Ich brauchte mutige Patienten

Rundschau
24
az | Donnerstag, 12. Januar 2012
Unwetter-Opfer
erhalten über
600 000 Franken
«Ich brauchte mutige Patienten»
Herzogenbuchsee Philippe Daniel Ledermann hat Teil drei seiner Autobiografie veröffentlicht
Naturkatastrophe Viereinhalb Jahre
ist es her, seit ein Unwetter in den
Gemeinden Eriswil, Huttwil, Kleindietwil, Rohrbach, im Teil Wasen von
Sumiswald und in Wyssachen grosse
Schäden verursacht hatte. Drei Menschen verloren dabei ihr Leben.
Umgehend nach dem Unwetter eröffneten die Gemeinden für die vom
Unwetter Geschädigten ein Spendenkonto. Dank den grosszügigen Spenden von der Bevölkerung und dem
Gewerbe konnte ein Gesamtbetrag
von 592 372 Franken gesammelt werden. