf oder nur eine Berufsmodalität betroffen ist, beurteilt
sich nach der gesetzlichen Ausgestaltung des Berufsbildes
und im Übrigen nach der Verkehrsanschauung (BVerf GE 11,
30). Das AtomG bezweckt zunächst keine Ausgestaltung
eines eigenen Berufsbildes, sondern dient dem Schutz vor
Gefahren der Kernenergie für Leben, Gesundheit und Eigentum. Nach der Verkehrsanschauung wiederum prägt allgemein die Versorgung mit elektrischer Energie das Berufsbild
von Energieversorgungsunternehmen. Ob die Energie aus
Kohle, Gas, Öl oder Kernkraft erzeugt wird, ist für die Einstufung der Tätigkeit hingegen nicht maßgebend. Die 13.
AtomG-Novelle reglementiert daher lediglich die Modalitäten der Ausübung des Berufs des „Kraftwerksbetreibers”
oder „Energieerzeugers” (Kloepfer, DVB l. 2011, 1437 [1443];
a. A. Ossenbühl, Verfassungsrechtliche Fragen eines beschleunigten Ausstiegs aus der Kernenergie, 2012, S. 79 f.),
ohne E.ON und RWE zur Beendigung der Energieerzeugung
als solcher zu zwingen.
Berufsausübungsregelungen werden bereits durch „vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls” gerechtfertigt. Der
Gesetzgeber hat nach den Erfahrungen mit dem Reaktorunglück von Fukushima das Restrisiko, das stets mit der friedlichen Nutzung der Atomenergie verbunden ist, neu bewertet.
Aufgrund der Neubewertung hat er entschieden, die Nutzung der Kernenergie zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit der Bevölkerung „zum frühestmöglichen Zeitpunkt” zu beenden. Daran gemessen ist das mit der
13. AtomG-Novelle verfolgte Ziel durch hinreichende Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt.
Eigentumsrechtliche Positionen betroffen
Nicht trivial ist die Beantwortung der Frage, ob die
13. AtomG-Novelle eigentumsrechtliche Positionen der
Beschwerdeführer aus Art. 14 Abs. 1 GG betrifft. In die
Sachsubstanz der Kernkraftwerke wird nicht eingegriffen;
das Anlageneigentum bleibt vielmehr unberührt.
Zeitlich begrenzt wird allerdings die Berechtigung zum
Betrieb der Kraftwerke – sei es durch die Zuteilung von
Reststrommengen, sei es durch die in § 7 Abs. 1a AtomG
verbindlich vorgeschriebenen Abschalttermine. Atomrechtliche Betriebsgenehmigungen vermitteln indes keine Eigentumsposition. Denn nach der Rechtsprechung des BVerfG
nehmen öffentlich-rechtliche Genehmigungen nur dann am
Eigentumsschutz teil, wenn auf sie ein Anspruch besteht und
sie überwiegend auf einer eigenen Leistung des Adressaten
beruhen (BVerf GE 102, 254 [300 f.]; 53, 336 [348 ff.]). An
beidem fehlt es hier.
Verfassungsrechtlich von Art. 14 GG geschützt sind allerdings die mit dem Atomausstiegsgesetz 2002 zugewiesenen
Reststrommengen. Sie sollten die Amortisation der von den
Energiekonzernen getätigten erheblichen Investitionen
sicherstellen und waren somit ein Ausgleich für die Beschränkung der ursprünglich unbefristet erteilten Betriebsgenehmigungen. Kurzum: Die 2002 zugeteilten Reststrommengen stellen Äquivalente eigener Leistungen der
Kernkraftwerksbetreiber dar. Das Bundesverwaltungsgericht
hat diese rechtliche Einordnung in seinem Mülheim-KärlichUrteil vom 26. 05. 2009 (Az. 7 C 8/08) zutreffend bejaht: „Die
Reststrommenge des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich ist
[…] von Art. 14 GG geschützt” (BVerwG, NV wZ 2009, 921
[923]).
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Publicus 2016.5
Verfassung/Verfassungsrecht  Atomausstieg
Inhalt
Hinsichtlich der Reststrommengen, die den Energiekonzernen im Rahmen der Laufzeitverlängerung durch die
11. AtomG-Novelle 2010 zusätzlich gewährt wurden, lässt
sich diese Einschätzung nicht halten. Mit der Verlängerung
der Laufzeiten durch die 11. AtomG-Novelle sollte − anders
als beim Atomausstiegsgesetz 2002 – nicht die Amortisation
von Investitionen der Kraftwerksbetreiber gesichert werden.
Vielmehr bezweckte der Gesetzgeber, die Kernenergie als
Brückentechnologie zu nutzen, um den Umstiegsprozess auf
erneuerbare Energien unter Berücksichtigung von Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit abzufedern (BT-Drucks. 17/3051, S. 1). Die durch die 11. AtomGNovelle erteilten zusätzlichen Reststrommengen basieren
daher nicht auf Eigenleistungen der Energiekonzerne. Eher
sind sie mit Erwerbschancen vergleichbar, die als solche
nicht in den Schutzbereich der Eigentumsfreiheit fallen.
Enteignung oder Inhalts- und Schrankenbestimmung?
E.ON, RWE und Vattenfall tragen vor, das 13. Gesetz zur
Änderung des AtomG bewirke eine Enteignung, indem es
durch die Kürzung der Reststrommengen und die Befristung
der Betriebsdauer konkrete Eigentumspositionen entziehe.
Die Rechtsprechung des BVerfG war bei der Abgrenzung von
Enteignungen nach Art. 14 Abs. 3 GG und Inhalts- und
Schrankenbestimmungen nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht
immer frei von Widersprüchen. Das ist den Beschwerdeführern zuzugestehen. Nach dem heutigen Stand ist das BVerfG
indes zum sog. „klassischen Eingriffsbegriff” zurückgekehrt:
„Die Enteignung setzt den Entzug konkreter Rechtspositionen voraus, aber nicht jeder Entzug ist eine Enteignung im
Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG. Diese ist beschränkt auf solche
Fälle, in denen Güter hoheitlich beschafft werden, mit denen
ein konkretes, der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienendes
Vorhaben durchgeführt werden soll” (zitiert nach BVerf GE
104, 1 [9 f.]; bestätigt von BVerf GE 115, 97 [111 f.]; BVerfG,
NVwZ 2009, 1158; anders noch BVerf GE 83, 200 [211]).
Charakteristikum einer Enteignung ist demnach ein hoheitlicher „Güterbeschaffungsvorgang”, mit dem gezielt eine
Eigentumsposition auf den Staat übertragen wird.
Zweck der 13. AtomG-Novelle ist gerade keine „Güterbeschaffung”. Der Staat möchte weder selbst Elektrizität
erzeugen noch die Kernkraftwerke anderweitig verwenden.
Vielmehr soll die Nutzung der Atomenergie in der Zukunft
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unterbunden werden. Konkret bewirkt die 13. AtomG-Novelle somit keine „Beschaffung”, sondern eine „Beendigung”
der Produktion von Kernenergie. Demnach ist die Gesetzesnovelle nicht als Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG ,
sondern als Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14
Abs. 1 Satz 2 GG zu qualifizieren (ebenso Kloepfer, DVB l.
2011, 1437 [1439]).
Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums müssen verfassungsrechtlich gerechtfertigt, insbesondere
verhältnismäßig sein. Durch die Beendigung der friedlichen
Nutzung der Kernenergie zum frühestmöglichen Zeitpunkt
soll das mit dem Betrieb eines Atomkraftwerks verbundene
Restrisiko für Leben und Gesundheit der Bevölkerung (Art. 2
Abs. 2 GG ) sowie für die natürlichen Lebensgrundlagen
(Art. 20a GG ) eliminiert werden. Dieses Ziel ist (natürlich) legitim. Dass der Gesetzgeber bis zur Katastrophe von Fukushima eine gänzlich andere Bewertung der Kernenergie
vorgenommen hat, schadet insoweit nicht. Denn bei der
Auswahl seiner Ziele steht dem Gesetzgeber ein umfassender Einschätzungsspielraum zu (BVerf GE 53, 257 [293]).
Die mit der 13. AtomG-Novelle verbundenen Eingriffe
müssen ferner nicht nur geeignet und erforderlich sein – das
sind sie –, sondern auch angemessen sein. Angemessenheit
verlangt, dass die „den Einzelnen treffende(e) Belastung
noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenen Vorteilen steht” (BVerf GE 76, 1 [51]).
Dabei kommt dem Vertrauensschutzgrundsatz eine hervorgehobene Bedeutung zu. Mit der Zuteilung „auskömmlicher”
Reststrommengen im Atomausstiegsgesetz des Jahres 2002
wollte der Gesetzgeber den Anlagenbetreibern die Amortisation ihrer Investitionen und die Erzielung eines „angemessenen Gewinns” ermöglichen (BT-Drucks. 14/6890, S. 16). Die
13. AtomG-Novelle kann daher nur dann einen mit dem
Vertrauensgrundsatz unvereinbaren und unangemessenen
Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG bewirken, wenn
sie durch die Festlegung fixer Abschalttermine eine Amortisation oder Gewinnerzielung vereitelte.
Eine fehlende Amortisation ihrer Kraftwerke haben die
Beschwerdeführer bislang vor dem BVerfG nicht hinreichend
konkret dargelegt. Im Gegenteil: Unter Berücksichtigung der
Endtermine aus § 7 Abs. 1a Satz 1 AtomG erreichen die
Kraftwerke im Durchschnitt eine Laufzeit von rund 34 Jahren
(s. die Übersicht in der Verfassungsbeschwerde von Vattenfall – Az. 1 BvR 1456/12, S. 51); sie überschreiten die vom
Atomausstiegsgesetz 2002 zugrunde gelegte Regellaufzeit
von 32 Jahren deutlich. Die vorliegenden Informationen
deuten somit an, dass die Festlegung verbindlicher Abschalttermine in der 13. AtomG-Novelle das durch das Atomausstiegsgesetz 2002 geschaffene Vertrauen in eine Amortisation der Investitionen nicht verletzt und deshalb
verhältnismäßig ist.
Sondersituation des Kernkraftwerks Krümmel
Anders verhält es sich beim Kernkraftwerk Krümmel, dessen
Berechtigung zum Leistungsbetrieb bereits mit dem Inkrafttreten des 13. Gesetzes zur Änderung des AtomG am
06. 08. 2011 erlosch (§ 7 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 AtomG). Denn
das Kraftwerk Krümmel verfehlte mit nur 27 Jahren Laufzeit
die Regellaufzeit von 32 Jahren signifikant. Die ihm im Atomausstiegsgesetz 2002 zugeteilten Reststrommengen konnte
es bis zum 06. 08. 2011 ferner nur zu 44 % (!) ausnutzen. Es
darf daher stark bezweifelt werden, dass die getätigten
Investitionen sich amortisiert haben oder der Kraftwerksbetreiber einen Gewinn erzielen konnte. Ist dies aber tatsächlich so, was Vattenfall wird belegen müssen, verletzt die
13. AtomG-Novelle hinsichtlich des Kraftwerks Krümmel den
Vertrauensschutzgrundsatz und ist insoweit als unverhältnismäßiger Eingriff in die Eigentumsfreiheit zu werten.
Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz?
Der durch das 13. Gesetz zur Änderung des AtomG eingefügte § 7 Abs. 1a AtomG sieht insgesamt sechs verschiedene
Abschalttermine für die einzelnen Atomkraftwerke vor. Die
mit dieser Staffelung einhergehende Ungleichbehandlung
der kerntechnischen Anlagen tangiert das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG .
Der Gesetzgeber des Atomausstiegsgesetzes 2002
knüpfte die ursprüngliche Zuteilung der Reststrommengen
seinerzeit an das Alter der Anlagen. Den Kraftwerksbetreibern sollte eine Amortisation ihrer Investitionen ermöglicht
werden. Nach den damaligen Erkenntnissen erforderte
dieses Ziel eine durchschnittliche Laufzeit von 32 Jahren ab
der Inbetriebnahme. Der Gesetzgeber der 13. AtomG-Novelle strich zwar die zusätzlichen Reststrommengen der
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Verfassung/Verfassungsrecht  Atomausstieg
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Politische Systeme verstehen.
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4. Auflage
WAWER
Politische Grundstrukturen von Staat und Verfassung
benstein, HFR 2011, 109 [113]). Zu überzeugen vermag das
sog. Konfusionsargument in diesem Kontext nicht. Denn der
schwedische Staat wird nicht gemäß Art. 1 Abs. 3 GG an die
deutschen Grundrechte gebunden. Grundrechtsverpflichtet
wird vielmehr ausschließlich der deutsche Staat, der jedoch
keine Beteiligung an Vattenfall hält.
Das BVerfG hat die Grundrechtsberechtigung der Vattenfall Europe AG , die die Muttergesellschaft der Vattenfall
Europe Nuclear Energy GmbH ist, bislang ausdrücklich
offengelassen (BVerfG, NV wZ 2010, 373 [374]). Die Entscheidung des BVerfG zum Atomausstieg bleibt daher auch
unter diesem Aspekt mit Spannung zu erwarten.
Politische Grundstrukturen
von Staat und Verfassung
4. Auflage
AUCH ALS
E-Book
WAWER
11. AtomG-Novelle wieder. Dennoch wollte er aus den
genannten Gründen auch weiterhin an einer Regellaufzeit
von 32 Jahren je Kernkraftwerk festhalten (BT-Drucks.
17/6070, S. 6). Die Differenzierung nach dem Alter der
Kraftwerke ist demnach sachlich gerechtfertigt.
Ein anderes Ergebnis erscheint für das Kernkraftwerk
Krümmel geboten. Der Gesetzgeber hat sich bei der Festlegung der Restlaufzeit des Kraftwerks Krümmel offenbar
nicht vom Alter der Anlage leiten lassen. Ansonsten hätte
Krümmel nicht gemäß § 7 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 AtomG bereits
am 06. 08. 2011 als eines der ersten Atomkraftwerke vom
Netz genommen werden dürfen. Über die Motive hierfür
kann nur spekuliert werden; aus der amtlichen Gesetzes­
begründung lässt sich jedenfalls nichts entnehmen.
WWW.BOORBERG.DE
ÌÌ
Die Entscheidung des BVerfG zum Atomausstieg
Politische Grundstrukturen
von Staat und Verfassung
bleibt mit Spannung zu erwarten.
von Christoph Wawer
2015, 4., aktualisierte Auflage, 146 Seiten, € 24,–
Grundrechtsträgerschaft von Vattenfall ungeklärt
Ob sich Vattenfall freilich am Ende mit Erfolg auf eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1
GG wird berufen können, hängt noch von einem weiteren
verfassungsrechtlichen Aspekt ab. Die Inhaberin der Betriebsgenehmigung für das Kernkraftwerk Krümmel ist die
Kernkraftwerk Krümmel GmbH & Co. oHG . 50 % der Geschäftsanteile der Kernkraftwerk Krümmel GmbH & Co. oHG
werden von der Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH
gehalten. Die Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH
befindet sich zu 100 % im Eigentum der Vattenfall Europe
AG mit Sitz in Berlin, die wiederum zu 100 % zur Vattenfall
AB mit Sitz in Stockholm gehört. Alleingesellschafter der
Vattenfall AB aber ist der schwedische Staat.
Gewichtige Stimmen im Schrifttum verneinen deshalb die
Grundrechtsberechtigung von Vattenfall, das als Tochterunternehmen des schwedischen Staates qualifiziert wird. Es sei
mit dem Wesen der Grundrechte unvereinbar, wenn der Staat
gleichzeitig Grundrechtsberechtigter und Grundrechtsverpflichteter sei (so Bruch/Greve, DÖV 2011, 794 [796]; Wallra© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
ISBN 978-3-415-05467-7
Das Werk vermittelt leicht verständlich und übersichtlich die staatlichen und verfassungsrechtlichen
Grundstrukturen bundesdeutscher Politik und des
politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland.
Jeder Themenkomplex ist umfassend, aber dennoch
kurz und prägnant dargestellt. Übersichten und
Schaubilder erleichtern das Verständnis der Materie.
Prof. Dr. iur. Thomas Sauerland,
Dipl.-Kfm.
Wissenschaftlicher Leiter der Abteilung
Masterstudiengang der Hochschule des
Bundes für öffentliche Verwaltung,
Brühl
[email protected]
Die Ausführungen zu den rechtlichen, geschichtlichen
und politischen Zusammenhängen ermöglichen es
dem Leser, sich schnell über Inhalt, Struktur und
Wirkungsweise des Grundgesetzes, den deutschen
Staatsaufbau und internationale Beziehungen zu
informieren.
Leseprobe unter
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SZ0416
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Vergaberecht  Neue Vergabeverordnung
Inhalt
Vergaberecht 2016
Teil 2: Die neue Vergabeverordnung
In PUBLICUS Ausgabe 2016.4 haben wir über die Änderungen im GWB durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz vom 17. 02. 2016 (BGB l. I S. 203) berichtet. Das als
Verordnungsermächtigung am 24. 02. 2016, im Übrigen am
18. 04. 2016 in Kraft getretene Gesetz ist Grundlage für die
auch am 18. 04. 2016 in Kraft getretene Vergaberechtsmodernisierungsverordnung vom 12. 4. 2016 (BGB l. I S. 624).
Diese Verordnung umfasst als Mantelverordnung in einem
Gesetzgebungsakt fünf Verordnungen auf einmal, die durch
die Mantelverordnung wesentlich geändert oder neu eingeführt worden sind, nämlich die umgestaltete Vergabeverordnung, die überarbeitete Sektorenverordnung, die geänderte
Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit sowie die
neue Konzessionsvergabeverordnung und die neue Vergabestatistikverordnung. Im Folgenden geben wir einen kurzen
Überblick über die neue Vergabeverordnung. (Zu weiteren
Informationen verweisen wir auf die Veröffentlichung im
Richard Boorberg-Verlag mit dem Titel: Vergaberecht 2016
– Was ist neu?)
Neuer Aufbau und erweiterter Inhalt der Vergabever­
ordnung
Die neue Vergabeverordnung regelt detailliert die Einzelheiten
der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge durch die
traditionellen öffentlichen Auftraggeber. Sie umfasst die
bisherige Vergabeverordnung, die Regelungen des 2. Abschnitts der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen
(VOL /A-EG) sowie die bisherige Vergabeordnung für freiberuf© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
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Gründlich überarbeitet: Die neue Vergabeverordnung umfasst jetzt 82 statt bisher 24 Paragrafen.
liche Leistungen (VOF). Demgegenüber verbleibt die Vergabeund Vertragsordnung für Bauleistungen (der 2. Abschnitt der
VOB/A) gemäß § 2 der Vergabeverordnung für die herkömmlichen öffentlichen Auftraggeber als Vergabe- und Vertragsordnung erhalten. In diesem Bereich besteht mithin das dreistufige Kaskadenprinzip fort, dessen dritte, d. h. unterste Stufe
durch die Vergaberechtsmodernisierung eigentlich aufgelöst
werden sollte und ansonsten aufgelöst wurde. Der Verweis auf
den weiterbestehenden 2. Abschnitt der VOB/A bedeutet aber
nicht, dass die Vorschriften der Vergabeverordnung keine
Anwendung auf Bauaufträge finden würden. Vielmehr finden
Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 (Besondere
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Vergaberecht  Neue Vergabeverordnung
Inhalt
Methoden und Instrumente in Vergabeverfahren) der Vergabeverordnung ergänzend zu den neuen Regelungen der VOB/AEU Anwendung. Damit sind insbesondere die Vorschriften zur
Schätzung des Auftragswerts, zur Wahrung der Vertraulichkeit, zur Vermeidung von Interessenkonflikten, zur Dokumentation und zur Erstellung des Vergabevermerks uneingeschränkt auch bei der Vergabe von Bauaufträgen anzuwenden.
Gleiches gilt für die grundlegenden Vorschriften zur elektronischen Auftragsvergabe und für besondere Methoden und
Instrumente in Vergabeverfahren, wie z. B. für Rahmenvereinbarungen und dynamische Beschaffungssysteme.
Dass die bisherige Vergabeverordnung, die 24 Paragrafen
umfasste, ein völlig neues Gesicht erhalten hat, macht allein
der Umstand deutlich, dass die neue Vergabeverordnung aus
82 Paragrafen besteht. Die neue Verordnung enthält unmittelbar anwendungserhebliche Regelungen, sie ist anders als die
bisherige Vergabeverordnung nicht lediglich Scharnier zwischen dem Gesetz und den Vergabe- und Vertragsordnungen.
In ihr finden sich allgemeine Bestimmungen und Querschnittsregelungen zur Kommunikation, sie behandelt die
Zulassungsvoraussetzungen für die Wahl einer Verfahrensart
und deren Inhalte, die Vorbereitung des Vergabeverfahrens,
die Eignung der Bieter, ferner die Prüfung und Wertung der
Angebote. Ihr Abschnitt 3 widmet sich der Vergabe sozialer
und anderer besonderer Dienstleistungen, sie enthält außerdem besondere Vorschriften zur Beschaffung von energieverbrauchsrelevanten Leistungen und Straßenfahrzeugen. Im
Abschnitt 5 finden sich grundlegende Vorschriften zur Durchführung von Planungswettbewerben, Abschnitt 6 trägt den
Besonderheiten der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen Rechnung. Abschnitt 7 mit seinen Übergangs- und
Schlussbestimmungen schließlich ermöglicht es einigen
öffentlichen Auftraggebern, darunter den Kommunen, die
Verwendung elektronischer Mittel, abgesehen von der Auftragsbekanntmachung und der Zurverfügungstellung der
Vergabeunterlagen, bis zum 18. 10. 2018 aufzuschieben.
Ausgewählte Regelungen der neuen Vergabeverordnung
Für die Schätzung des Auftragswerts geht es bei den in § 3
Abs. 6 genannten Dienstleistungen ausschließlich um solche,
die unmittelbar für die Errichtung des Bauwerks erforderlich
sind. Die Vorschrift bezweckt nämlich nach der Verordnungsbegründung nicht, eine gemeinsame Vergabe von Bau- und
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Planungsleistungen vorzusehen. Die Schwellenwerte für die
Bauleistungen einerseits und für die daneben erforderlichen
Planungsleistungen andererseits sind daher in aller Regel
getrennt zu berechnen. Für die Bauleistungen ist der Gesamtwert der für das Objekt vorgesehenen Leistungen ohne
Umsatzsteuer anzusetzen, sobald ein funktionell oder wirtschaftlich einheitliches Objekt vorliegt. Die Höhe der voraussichtlichen Planungskosten bestimmt sich nach den Regelungen der HOAI. Dazu ist die Frage zu beantworten, ob pro
Baumaßnahme alle Kosten der Planungsleistungen als Gesamtsumme oder ob lediglich die Kosten für gleichartige
Leistungen, d. h. für Architekten-, Ingenieur- und verschiedene Fachplanerleistungen je getrennt, anzusetzen sind. Letzteres ist der Fall, wie sich aus § 3 Abs. 7 Satz 2 ergibt. Werden gleichartige Planungsaufträge sukzessive in Auftrag
gegeben, z. B. die Architektenleistungen in getrennten,
aufeinander folgenden Leistungsphasen oder für mehrere
aufeinander folgende Bauabschnitte, so sind die Kosten
dieser Planungsleistungen aber zu addieren, § 3 Abs. 7 Satz 1.
Die Vorschriften der §§ 42 bis 51 zu Anforderungen an
Unternehmen ergänzen die in § 122 GWB getroffene Regelung
zur Eignung und die in den §§ 123 bis 126 GWB getroffenen
Regelungen zum Ausschluss von Bewerbern und Bietern.
Insbesondere führen die neu strukturierten und mit neuem
Inhalt ausgestatteten §§ 44 bis 46 zur Eignung detailliert aus,
welche Eignungskriterien der drei neuen Eignungskategorien
(Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung, wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sowie berufliche und
technische Leistungsfähigkeit) vom öffentlichen Auftraggeber
zulässigerweise für ein Vergabeverfahren festgelegt werden
können. Diese neuen materiellen Regelungen zu den Eignungskriterien sind ergänzt durch die Regelungen zu den
zulässigen Nachweisen über die Erfüllung der Eignungskriterien und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen (§§ 48
bis 50) sowie durch Regelungen über die Rechtsform von
Bewerbern oder Bietern (§ 42), über die Eignungsleihe (§ 47)
und zur Begrenzung der Anzahl geeigneter Bewerber, die zur
Abgabe eines Angebots aufgefordert werden (§ 51).
Zur Nachforderung von Unterlagen, § 56, ist auf Folgendes
hinzuweisen: Der bisherige Begriff der Erklärungen und
Nachweise ist durch den Begriff „Unterlagen” ersetzt.
Grundsätzlich kann der öffentliche Auftraggeber nur Unterlagen nachfordern, die er im Vergabeverfahren zulässiger-
weise gefordert hat. Eine Nachforderung scheidet generell
aus, wenn das Angebot nach § 57 zwingend auszuschließen
ist, z. B. weil es nicht fristgerecht eingegangen ist oder weil
Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen
wurden. Die Verordnungsbegründung weist im Übrigen,
entsprechend der bisherigen Rechtslage, darauf hin, dass
das erstmalige Anfordern von Unterlagen, deren spätere
Anforderung sich der öffentliche Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen vorbehalten hat, keine Nachforderung im Sinne des § 56 ist.
Derart vorbehaltene Unterlagen werden später, zumeist
unter Fristsetzung, angefordert. Bei den nach § 56 möglichen Nachforderungen ist zwischen Preisangaben, die in
Abs. 3 behandelt werden, und den in Abs. 2 und Abs. 3
geregelten anderen Unterlagen zu unterscheiden. Fehlende
Preisangaben, die unwesentliche Einzelpositionen betreffen,
deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder
die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen, können nachgeholt werden (§ 56 Abs. 3), andere
nicht. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 ist bei den anderen Unterlagen zwischen unternehmensbezogenen und leistungsbezogenen Unterlagen zu unterscheiden.
Unternehmensbezogene Unterlagen betreffen die Eignung.
Die Vorschrift nennt dazu beispielhaft Eigenerklärungen,
Angaben (das kann z. B. die Eintragung in die Präqualifizierungsliste sein), Bescheinigungen (z. B., dass die Firma den
großen Schweißnachweis oder sonstige Qualifikationen hat
oder finanziell liquide ist) oder sonstige Nachweise. Es ist
klargestellt, dass fehlende (körperlich nicht vorhandene)
oder unvollständige (vorhandene, aber nicht alle Informationen enthaltende) unternehmensbezogene Unterlagen nachgereicht oder vervollständigt werden dürfen. Außerdem
besteht die ausdrückliche Möglichkeit, dass fehlerhafte
(körperlich vorhandene, aber insgesamt oder in Teilen unzutreffende) unternehmensbezogene Unterlagen korrigiert
werden können. Bei leistungsbezogenen Unterlagen besteht
diese zuletzt genannte Möglichkeit nicht.
Leistungsbezogene Unterlagen, die beispielsweise für die
Erfüllung der Kriterien der Leistungsbeschreibung vorzulegen
sind, dürfen lediglich nachgereicht oder vervollständigt, aber
nicht korrigiert werden, denn die Korrektur würde den abgegebenen Angebotsinhalt verändern. Auch das Nachreichen
oder Vervollständigen ist nach § 56 Abs. 3 Satz 1 ausdrücklich
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nicht für solche leistungsbezogenen Unterlagen möglich, die
nach den Zuschlagskriterien in die Wirtschaftlichkeitsbewertung eingehen und damit die Wertungsreihenfolge beeinflussen können. Die Möglichkeit, Unterlagen nachzufordern, steht
im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers. Zulässige
Nachforderungen kann der Auftraggeber auf diejenigen
Bieter oder Bewerber beschränken, deren Teilnahmeanträge
oder Angebote in die engere Wahl kommen; er ist nicht verpflichtet, von allen Bietern oder Bewerbern gleichermaßen
Unterlagen nachzufordern. Wenn öffentliche Auftraggeber
grundsätzlich keinen Gebrauch von der Nachforderungsmöglichkeit machen wollen, können sie dies in der Auftragsbekanntmachung mitteilen. Daran sind sie dann den Bietern und
Bewerbern gegenüber dauerhaft gebunden. Der Nachteil
einer derartigen Erklärung liegt auf der Hand: Dem Auftraggeber können günstige Angebote entgehen.
Für die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen
finden zusätzlich zu den allgemeinen Regelungen der Vergabeverordnung die §§ 73 bis 80 Anwendung. Damit sind alle
bisherigen Regelungen der VOF und die für EU -Vergaben
geltenden Regelungen des 2. Abschnitts der VOL /A aufgegriffen. § 74 stellt den Grundsatz auf, dass Architekten- und
Ingenieurleistungen in der Regel im Verhandlungsverfahren
oder im wettbewerblichen Dialog zu vergeben sind. Die
frühere Vorgabe der VOF, allein das Verhandlungsverfahren
als einzige Vergabeart vorzugeben, ist den EU -Richtlinien
entsprechend nicht mehr möglich. Zu den Eignungskriterien
betonen die neuen Regelungen, dass es der Grundsatz der
Angemessenheit erfordert, diese so zu wählen, dass sich
kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger bei geeigneten Projekten am Wettbewerb beteiligen können.
Hinweis der Redaktion: Fortsetzung des Beitrags auf den
nachfolgenden S. 11 ff.
Michael Stemmer,
Direktor a.D. beim Bayerischen
Kommunalen Prüfungsverband,
München
[email protected]
© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
Textausgabe und Synopsen.
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Vergaberecht 2016
Textsammlung mit Einführung
GWB (4. Teil) – VgV – SektVO – KonzVgV –
VergStatVO – VSVgV – VOB/A – VOB/B –
VOL/A – VOL/B
Das neue Vergaberecht –
Text- und Paragrafensynopsen
mit einer Einführung und Sachregister
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Das neue Vergaberecht –
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Vergaberecht  Vier weitere Verordnungen
Inhalt
Vergaberecht 2016
Teil 3: Vier weitere Verordnungen auf einen Streich
Die am 18. 04. 2016 in Kraft getretene Vergaberechtsmodernisierungsverordnung vom 12. 4. 2016 (BGB l. I S. 624) umfasst als Mantelverordnung neben der Vergabeverordnung,
über die wir im vorherigen Beitrag in dieser Ausgabe bereits
berichtet haben, vier weitere Verordnungen, nämlich die
Sektorenverordnung, die Vergabeverordnung Verteidigung
und Sicherheit sowie die neue Konzessionsvergabeverordnung und die neue Vergabestatistikverordnung. Hierzu ist
auf Folgendes hinzuweisen:
Sektorenverordnung
Die neue Sektorenverordnung ist eine eigenständige Regelung, ein Rückgriff auf die allgemeinen oder die besonderen
Regelungen der Vergabeverordnung ist weder notwendig
noch zulässig, wie sich aus § 1 Abs. 2 der Vergabeverordnung ergibt. Die Sektorenverordnung findet ausschließlich
Anwendung auf Auftragsvergaben durch Sektorenauftraggeber, § 100 GWB , im Zusammenhang mit einer Sektorentätigkeit aus den Versorgungsbereichen Verkehr, Trinkwasser
oder Energie. Da es erklärtes Ziel des Verordnungsgebers
ist, dem jeweiligen Rechtsanwender einen in sich geschlossenen Regelungskomplex ohne Verweisungen auf andere
Normen (außer auf das GWB ) zur Verfügung zu stellen, ist
die Sektorenverordnung mit 64 Paragrafen recht umfangreich. Ein weiterer Grund für ihren erheblichen Umfang ist,
dass sich der Verordnungsgeber dem Grundsatz verpflichtet
hat, die zugrunde liegende EU -Richtlinie 2014/25/ EU eins zu
eins in nationales Recht umzusetzen.
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Tragfähige Inhalte – neu dabei: die Konzessionsvergabeverordnung und die Vergabestatistikverordnung.
Der Aufbau der Sektorenverordnung entspricht in weiten
Teilen dem der Vergabeverordnung, trägt aber den Besonderheiten des Sektorenbereichs Rechnung. Identisch sind die
Regelungen zur elektronischen Kommunikation sowie zur
Zuschlagserteilung. Bei gleichem Inhalt ist es zulässig, einen
Blick auf die in anderen Bereichen gemachten Erfahrungen,
auf dortige Kommentierungen oder Beschlüsse von Vergabekammern oder Vergabesenaten zu werfen. Andere Regelungsbereiche der Sektorenverordnung unterscheiden sich deutlich
von denen der Vergabeverordnung. So regelt die Sektorenverordnung z. B. auch die Antragsverfahren für Tätigkeiten, die
unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind, § 3. Zur Wahl
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Vergaberecht  Vier weitere Verordnungen
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der Verfahrensart, § 13, ist festzustellen: Während die herkömmlichen öffentlichen Auftraggeber bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen lediglich eine Wahlfreiheit zwischen
offenem und nicht offenem Verfahren haben, stehen dem
Sektorenauftraggeber das offene Verfahren, das nicht offene
Verfahren, das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb sowie der wettbewerbliche Dialog zur freien Verfügung.
Zu den Besonderheiten des wettbewerblichen Dialogs zählt,
dass der Auftraggeber in der ersten Phase in der Leistungsbeschreibung lediglich seine Bedürfnisse und Anforderungen an
die zu beschaffende Leistung beschreiben muss. Die zweite
Phase des wettbewerblichen Dialogs beginnt mit dem Dialog,
in dessen Rahmen der Auftraggeber gemeinsam mit den
Unternehmen ermittelt, wie seine Bedürfnisse am besten
erfüllt werden können. Der Dialog kann in mehreren aufeinanderfolgenden Phasen abgewickelt werden. Nach Abschluss
der Dialogphase schließt sich die dritte Phase – die Angebotsphase – an. In dieser Phase sind die Unternehmen aufgerufen,
auf der Grundlage der in der Dialogphase gefundenen Lösungen konkrete Angebote einzureichen. Weitere Unterschiede
gegenüber der Vergabeverordnung bestehen bei den Anforderungen an die Unternehmen; das gilt insbesondere für die
Qualifizierungssysteme, § 48. Die Qualifizierungssysteme
haben zum einen den Zweck einer vorgezogenen Eignungsprüfung, zum anderen dienen sie der Bekanntmachung zu
vergebender Aufträge. Ein ganz wesentlicher struktureller
Unterschied zur Vergabeverordnung ist, dass die Sektorenverordnung für alle Arten von Leistungen gilt, also auch für
Bauleistungen, § 2 Abs. 6. Die vom Deutschen Vergabe- und
Vertragsausschuss überarbeitete VOB /A, Teil 2 ist daher im
Bereich der Sektorenverordnung nicht anzuwenden. Für
Konzessionsvergaben gilt jedoch auch für Sektorenauftraggeber ausschließlich die neue Konzessionsvergabeverordnung.
Dort beträgt der Schwellenwert 5,225 Mio. Euro, ebenso für
Bauleistungen. Für Dienst- und Lieferaufträge beträgt der
Schwellenwert 418.000 Euro.
Nach dem neu gefassten § 13 Abs. 2 Nr. 4 kommt ein
Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb in
Betracht, wenn aufgrund äußerster Dringlichkeit die Fristen
nicht eingehalten werden können, die für die anderen Vergabeverfahren vorgeschrieben sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH müssen dabei drei Voraussetzungen
kumulativ erfüllt sein:
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–– unvorhergesehenes Ereignis,
–– dringliche und zwingende Gründe, die die Einhaltung der
in anderen Verfahren vorgeschriebenen Fristen nicht
zulassen, und
–– ein Kausalzusammenhang zwischen dem unvorhergesehen Ereignis und den sich daraus ergebenden zwingenden, dringlichen Gründen.
Konzessionsvergabeverordnung
Die Verordnung über die Vergabe von Konzessionen regelt
erstmals verbindlich ein einheitliches Verfahren zur Vergabe
von Bau- und Dienstleistungskonzessionen, an das alle
Konzessionsgeber, seien es öffentliche Auftraggeber oder
Sektorenauftraggeber, gebunden sind. Sie hebt die Besonderheit von Konzessionen gegenüber öffentlichen Aufträgen
hervor, die geprägt sind von Leistung (die konkret in einer
Leistungsbeschreibung festgelegt ist) und Gegenleistung
(die regelmäßig als Vergütung in Geld vereinbart ist). Konzessionen sind in aller Regel langfristige und komplexe
Vereinbarungen, bei denen der Konzessionsnehmer Verantwortlichkeiten und Risiken übernimmt, die üblicherweise
vom Konzessionsgeber getragen werden. Es handelt sich um
entgeltliche Verträge, bei denen dem Konzessionsnehmer
eine Aufgabe übertragen ist, z. B. eine Bau- oder eine
Dienstleistung zu erbringen, und die Gegenleistung dafür
entweder allein im Recht zur Nutzung des Bauwerks oder
zur Verwertung der Dienstleistung oder in diesen Rechten
zuzüglich einer Zahlung besteht. Als Dienstleistungskonzessionen kommen zum Beispiel in Betracht der Betrieb eines
städtischen Schwimmbads oder von Kantinen und Cafeterien
in öffentlichen Einrichtungen. Bei Baukonzessionen kann es
sich um den Bau und Betrieb eines Mautsystems auf Autobahnen oder um den Bau und Betrieb von Stadthallen oder
Parkhäusern handeln. Konzessionsgeber sind nicht auf
bestimmte Verfahrensarten festgelegt, sie dürfen das Vergabeverfahren grundsätzlich frei gestalten. Bei der Schätzung
des Vertragswertes ist von dem voraussichtlichen Gesamtumsatz ohne Umsatzsteuer während der Vertragslaufzeit
auszugehen, den der Konzessionsnehmer als Gegenleistung
für die Bau- oder Dienstleistungen sowie für die damit
verbundenen Lieferungen erzielt. Alle anderen finanziellen
Vorteile, die dem Konzessionsnehmer aufgrund der Konzession vom Konzessionsgeber oder Dritten zufließen, sind in
die Schätzung einzubeziehen. Das Vergabeverfahren darf
ein- oder mehrstufig durchgeführt werden. Anders als bei
der Vergabe öffentlicher Aufträge sind Verhandlungen mit
Bietern zulässig, soweit der Konzessionsgegenstand und die
Mindestanforderungen an das Angebot und die Zuschlagskriterien nicht geändert werden. Die Kommunikation im
Vergabeverfahren erfolgt grundsätzlich mit elektronischen
Mitteln. Angesichts des hohen Maßes an Flexibilität ist das
Vergabeverfahren sorgfältig zu dokumentieren.
Vergabestatistikverordnung
Die Grundlage für die Sammlung und Auswertung von
Vergabedaten ist im neuen § 114 Abs. 2 GWB gelegt. Die
Bundesregierung hat mit der Verordnung zur Statistik über
die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen (Vergabestatistikverordnung) von der dort enthaltenen Ermächtigungsgrundlage Gebrauch gemacht. Die neuen Regelungen
verpflichten die von § 98 GWB erfassten Auftraggeber dem
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie für den
Ober- und eingeschränkt für den Unterschwellenwertbereich
bestimmte Daten zu Beschaffungsvorgängen zur Verfügung
zu stellen.
Die Datenübermittlung erfolgt für den Oberschwellenbereich in einem vollautomatisierten elektronischen Verfahren.
Die in der Vergabestatistikverordnung in § 3 enumerativ
aufgezählten Daten zu Vergaben ab den Schwellenwerten
werden den Formularen zur Bekanntmachung vergebener
Aufträge, die von jedem Auftraggeber auszufüllen und an
das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union
elektronisch zu übermitteln sind, entnommen und automatisch in die Vergabestatistik eingespeist. Im Unterschwellenbereich, für den eine Bagatellgrenze von 25.000 Euro besteht, werden nur Basisdaten (Postleitzahl und nicht
personenbezogene E-Mail-Adresse der Vergabestelle, Verfahrensart, Auftragswert und Menge der Leistung, sofern
überhaupt quantifizierbar) abgefragt. Insbesondere bei den
Wirtschafts- und Finanzressorts besteht oft Bedarf an Vergabedaten. Daher wird den obersten Bundesbehörden und
den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ein Nutzerkonto für den
elektronischen Zugriff auf die Daten ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereichs anzufordern. Mithilfe dieser Daten können
regionalspezifische Auswertungen erstellt werden.
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Publicus 2016.5
Vergaberecht  Vier weitere Verordnungen
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Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit
Bedingt durch die Neufassung des GWB haben sich Folgeänderungen in der Vergabeverordnung Verteidigung und
Sicherheit ergeben. Diese waren insbesondere veranlasst,
weil die Ausschlussgründe für Bieter und Angebote nunmehr
im GWB geregelt sind. Wesentliche inhaltliche Änderungen
sind nicht zu vermelden.
STEMMER
Hintergrundwissen
zur Vergabereform 2016.
Vergaberecht 2016 –
Was ist neu?
Erläuterungen und Praxishinweise
Hinweis der Redaktion: In der nächsten Ausgabe des
PUBLICUS folgt zum Thema Vergaberecht 2016 noch ein
weiterer Beitrag – und zwar zur neuen VOB/A und B.
WWW.BOORBERG.DE
Stemmer
Vergaberecht 2016 – Was ist neu?
Erläuterungen und Praxishinweise
2016, ca. 90 Seiten, ca. € 14,80
ISBN 978-3-415-05749-4
Die Erläuterungen bieten eine Einführung in die neue
Rechtslage sowie in die erheblichen inhaltlichen und
strukturellen Veränderungen.
Der Schwerpunkt der Ausführungen liegt bei dem
stark erweiterten vierten Teil des GWB sowie der
neuen Vergabeverordnung. Aber auch die Änderungen
in den übrigen Vergabeverordnungen sowie in den
neuen Konzessions- und Vergabestatistikverordnungen
werden aufgezeigt.
Michael Stemmer,
Direktor a.D. beim Bayerischen
Kommunalen Prüfungsverband,
München
[email protected]
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»Vergaberecht 2016« und
»Vergaberecht 2016 – Was ist neu?«
zusammen ca. € 28,–
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dessen Konsequenzen für die tägliche Arbeit der Vergabepraktiker.
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Publicus 2016.5
Bund/Länder/Kommunen  Flüchtlingsmanagement
Inhalt
Zeit des Durchatmens?
Kommunales Flüchtlingsmanagement – Anregungen der KGSt
Auf kommunaler Ebene wurde spätestens ab Sommer 2015
bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme Beispielhaftes
geleistet, so die Meinung der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt). Ohne Vorlaufzeit
wurden Unterkünfte akquiriert und hergerichtet, Menschen
wurden versorgt und betreut. Dabei ging es stets auch
darum, ausreichend Ressourcen für erneut kurzfristige
Zuweisungen vorzuhalten. Die Kommunen befanden sich in
einer Ausnahmesituation, in der vieles nur durch das außerordentliche Engagement haupt- und ehrenamtlicher Kräfte
gelang.
In den ersten Monaten dieses Jahres sind die Zahlen der
Ankommenden erstmals rückläufig. Die kurzfristigen Zuweisungen erfolgen seltener und vereinzelt werden bereits
Notunterkünfte geschlossen. Vielerorts kehrt vorerst Ruhe
ein.
Eine Zeit des Durchatmens? Ja. Eine Zeit des Ausruhens?
Wohl kaum, denn eine Reihe von Prognosen geht davon aus,
dass die Zahlen trotz des EU -Türkei-Abkommens und der
geschlossenen Balkanroute wieder steigen werden. Daher
sind Kommunen gut beraten, zurückzublicken und sich
anhand der Erfahrungen in den letzten Monaten entsprechend aufzustellen. Es gilt, die Stärken und Schwächen des
kommunalen Flüchtlingsmanagements zu analysieren, um
für die Zukunft zu lernen. Denn unabhängig von den prognostizierten Zahlen für die nächsten Monate ist sicher, dass
eine Herausforderung noch bevorsteht: Die Menschen mit
hoher Bleibeperspektive müssen integriert werden.
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Die Integration von Flüchtlingen ist eine Aufgabe, die professionell gesteuert werden sollte.
Unterbringung als zentrales Thema
Unabhängig vom rechtlichen Status der Flüchtlinge oder
den Auflagen bisher geförderter Projekte beginnt Integration spätestens bei der Anschluss-Unterbringung. Kommunen, die früh auf dezentrale Unterbringung im Wohnungsbestand setzten und die begleitende Betreuung dazu
sicherstellten, haben dadurch gute Voraussetzungen für
eine gelingende Integration geschaffen. Kommunen, die
improvisierte Notlösungen nicht vermeiden konnten, lösen
diese vermehrt zugunsten nachhaltiger Unterbringungsalternativen auf. Die Frage, wie es gelingen kann zumindest
für die Aufnahme von Flüchtlingen mit Bleibeperspektive
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Inhalt
den vorhandenen Wohnungsbestand zu nutzen, ist also
zentral.
Um das Potenzial einschätzen zu können, braucht es
zunächst einen Überblick über die örtliche Wohnungsmarktsituation und die vorhandenen Leerstände. Bei der
Akquise ist ein zentraler Erfolgsfaktor, die Interessen der
Vermieter zu berücksichtigen – gleich ob es sich bei den
Wohnungseigentümern, nun um Privatpersonen oder
Wohnungsbauunternehmen handelt. Erwartet wird regelmäßig, dass die Kommune zunächst als Mieter auftritt und
Schadensfälle absichert. Wohnung/Vermieter/Nachbarschaft und Flüchtlingsfamilie müssen zusammen passen.
Damit ein späterer Übergang des Mietverhältnisses auf die
neuen Bewohner gelingt, muss bei der Auswahl zudem auf
die Mietgrenzen entsprechend der Vorgaben des SGB II
geachtet werden. Insgesamt ist die Unterbringung im
Wohnungsbestand nach Einschätzung vieler Experten
deutlich kostengünstiger als Bau und Betrieb großer Gemeinschaftsunterkünfte. Teure Wachdienste, Brandwachen
der Feuerwehr und Brandmeldeanlagen sind für Einzelwohnungen nicht erforderlich.
Insbesondere bei einer Unterbringung im Wohnungsbestand ist es wichtig, dass die Menschen in der neuen Umgebung Ansprechpartner haben. Die Betreuung der Flüchtlinge
durch Fachkräfte mag bei der Unterbringung aufgrund der
Wegezeiten der Fachkräfte aufwendiger sein. Allerdings
können hier bestehende oder ggf. noch aufzubauende nachbarschaftliche Netzwerke Teile der niederschwelligen Betreuung übernehmen. Sie stellen z. B. Flüchtlinge in der
Nachbarschaft vor, begleiten bei Behördengängen und
stellen Kontakte zu Sportvereinen her. Damit unterstützen
Engagierte die Integration und schonen zugleich die Personalressourcen der professionellen Fachkräfte, die oftmals
nicht in ausreichender Zahl vorhanden sind.
Faktoren einer erfolgreichen Integration
Das ehrenamtliche Engagement ist für die erfolgreiche
Integration der Flüchtlinge ein entscheidender Faktor. Zu
bedenken ist allerdings, dass nicht nur die hauptamtlichen
Kräfte in den Kommunen vielfach an ihre Belastungsgrenze
kommen. Dies trifft die ehrenamtlichen Kräfte gleichermaßen. Sie benötigen eine angemessene Wertschätzung und
müssen informiert, qualifiziert, begleitet werden. Wichtig ist
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Bund/Länder/Kommunen  Flüchtlingsmanagement
dabei zu erkennen, dass Engagierte den Kernbereich der
anspruchsvollen Arbeit von qualifizierten Fachkräften keinesfalls ersetzen können. Die Koordinierung des ehrenamtlichen Engagements ist ein wichtiges Zukunftsthema.
Wer ein Saatkorn in die Erde setzt, pflegt nicht nur die
Pflanze selbst, er bereitet auch die Erde und die Pflanzen in
der Umgebung darauf vor. Ähnlich ist es bei der Integration.
Nicht nur im Kontakt mit den zu Integrierenden und den
engagierten Bürgerinnen und Bürgern ist gute Kommunikation entscheidend.
Dem berechtigten Informationsbedürfnis einer deutlich
positiv gestimmten Bürgerschaft muss mit klarer Kommunikation und einem hohen Maß an Sensibilität begegnet werden. Hierzu sind entsprechende Kommunikationsstrukturen
und -prozesse erforderlich. Den Aktivitäten politischer
Brandstifter ist mit gut aufbereiteten Fakten, frühest
möglicher Transparenz und einer Präsenz der Verwaltungsspitze zu begegnen, die die Flüchtlingssituation und Integration zu ihrem Thema macht. Dabei sollten unterschiedliche
Informationskanäle genutzt werden. Soziale Netzwerke
gehören dazu.
Geeignete Organisationsformen schaffen
Auch die Binnensicht auf die Verwaltung sollte eingenommen werden. Wie gehen wir mit der bisherigen Organisationsform um? Koordinieren wir die Aktivitäten im Flüchtlingsmanagement dauerhaft über Task-Forces und
Krisenstäbe oder ist die Bündelung der Aufgaben in einem
Amt die richtige Lösung? Wie gelingt es uns, die Organisation Kommunalverwaltung insgesamt so aufzustellen, dass sie
flexibel und agil auf plötzlich auftretende Veränderungen
reagieren kann?
Neben strukturellen Fakten (unter anderem Wahrnehmung
von Aufgaben auf der Kreisebene oder auf der Ebene der
– kreisangehörigen – Gemeinden) sind Prozesse, die strategische Relevanz des Themas für die Verwaltungsspitze und
das Rollenverständnis der beteiligten Akteure Kriterien für
Organisationsentscheidungen. Das Landratsamt Lindau
(Bodensee) nutzt die Zeit des Durchatmens beispielsweise
auch, um organisatorische Strukturen agil auszurichten,
die flexiblen Formen der (Zusammen-)Arbeit der letzten
Monate zu verstetigen und perspektivisch nutzbar zu
machen.
Steuerung von Integration
Mit Blick auf die kommenden Monate sollte auch darüber
nachgedacht werden, wie Integration gesteuert werden kann
und welche Strukturen und Prozesse diese Steuerung unterstützen. Es sind nahezu alle Handlungsfelder der Kommunalverwaltung unmittelbar oder mittelbar betroffen. Dazu
kommen zahlreiche externe Akteure. Die zentrale Herausforderung ist die Steuerung oftmals komplexer Netzwerke. Ein
Integrationsamt in der Linie mit einer weitgehenden Bündelung aller wichtigen Verwaltungsleistungen für die besondere Zielgruppe kann ein gangbarer Weg sein. Andere, interdisziplinär zusammengesetzte Organisationsformen, wie
z. B. Stabsstellen, sind durchaus Alternativen. Hier muss
aber die „Durchschlagskraft” zur Umsetzung von Beschlüssen in der Linie sichergestellt werden. Wie auch immer vor
dem Hintergrund der örtlichen Besonderheiten das Flüchtlingsmanagement organisiert wird – gebraucht wird eine
Befähigung auf organisatorischer und personeller Ebene
sowie Integrationsziele und eine wirkungsorientierte Steuerung. Dazu gehört auch ein Monitoring zur Überprüfung von
Erfolgen, das sowohl mit quantitativen, als auch mit qualitativen Daten arbeitet.
In diesem Zusammenhang ist zu klären, welchen Beitrag
die IT leisten kann. Derzeit werden Daten allein auf kommunaler Ebene mehrfach erfasst und Schnittstellen zwischen
einzelnen Fachverfahren existieren häufig nicht. In der
Flüchtlingssituation wird dies besonders deutlich. Die Datenhaltung in Silos wird keine neuen Erkenntnisse bringen.
Soweit zulässig, müssen sie verknüpft werden, um Steuerungsentscheidungen auf eine transparente, stabile Basis zu
stellen.
Nicht zuletzt benötigen wir vordringlich die Menschen, die
all das leisten sollen. Das kommunale Personalmanagement
stellt sich den Herausforderungen im knapper werdenden
Fachkräftemarkt, der Beschleunigung der interkulturellen
Öffnung der Verwaltung und dem Aufbau gesundheitsfördernder Ressourcen seit langem. Durch die Flüchtlingssituation in den Kommunen wird die Dringlichkeit für Lösungen
nochmals verschärft.
… durch Risikomanagement-Methode
Um die Zeit des Durchatmens auch im Sinne von „LessonsLearned” zu nutzen, könnte die Methode des Risikomanage-
Publicus 2016.5
Bund/Länder/Kommunen  Flüchtlingsmanagement
Inhalt
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ments eine geeignete sein. Die KGSt hat die Methode auf die
Flüchtlingssituation angewendet und gemeinsam mit Partnern und einer interdisziplinär zusammengesetzten Expertengruppe Risiken identifiziert und über 160 Steuerungsmaßnahmen erarbeitet. Sie sind in einer Datenbank
zusammengefasst und verfügbar. Mehr Informationen unter:
www.kgst.de/aktuelles/nachricht/fluechtlingsmanagement
risiken-und-steuerungsmassnahmen.dot
Zudem sammelt die KGSt eine Vielzahl von guten kommunalen Beispielen zum Flüchtlingsmanagement unter:
www.kgst.de/aktuelles/nachricht/fluechtlinge-gute-beispiele-­
aus-kommunen.dot
Titelfoto: © RBV / lemontreeimages - Fotolia
Zuwanderer in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren
DORNIS
Erstmals in
einem Leitfaden.
Zuwanderer in Betreuungsund Unterbringungsverfahren
Leitfaden für die gerichtliche
und behördliche Praxis
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DORNIS
Seite 16
WWW.BOORBERG.DE
Matthias Kreutzer,
Kompetenzteam Kommunales Flüchtlingsmanagement, Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement,
Köln
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www.kgst.de
Andreas Pamp,
Kompetenzteam Kommunales Flüchtlingsmanagement, Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement,
Köln
[email protected]
www.kgst.de
Zuwanderer in Betreuungsund Unterbringungsverfahren
Leitfaden für die gerichtliche und behördliche Praxis
von Dr. Christian Dornis, Richter am Amtsgericht
Itzehoe
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kommunikativen Besonderheiten und speziellen
Rechtsfragen, die in betreuungsgerichtlichen Verfahren für Menschen mit Migrationshintergrund auftreten.
Im Betreuungsverfahren spielen die Anhörung des
Betroffenen und die Kommunikation mit dem Betroffenen und dessen Angehörigen eine zentrale Rolle. Im
Fokus stehen daher Fragen interkultureller Kommunikation. Der Autor gibt Anregungen, wie typische, aus
unterschiedlichen Kommunikationsweisen und Wertesystemen resultierende Missverständnisse vermieden
werden können.
Daneben widmet sich der Leitfaden materiellrechtlichen
Fragen des internationalen Betreuungsrechts, des
Anspruchs auf konsularischen Schutz und Fragen des
juristischen und praktischen Umgangs mit betroffenen
irregulären Zuwanderern.
Matthias Wieliki,
Kompetenzteam Kommunales Flüchtlingsmanagement, Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement,
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Publicus 2016.5
Bund/Länder/Kommunen  Wohnraumförderung
Inhalt
Vorsicht: EU-Kommission
Wohnraumförderung im Lichte des EU-Beihilferechts
In den Ballungszentren und Universitätsstädten, aber auch
darüber hinaus, werden seit Jahren steigende Mieten konstatiert. Obwohl der Wohnungsbau in Deutschland im Jahr 2015
den höchsten Stand seit 15 Jahren erreicht hat, klafft noch
immer eine große Lücke zur vollständigen Deckung des
Bedarfs. Die öffentliche Hand fördert den Bau von Wohnraum mit dem Ziel, Verdrängungseffekte zu verhindern und
den Immobilienmarkt zu stabilisieren. Auch wenn die Wohnraumförderung aus nationaler Sicht sozial geboten und
politisch opportun erscheint, ist auch die europarechtliche
Ebene zu beachten. Die Europäische Kommission überprüft
u. a. die Vereinbarkeit staatlicher Maßnahmen mit dem
EU -Beihilferecht. Um nicht Anlass zu nachträglichen
Überprüfungen oder gar Rückforderungen durch die Europäische Kommission zu geben, sind bereits bei der Planung
die unionsrechtlichen Vorgaben zu beachten.
Maßnahmen der Wohnraumförderung
Zur Entlastung des Miet- und Wohnungsmarktes werden
insbesondere Neubauten durch verschiedene Mittel gefördert.
Der Großteil davon findet auf Landes- und kommunaler Ebene
statt. Ein Beispiel ist die Bezuschussung von Neubauten durch
die Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg). Bauherren können zinsgünstige Darlehen und monatliche Zuschüsse für den Neubau von Mietwohnungen erhalten.
Voraussetzung ist, dass die Wohnungen mindestens innerhalb
der ersten 15 Jahre nur mit einer festgelegten Höchstmiete
und nur an einen nach dem Einkommen abgegrenzten Perso© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
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Seite 17
Sozialer Wohnungsbau: Das EU -Beihilferecht setzt der staatlichen Förderung von Wohnraum Grenzen.
nenkreis vermietet werden. Weitere Zuschüsse können bspw.
für energiesparendes oder barrierefreies Bauen erfolgen.
Ein ähnliches Modell wird von der Hamburger Agentur
für Baugemeinschaften auch für Baugemeinschaften mit
genossenschaftlichem Eigentum angewandt. Dabei werden
Darlehen der IFB Hamburg sowie der KfW und einkommens­
bezogene Zuschüsse für den Wohnungsneubau vergeben.
Einzelfallbezogen kann auch die Änderung oder Erweiterung von genossenschaftlich genutzten Gebäuden gefördert werden.
Neben der Förderung privaten Wohnungsbaus durch
Zuschüsse und Darlehen übernehmen oftmals auch städti-
Seite 18
Publicus 2016.5
Bund/Länder/Kommunen  Wohnraumförderung
Inhalt
sche Unternehmen selbst den Bau und die Vermietung sozialer Wohnungen. Vermietet werden dabei sowohl öffentlich
geförderte als auch frei finanzierte Wohnungen. Neben
Zuschüssen zu den Mieten von Sozialwohnungen erhalten
die städtischen Wohnungsbaugesellschaften teilweise eine
Finanzierung aus den jeweiligen städtischen Haushalten.
Auf Bundesebene wurde im März 2016 das 10-PunkteProgramm der Wohnungsbau-Offensive beschlossen. Es
sieht unter anderem die verbilligte Bereitstellung von Bauland sowie steuerliche Anreize in Form einer zeitlich befristeten Sonderabschreibung für die Schaffung neuer Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment vor. Ebenso
ist eine Vereinfachung von Bauvorschriften geplant. Daneben enthält die Wohnungsbau-Offensive zahlreiche Empfehlungen an Länder und Kommunen. Nicht in dem Paket
enthalten, aber Thema in den Beratungen über den Bundeshaushalt 2017, ist eine Erhöhung der Bundesmittel für den
sozialen Wohnungsbau und für Stadtteil-Projekte um
1,3 Mrd. Euro pro Jahr.
ÌÌ
Um mehr Handlungsspielraum für die Förderung
zu erlauben, müsste auf EU-Ebene für
weitergehende Freistellungen geworben werden.
Wettbewerbspolitische Bedenken
Gegen staatliche Maßnahmen zur Wohnraumförderung
werden jedoch wettbewerbspolitische Bedenken geltend
gemacht. Die Gewährung öffentlicher Mittel müsse immer
auch dem EU-Beihilferecht genügen. Die staatliche Förderung
des Wohnungsbaus fällt nach Auffassung der Europäischen
Kommission in den Anwendungsbereich des Beihilferechts,
wenn sie alle Merkmal einer Beihilfe gem. Art. 107 Abs. 1
AEUV erfüllt. Die entscheidende Weichenstellung ist, ob der
geförderte Wohnungsbau eine „wirtschaftliche Tätigkeit” im
Sinne des Beihilferechts darstellt. Wegen des weiten Verständnisses der „wirtschaftlichen Tätigkeit” im EU-Beihilferecht können darunter auch Tätigkeiten fallen, die nach
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deutschem Verständnis der Daseinsvorsorge zuzurechnen
sind (vgl. PUBLICUS 2016.1 S. 21). Da es nicht auf die Rechtsform des Begünstigten ankommt, können grundsätzlich auch
natürliche Personen, private und öffentliche Unternehmen
sowie öffentliche Einrichtungen wirtschaftlich tätig und daher
potenzielle Empfänger von Beihilfen sein.
Der Bau und die Vermietung von Wohnraum – einschließlich Sozialwohnungen – werden im Regelfall als wirtschaftliche Tätigkeiten behandelt. Bereits in einem Beschluss im Jahr
2004 (N89/2004) zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus
in Irland hat die Europäische Kommission die Auffassung
vertreten, dass die geförderten Einrichtungen wirtschaftlich
tätig seien, da sie im Wettbewerb mit anderen Akteuren des
Wohnungsmarktes stünden. In einem niederländischen Fall
(Beschluss vom 15. 12. 2009, E2/2005 und N642/2009) hat die
Europäische Kommission diese Praxis bestätigt und betont,
dass es der Einstufung als „wirtschaftliche Tätigkeit” nicht
entgegenstehe, wenn die begünstigten Einrichtungen keine
Gewinnerzielungsabsicht hätten. In anderen Mitgliedstaaten
wurde oder wird die Förderpraxis ebenfalls überprüft.
EU -beihilferechtskonforme Gestaltung
Auch wenn – nach der Auffassung der Kommission – die
staatliche Wohnraumförderung potenziell beihilferechtlich
relevant ist, kann sie beihilferechtskonform gestaltet werden. Die Programme vom Bund, den Ländern und den Kommunen sehen auch teilweise Gestaltungen vor, die beihilferechtliche Vorbehalte berücksichtigen. Allerdings werden in
einigen Fällen die wettbewerbsrechtlichen Probleme nur
unzureichend in Angriff genommen, obwohl Lösungsmöglichkeiten bestehen.
Durch eine geeignete Gestaltung kann in Einzelfällen
bereits ausgeschlossen werden, dass die Empfänger überhaupt einen beihilferechtlich relevanten Vorteil erlangen. So
kann bei der Vergabe von Mitteln und der günstigen Abgabe
von Grundstücken durch eine Zweckbindung gesichert
werden, dass die Mittel bzw. Grundstücke ausschließlich für
nicht-wirtschaftliche Zwecke verwendet werden. Diese
Lösung dürfte sich insbesondere dann anbieten, wenn die
Schaffung von Wohnraum dem hoheitlichen Bereich zuzurechnen ist, bspw. für die Unterbringung von Asylbewerbern. Allerdings ist diese Zweckbindung nur dann ausreichend, wenn sichergestellt ist, dass wirtschaftlich tätige
Bereiche von demselben oder einem verbundenen Unternehmen nicht quersubventioniert werden, d. h. nicht indirekt von
den staatlichen Mitteln profitieren.
Eine beihilfefreie Unterstützung ist ebenfalls denkbar, wenn
die gesamten staatlichen Leistungen den Bewohnern der
Wohnungen zugutekommen. Dies kann auch dann gelten,
wenn die staatlichen Leistungen an Wohngenossenschaften
fließen und zu 100 % die Genossen (als Bewohner) erreichen.
Für die Praxis am relevantesten dürfte aber die Ausgestaltung als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse (DAWI) sein. Als DAWI werden Dienstleistungen
bezeichnet, die unter Marktbedingungen (also ohne staatlichen Eingriff) nicht zufriedenstellend erbracht werden und
dem Wohl der Bürger oder dem Interesse der Gesellschaft
als Ganzes dienen. Werden die vier vom Gerichtshof der
Europäischen Union entwickelten sogenannten Altmark-Kriterien erfüllt, stellen staatliche Ausgleichszahlungen zur
Finanzierung einer solchen DAWI keine Beihilfe dar. Diese
Kriterien sind (1.) die Betrauung mit einer DAWI, (2.) eine
objektive und transparente Aufstellung der Kriterien zur
Ausgleichsberechnung sowie (3.) eine Beschränkung des
finanziellen Ausgleichs auf die Kosten zur Erfüllung der
gemeinwirtschaftlichen Aufgabe. Darüber hinaus muss (4.)
das Unternehmen entweder im Rahmen eines Vergabeverfahrens ausgewählt worden sein oder der Ausgleich muss
auf Grundlage einer Analyse der Kosten eines durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens bei Erfüllung der Verpflichtungen erfolgen. In der Praxis scheitern die Mitgliedstaaten jedoch regelmäßig daran, insbesondere die Erfüllung
des vierten Kriteriums hinreichend darzulegen.
In Anbetracht der hohen Hürde der Altmark-Kriterien
erscheint es vorzugswürdig, sozialen Wohnungsbau nach
dem sog. DAWI -Freistellungsbeschluss der Kommission
(2012/21/ EU) zu strukturieren. Beihilfen, die in seinen
Anwendungsbereich fallen, gelten als mit dem Binnenmarkt
vereinbar und müssen mithin nicht bei der Europäischen
Kommission angemeldet werden. Um Quersubventionierungen von Aktivitäten außerhalb des DAWI -Bereiches zu
verhindern, wird dabei eine genaue Trennung in der Buchführung der jeweiligen Unternehmen verlangt.
Diese Möglichkeit erfährt jedoch dadurch eine Einschränkung, dass der DAWI -Freistellungsbeschluss der
Kommission sich jedenfalls ausdrücklich nur auf Wohnraum
Seite 19
Publicus 2016.5
Bund/Länder/Kommunen  Wohnraumförderung
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„für benachteiligte Bürger oder sozial schwächere Bevölkerungsgruppen” bezieht. An dieser Voraussetzung scheitern
schon viele Fördermodelle, soweit auch Wohnraum gefördert wird, der anderen Bevölkerungsgruppen zugutekommt. Eine Ausweitung der restriktiven Definition des
Freistellungsbeschlusses wird daher unter anderem von
Mieterverbänden, Verbänden des sozialen Wohnungsbaus
sowie europäischen Großstädten gefordert. Diese sehen in
der engen Definition einen Verstoß der Kommission gegen
das Subsidiaritätsprinzip.
Die restriktive Definition im Freistellungsbeschluss
schließt allerdings nicht allgemein aus, dass auch die Förderung des Wohnraums für weitere Bevölkerungsgruppen
als DAWI beihilferechtlich privilegiert ist. Der DAWI -Freistellungsbeschluss enthält neben enumerierten Freistellungstatbeständen ohne Obergrenze (z. B. für sozialen
Wohnungsbau, Krankenhäuser und Kinderbetreuung) auch
einen allgemeinen Freistellungstatbestand für Zuschüsse,
die nicht mehr als 15 Mio. Euro pro Jahr und DAWI betragen. Darunter könnte auch „sonstiger” Wohnraum (nicht
sozialer Wohnraum im engeren Sinne) fallen, sofern es sich
um eine DAWI handelt. Bei der Festlegung, welche Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ist,
haben die Mitgliedstaaten ein weites Ermessen. Werden
Dienstleistungen bereits von Unternehmen ausreichend
erbracht, ist die Qualifizierung dieses Bereiches als DAWI
jedoch problematisch. Abseits des sozialen Wohnungsbaus
im engeren Sinne ist daher die Qualifizierung als DAWI
rechtfertigungsbedürftig.
Liegen die staatlichen Zuschüsse unterhalb des Schwellenwerts von 500.000 Euro innerhalb eines Zeitraums von
drei Jahren, so bietet sich die Anwendung der de minimis-Regelungen für DAWI (Verordnung (EU) Nr. 360/2012) an, da
sowohl die notwendigen Voraussetzungen als auch die
Rechtsfolgen vorteilhaft sind. Da es bei Neubauten aber teils
um beträchtliche Summen geht, kommt diese Lösung oftmals nicht in Betracht.
Folgen für die Praxis
Das EU -Beihilferecht setzt der Förderung des Wohnraums
Schranken, die aber Raum lassen, um in diesem relevanten
Bereich tätig zu werden. Aufgrund der bisherigen Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission ist klar, dass kein
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„Freifahrtschein” für den sozialen Wohnungsbau besteht.
Um mehr Handlungsspielraum für die Förderung zu erlangen, müssten sich die Kommunen, die Länder und der Bund
auf EU -Ebene für weitergehende Freistellungen einsetzen.
Denkbar wäre etwa eine Erweiterung des DAWI -Freistellungsbeschlusses. Zurzeit steht dies wohl noch nicht auf der
Agenda der Europäischen Kommission. Bis auf Weiteres
muss die Förderung des Wohnraums daher im (engen)
Rahmen des geltenden Beihilferechts verwirklicht werden.
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Publicus 2016.5
Inhalt
Bund/Länder/Kommunen  Naturschutzgesetzgebung
Naturschutz in drei Geschwindigkeiten
Die aktuelle Gesetzgebung am Beispiel Bayerns, Hessens und Thüringens
Von politischen Geschwindigkeiten wird derzeit eher auf
EU -Ebene als auf nationaler Ebene gesprochen. Die politische Gefahr des Auseinanderdriftens eines auf Einmütigkeit
und Zusammenwachsen angelegten Systems erscheint
virulent, je einseitiger Partner versuchen, ihre Interessen zu
Lasten der Weiterentwicklung der gesamten Union durchzusetzen. Solche Partner sind im föderativen Staatsaufbau der
Bundesrepublik der Bund und die Länder und selbst die
Länder untereinander. Die gesamtstaatliche Entwicklung im
Bundesstaat bedingt die Bereitschaft zu politischen Kompromissen und zur konstruktiven Zusammenarbeit. Gleichermaßen hängt das Wesen des Föderalismus von einem klaren
Bundesrahmen ab.
Dieses Signal hat zunächst auch die Föderalismusreform
2006 (vgl. hierzu der Beitrag: Umweltrechtliche Einheit in
Vielfalt? – Die Föderalismusreform nach 10 Jahren, in:
PUBLICUS 2016.3) gesendet, indem die Rahmengesetzgebung aufgegeben und die Zuständigkeiten im Umweltrecht
in die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis überführt
wurden. Im Gegenzug dazu forderten die Länder eine Abweichungsmöglichkeit vom Bundesrecht, Art. 72 Abs. 3 GG
(vgl. hierzu den Beitrag: Gemeinsame Ziele föderal zersplittert – Umweltrecht: Die Abweichungsmöglichkeiten der
Länder vom Bundesrecht, in: PUBLICUS 2016.4), deren
Praxis an drei konkreten Beispielen auf dem Gebiet des
Naturschutzrechts aufgezeigt werden sollen.
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Seite 20
Bunte Baustelle Naturschutzrecht: Auch der geübte Anwender kann ins Stolpern geraten.
Erhebliche Klärungsrelevanz der „Grundsätze des
Naturschutzes”
Mit dem Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes 2010
am 01. 03. 2010 waren die Bundesländer in Zugzwang, da in
der Folge dem Bundesrecht entgegenstehende Regelungen
unanwendbar wurden. Die Rechtsetzung des Bundes eröff-
nete den Ländern auf dem Gebiet des Naturschutzrechts
erstmals die Möglichkeit einer abweichenden Gesetzgebung.
Art. 72 Abs. 3 Nr. 2 GG spricht für den Naturschutz und die
Landschaftspflege ausdrücklich von einer solchen Kompetenz. Zugleich legt das Grundgesetz die Schranken dieser
Befugnis fest, in dem es sog. „abweichungsfreie Kerne”
Seite 21
Publicus 2016.5
Inhalt
vorgibt, von denen die Bundesländer nicht abweichen dürfen. Für das Naturschutzrecht gelten folgende Einschränkungen: kein Eingriff in die „allgemeinen Grundsätze des
Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes”. Art. 72 Abs. 3 GG ist an dieser Stelle sehr
ungenau formuliert, weil beim Artenschutz sich die Frage
stellt, ob der Schutz vor anderweitigen Regelungen nur die
allgemeinen Grundsätze betrifft, nachdem der Meeresnaturschutz wieder im Genitiv genannt wird.
Nicht abschließend absehbar ist, mit welchem Inhalt die
unbestimmten Rechtsbegriffe letztendlich gefüllt werden,
die bundeseinheitlich zu interpretieren sind. Daher ist es
umso verwunderlicher, dass die sehr allgemein formulierten
„Grundsätze des Naturschutzes” bisher sehr wenig Diskussionsbedarf hervorgerufen haben, obwohl sie dem Wortlaut
nach erhebliche Klärungsrelevanz in sich tragen. Nach der
bundesgesetzgeberischen Vorstellung gehören zu diesen
Grundsätzen:
–– die Zielsetzungen des § 1 BN atSchG,
–– das Monitoring durch den Bund und die Länder nach § 6
BN atSchG,
–– die Landschaftsplanung (§ 8 BN atSchG),
–– die zentrale naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (§ 13
BN atSchG),
–– der Gebietsschutz mit den acht abschließend definierten
Gebietstypen (§ 20 BN atSchG) einschließlich der Schaffung eines Biotopverbunds (§ 30 BN atSchG) mit Überschneidungen zum Artenschutz,
–– das Recht auf Betreten der freien Landschaft zu Erholungszwecken (§ 59 BN atSchG), wobei nach Abs. 2 Satz 2
die Länder regeln können, was unter Betreten zu verstehen ist, die dem Betreten gleichgestellte Benutzungsarten, Regelungen, die das Betretungsrecht ausgestalten
bzw. einschränken, wie z.B., wann eine Fläche betreten
werden darf, oder die rechtlichen Voraussetzungen für die
Errichtung von Sperren und Zäunen.
Verneint wird die Qualität eines allgemeinen Grundsatzes
z. B. bei den Zielsätzen des § 2 BN atSchG und dem Vertragsnaturschutz, der guten fachlichen Praxis (§ 5 BN atSchG),
den Regelungen der Natura-2000-Schutzgebiete (§ 33 Abs. 1
BN atSchG) oder den Vorschriften über Vorkaufsrechte. Vor
dem Hintergrund der Vielschichtigkeit möglicher Inhalte und
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Bund/Länder/Kommunen  Naturschutzgesetzgebung
des Fehlens einer verfassungsrechtlichen Judikatur wird die
allgemeine Akzeptanz einzelner Regelungszwecke noch
weiter zu beobachten sein.
Zur Lage in den einzelnen Bundesländern
Trotz dieser ordentlichen Grundlage haben einzelne Bundesländer nicht davor zurückgeschreckt, im Grenzbereich dieser
Kerne oder unverhohlen auf diesen Gebieten Regelungen zu
erlassen. Z. B. hat in jüngster Vergangenheit das Land Mecklenburg-Vorpommern auf dem Gebiet des Meeresnaturschutzes eine länderrechtliche Normierung vorgenommen
(vgl. § 24 des Ausführungsgesetzes zum Landesnaturschutzgesetz – Kap. 5 Meeresnaturschutz).
Nach Inkrafttreten des BNatSchG 2010 war es nicht verwunderlich, dass einige Länder rasch von ihrer Befugnis
Gebrauch machten. Hierzu zählen bis heute dreizehn Bundesländer (Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein,
Bayern, Berlin, Brandenburg, und Sachsen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz), die im Sinne des Art. 72 Abs. 3 GG
naturschutzrechtlich reagiert haben.
Fünf Länder hierunter haben den Weg gewählt, die missliche Lage eines gültigen „Flickerlteppichs” an Länderrecht
durch den Erlass von „Ausführungsgesetzen” zu bereinigen
(Brandenburg, Niedersachsen, Hessen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern). Sieben Länder spielten bereits 2010
eine Vorreiterrolle, gefolgt von Bayern 2011. 2013 zogen
dann mit Berlin, Brandenburg, Sachsen drei weitere Länder
nach, 2015 Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Teilweise dienten Anwendungserlasse für eine Übergangszeit
als Hilfsmittel. In Nordrhein-Westfalen, im Saarland und in
Thüringen ist das Landesrecht nach wie vor nicht an die
neue Rechtslage angepasst.
…keine Neuregelung in Thüringen
Der Freistaat Thüringen hat bisher darauf verzichtet, eine
Neuregelung ins Auge zu fassen. Entsprechende Absichtserklärungen finden sich auch nicht im aktuellen Koalitionsvertrag der Rot-Rot-Grünen Landesregierung. Um der misslichen Lage Abhilfe zu verschaffen, hat das zuständige
Ministerium eine Anwendungshilfe zur Verfügung gestellt,
aus der synoptisch die nicht mehr gültigen Regelungen des
Thüringer Naturschutzgesetzes aus der Vorzeit des
BN atSchG 2010 dem Bundesnaturschutz 2010 gegenüber
gestellt werden. Die hilfreiche Dokumentation darf aber
nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Anwendung des
Naturschutzrechts nach wie vor vertrackt erscheint. Dabei
tröstet es nur unmerklich, dass auch bei verkündigter Abweichung ein Hin und Her zwischen Bundes- und Landesnaturschutzgesetz unvermeidbar wäre.
…eine Vollregelung in Bayern
Die bayerische Vollregelung ist gekennzeichnet durch zahlreiche Abweichungen quer durch alle naturschutzrechtlichen Themenfelder. Sie ersetzt vollständig das bis dato nur
noch in Teilen anwendbare Bayerische Naturschutzgesetz
(BayNatSchG) und das Naturschutz-Ergänzungsgesetz. Mit
der Neufassung des BayNatSchG macht der bayerische
Gesetzgeber von seiner Abweichungsbefugnis gegenüber
dem Bundesnaturschutzgesetz (BN atSchG) Gebrauch. So
sieht das BayNatSchG beispielsweise bei der Landschaftsplanung, der Eingriffsregelung, in Teilen beim Schutz bestimmter Teile von Natur und Landschaft, bei Regelungen zu
Produkten, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, innerhalb eines Natura
2000-Gebiets und im Umkreis von 1000 Metern oder die
Aufnahme weiterer gesetzlich geschützter Biotoptypen
Abweichungen vor. Darüber hinaus finden sich Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen sowie Regelungen zu im
BN atSchG nicht geregelten Sachverhalten (z. B. Aussagen zu
der Genehmigung der Errichtung von Skipisten). Die jeweiligen Abweichungen wurden – im Gegensatz z. B. von BadenWürttemberg – vom Freistaat Bayern im Bundesanzeiger
veröffentlicht. 2015 kam es zur ersten Anpassung des BayNatSchG.
…und ein Ausführungsgesetz in Hessen
Hessen hat den Weg eines Ausführungsgesetzes gewählt.
Das Gesetz ist vor allem darauf ausgelegt, den verfahrensrechtlichen Rahmen für die Umsetzung des BNatSchG festzulegen. Dementsprechend zurückhaltend geht der Hessische
Landesgesetzgeber mit den Abweichungsmöglichkeiten um.
Quantitativ wird in Hessen neunmal, in Bayern dagegen
sogar 18-mal vom BNatSchG abgewichen, übertrumpft von
Schleswig-Holstein mit an die 50 Abweichungen – einen
einheitlichen Abweichungsbegriff vorausgesetzt.
Seite 22
Publicus 2016.5
Bund/Länder/Kommunen  Naturschutzgesetzgebung
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System der Abweichungsgesetzgebung läuft nicht rund
Der Reigen der Bezugsnormen aus dem Bundesnaturschutzgesetz, von denen abgewichen wurde, geht quer durch alle
Regelungsbereiche. Schwerpunkte bilden dabei
–– die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (§§ 14 ff.
BN atSchG) ,
–– die Landschaftsplanung (§§ 8 ff. BN atSchG),
–– der Gebietsschutz (§§ 22 BN atSchG) und
–– das Vorkaufsrecht der Naturschutzbehörden (§ 66
BN atSchG) .
nation der Gesetzgebungsinitiativen aller Bundesländer. So
könnte verhindert werden, dass Deutschland naturschutzrechtlich drei Wege mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten
geht.
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Augenscheinlich ist, dass das System der Abweichungsgesetzgebung noch nicht rund läuft. So regelt § 30 LNatSchG-SH
beispielsweise einen allgemeinen Grundsatz des Naturschutzes. Ebenso haben sich Länder herausgenommen, Gegenstände der nichtkonkurrierenden Vorranggesetzgebung zu
regeln. Soweit das Bundesnaturschutzgesetz Verordnungsermächtigungen enthält, haben diese die Länder nur teilweise genutzt. Alles Weitere bleibt einer Prüfung durch die
Verfassungsjudikatur vorbehalten, soweit es überhaupt zu
deren Einschaltung kommt.
Fazit
Zusammenfassend soll angemerkt werden, dass die Föderalismusreform mit der Einführung der Abweichungsgesetzgebung der Länder vom Bundesrecht für die betroffenen
Regelungsmaterien zu einer naturschutzrechtlichen Rechtszersplitterung geführt hat. Selbst der geübte Anwender kann
im Einzelfall leicht ins Straucheln geraten. Dies gilt für alle
Legislativtechniken, welche die Landesgesetzgeber als Reaktion auf das BN atSchG 2010 gewählt haben. Der Thüringische Weg der Weitergeltung „alten” Naturschutzrechts kann
vor dem Hintergrund der Rechtsfortentwicklung und -systematik nicht überzeugen, wenn auch hierdurch Bundesrecht
am Weitesten zur Geltung gebracht wird. Bayern hat mit
seiner Vollregelung von der Abweichungsbefugnis in breitem Maße Gebrauch gemacht. Hierdurch wird eigenständiges Recht konstituiert, zugleich aber die Rechtseinheit auf
eine Probe gestellt. Mit der Hessischen Regelung eines
Ausführungsgesetzes ist der naturschutzrechtliche Mittelweg gelungen. Dennoch ist klar: Die goldene Lösung wäre
nur eine restriktive Anwendung der Abweichungsbefugnis
wie in Hessen und darüber hinaus eine einheitliche Koordi© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
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Was tun, wenn die „Generation Y” kommt?
Eine Herausforderung für die Verwaltung: Wer führt morgen wen?
Heute stellen sechs von 10 BerufsanfängerInnen der „Generation Y” Ansprüche auf eine Führungsposition. 2020 werden über die Hälfte der ArbeitnehmerInnen aus der „Generation Y” stammen (Kienbaumstudie 2015). Wer sind diese „Y”
überhaupt? Was treibt sie an, was zeichnet sie aus? Wie
gehen Verwaltungen mit dieser Spezies am besten um – vor
allem dann, wenn diese in Führungspositionen gelangen?
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Worum geht´s?
Ein Drittel der Führungskräfte im öffentlichen Dienst ist heute 55 Jahre und älter. Ab 2020 beginnt die Pensionierungswelle. Darin liegt eine Chance für den gut ausgebildeten
Nachwuchs, nicht nur sichere Arbeitsplätze, sondern auch
relativ schnell Führungsverantwortung zu bekommen. Das
fordert die Verwaltungen heraus, weil das Thema „Jung
führt Alt” auf die Tagesordnung kommt und in der Personalentwicklung eine Rolle spielt.
Wer gilt eigentlich als „älter”? Und wer als jung?
Laut OECD gilt man ab der zweiten Hälfte des Berufslebens
bzw. ab 50 Jahren als „älter”. Junge Führungskräfte hingegen sind weniger klar zu definieren. In den Verwaltungen
sind es diejenigen, die bereits mit Mitte 20 eine Sachgebiets-, Team- oder Referatsleitung innehaben. In kleineren
Kommunen sind es häufig auch AmtsleiterInnen, die mit
Ende 20 in diese Funktionen kommen und Teams leiten, in
denen die MitarbeiterInnen bis zu 10 Jahre älter sind als sie
selbst.
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Die Generation Y tickt anders – hat aber ein ähnliches Führungsverständnis wie die „Alten”.
Wieso ist das brisant?
Spannend wird es, wenn man den Blick darauf richtet, was
Jüngere und Ältere im Berufsleben voneinander denken.
Hier betritt man das Reich der Stereotype, die in den Köpfen
verankert sind. Gegenseitige Vorbehalte prägen das Bild
vom jeweils anderen.
Wer führt heute wen – und wie sieht das in Zukunft aus?
Bis vor kurzem waren Führungspositionen in der Regel mit
älteren und berufserfahrenen Personen besetzt. Als normal
gilt: Alt führt Jung. Führungskräfte haben einen hierarchischen Vorsprung, mehr Fachkompetenz, ein höheres Lebensalter – und sind in der Regel männlich. Aktuell gibt es
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Öffentlicher Dienst/Personal  Coaching
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nun aber eine kulturelle Überschneidungssituation: Das
Senioritätsprinzip wird als Grundlage für Führung in Frage
gestellt. Inverse Führungssituationen entstehen und sind für
alle Beteiligten, aber auch für die Organisationen gewöhnungsbedürftig. Hier muss von den Verantwortlichen ganz
bewusst Akzeptanz geschaffen werden.
Heute ist die sogenannte Generation der Baby Boomer am
Arbeitsmarkt bestimmend, also diejenigen, die zwischen
1950 und 1964 geboren wurden. Sie sind etabliert in den
Führungspositionen. Ihre Berufsbiografie zeichnet sich aus
durch eine Arbeits- und Dienstleistungsorientierung, der
Begriff „Workaholic” ist mit ihnen verbunden. Erfolg, Liberalität und Loyalität sind wichtig, die Karrieremuster sind in
der Regel linear, jedenfalls bei den Männern. Sie stellen ab
2020 die größte Alterskohorte.
Die Generation der zwischen 1965 und 1980 Geborenen
wird gerne als Generation X bezeichnet. Sie sind aktuell auf
ihrem Karrierehöhepunkt, gelten als ambitioniert, antiautoritär und individualistisch. Sie sind gut ausgebildet, wohlstands­
orientiert und werten eine Work-Life-Balance als wichtige
Option. Sie sind die Elterngeneration der „Y”. Zwar haben
auch sie noch einen roten Faden im Karriereverlauf, sind aber
mit ersten Brüchen konfrontiert. Als Digital Immigrants
bleiben sie am Puls der technologischen Entwicklungen,
kennen aber noch die Zeit ohne Tablet, Handy und Soziale
Medien. Die Patchwork-Familie hat sich hier ausgeprägt.
Diese beiden Generationen treffen nun auf die sogenannte
Generation Y der zwischen 1981 und 2000 Geborenen. Sie
gelten als anspruchsvoll-fordernd, individualistisch, mit
einem Hang zu Spaß, Sinn und Flexicurity. Sie lehnen Hie­
rarchien und Führungsautorität „qua Position” ab. Feedback­
kultur, Teamorientierung und Work-Life-Balance werden als
Selbstverständlichkeiten angesehen. Sie gelten als Digital
Natives, ihre Berufsverläufe sind nichtlinear und von Projekt­
arbeit bestimmt. Statt der Karriereleiter steht das berufliche
Klettergerüst als Leitbild zur Verfügung.
Wie schätzen jüngere Führungskräfte diese Konstel­
lationen ein?
Sie halten das Thema „Jung führt Alt” für anstrengend und
konfliktreich. Das Spannungsfeld entsteht aus der gegenseitigen Wahrnehmung und Einschätzung. Jungen Führungskräften wird von den Älteren nachgesagt, dass sie ein Praxis© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
Baby Boomer
Generation X
Generation Y
–– Erfolgreich, liberal, loyal
–– Arbeits- und Dienstleistungs­
orientiert
–– „Workaholic“
–– Etabliert in Führungspositionen
–– Lineare Karrieremuster
–– Alleinverdienermodell
–– Größte Alterskohorte ab 2020
–– Ambitioniert, antiautoritär,
individualistisch, gut, ausgebildet,
wohlstandsorientiert
–– Work-Life-Balance als Option
–– Auf Karrierehöhepunkt
–– Roter Faden im Karriereverlauf
mit ersten Brüchen
–– Digital Immigrants
–– Patchwork-Familien
–– Anspruchsvoll-fordernd,
individualistisch
–– Spaß, Sinn und Flexicurity
–– Ablehnung von Hierarchien
–– Feedbackkultur, Team
–– Digital Natives, multitaskingfähig
–– Work-Life-Balance als Selbstverständlichkeit
–– Nichtlineare Karrieren
–– Projektarbeit
und Erfahrungsdefizit haben. Deshalb treibt sie die Frage
um: Wie behaupte ich mich in meiner Führungsrolle gegenüber Älteren? Aufgrund mangelnder Vorbereitung auf diese
Rolle kommt es häufig zur Inszenierung der Machtposition,
was sich im Auftreten oder in ungebetenen Ratschlägen
zeigt. Statussymbole werden zur Betonung der Führungsrolle benutzt: Der junge Abteilungsleiter streitet bereits vor
Amtsantritt um das große Eckbüro, gibt Anweisungen nach
dem Motto „Ober sticht Unter” statt den Dialog zu suchen
und empfindet Nachfragen seiner MitarbeiterInnen als
Kritik. Mit einem solchen Verhalten untergraben die Jüngeren ihre eigene Souveränität.
Die Älteren wiederum stellen sich ab einer gewissen Berufserfahrung die Frage: Von wem lasse ich mir noch etwas
sagen? Aufgrund ihres expliziten und impliziten Erfahrungsund Organisationswissens zweifeln sie schneller an der Führungs- und Fachkompetenz Jüngerer. Sie reagieren bei jungen Führungskräften eher mit Geringschätzung oder
Konkurrenzverhalten. Gewohnheitsmuster und ein Bewahrenwollen bei den Älteren können auf Unsicherheiten und dem
Wunsch nach mehr Flexibilität und Veränderung bei den
Jüngeren prallen. Die junge Dezernentin hält es für ausreichend, wesentlich Informationen über Email auszutauschen
und das papierlose Büro anzustreben. Ein älterer Mitarbeiter
spricht aber lieber face-to-face mit ihr und fühlt sich durch die
Fülle der Emails gestört und unzureichend informiert.
Wie können solche Situationen entschärft werden?
Fokussiert man sich jenseits der Stereotypen auf die Frage,
wie Ältere und Jüngere heute geführt werden wollen, wie also
Führung definiert wird, kommt man zu verblüffenden Ergebnissen: Ältere wollen vor allem eine Individualisierung des
Führungsverhaltens ihnen gegenüber, gepaart mit einem
kooperativen Führungsstil, der Vorgehen und Ziele erklärt.
Zudem legen sie Wert auf Transparenz, Partizipation an
Entscheidungsprozessen sowie Wertschätzung ihrer Arbeitsleistung. Berechenbarkeit und eine gewisse Sicherheitsorientierung, außerdem klare Kompetenzen und Verantwortungen
kombiniert mit Freiheit bei der Aufgabenbearbeitung und
Sinnhaftigkeit sind wichtig. Schließlich fordern sie Regeln für
den Umgang miteinander.
Was aber wollen die Jüngeren? Sie fordern ebenfalls
genau dieses Führungsverständnis! Der große Unterschied
liegt in Nachdrücklichkeit und Radikalität, in der die „Generation Y” dieses einfordert. Sie sind schneller bereit, den
Arbeitgeber zu wechseln, wenn ihren Bedürfnissen und
Erwartungen nicht nachgekommen wird. Ihre Frustrationstoleranz ist ein ganzes Stück geringer als bei den Vorgängergenerationen. So zeigt sich, dass es beim Thema Führung
mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede gibt. Ein konstruktiver Ansatz ist möglich, der Abbau gegenseitiger Altersstereotype notwendig.
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Öffentlicher Dienst/Personal  Coaching
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Dr. Hanne Weisensee,
Coach & Dozentin für Führungskräfte in
Politik, Verwaltung und Wissenschaft,
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© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
Change Management
HartwiCH
Führung in Veränderungsprozessen
Was können Verwaltungen konkret tun?
Generell entwickelt sich das Führungsverständnis im
21. Jahrhundert weg vom dominanz- hin zum sozialorientierten Führungsverhalten. Junge Führungskräfte können hier
speziell geschult und unterstützt werden. Sie müssen lernen,
mit der Besonderheit „Jung führt Alt” offen umzugehen und
es in ihren Teams anzusprechen. Die Bewertung der Jüngeren muss sich ändern, von „alt bedeutet leistungsschwach”
hin zu „alt bedeutet erfahren” – und diese Erfahrung gilt es
zu nutzen. Wechselseitiger Respekt und Perspektivwechsel
sind die Schlüssel. Die Älteren aktiv bei Veränderungs- und
Entscheidungsprozessen einzubeziehen, sie um Rat zu
fragen und einen individuellen Zugang zur Führungskraft in
der Kommunikation, Arbeitsplanung und Arbeitsgestaltung
zu gewährleisten, ist zentral. Zudem können Standards für
Kommunikationsstrukturen (was digital, was analog?) vereinbart werden. Der Verzicht auf Machtdemonstrationen
sollte selbstverständlich sein. Hilfreiche Maßnahmen sind:
ein integriertes Führungs- und Teamcoaching, um gegenseitige Erwartungen zu klären und füreinander zu sensibilisieren. Kollegiale Beratung für junge Führungskräfte, um eine
Entlastung in der Führungsrolle zu schaffen. Coaching und
Mentoring für junge Führungskräfte, um diese kontinuierlich
und individuell zu unterstützen. Age-Management als Maßnahme von Diversity-Management, um eine Sensibilisierung
durch Workshop-Reihen, Best Practice-Beispiele oder altershomogene Expertengruppen zu erreichen. Schließlich helfen
alters- und funktionsgemischte Tandems in den Verwaltungen, Innovation und Erfahrung systematisch zu erschließen
und zu verknüpfen.
Wandel gestalten.
Führung in
Veränderungsprozessen
HartwiCH
Seite 25
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Führung in Veränderungsprozessen
Den Wandel gestalten
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Das Buch behandelt das Thema Führung im besonderen Kontext des Wandels in Organisationen. Der
Band gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil gibt
eine Einführung in die Aufgabenstellung »Führen in
Veränderungsprozessen«. Anschließend behandelt
der Autor Persönlichkeitseigenschaften und ein
System zur differenzierten Beschreibung der für
Führung relevanten Fähigkeiten.
Ein weiteres Kapitel zeigt die Voraussetzungen,
Möglichkeiten und Grenzen bei Verhaltensänderungen von Menschen auf. Darüber hinaus vermittelt
der Leitfaden die Vorgehensweise bei der Gestaltung
von Veränderungsprozessen und die Bedeutung der
Veränderungsfähigkeit von Organisationen.
Der zweite Teil des Buches widmet sich spezifischen
Führungssituationen und -aufgaben in Veränderungsprozessen. Aufgezeigt wird dabei die Bedeutung
von Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Den Veränderungsbedarf frühzeitig zu erkennen und Betroffene
angemessen für die Gestaltung und Realisierung
notwendiger Maßnahmen zu gewinnen, ist hier
besonders wichtig.
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SZ0216
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Interview  Kaltes Nahwärmenetz
Inhalt
Eine „grüne Idee” wird Realität
Im oberbayerischen Dollnstein wird ein Pilotprojekt erfolgreich umgesetzt
Das Zukunftsszenario einer verantwortungsvollen, ökologisch sensiblen kommunalen Energieversorgung ist in der
beschaulichen oberbayerischen Gemeinde Dollnstein im
schönen Altmühltal heute bereits erfolgreich gelebte Realität: eine intelligente Wärmeversorgung durch ein Nahwärmenetz, das bedarfsgerecht, variabel, flexibel und damit
modern und zukunftsorientiert nur die Wärme liefert, die
auch tatsächlich in den Haushalten und Gemeindegebäuden
gebraucht wird. Doch der Weg dahin war für die Gemeinde
nicht leicht und geprägt von den typischen Widerständen bei
Projekten mit Pioniergeist (siehe hierzu auch PUBLICUS
2015.9, S. 24 ff.). Wie die Anbindung der Gemeinde an ein
kaltes Nahwärmenetz letztendlich erfolgreich gestaltet
werden konnte, erläutert Wilhelm Radmacher, damaliger
zweiter Bürgermeister von Dollnstein und Vorsitzender des
Verwaltungsrates des Dollnsteiner Kommunalunternehmens
Energie im folgenden Interview:
Wilhelm Radmacher, ehemaliger zweiter Bürgermeister von
Dollnstein, hat den weiten Weg der Gemeinde von einer „grünen Idee” bis zum ressourcenschonenden Energiemanagement
begleitet.
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PUBLICUS : Wie gestalteten sich seinerzeit die ersten
Schritte in Dollnstein, um erfolgreich ein neues Energieversorgungskonzept für die Gemeinde zu realisieren? Was
waren die großen Zielsetzungen, welche Ausgangsmotivation gab es in Dollnstein?
Radmacher: Wir wollten seitens des Gemeinderats in Dollnstein in einem überschaubaren Zeitrahmen eine autarke,
moderne Energieversorgung aufbauen inklusive einer selbstständigen und zukunftsfähigen Energienutzung für alle
unsere Bürger. Der erste Schritt in die Eigenverantwortung
und damit in die Unabhängigkeit von großen Energiekonzernen war die Gründung des „Kommunalunternehmens Energie” am 1. September 2010. Das Kommunalunternehmen
wirtschaftet als Anstalt öffentlichen Rechts und ist 100 %ige
Tochter der Gemeinde Dollnstein. Es setzt sich zusammen
aus drei Gemeinderatsmitgliedern und zwei externen Mitgliedern. Der große Vorteil dieses Outsourcings: Wir konnten dem Thema der zukunftsfähigen Energie-Versorgung
mehr Raum geben und besser in den Fokus unseres Handelns stellen. Der Gemeinderat hat uns zuerst die Aufgabe
übertragen, die Energieversorgung des Gemeindegebietes
zu überprüfen und schließlich neu zu organisieren und zu
strukturieren. Als Energiequellen kamen Wind, Sonne,
Biomasse, Erdwärme und Wasser in Betracht.
PUBLICUS : Wie sahen die ersten Maßnahmen des „Kommunalunternehmens Energie” aus?
Radmacher: Der Verwaltungsrat des Kommunalunternehmens hat unter meinem Vorsitz in seiner ersten Aktion von
Oktober 2010 bis Mai 2011 umfangreiche Photovoltaikanlagen auf gemeindeeigenen Gebäuden wie Schule, Feuerwehrhaus und Bauhof realisiert, die insgesamt eine Leistung von
210 kW liefern.
Als nächstes Projekt stand 2011 die Sanierung der Wasserleitungen im Gemeindegebiet auf dem Programm des
Kommunalunternehmens, das bis heute zu 90 Prozent
ehrenamtlich wirtschaftet. Alle unsere Projekte haben wir
dabei stets ganzheitlich – zum Wohle aller Bürger und der
Natur im Altmühltal – beleuchtet. So haben wir beispiels-
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Interview  Kaltes Nahwärmenetz
Inhalt
weise die Sanierung der Wasserleitungen durch die Gemeinde dazu genutzt, um unsere Wärmenetz-Leitungen
gleich mitverlegen zu lassen. Allerdings reiften erst im
Laufe von zwei Jahren die anfänglichen Planungen zu
einem ganzheitlichen Konzept heran. Wobei der Beginn der
Planungen zunächst wenig erfolgsversprechend war. So
wollten wir mit Hilfe einer Machbarkeitsstudie der FH
Amberg überprüfen, welche Möglichkeiten der kommunalen Wärmeversorgung in Dollnstein überhaupt realisierbar
waren. Das Ergebnis der Studie ließ uns zunächst resignieren, denn unsere erste Idee einer Energieversorgung auf
der Basis von Hackschnitzeln mit einer Spitzenlastab­
deckung durch Erdöl zeigte sich aufgrund der Vor-OrtSituation als nicht rentabel.
PUBLICUS : Wie gingen Sie weiter vor bei Ihrer Suche
nach Alternativen zur regenerativen Energieversorgung
der Gemeinde Dollnstein?
Radmacher: Wir haben uns auf jeden Fall nicht von dem
negativen Ergebnis der Machbarkeitsstudie entmutigen
lassen, sondern machten uns auf die Suche nach alternativen, regenerativen Wärmequellen, die unserem ganzheitlichen Ansatz entsprachen. Als großer Vorteil erwies sich
dabei das energietechnische Knowhow von Verwaltungsratsmitglied Alfons Kruck, der sich als geschäftsführender
Gesellschafter „Entwicklung und Technik” der ratiotherm
Heizung + Solartechnik GmbH & Co. die intelligente Wärmenutzung auf die Fahne geschrieben hat. Er kam auf die
bahnbrechende Idee, die ganzjährig konstante Grundwassertemperatur im Altmühltal als primäre Energiequelle
nutzbar zu machen. Auf dieser Basis stellte er ein sogenanntes
„kaltes Wärmenetz” vor, das sich einer genialen Kombination
aus mehreren Komponenten zur Energiebereitstellung
bedient. Dabei greifen, einem Zahnrad gleich, alle einzelnen
Komponenten zur Energieversorgung äußerst effektiv,
wirtschaftlich und ressourcenschonend ineinander. Durch
die optimale Kombination der Wärmequellen Sonne, Grundwasser, Blockheizkraftwerk und Gas (für die Spitzenlastabdeckung) können wir die Wärmeversorgung in unserer
Gemeinde so stets bedarfsgerecht und klimaschonend
steuern.
PUBLICUS : Was ist der entscheidende Unterschied zwischen dem „kalten” Nahwärmenetz in Dollnstein und
„konventionellen” Nahwärmenetzen?
© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
© ratiotherm Heizung + Solartechnik GmbH & Co. KG , Dollnstein
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Dollnstein konnte seine Energiekosten bereits im ersten Betriebsjahr um rund 40 % reduzieren.
Radmacher: Unser „kaltes” Nahwärmenetz in Dollnstein
arbeitet nicht wie herkömmliche Netze das ganze Jahr mit
einer konstanten Vorlauftemperatur von 80 °C , sondern
kann von Mai bis Mitte Oktober auf einem Niveau von nur 25
bis 30 °C fahren. Nur in den Herbst- und Wintermonaten
wird die Vorlauftemperatur auf 70 bis 80 °C erhöht, der
Rücklauf liegt dann bei 40-50 °C. Dank dieser extrem niedrigen Vorlauftemperaturen in den „warmen Monaten des
Jahres” können die oft hohen Energieverluste klassischer
Nahwärmenetze vermieden werden. Dafür erwärmen nun
rund 100 m² Solarthermie-Kollektoren auf dem Dach der
Dollnsteiner Heizzentrale das 10 °C kalte Grundwasser aus
dem Uferbereich der Altmühl, bevor es in zwei große
Schichtspeicher fließt.
PUBLICUS : Sie sprechen von einer Heizzentrale in Dollnstein. Was habe ich mir darunter genau vorzustellen?
Welche Aufgaben hat diese Zentrale genau?
Radmacher: Über die Heiz- und Energiezentrale wird das
gesamte Nahwärmenetz für die Gemeinde gesteuert. Dabei
sind die beiden Schichtspeicher die Herzstücke dieser
Energiezentrale: ein zentraler 27.000 Liter Schichtspeicher
mit einer Temperatur von 80 °C sowie ein 15.000 Liter
Niedertemperatur-Speicher mit 30 °C. In diesem Temperaturbereich lassen sich selbst im Winter über die Solarthermie noch große Erträge erzielen. Darüber hinaus sorgt eine
440 kW Wärmepumpe für die temperaturtechnische Aufbereitung des Grundwassers auf Heizungsniveau. Komplettiert
wird die Heizzentrale durch ein Gas BHKW mit 250kW
thermischer und 150 kW elektrischer Leistung für den
Strombetrieb der Grundwasserwärmepumpe sowie einen
Gas-Spitzenlastkessel mit 300 kW. Hinzu kommen in der
Peripherie für jeden angeschlossenen Haushalt noch jeweils
eine „kleine” Wärmepumpe als Übergabestation zur bedarfsgerechten Erwärmung des Wassers sowie ein Pufferspeicher
mit mindestens 300 Liter Fassungsvolumen. Für die „kleinen” Wärmepumpen stehen die gemeindeeigenen PV-Anlagen zur Verfügung. In dieser technischen Konfiguration
erreicht das Dollnsteiner Nahwärmenetz seine höchste
Effizienzstufe: Nach Berechnungen der an diesem Projekt
involvierten Fachhochschulen wird damit das Netz zwischen
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Interview  Kaltes Nahwärmenetz
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dem 01. Mai und dem 15. Oktober mit einer solaren Energieabdeckung von ca. 80 % betrieben.
Reicht in den sonnenärmeren Monaten die über die Solarthermie-Anlage erzeugte Energie nicht aus, kommen die
bereits erwähnte Grundwasserwärmepumpe sowie das Gas
befeuerte Blockheizkraftwerk zum Einsatz. Neben der
Wärme erzeugt das BHKW dabei auch den Strom für die
Grundwasserwärmepumpe und – sofern ausreichend – noch
für die Wärmepumpen an den Übergabestationen. Um
Spitzenlasten zu puffern, ist zusätzlich ein Gaskessel eingebunden. Insgesamt muss bei diesem Konzept nur noch 51 %
an Primärenergie eingesetzt werden, um auf eine Wärmeleistung von 100 % zu kommen.
PUBLICUS : Sie sprachen anfangs auch von einer bedarfsgerechten Steuerung der Wärmeversorgung. Eine wichtige Stellschraube, durch die man erhebliche Energiekosteneinsparungen erreichen kann. Wo und wie haben Sie
beim Dollnsteiner Modell diese Stellschrauben angesetzt?
Radmacher: Richtig, seit dem Startschuss für das kalte
Nahwärmenetz in Dollnstein im August 2014 wird nur noch
die Wärme produziert, die auch tatsächlich nachgefragt wird.
Diesen, in der Energiekonzeption bis dato völlig neuen und
zukunftsträchtigen Ansatz für die Energieeinsparung haben
wir Thomas Kerner zu verdanken, seines Zeichen Geschäftsführer des Software-Unternehmens xNet. Kerner entwickelte
eine Steuertechnik, die auf einer automatischen Software
basiert. Entsprechend unseres modernen Zeitalters der
Vernetzung verbindet diese Software alle Komponenten des
Wärmenetzes intelligent miteinander und steuert ihre Abläufe voll automatisch – mit einem Wartungsaufwand von ca. 10
Minuten pro Tag. So können über die Software die Bedarfszahlen der einzelnen angeschlossenen Haushalte und öffentlichen Gebäude stündlich abgefragt, kontrolliert und ausgewertet werden. Mit Hilfe des Smart Grid, der kommunikativen
Vernetzung von Wärmeerzeugern und -verbrauchern,
können damit auch Spitzen im Wärmebedarf geglättet und
die Wärmeproduktion somit effizient und ressourcenschonend – quasi nach dem Minimalprinzip – gestaltet werden:
Nur die Wärme, die tatsächlich gebraucht wird, wird auch geliefert. Dass das System funktioniert, beweist das Feedback
der bis dato 20 angeschlossenen Haushalte und öffentlichen
Gebäude in Dollnstein: Die Heizzentrale hat im ersten Betriebsjahr 2015 stets zuverlässig und stabil alle Anschlüsse
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© ratiotherm Heizung + Solartechnik GmbH & Co. KG , Dollnstein
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Ein Blick auf die Strangverteilung in der Heizzentrale des Dollnsteiner Nahwärmenetzes.
mit Wärme versorgt – und das bei erheblich geringeren
Energiekosten für die einzelnen Haushalte.
PUBLICUS : Seit gut 1,5 Jahren ist nun aus Theorie und
Vorbereitung gelebte Praxis geworden. Können Sie
bereits Aussagen treffen, inwieweit sich die innovative
Idee eines kalten Nahwärmenetzes für Dollnstein respektive die Gemeinde auch tatsächlich rechnet?
Radmacher: Der wirtschaftliche Betrieb des Netzes ist
bereits jetzt sichergestellt, da der dafür notwendige Mindestverbrauch von jährlich einer Million Kilowattstunden
durch die hohe Anschlussquote an Haushalten heute schon
übertroffen wird. Die eingebundenen Haushalte profitieren
trotz der Kostenumlegung schon jetzt, da Anschaffungs- und
Reparaturkosten für eine eigene Heizanlage entfallen. Die
angeschlossenen Bürger haben nur eine einmalige Anschluss-Gebühr zu bezahlen, diese ist abhängig von der
benötigten Heizleistung für das jeweilige Gebäude. In Dollnstein liegt diese im Schnitt bei 1.500 €. Die jährliche Grundgebühr beträgt 600 € für eine garantierte Wärmeleistung
von 4000 kWh. Steigt der Wärmebedarf über 4.000 kWh an,
rechnet das Kommunalunternehmen Energie mit 11 Cent pro
kWh brutto ab. Auch ökologisch konnte unser Energiekonzept erheblich punkten: So reduzierte sich bereits im ersten
Jahr der CO 2-Ausstoß der Gemeinde um 70 % – die staatliche Vorgabe bis 2025 liegt gerade einmal bei 30 %.
Insgesamt investierte die Gemeinde Dollnstein 1,8 Millionen Euro in die Anbindung an das kalte Nahwärmnetz.
Wobei wir ein Drittel unserer förderfähigen Kosten von der
KfW bezuschusst bekamen, nachdem wir unser Konzept
eingereicht hatten.
PUBLICUS : Haben Sie bei dieser Erfolgsstory des „Dollnstein-Modells” eigentlich schon Anfragen von anderen
Kommunen und Gemeinden erhalten? Nach dem Motto
„Das kalte Nahwämenetz als Vorbild für eine moderne
und umweltbewusste kommunale Energie- und Umweltpolitik”.
Radmacher: Unser erfolgreicher „Pilot” des „kalten Nahwärmenetzes” in Dollnstein hat tatsächlich bereits einige Kommunen zur „Nachahmung” motiviert. So weiß ich von unserem Konzeptpartner, dass das Gewerbegebiet Bodenmais in
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Titelfotos (v.l.n.r.): © spot-shot / Frank-Peter Funke / Hans-Joachim Roy / Rebel - Fotolia
Band 62
62
Bochumer Beiträge zum Berg- und Energierecht
Niederbayern sowie die Stadt Haßfurt in Unterfranken sich
bereits in der konkreten Umsetzung eines „kalten Nahwärmenetzes” nach dem Modell Dollnstein befinden. Es
kommen dort nur andere Energieträger zum Einsatz wie
beispielsweise in Bodenmais Hackschnitzel als Primärenergiequelle, wobei auch Biogas noch diskutiert wird. Aber das
ist ja das Schöne an dem „Dollnsteiner Modell”, dass es ein
offenes System ist, welches zur kreativen Kombination
unterschiedlicher Energiequellen inspiriert. Somit können
auch fast alle örtlichen Gegebenheiten in das Konzept mit
eingebunden werden, um eine klimafreundliche und finanzierbare Wärmeversorgung für die Kommune zu realisieren.
Andere Gemeinden sind auf jeden Fall ganz herzlich eingeladen, sich bei uns jederzeit über neue Wege der kommunalen
Energieversorgung zu informieren. Ich persönlich stehe
hierfür gerne zur Verfügung ([email protected]).
Apropos Vorbildfunktion: Unser kommunales Energiekonzept für Dollnstein hat auch das bayerische Umweltnetzwerk
KUMAS überzeugt, sodass es unsere Gemeinde zum Leitprojekt 2015 prämiiert hat. Nun haben wir den Vorbildcharakter
für die Kommunale Wärmeversorgung in Deutschland sogar
auch noch offiziell verliehen bekommen.
PIELOW (Hrsg.) Erdgas in Zeiten der Energiewende
Seite 29
PIELOW (Hrsg.)
Aus der Reihe
»Bochumer Beiträge zum
Berg- und Energierecht«
Erdgas in Zeiten der
Energiewende: Potenziale,
Hemmnisse, Rechtsfragen
WWW.BOORBERG.DE
Band 59
Band 61
Die energierechtliche Planfeststellung
von Erdkabeln
Kundenanlagen im System des deutschen
und europäischen Energierechts
von Claudius Weisensee
von Philipp Heinrich Wichard Schulze Düllo
2014, 442 Seiten, € 74,–
2014, 240 Seiten, € 44,–
ISBN 978-3-415-05258-1
ISBN 978-3-415-05309-0
Band 60
Band 62
Kommunale Energiewirtschaft und
-politik im Koordinatensystem des neuen
Energierechts
Erdgas in Zeiten der Energiewende:
Potenziale, Hemmnisse, Rechtsfragen
Dokumentation der XVI. Jahrestagung des Instituts
für Berg- und Energierecht am 20. März 2012
Dokumentation der XIX. Jahrestagung des Instituts
für Berg- und Energierecht am 19. März 2015
hrsg. von Professor Dr. iur. Johann-Christian Pielow
hrsg. von Professor Dr. iur. Johann-Christian Pielow
2016, 104 Seiten, € 28,–
2014, 108 Seiten, 38,–
ISBN 978-3-415-05705-0
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SZ0416
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Polizei/Sicherheit und Ordnung  Landesrecht Hessen
Im Blickpunkt: Polizeirecht in Hessen
Aktuelle Entwicklungen des HSOG – Ein Überblick
Der Beitrag gibt einen Überblick über die Entwicklung des
Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und
Ordnung (HSOG ) in den letzten zehn Jahren. Derzeit gilt das
HSOG in der Fassung vom 14. 01. 2005 (GVB l. I S. 14) und
wurde zuletzt durch Art. 7 des Gesetzes vom 28. 09. 2015
(GVB l. S. 346) geändert.
Kommunalisierung des Landrats
Von den im Jahre 2005 erfolgten Änderungen ist die durch
Art. 7 des Gesetzes zur Kommunalisierung des Landrats
sowie des Oberbürgermeisters als Behörden der Landesverwaltung – Kommunalisierungsgesetz – vom 21. 03. 2005
(GVB l. I S. 229) erwähnenswert. Durch dieses Gesetz
wurden Aufgaben und Personal des Landrats sowie des
Oberbürgermeisters als Behörden der Landesverwaltung
weitgehend auf die Landkreise und kreisfreien Städte überführt. Das hatte auch Auswirkungen auf die Organisation der
Gefahrenabwehrbehörden, sodass die §§ 83, 85, 86, 106
anzupassen waren. In dem Jahr der Neufassung des HSOG
erfolgten weitere Änderungen durch Art. 3 des Dritten
Gesetzes zur Verwaltungsstrukturreform vom 17. 10. 2005
(GVB l. I S. 674, 676), die die §§ 27, 71a, und erneut die §§ 83,
85, 86, 106 betrafen. Bei diesem Gesetz handelt es sich um
ein Maßnahmenbündel zur Aufgabenreduzierung und Neuorganisation der Regierungspräsidien, die beispielsweise
weitgehend ihre Aufgabe als Widerspruchsbehörde verloren;
es enthält aber auch in § 71a die Ermächtigung, ein Zuchtverbot für gefährliche Hunde in die HundeVO aufzunehmen.
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© Yul – Fotolia
Seite 30
In Hessen erfuhr das Sicherheits- und Ordnungsrecht in den letzten zehn Jahren zahlreiche Änderungen.
Wildtiere als Hobby
Im Jahre 2007 ist durch das 9. HSOG -Änderungsgesetz vom
28. 09. 2007 (GVB l. S. 634) § 43a in das HSOG eingefügt
worden. Die Vorschrift enthält das grundsätzliche Verbot
hobbymäßig gefährliche Wildtiere zu halten. Eine Verfassungsbeschwerde dagegen ist wegen Unzulässigkeit nicht
zur Entscheidung angenommen worden (BVerfG, Beschl.
v. 02. 12. 2008 – 1 BvR 2639/08 –, EuGRZ 2008, 766). Eine
Grundrechtsklage vor dem Hessischen Staatsgerichtshof
wurde als unzulässig zurückgewiesen (Beschl. v. 11. 02. 2009
– P.st. 2184 –, StAnz. 20/2009 S. 1154). Das VGH Kassel,
Urt. v. 04. 03. 2010 – 8 A 265/09 – NV wZ-RR 2010, 716 und
Seite 31
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Inhalt
das BVerwG, Beschl. v. 28. 01. 2011-6 B 61/10-, juris haben
ebenfalls keine verfassungsmäßen Bedenken gegen diese
Vorschrift.
ÌÌ
Quellenkommunikationsüberwachung: Unabhängig
von den technischen Voraussetzungen muss der
Gesetzgeber vorsorglich Regelungen treffen können.
Rasterfahndung und Automatische Kennzeichenlesesysteme
Im Jahre 2009 wurde das Gesetz zur Änderung des HSOG
und anderer Gesetze vom 14. 12. 2009 (GVBl. I S. 635)
beschlossen. Besonders sind die aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfolgten Neuregelungen zur Rasterfahndung (§ 26) und zum Einsatz von
Automatischen Kennzeichenlesesystemen (§ 14a) sowie die
Berücksichtigung der Strafverfolgungsvorsorge als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung (§ 1 Abs. 4) zu
erwähnen. Das Bundesverfassungsgericht (Beschl. vom
04. 04. 2006 – 1 BvR 518/02 –, NJW 2006, 1939) hat die
Rasterfahndung nur bei konkreter Gefahr für hochrangige
Rechtsgüter für zulässig erklärt. Die bisherige, durch das
Gesetz vom 06. 09. 2002 in § 26 getroffene Regelung, knüpfte
an die Verhütung von Straftaten an und musste daher geändert werden. Die in § 14a getroffene Regelung über den
Einsatz automatischer Kennzeichenlesesysteme ( AKLS) wurde
aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts
vom 11. 03. 2008, NJW 2008,1505 erforderlich, durch den die
bisher geltende Vorschrift des § 14 Abs. 5 für verfassungswidrig und nichtig erklärt worden ist. Gegen § 14a ist auch eine
Verfassungsbeschwerde erhoben worden (1 BvR 1782/09),
über die noch nicht entschieden worden ist. Das BVerwG
(Urt. v. 22. 10. 2014 – 6 C 7.13 – DÖV 2015,346) hat einer Klage
gegen die bayerische Regelung nicht stattgegeben.
Strafverfolgungsvorsorge
Regelungen, die der Vorsorge für Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) dienen, werden als Strafver­
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Polizei/Sicherheit und Ordnung  Landesrecht Hessen
folgungsmaßnahmen im weiteren Sinne angesehen und
unterliegen somit der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ( BVerfG,
Urt. v. 27. 07. 2005 – 1 BvR 668/04 –, NJW 2005, 2603 ).
Solange der Bundesgesetzgeber nicht eine abschließende
flächendeckende Normierung der Strafverfolgungsvorsorge
vorgenommen hat, sondern nur einzelne Regelungen, wie
z. B. §§ 81b 2. Alt. und 81 g StPO getroffen hat, darf der
Landesgesetzgeber insoweit bestehende bundesrechtliche
Lücken ausfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. 01. 2012- 6 C
9/11- NV wZ 2012,757). Für den Bereich der Telekommunikationsüberwachung hat das BVerfG (vgl. Urt. v. 27. 07. 2005
– 1 BvR 668/04, NJW 2005, 2603) eine abschließende Regelung angenommen. Aber die Zuständigkeit für polizeiliche
Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge beurteilt sich nicht
nach der Strafprozessordnung, sondern nach den Polizeigesetzen der Länder (vgl. BVerwG, Urt. v. 23. 11. 2005 – 6 C2/05
– NJW 2006, 1225). Durch die Änderung des § 1 Abs. 4 HSOG
ist klargestellt worden, dass die Vorsorge für die Verfolgung
künftiger Straftaten Aufgabe der Polizeibehörden bleibt.
Die Gefahren des Terrorismus
In diesem Änderungsgesetz des Jahres 2009 wurde auch –
insbesondere zur Abwehr von Gefahren, die vom internationalen Terrorismus ausgehen – die neue Befugnisnorm zur
Quellentelekommunikationsüberwachung (§ 15b) geschaffen.
Von einer Regelung über die sogenannte Online-Durchsuchung wurde dagegen abgesehen. Das Landesverfassungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 11. 11. 2014 –
LVG 9/13- , DÖV 2015,116- LS) hat den § 17c SOG LSA , der
eine Regelung über die Quellen-Telekommunikationsüberwachung enthielt, mit der Begründung für verfassungswidrig
erklärt, es gebe derzeit keine technischen Mittel, um die
Maßnahme durchführen zu können. Diese Begründung überzeugt nicht. Insbesondere wenn es darum geht, Leben zu
retten, muss der Gesetzgeber auch vorsorglich Regelungen
treffen dürfen. In den §§ 12, 15, 15a sind Berufsgeheimnisse
berücksichtigt worden. Die Regelungen über den Kernbereich
privater Lebensgestaltung sind in § 27 zusammengefasst
worden. Bei der Zusammenarbeit der Kommunen wurde eine
zusätzliche Variante eröffnet (§ 82). Die Hessische Polizeischule wurde zur Polizeibehörde und hat die Bezeichnung
„Polizeiakademie Hessen” erhalten (§ 91).
Das Doppeltürmodell
Im Jahre 2012 wurde im Art. 3 des Hessischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes vom 12. 12. 2012 (GVB l. S. 581)
dem § 99 ein Absatz 5 angefügt und das HSOG erstmals
ohne die Angabe „I” zitiert, weil das „GVB l. II ” durch Gesetz
vom 8. 3. 2011 (GVB l. I S. 151) mit Wirkung vom 1. 1. 2012
abgeschafft worden ist.
Im Jahre 2013 wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des HSOG und des LfV-Gesetzes vom 27. 6. 2013 (GVB l.
S. 444) die Entscheidung des BVerfG vom 24. 1. 2012-BvR
1299/05, NJW 2012, 1419 zur Bestandsdatenabfrage in § 15 a
umgesetzt. In diesem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht ein von ihm sogenanntes Doppeltürmodell geschaffen, wonach es einer Norm zur Datenübermittlung (erste
Tür) und einer Abrufnorm (zweite Tür) bedarf. Die Datenübermittlung ist dabei im Telekommunikationsrecht des
Bundes zu regeln (s. das Gesetz vom 20. 06. 2013 – BGB l. I S.
1602), während die Pflicht des TK-Unternehmens, Auskunft
zu erteilen, in dem entsprechenden Fachgesetz – also für
den Bereich der allgemeinen Gefahrenabwehr im HSOG - zu
regeln ist. In diesem Gesetz wurde Regelung über das Außerkrafttreten in § 115 aufgehoben, sodass das HSOG wieder unbefristet gilt.
Die neuesten Änderungen
Im Jahr 2015 schließlich wurden zunächst durch Art. 2 des
Zweiten Gesetzes zur Änderung des Maßregelvollzugsgesetzes vom 29. 04. 2015 (GVB l. S.20295) als Folge der Regelung
des unmittelbaren Zwanges in § 7b des Maßregelvollzugsgesetzes die §§ 63 und 114 HSOG angepasst. Weitere Änderungen folgten durch Art. 7 des Gesetzes zur Änderung des
Melderechts, des Hessischen Gesetzes über die öffentliche
Sicherheit und Ordnung und des Hessischen Glücksspielgesetzes vom 28. 09. 2015 (GVB l. S. 346). Dieses Änderungsgesetz, das am 01. 11. 2015 in Kraft getreten ist, enthält Regelungen über Zuverlässigkeitsüberprüfungsverfahren (§§ 13a
und 13b), die Ergänzung der Videoüberwachung zur Eigensicherung um Tonaufnahmen (§ 14 Abs. 6), die Einführung der
Gezielten Kontrolle einschließlich von Folgeänderungen
(§§ 17, 18, 36, 37), die Aufzeichnung insbesondere von
Notrufen (§ 20 Abs. 11) sowie die Eilzuständigkeit des Zolls
(§ 102 Abs. 3).
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Polizei/Sicherheit und Ordnung  Landesrecht Hessen
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Hinweis der Redaktion: Die erwähnten Änderungen der
letzten zehn Jahre werden in der in Kürze erscheinenden
12. Auflage des vom Richard Boorberg Verlag herausgegebenen Kommentars zum HSOG von Meixner/Fredrich ausführlich behandelt.
Neues aus dem Landesrecht.
Titelfoto: © RBV / Markus Götze - Fotolia
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2. Auflage
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Hessisches Gesetz über
die öffentliche Sicherheit
und Ordnung mit
Durchführungsverordnung
(HSOG und HSOG-DVO)
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Hessisches Gesetz
über die öffentliche
Sicherheit und Ordnung
– HSOG –
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12. Auflage
HSOG
Polizeirecht kommentiert
MEIXNER · FREDRICH
MEIXNER · FREDRICH
Seite 32
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Hessisches Gesetz über die öffentliche
Sicherheit und Ordnung (HSOG)
mit Erläuterungen und ergänzenden Vorschriften
von Kurt Meixner, Ltd. Ministerialrat a.D., und Dirk
Fredrich, Ministerialrat im Hessischen Ministerium
des Innern und für Sport
2016, 12., vollständig überarbeitete Auflage,
ca. 576 Seiten, € 74,80
Polizeirecht kommentiert
ISBN 978-3-415-05711-1
Die 12. Auflage des eingeführten Kommentars aus der
Reihe »Polizeirecht kommentiert« berücksichtigt sämtliche seit Erscheinen der Vorauflage erfolgten, u.a.
auch durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedingten Änderungen des HSOG.
Dirk Fredrich,
Ministerialrat im Hessischen Ministerium
des Innern und für Sport,
Wiesbaden
[email protected]
© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
Neue polizeirelevante Gesetze, Verordnungen und
Verwaltungsvorschriften sind in den Erläuterungen
berücksichtigt. Im Rahmen der grundlegenden inhaltlichen Überarbeitung wurde die polizeirechtliche Literatur ebenso wie die relevante Rechtsprechung der
jüngsten Zeit eingearbeitet.
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Hessisches Gesetz über die öffentliche
Sicherheit und Ordnung und Verordnung
zur Durchführung des Hessischen
Gesetzes über die öffentliche Sicherheit
und Ordnung und zur Durchführung des
Hessischen Freiwilligen-PolizeidienstGesetzes (HSOG und HSOG-DVO)
hrsg. von Peter Schmidt, Ltd. Polizeidirektor,
Hessisches Ministerium des Innern und für Sport
2016, 2., überarbeitete Auflage, 96 Seiten, € 9,90
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alltagstauglichen Formats insbesondere als ständiger
Begleiter im täglichen Dienst geeignet. So kann sie die
individuelle Handlungs- und Entscheidungssicherheit
vor Ort erhöhen. Der Band ermöglicht den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, auf aktuellem Stand
schnell und rechtssicher zu handeln. In der zweiten
Auflage sind mehrere – zuletzt am 1.11.2015 – in Kraft
getretene Änderungen des HSOG berücksichtigt.
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RICHARD BOORBERG VERLAG FAX 07 11 / 73 85-100 · 089 / 43 61 564 TEL 07 11 / 73 85-343 · 089 / 43 60 00-20
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 Rechtsprechungsspiegel
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Rechtsprechungsspiegel
Pflichtmitgliedschaft | Waffenverbot
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BVerwG: Austritt aus dem DIHK bei
allgemeinpolitischer Betätigung
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Seite 33
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Wieder einmal landete ein Streit zwischen einer Industrieund Handelskammer (IHK ) und einem Pflichtmitglied vor
dem Bundesverwaltungsgericht. Erneut ging es um Stellungnahmen zu allgemeinpolitischen Themen, diesmal seitens
des Dachverbands der deutschen IHK s, dem Deutschen
Industrie- und Handelskammertag (DIHK ). Gestritten wurde
über die Frage, ob ein Kammermitglied bei Kompetenzüberschreitung durch den Dachverband von „seiner” IHK verlangen kann, dass diese aus dem Dachverband austritt. Das
Bundesverwaltungsgericht bejahte die Frage (Az. 10 C 4.15).
Geklagt hatte ein Unternehmen der Windenergiebranche
aus Münster. Er gehört wie fast alle Gewerbetreibende und
Unternehmen der örtlichen Industrie- und Handelskammer
per Gesetz an. Er ärgerte sich wiederholt über Äußerungen
des früheren Präsidenten des DIHK , etwa zur Bildungspolitik
und vor allem über energiepolitische Stellungnahmen, in
denen der DIHK aus Sicht des Zwangsmitglieds einseitig
gegen den Ausbau des Marktanteils erneuerbarer Energien
und gegen den Ausstieg aus der Kernenergie Stellung bezog. Weil sich seine örtliche Kammer weigerte, aus dem
DIHK auszutreten, wandte sich das Unternehmen an die
Gerichte.
Erst vor dem Bundesverwaltungsgericht hatte das Unternehmen Erfolg. Dabei hatten die Richter bereits im Jahr
2010 in einem Grundsatzurteil Zurückhaltung bei politischen
Äußerungen verlangt. Auch im aktuellen Urteil stellten die
Richter klar, dass IHK-Mitglieder angesichts der Zwangsmitgliedschaft die Tätigkeit der Kammern nur in dem Rahmen
hinnehmen müssen, den das Gesetz den Kammern zieht.
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Einschlägig ist hier das IHK-Gesetz, das, wie die Richter
betonen, ausdrücklich regelt, dass die Wahrnehmung sozialpolitischer und arbeitsrechtlicher Interessen nicht zu den
Aufgaben der IHK s zählt.
Kompetenzüberschreitende Äußerungen des DIHK – für
die hier laut Urteil dasselbe gilt wie für IHK s – dürfe daher
keine Kammer dulden. Und deshalb dürfe auch jedes Kammermitglied bei Verstößen von seiner Kammer verlangen,
das Nötige zu tun, dass der DIHK weitere Kompetenzüberschreitungen unterlässt; bei Wiederholungsgefahr könne es
von seiner Kammer verlangen, aus dem DIHK auszutreten.
Ob im entschiedenen Fall Wiederholungsgefahr vorliegt oder
ob der DIHK ausreichende Vorkehrungen gegen Kompetenzüberschreitungen getroffen hat, muss jetzt das Berufungsgericht prüfen.
Gerichtsstreitigkeiten zwischen Kammermitgliedern und
der IHK sind nicht selten. Aufsehen erregte etwa eine PlakatAktion pro „Stuttgart 21” durch die IHK Region Stuttgart.
Laut VG Stuttgart hätte diese nicht durchführt werden dürfen – die genannten Entscheidungen werden nicht die letzten in diesem streitanfälligen Bereich gewesen sein. (jb)
VG bestätigt Waffenverbot für Mitglied
eines „Gremium MC Chapter”
Die bloße Mitgliedschaft in einer Ortsgruppe des Motorradclubs „Gremium MC ” genügt für ein Waffenverbot. Dies
entschied in einem aktuellen Beschluss das Verwaltungsgericht Karlsruhe.
Im entschiedenen Fall ging es um ein Mitglied des „Gremium MC Chapter Karlsruhe”. Ihm erteilte das zuständige
Landratsamt ein Waffenverbot. Außerdem entzog es ihm
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Anschauliche Erklärungen.
Titelfoto: © Image Source - Fotolia
2. Auflage
ULLRICH
Waffenrechtliche Erlaubnisse, Verbringen, Mitnahme
waffenrechtliche Erlaubnisse, die sie ihm im Jahr 1995 erteilt
hatte, damals mit dem Erwerbsgrund „Sportschütze”. In den
zugehörigen Waffenbesitzkarten sind zwei Revolver und eine
halbautomatische Pistole eingetragen.
Die Maßnahmen ergriff das Landratsamt nach einer Mitteilung des Polizeipräsidiums, der Mann gehöre der Rockergruppierung „Gremium MC Chapter Karlsruhe” an. Die
Polizei hatte den Mann bei polizeilichen Kontrollen mit Kutte
angetroffen, zuletzt beim „Tag der Harley”, einer Gremium
MC-Veranstaltung.
Die „Outlaw Motorcycle Gangs”, zu der laut einem Strukturbericht des Landeskriminalamts Baden-Württemberg
auch das Gremium MC gehört, sorgen immer wieder für
Aufsehen. Die Szene wird in dem Strukturbericht als äußerst
gewaltbereit eingestuft. Immer wieder komme es zu Machtkämpfen, Racheakten und Vergeltungsschlägen. Mit gewalttätigen Auseinandersetzungen wie etwa zwischen den „Hells
Angels MC ” und den „Bandidos” müsse jederzeit gerechnet
werden. Schießereien seien dabei nicht auszuschließen.
Im Gerichtsverfahren bestritt das Vollmitglied des Gremium MC , dass es sich bei seinem Verein um eine der Rockergruppierung „Bandidos” oder den „Hells Angels” vergleichbare Gruppierung handelt und zweifelte den Strukturbericht
des LKA an. Damit drang er vor dem Verwaltungsgericht
aber nicht durch.
Die Richter billigten nicht nur den Strukturbericht, dem
sie eine ausreichende Tatsachengrundlage bescheinigten,
sondern verwiesen auf Entscheidungen u. a. des Bundesverwaltungsgerichts, das erst kürzlich das behördliche Verbot
des Regionalverbands „Gremium MC Sachsen” bestätigt hat.
Dort waren Auslöser für das Verbot gewaltsame Auseinandersetzungen mit den „Hells Angels”, bei denen u. a. ein
unbeteiligter 15-Jähriger schwer verletzt wurde.
Auf Besonderheiten einzelner Ortsgruppen können sich
Mitglieder dabei nicht berufen, auch nicht das „Gremium
MC Chapter Karlsruhe”. Laut Beschluss müssen sich diese
nämlich die kriminellen Aktivitäten des Gremium MC in
seiner Gesamtheit zurechnen lassen (Az. 4 K 5120/15). (jb)
Waffenrechtliche Erlaubnisse,
Verbringen, Mitnahme
Darstellung des aktuellen Waffenrechts
2. Auflage
ULLRICH
Seite 34
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Waffenrechtliche Erlaubnisse,
Verbringen, Mitnahme
Darstellung des aktuellen Waffenrechts
von Sigrun Ullrich, Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung Freiburg
2014, 2. Auflage, 356 Seiten, € 29,–
ISBN 978-3-415-05304-5
Das Buch befasst sich mit dem Waffengesetz sowie
der AWaffV und berücksichtigt die Kommentierungen
der WaffVwV. Die Autorin stellt die Systematik der
Erlaubnisse für alle, die privat oder beruflich mit
Waffen zu tun haben, dar und gibt einen Überblick
über die Formulare für diese Erlaubnisse aus der
WaffVordruckVwV.
Auf die Rechtslage der Genehmigungspflicht bei der
Ausfuhr von Schusswaffen oder Munition geht die
Verfasserin detailliert ein.
Leseprobe unter
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Gesetzgebungsspiegel
EEG 2016 | Windenergie | E-Autos
Sonderregelungen für Bürgerenergiegesellschaften
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI)
hat ein aktualisiertes Eckpunktepapier zur geplanten Novelle
des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2016 veröffentlicht. Unter anderem enthält das Papier neue Regelungsvorschläge zur Wahrung der Akteursvielfalt, also ausdrückliche
Sonderregelungen für lokal verankerte Bürgerenergieprojekte
im Bereich Wind an Land.
Danach benötigen lokal verankerte Bürgerenergiegesellschaften, die im Bereich Wind an Land Projekte von 1 bis 6
Megawatt realisieren wollen, keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung mehr, um in der Ausschreibung mitbieten
zu können. Sie können unter bestimmten Voraussetzungen
bereits vor der Erteilung einer Genehmigung für eine Windkraftanlage und unter erleichterten finanziellen Bedingungen ein Gebot abgeben. Die Bundesimmissionsschutzgenehmigung muss erst zwei Jahre nach Erhalt des Zuschlags
vorliegen. Photovoltaik- und Windkraftanlagen an Land
unter 1 Megawatt sind dagegen weiterhin vollständig von
der Ausschreibung ausgenommen.
Das aktualisierte Eckpunktepapier finden Sie hier. (jb)
Sinkende Fördersätze für Windenergie
und Biomasse
Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz von 2014 müssen
die Fördersätze für Strom aus Windenergie an Land und
Biomasse quartalsweise angepasst werden. Entscheidend
hierfür ist der Zubau in einem vorangegangenen zwölfmonatigen Bezugszeitraum. Die Zubauzahlen für Windenergie an
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Land im Bezugszeitraum liegen mit etwa 3.666 Megawatt
oberhalb des gesetzlichen Zubaukorridors von 2.400 bis
2.600 Megawatt. Bei dem Energieträger Biomasse wurde
mit einem geringen Zubau von etwa 71 Megawatt die Zubaugrenze von 100 Megawatt nicht überschritten. Deshalb
sinken ab 1. April 2016 die Fördersätze von Windenergieanlagen an Land um 1,2 % und von Biomasse um 0,5 %. (jb)
Neue Ladesäulenverordnung für E-Autos
Am 17. März 2016 ist die neue Ladesäulenverordnung für
E-Autos in Kraft getreten. Hintergrund ist das Elektromobilitätsgesetz vom 5. Juni 2015 (BGB l. I S. 898), mit dem den
Städten und Gemeinden das Recht eingeräumt wird, kostenlose Parkplätze für E-Autos zu reservieren und ihnen die
Nutzung von Busspuren zu erlauben. Das Gesetz ist nicht
verpflichtend für die Kommunen; viele Städte sind nicht
bereit, ihre Busspuren tatsächlich für Elektroautos zu öffnen. Allerdings gelten Fahrzeuge mit Elektro- oder Hybridmotoren als umweltfreundliche Alternative zum Pkw mit
Verbrennungsmotor. Bis zum Jahr 2020 sollen deshalb nach
dem Willen der Bundesregierung eine Million E-Autos über
die deutschen Straßen rollen – bislang sind es lediglich gut
125.000. Noch immer stehen den Plänen jedoch hohe Anschaffungskosten, geringe Reichweite und eine kaum ausgebaute Infrastruktur zum Wiederaufladen im Weg. Letzterem
Problem soll die „Verordnung über technische Mindestanforderungen an den sicheren und interoperablen Aufbau und
Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elek­
tromobile (Ladesäulenverordnung – LSV )” Rechnung tragen.
Mit der neuen Verordnung werden einheitliche Standards
für die Anschluss-Stecker an den Ladepunkten eingeführt,
sodass Elektrofahrzeuge dadurch künftig an wechselnden
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Ladesäulen Strom „tanken” können. Die Verordnung be­
inhaltet darüber hinaus Regelungen zur technischen Sicherheit der Anlagen. Den Aufbau, die Außerbetriebnahme und
die Einhaltung der technischen Anforderungen müssen die
Betreiber von öffentlich zugänglichen Ladesäulen regelmäßig der Bundesnetzagentur nachweisen. (jb)
Die smarte Stadt
WILLI KACZOROWSKI
WILLI KACZOROWSKI
Seite 36
Richtungweisende
Darstellung.
Die smarte Stadt –
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intelligent gestalten
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in den gängigen Stores
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Die smarte Stadt –
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von Willi Kaczorowski, Strategieberater für digitale
Verwaltung und Politik
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Das Internet und die Digitalisierung bestimmen immer
mehr, wie wir leben, arbeiten, miteinander kommunizieren, Wissen teilen und helfen. Eine Stadt, die diese
Einflüsse positiv für die öffentliche Daseinsvorsorge
und Verwaltung nutzt, ist »smart« und damit attraktiv
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aktuellen Herausforderungen wie den demografischen
Wandel, ökologische und finanzielle Nachhaltigkeit,
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die für die erfolgreiche digitale Vernetzung einer
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und Politik über die Bildung, die Wertschöpfung in
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Gesundheit und Pflege sowie Energie und Umwelt.
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 Veranstaltungsspiegel
Inhalt
Veranstaltungsspiegel
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Lokale Energiewende | Nationale Stadtenwicklungspolitik | 8. Speyerer Tage
zum Friedhofs- und Bestattungsrecht | Basisschulungen zum Vergaberecht
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Seite 37
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ÌÌ „Lokale Energiewende: Wie bleibt die Bürgerbeteiligung erfolgreich?”
Termin: Mittwoch, 18. Mai 2016, von 09.30 – 16.30 Uhr
Ort: Schloß Biebrich (Am Schloßpark, 65203 Wiesbaden)
Veranstalter: Agentur für Erneuerbare Energien in Kooperation mit der Hessen Agentur und der Energieagentur Rheinland-Pfalz
Die Energiewende in Deutschland ist eine Bürgerenergiewende. Sie wird nicht nur von einer breiten Mehrheit befürwortet, sondern viele Bürgerinnen und Bürger betreiben
selber Anlagen der Erneuerbaren Energien oder beteiligen
sich finanziell an lokalen Energieprojekten. Doch durch neue
Rahmenbedingungen funktionieren bewährte Beteiligungsmodelle nicht mehr. Die Veranstaltung „Lokale Energiewende: Wie bleibt die Bürgerbeteiligung erfolgreich?” möchte
die Zukunftsfähigkeit verschiedener Modelle beleuchten,
neue Geschäftsfelder diskutieren und regionale Netzwerke
anstoßen. Die von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
geförderte Veranstaltung richtet sich u. a. an kommunale
Entscheider und Vertreter aus der Verwaltung, Klimaschutzmanager, Stadtwerkevertreter, andere Energieversorger,
Energiegenossenschaften und Energiebürger.
Die Möglichkeit zur Anmeldung und weitere Informationen finden Sie unter www.kommunal-erneuerbar.de/index.
php?id=519.
Die Teilnahmegebühr beträgt 65,00 € (inkl. MwSt.). Die
ermäßigte Teilnahmegebühr von 29,00 € (inkl. MwSt)
richtet sich an Vertreter von Kommunen/Landkreisen/
Behörden/ NGO /Bildungseinrichtungen/Unterstützer der
AEE . Für Pressevertreter, Studenten, Energie-Kommunen
und Kommunen mit Haushaltssperre ist die Teilnahme
kostenlos.
Kontakt & Information: Christina Hülsken, Agentur für
Erneuerbare Energien, Invalidenstr. 91, 10115 Berlin;
E-Mail: [email protected];
Tel. 030–200 535 40; Fax: 030–200 535 51.
ÌÌ Die transformative Kraft der Städte: Nachhaltige Urbanisierung in Nordrhein-Westfalen
Termin: 27.06.2016, 18.00 Uhr s.t.
Ort: Ratssaal im Rathaus in Münster, Prinzipalmarkt 10
Veranstalter: Zentralinstitut für Raumplanung an der
Universität Münster
18.00 Uhr Begrüßung und Grußworte
18.30 Uhr Der Umzug der Menschheit: die transformative
Kraft der Städte
Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des
Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK ), Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung
Globale Umweltveränderungen ( WBGU )
19.00 Uhr Transformative urbane Governance: Herausforderungen für Nordrhein-Westfalen
Prof. Dr. Sabine Schlacke, Institut für Umwelt- und
Planungsrecht, Universität Münster, Mitglied des WBGU
19.15 Uhr Podiumsdiskussion
Moderation: Georg Ehring, Deutschlandfunk-Umweltredaktion
20.30 Uhr Empfang
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos. Auskünfte und Anmeldungen: Zentralinstitut für Raumplanung
an der Universität Münster
Wilmergasse 12 – 13, 48143 Münster,
www.uni-muenster.de/jura.zir
Tel.: 0251 83-29780; Fax.: 0251 83-29790;
E-Mail: [email protected]
Seite 38
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ÌÌ 10. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik
Termin: 14. und 15. September 2016
Ort: Hannover
Veranstalter: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit, Bauministerkonferenz der
Länder, Deutscher Städtetag und Deutscher Städte- und
Gemeindebund
Die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, lädt gemeinsam
mit der Bauministerkonferenz der Länder, dem Deutschen
Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund
zum 10. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik
am 14. und 15. September 2016 nach Hannover ein.
Der 10. Bundeskongress widmet sich der aktuellen Frage,
wie der Zusammenhalt der Gesellschaft im Quartier, in der
Stadt und in der Kommune zukünftig gestaltet werden kann
über Ressorts und Disziplinen hinweg, mit Blick auf Zuwanderung, Integration, Beteiligung, angespannte Wohnungsmärkte auf der einen Seite und demografischen Wandel auf
der anderen Seite. Renommierte Fachleute und Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Planung und der Zivilgesellschaft bringen ihre Erfahrungen und Kenntnisse ein und
werden gemeinsam mit Ihnen an diesen Themen arbeiten.
Akteurinnen und Akteure beispielhafter Projekte aus ganz
Deutschland stellen ihre Ideen und Ansätze vor. Eine Projektbörse wird auch dieses Jahr das Kongressprogramm
inhaltlich und kommunikativ ergänzen.
Der Kongress beginnt am Nachmittag des 14. September
und setzt sich am 15. September 2016 ganztägig fort.
Weitere Informationen unter:
www.nationale-stadtentwicklungspolitik.de
Kongressmanagement:
Tel. 0 30 / 69 53 70 8 0, Fax 0 30 / 69 53 70 8 20 [email protected]
ÌÌ 8. Speyerer Tage zum Friedhofs- und Bestattungsrecht
Termin: 15. und 16. September 2016
Ort: Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften
Speyer, Freiherr-vom-Stein-Str. 2, 67346 Speyer
Veranstalter: Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer
Unter der Wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Ulrich
Stelkens veranstaltet die Deutsche Universität für Verwal© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
 Veranstaltungsspiegel
tungswissenschaften Speyer am 15. und 16. September 2016
die „8. Speyerer Tage zum Friedhofs- und Bestattungsrecht“.
Das Tagungsprogramm sieht folgende Vorträge vor:
Donnerstag, 15. September 2016
Ende des Nutzungsrechts: Einebnung und dann?
Torsten F. Barthel, LL .M., Rechtsanwalt, Berlin
Aktuelle Rechtsprechung zum Friedhofs- und
Bestattungsrecht
Prof. Dr. Dr. Tade Matthias Spranger Rheinische Friedrich­
Wilhelms-Universität Bonn
Erste Erfahrungen mit der Neuregelung der muslimischen
Bestattung in NRW
Imke Bukowski, Referentin, Städte- und Gemeindebund
­Nordrhein-Westfalen
Praxisbericht: Friedhofsentwicklungsplanung und
­Umgang mit Überhangflächen
Dipl.-Ing. (FH ) Heinrich Kettler, Cemterra GmbH, Münster
Praxisbericht: Vertragliche Lösung für Vergütungssätze
bei Sozialbestattungen im Saarland – Modell für andere
Bundesländer?
Michael Peter, Rechtsanwalt und Geschäftsführer des Wirtschaftsverbands Holz Kunststoff Saar e. V., Saarbrücken
Freitag, 16. September 2016
Umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen der
­Friedhofsverwaltung
Prof. Dr. Andreas Musil, Universität Potsdam
Wettbewerbsrecht und Friedhofsverwaltung
Prof. Dr. Stefan Storr, Karl-Franzens-Universität Graz
Wettbewerbsrecht und Bestattungsgewerbe
Dr. Karsten Schmidt, RiOLG , Saarländisches Oberlandes­
gericht, Saarbrücken
Anmeldeschluss: 31. August 2016. Anmeldungen sind u. a.
möglich im Internet unter www.uni-speyer.de/de/
weiterbildung/weiterbildungsprogramm.php
Ansprechpartner für Teilnehmer:
Katja Niedermeier, Tel.: 06232/654–226 und
Anja Roth, Tel.: 06232/654–281, Fax: 06232/654–488,
E-Mail: [email protected],
www.uni-speyer.de
ÌÌ Basisschulungen zum Vergaberecht
Veranstalter: forum vergabe e.V.
Termine und Ort:
–– 07./08. Juni 2016 in Hamburg
–– 14./15. Juli 2016 in Berlin
–– 26./27. Juli in München
–– 03./04. August in Frankfurt am Main
Wer nicht so häufig oder zum ersten Mal mit dem Vergaberecht zu tun hat, dem stellen sich viele Fragen. Speziell für
wenig erfahrene Anwender des Vergaberechts bieten wir
eine einführende systematische und praxisgerechte Darstellung dessen, was bei der Durchführung von Vergabeverfahren zu beachten ist. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.
Folgende Fragen werden behandelt:
–– Wie geht das eigentlich mit dem Vergaberecht?
–– Wie funktionieren Vergabeverfahren, wie sind sie vorzubereiten, wie durchzuführen?
–– Welche Fristen sind zu beachten?
–– Worauf ist bei den Vergabeunterlagen zu achten?
–– Wie geht man mit Fragen und Rügen von Bietern um?
Die Schulungen werden auf der Grundlage des neuen Rechts
stattfinden. Die Änderungen durch die Vergaberechtsreform
sind eingearbeitet. In zwei vollen Tagen werden in der Basisschulung alle Fragen zu der praktischen Handhabung von
Vergaberecht und der Durchführung von Vergabeverfahren
beantwortet. In einer kleinen Gruppe von 8 bis 14 Teilnehmern werden alle wichtigen Bereiche des Vergaberechts
dargestellt und die Fragen der Teilnehmer diskutiert. Praxisfälle dienen der Vertiefung.
Weitere Infos: www.forum‑vergabe.de/veranstaltungen/
aktuell
forum vergabe e.V., Spichernstraße 15, 10777 Berlin;
Tel.: 030 ‑ 23 60 80 60, Fax: 030 ‑ 23 60 80 621.
www.forum‑vergabe.de
Seite 39
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Inhalt
 Veranstaltungsspiegel
Veranstaltungsberichte
ÌÌ 4. Speyerer Tagung zu Public Corporate Governance
Über 100 Teilnehmer folgten am 04. und 05. April 2016 der
Einladung von Prof. Dr. Michèle Morner und Prof. Dr. Ulf
Papenfuß zur 4. Speyerer Tagung zu Public Corporate Governance. Univ.-Prof. Dr. Michèle Morner ist Inhaberin des
Lehrstuhls für Personal, Führung und Entscheidung im öffentlichen Sektor an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer. Prof. Dr. Ulf Papenfuß ist Juniorprofessor für Public Management an der Universität Leipzig.
GmbH = „Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung“? :
Experten aus Verwaltung, Wissenschaft und Beratung
suchten an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer den Dialog und tauschten sich über
Perspektiven und Gestaltungsmöglichkeiten öffentlicher
Unternehmen aus. Insbesondere diskutierten sie über gute
Leitung und Aufsicht öffentlicher Unternehmen.
Viele öffentliche Versorgungsaufgaben werden heutzutage von privatrechtlichen Beteiligungsgesellschaften von
Bund, Ländern und Kommunen übernommen. Dominierende
Rechtsform ist dabei die GmbH. Doch wie kann konkret
sichergestellt werden, dass diese Gesellschaften ihrem
öffentlichen Auftrag adäquat nachkommen?
Im Fokus stand vor allem die Arbeit von Aufsichtsräten als
wichtiges Kontroll- und Steuerungsinstrument guter Unternehmensführung. „Insbesondere Public Corporate Governance Kodizes regeln die Aufsichtsratsarbeit und leisten
einen wichtigen Beitrag zur Bewusstseinsstärkung der
Aufsichtsratsaufgaben“, so Prof. Ulf Papenfuß. Davon existieren aber viel zu viele, die zum Teil nicht ausreichend
gelebt werden.
In diesem Sinne warnte Herr Prof. Dr. Edgar Ernst – Präsident der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (dpr) –
in seinem Keynote-Vortrag vor einer Überflutung von „Formalismen ohne Zusatznutzen“, wie beispielsweise
Regelungen hinsichtlich Altersobergrenzen von Aufsichtsratsmitgliedern. Vielmehr sei wichtig, gängige Besetzungsstrategien nach Parteiproporz kritisch zu hinterfragen und
klare, unternehmensspezifische Anforderungsprofile an
Aufsichtsräte zu definieren. „Auch gruppendynamische
Aspekte sollten sowohl bei der Aufsichtsratsbesetzung als
© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
Prof. Dr. Michèle Morner und Prof. Dr. Ulf Papenfuß
freuen sich über eine gelungene Tagung.
auch -evaluation in den Fokus gestellt werden“, so Prof.
Morner. Denn Aufsichtsratsarbeit gelinge nur, wenn das
Gesamtgremium als Team agiere und in engem Austausch
mit der Geschäftsleitung stünde. Nur auf diesem Weg könne
gewährleistet werden, dass Aufsichtsräte ausreichend mit
kontroll- und entscheidungsrelevanten Informationen „versorgt“ sind, um Risiken abzuwägen und dem Versorgungsauftrag öffentlicher Unternehmen Rechnung zu tragen.
Die 5. Speyerer Tagung zu Public Corporate Governance
wird diese Problematik erneut aufgreifen und findet am
3. und 4. April 2017 statt.
Kontakt und weitere Informationen zur Tagung:
Univ.-Prof. Dr. Michèle Morner, Deutsche Universität für
Verwaltungswissenschaften Speyer, Postfach 1409 – 67324
Speyer, Freiherr-vom-Stein-Straße 2 , D-67346 Speyer,
Telefon: +49 (0) 6232 654–275, Telefax: +49 (0) 6232 654–279,
E-Mail: [email protected]
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 Zeitschriftenspiegel
Inhalt
Zeitschriftenspiegel
Verwaltungsblätter | Sozialverwaltung und Sozialrecht
Verwaltungsblätter für
Baden-Württemberg (VBlBW)
Niedersächsische Verwaltungs­
blätter (NdsVBl.)
Rieger Die Überprüfung von Bebauungsplänen in Normenkontrollverfahren – ein Überblick über die Rechtsprechung
des VGH Baden-Württemberg in den letzten fünf Jahren
– Teil 2 Heft 5 – 177
Beckermann Öffentliche Bekenntnisschulen in Niedersachsen als Auslaufmodell? – Bemerkungen zu § 135 Abs. 5
Nds. SchulG Heft 5 – 129
Enzensperger, Kräutermischungen als Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Heft 5 – 183
Vorwachs Neue Regelungen beim Umgang mit gefährlichen Stoffen in Industriebetrieben – Die Umsetzung der
Seveso-III-Richtlinie in deutsches Recht Heft 5 – 133
Feinäugle Die Festlegung von Zielen der Raumordnung als
Grundlage der Antragsbefugnis nach § 47 Absatz 2 Satz 1
VwGO Heft 5 – 186
Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.)
Bayerische Verwaltungsblätter
(BayVBl.)
Schink Verbot des Fracking als Ziel der Raumordnung? Heft 5 – 177
Voßkuhle Verfassung und Parlamentarismus Heft 9 – 289
Der Zeitschriftenspiegel gibt Ihnen einen Überblick über
ausgewählte aktuelle Abhandlungen und Berichte, die in den
juristischen Fachzeitschriften des Richard Boorberg Verlags
erschienen sind oder in Kürze veröffentlicht werden.
Rinke Die Zwangsmitgliedschaft in der Handwerkskammer
auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand Heft 10 – 325
Hüpers Anmerkungen zu Pflichtmitgliedschaft und Wahlrecht in der Handwerkskammer – Zugleich Erwiderung
auf Rinke (BayVBl. 2016, 325 ff.) Heft 10 – 333
Lange Anforderungen der Selbstverwaltungsgarantie
an die Finanzausstattung der nordrhein-westfälischen
Kommunen Heft 5 – 183
Petschulat Landesverfassungsrecht als Standort der
­Abweichungsgesetzgebung Heft 5 – 188
Sächsische Verwaltungsblätter
(SächsVBl.)
Dammert/Brückner Reduzierung des Flächenverbrauchs –
Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Nutzflächen durch
naturschutzrechtliche Maßnahmen Heft 5 – 105
© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
 Zeitschriftenspiegel
Inhalt
Thüringer Verwaltungsblätter
(ThürVBl.)
Stollenwerk Thüringer „Hundegesetz” in der Praxis
angekommen Heft 5 – 109
Zimmermann europa: Regieren im europäischen Mehr­
ebenensystem in zwölf Lektionen – Die Organe der EU
(Lektion IX)
ISSN 1867 - 6995
41. Jahrgang
15. Oktober 2015
E 11884
ausbildung · prüfung · fachpraxis
10 | 2015
Gesamtausgabe
Schwerpunkte
Zeitschrift für die staatliche und kommunale Verwaltung
B 2753
ISSN 0341-3888
49. Jahrgang
Heft 7/2010 Dezember 2010
ISSN 0342-3379
H 7463
62. Jahrgang . Dezember 2010
12
FACHZEITSCHRIFT FÜR FRAGEN DER REHABILITATION
Sojka lexikon: Glossar Anfechtungsklage von A bis Z
Kitzeder lexikon: Glossar TTIP, CETA und TiSA von A bis Z
AUSBILDUNG /
FACHPRAXIS
SOZIALRECHT
Vorschau
Heft 6/2016
Unter Mitwirkung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen
mit besonderer Berücksichtigung der Gebiete
Schwerbehindertenrecht – Kriegsopferversorgung – Kriegsopferfürsorge
7/2010
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Prof. Dr. E.-W. Luthe
Die Leistungen
zur Teilhabe am
Leben in der
Gemeinschaft im
SGB IX (Teil I)
Seite
Dr. Monika Exner/
Franz Dillmann
»Mit heißem
Bemühn . . .«,
Voraussetzungen
und Grenzen der
Gewährung einer
Hochschulhilfe
für behinderte
Menschen
181
Vertrauenspersonen fragen ____________________ 201
Aus der Rechtsprechung
Auswärtige Unterbringung beh.
Auszubildender (BVerwG) _____________________ 205
Kosten der Schwerbehindertenvertretung (BAG) _____________________________________________ 210
Verteilung der verringerten
Arbeitszeit (LAG) ____________________________________________ 212
Benachteiligung eines schwerbeh.
Bewerbers (ArbG) ____________________________________________ 214
Pflichtarbeitsplatz für schwerbeh. Menschen (LSG) __________________________________ 216
Seite
190
Starke das aktuelle thema: Zur Abstimmung in Großbritannien: Austritt und Ausschluss aus der Europäischen Union
– ein rechtlicher Überblick
Zeitschrift für das Fürsorgewesen
Dr. Mecke
Tagungsbericht
des 3. Deutschen
Sozialgerichtstags:
Hartz IV-Reform –
Experten bezweifeln Verfassungsfestigkeit
Seite
197
AKTUELLES
_ 16
Soziales Gesundheits- und Medizinrecht
Medizinrecht _________203
Integrationsprojekte
Abschlussbericht
in
_________________________________189
_ 14
Fürsorgetag/ConSozial
Deutschland ____________________________2009
_______UN___________________ 14
8.
Deutsche
Deutscher
imHörfilmpreis
Ausschuss zur
Behindertenrechtskonvention _________ 202
Berechnung der Ausgleichsabgabe
______und
_____________Nutzen
_______________________der
__________beruf________________________________ 16
Kosten
2009
lichen Reha ____________________________________________________________ 204
Rundfunkgebührenbefreiung __________________ 30
Reha-Bericht 2010 __________________________________________ 204
Internes Qualitätsmanagement ___________ 30
Rechtsprechung
Neuer Internetauftritt
in Leitsätzen _________________________________________________________ 219
der Berufsbildungswerke ______________________________ 30
Bücher _________________________________________ II/204/220
Schriftl. Anfragen an die
Bundesregierung ___________________________________________________ 30
Bücher __________________________________________________________________
Handlungsinstrumente der Verwaltung:
Der Verwaltungsakt
Aus dem Inhalt:
Den Wechsel gelingen lassen –
Faktoren für ein erfolgreiches Management
des Übergangs in die Optionskommune
Jahresinhaltsverzeichnis
II/32
Behindertenrecht (br)
Allgemeines Verwaltungsrecht:
Klausuren, Übungen, Lexikon
Das Interview:
Prüfungen sind keine Hexerei
Rubriken
Seite 41
Das aktuelle Thema
Einspeisung von Prozesswärme in die Wärmenetze
Matthias Knuper / Marcel Lauinger
Wissens-Check
Lärmschutz und der Ruf des Muezzin
Klein aufsatz: Verantwortlichkeit von ausgewählten
Rechtssubjekten im stehenden Gewerbe
Wocken/ Beyer Die schwierige Beendigung eines
besonderen Vertragsverhältnisses Heft 3 – 65
Peters aufsatz: Die rechtlichen Grundlagen zur Planung
des Umweltschutzes
Marburger Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen der
GKV für behinderte Menschen Heft 3 – 70
Gass wissens-test: Rückforderung von Zuwendungen
einschl. Verzinsungsfragen – Übungsfälle
Dahm Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze und ihre
Bedeutung für eine ständige Begleitung (Merkzeichen B) Heft 3 – 75
Dr. Martin Thormann, Warendorf
Fragen und Fälle zum Verwaltungsprozessrecht
Dr. Günter Hilg
Fachpraxis
Der richtige Inhalts- und Bekanntgabeadressat von
Verwaltungsakten
Georg Gass
Ausbildung/Prüfung/Fachpraxis
Heft 5/2016
Kitzeder das aktuelle thema: TTIP, CETA und TiSA:
Auch für die Ausbildung interessant (Teil 2)
Sojka aufsatz: Der Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren
– Teil II: Die Anfechtungsklage
Block aufsatz: Befristete Arbeitsverhältnisse im
öffentlichen Dienst (Teil 2)
Hanne aufsatz: Die Bauleitplanung als Kernaufgabe der
gemeindlichen Planungshoheit (Teil 4)
Hilg wissens-test: Fragen und Fälle zum Verwaltungs­
prozessrecht
© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
Block wissens-test: Befristete Arbeitsverhältnisse im
öffentlichen Dienst – Vertiefungs- und Wiederholungs­
fragen
Zeitschrift für das Fürsorgewesen
(ZfF)
Miller fachpraxis: Beteiligung der Einwohner und Bürger
am Beispiel des Kommunalverfassungsgesetzes SachsenAnhalt
Schwabe Zur Neuregelung des Bargeldbedarfs für Leistungsfälle nach § 3 AsylbLG ab 01. 04. 2016 Heft 4 – 73
Schmidt fachpraxis: Steuerungsrelevanz kommunaler
Kennzahlen – Ein Vergleich von Kameralistik und Doppik
(Teil 1)
Gerlach Die Entwicklungen im Kindergeldrecht und ihre
Auswirkungen auf die Transferleistungssysteme im SGB
II, SGB XII und dem AsylbLG – Teil 1 Heft 4 – 79
Albrecht rechtsprechung: Das Urlaubsrecht des öffent­
lichen Dienstes im Spiegel der neuen Rechtsprechung –
Eine Übersicht zu den wichtigsten Themen (Teil 1)
Neue Gesetze, Verordnungen und Erlasse: Aus der Gesetzgebung des Bundes und der Länder Heft – 91
Hinweise auf Rechtsprechung des BSG mit Bezug zum SGB
II oder SGB XII – Veröffentlichungszeitraum 13. 02. 2016
– 08. 03. 2016 Heft 4 – 91
Seite 42
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 Zeitschriftenspiegel
Inhalt
DER
WIRTSCHAFTSFÜHRER
Anfang April 2016 ist die 56. Ausgabe des Wirtschaftsführers für junge Juristen erschienen. Fachbeiträge rund um
Studium, Referendariat und Berufseinstieg sowie die Jobbörse mit Ausbildungs- und Referendarplätzen in Firmen und
Kanzleien machen das kostenlose Jura-Magazin so beliebt.
Es erscheint zweimal im Jahr jeweils Anfang April und
Oktober in einer Auflage von ca. 9.000 Exemplaren.
Auf Wunsch senden wir Ihnen ein Exemplar des Wirtschaftsführers auch per Post zu. Wir benötigen hierfür einen frankierten Rückumschlag (für Format DIN A4) mit Ihrer Adresse an:
Richard Boorberg Verlag
GmbH & Co KG
Herrn Birger Graf
Scharrstraße 2
70563 Stuttgart
Lesen Sie diesmal:
Der NSU -Prozess: Ein Interview mit den Strafverteidigern
Anja Sturm und Wolfgang Heer
DER WIRTSCHAFTSFÜHRER
FÜR JUNGE JURISTEN
Das Strafrechtsmandat:
Strategie
und Profession
Ein Interview mit Anja Sturm und Wolfgang Heer
2016 · 1
Integritätssysteme und
persönliche Integrität
Stephan Grüninger
Compliance in Kanzleien
Dominik Heske
Zu den kompletten Inhaltsverzeichnissen
der Zeitschriften:
Wie löscht Google heute?
Tobias Jacquemain
Das neue Syndikus-Recht
Martin Huff
ÌÌ Bayerische Verwaltungsblätter (BayVBl.)
] Ausbildung
] Praxis
] Karriere
Ausbildungsplätze in Studium und
Referendariat
Traineeprogramme und Stellen
Tätigkeitsfelder von Juristen
in Unternehmen
ÌÌ Niedersächsische Verwaltungsblätter (NdsVBl.)
Schwerpunkt: Integrität, Compliance und Recht
–– Integritätsmanagement – mehr als nur Compliance!
–– Compliance in Kanzleien
–– Wie löscht Google heute?
–– Das neue Syndikus-Recht
ÌÌ Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.)
ÌÌ Sächsische Verwaltungsblätter (SächsVBl.)
ÌÌ Thüringer Verwaltungsblätter (ThürVBl.)
Referendariat
–– Der juristische Vorbereitungsdienst in Thüringen
–– Weiterbildung zum Compliance Officer
ÌÌ Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg (VBlBW)
ÌÌ Behindertenrecht (br)
Einblicke: Baker McKenzie, PWC , Thümmel Schütze &
Partner
ÌÌ Zeitschrift für das Fürsorgewesen (ZfF)
Sie finden den Wirtschaftsführer auch zum Download als
ÌÌ Ausbildung – Prüfung – Fachpraxis (apf)
PDF im Internet unter www.boorberg.de.
© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
Seite 43
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 Literaturspiegel
Inhalt
Literaturspiegel
Vergaberecht 2016
Vergaberecht 2016
– Was ist neu?
Stichtag: 18. April 2016
Mit der umfassendsten Modernisierung des
Vergaberechts seit über zehn Jahren traten
zum 18. 4. 2016 neue Regeln für Auftraggeber und Bieter in Kraft.
Die bisherigen Vergabevorschriften wurden
komplett umstrukturiert und neu gestaltet:
u. a. wurde der vierte Teil des GWB stark
erweitert, die VOL /A sowie die VOF wurden
in die VgV integriert.
Neues Vergaberecht – klar erläutert
Die Erläuterungen des praxiserfahrenen
Autors Michael Stemmer, Direktor a.D. beim
Bayer. Kommunalen Prüfungsverband,
bieten eine Einführung in die neue Rechtslage sowie in die erheblichen inhaltlichen und
strukturellen Veränderungen. © Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
Autor
Michael Stemmer, Direktor a.D. beim Bayer.
Kommunalen Prüfungsverband
ÌÌ Vergaberecht 2016 – Was ist neu?
Erläuterungen und Praxishinweise
2016, ca. 90 Seiten
€ 14,80
ISBN 978-3-415-05749-4
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG
Das neue Vergaberecht
– Text- und Paragrafensynopsen
Vergabereform 2016 – das ist neu
Die umfassende Reform des Vergaberechts,
die am 18. April 2016 in Kraft getreten ist,
brachte grundlegende inhaltliche und strukturelle Änderungen der öffentlichen Auftragsvergabe mit sich. Damit ist sie die
größte Vergaberechtsnovelle seit 1998.
Mit Textsynopse und Paragrafensynopse
schnell zum Ziel
Was ist neu geregelt und was ist – ggf. an
neuem Ort – inhaltlich unverändert geblieben? Bis sich die neuen Bestimmungen in
der Vergabepraxis eingespielt haben, werden Anwender des Vergaberechts häufig
noch »den Blick zurück« auf die bisherigen
Bestimmungen werfen. Mit den Text- und
Paragrafensynopsen zum neuen Vergaberecht erkennt der Leser auf einen Blick, auf
welche Vorschriften und in welchem Umfang
sich die Reform auswirkt.
Autoren
Dr. Beatrice Fabry, Rechtsanwältin, und
Tim Krautschneider, Rechtsassessor
ÌÌ Das neue Vergaberecht –
Text- und Paragrafensynopsen
mit einer Einführung und Sachregister
2016, ca, 450 Seiten
ca. € 30,ISBN 978-3-415-05747-0
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG
Seite 44
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 Partner
Inhalt
Unsere Partner
PUBLICUS-Ausgaben der letzten 12 Monate
Strategischer Partner
Der Online-Spiegel für das Öffentliche Recht
Menold Bezler ­Rechtsanwälte ­Partnerschaft
Rheinstahlstraße 3
70469 Stuttgart
Telefon: +49 (0)711 86040-00
Fax: +49 (0)711 86040-01
Ansprechpartnerin: Dr. Beatrice Fabry
[email protected]
www.menoldbezler.de
Kooperationspartner
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ondux GmbH
Postfach 11 08 63
97034 Würzburg
Telefon: +49 (0)931- 90 70 98 77
Fax: +49 (0)931- 31 82 40 5
Ansprechpartner: Dr. Michael Broens
[email protected]
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DATEV eG
Paumgartnerstr. 6–14
90429 Nürnberg
Telefon: +49 (0)911 319-0
Fax: +49 (0)911 3196
Ansprechpartner: Dr. Tobias Wagner
[email protected]
www.datev.de
© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
Seite 45
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 Impressum
Inhalt
Impressum
Redaktion
Susanne Sonntag (so, verantw.)
Johannes Buschbeck (jb)
Franz Königsperger (fk)
E-Mail: [email protected]
Dr. Klaus Schönenbroicher, Referatsleiter Ressortübergreifende
­Normprüfung Verwaltungsrecht, Justiziariat usw., Innenministerium des
Landes Nordrhein-Westfalen
Verlag
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG
Geschäftsführung: Dr. Berndt Oesterhelt, RA Markus Ott
Scharrstr. 2, 70563 Stuttgart
AG Stuttgart HRA 3076
Telefon: (0711) 7385 – 0 /Fax: (0711) 7385 – 100
E-Mail: [email protected]
Internet: www.publicus-boorberg.de
Dr. Andreas Zuber, Verband kommunaler Unternehmen (VKU), Geschäftsführer Abteilung Recht, Steuern, Finanzen
Wissenschaftlicher Beirat
Prof. Dr. Martin Burgi, Lehrstuhl für Deutsches und Europäisches
­Ö ffentliches Recht, Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschafts­
verwaltungsrecht, Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. Christoph Degenhart, Richter am Verfassungsgerichtshof
des Freistaats Sachsen, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht,
Direktor des Instituts für Rundfunkrecht, Universität Leipzig
Prof. Dr. Dirk Heckmann, Mitglied des Bayerischen Verfassungs­
gerichtshofes, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sicherheitsrecht und
Internetrecht, Forschungsstelle für IT-Recht und Netzpolitik,
Universität Passau
Prof. Dr. jur. Peter M. Huber, Minister a. D., Richter des Bundes­
verfassungsgerichts, Universitätsprofessor, Lehrstuhl für Öffentliches
Recht und Staatsphilosophie, Forschungsstelle für das Recht der
­Europäischen Integration, Ludwig-Maximilian-Universität München
Prof. Dr. Markus Möstl, Lehrstuhl für Öffentliches Recht II, Universität
Bayreuth
Prof. Dr. Ulrich Stelkens, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere
deutsches und europäisches Verwaltungsrecht, Deutsche Universität für
Verwaltungswissenschaften Speyer
Prof. Dr. iur. Jan Ziekow, Direktor des Deutschen Forschungsinstituts für
öffentliche Verwaltung, Mitglied des United Nations Committee of
Experts on Public Administration, Präsident der Deutschen Sektion des
International Institute of Administrative Sciences, Mitglied des Beirats
Verwaltungsverfahrensrecht beim Bundesministerium des Innern,
Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere allgemeines und besonderes
Verwaltungsrecht, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften
Speyer
Fachbeirat
Dr. Günter Burmeister, Stellv. Vorsitzender Richter am BVerwG
Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Geschäftsführendes Präsidialmitglied
des ­Deutschen Landkreistages (DLT)
Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer und Geschäftsführendes
Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes
Professor Klaus Notheis, Präsident der Gemeindeprüfanstalt Baden-­
Württemberg
© Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München
Dr. Frank Stollmann, Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege
und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen
Manuskriptangebote
Manuskriptangebote werden an die Redaktion erbeten. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen.
Graphische Konzeption
Thomas Scheer
Produktion
Christine Stanger, Stefanie Wisse
Anzeigenverkauf
Roland Schulz
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG
Scharrstr. 2, 70563 Stuttgart
Telefon: (0711) 7385–238
E-Mail: [email protected]
Satz
GreenTomato, Stuttgart, www.greentomato.de
Bezug, Erscheinungsweise
Bezug kostenlos, erscheint monatlich
Fotos
S. 1 : goldbany © www.fotolia.de
S. 2 : Carmen Teltscher, Foto Kurz
S. 4 : visdia © www.fotolia.de
S. 8 : Gina Sanders © www.fotolia.de
S. 11 : Constantinos © www.fotolia.de
S. 14 : imaginando © www.fotolia.de
S. 17 : bluedesign © www.fotolia.de
S. 20 : Robert Kneschke © www.fotolia.de
S. 23 : Sangoiri © www.fotolia.de
S. 27 : ratiotherm Heizung + Solartechnik GmbH & Co. KG, Dollnstein
S. 28 : ratiotherm Heizung + Solartechnik GmbH & Co. KG, Dollnstein
S. 30 : YuI © www.fotolia.de
Urheber- und Verlagsrechte
Alle Urheber- und Verlagsrechte bleiben vorbehalten. Die Auswertung für
Datenträger, die Vervielfältigung jeder Art und der Nachdruck von
Beiträgen und Gerichtsentscheidungen sind nur mit vorheriger Genehmigung des Verlags gestattet. Die Genehmigung ist in jedem Fall einzuholen.
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das ausschließliche Nutzungsrecht im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen. Der Urheber darf das Werk nach Ablauf eines Jahres seit
Erscheinen anderweitig vervielfältigen und verbreiten (§ 38 Abs. 1 Satz 2
UrhG). Vor Ablauf eines Jahres hat er die Zustimmung des Verlags
einzuholen.
Der Verlag erwirbt insbesondere auch das Recht zur Herstellung elektronischer Versionen und die Befugnis zur Einspeicherung des Beitrags in
eine Datenbank, verbunden mit dem Recht zu deren Vervielfältigung
(online oder offline) zu gewerblichen Zwecken ohne zusätzliche Vergütung. Das ausschließliche Recht an einer elektronischen Version des
Beitrags erwirbt der Verlag ohne zeitliche Begrenzung; die Nutzung
durch den Urheber bleibt innerhalb der genannten Grenzen vorbehalten
(§ 31 Abs. 3 Satz 3 UrhG).
Hinweis
Sämtliche mit Verfasserangabe versehene Beiträge stellen die Meinung
des Verfassers, nicht unbedingt der Redaktion dar.
Zitierweise
Beiträge im PUBLICUS werden wie folgt zitiert (Beispiel):
Jäde, in: PUBLICUS 2013.9, S. 45 f.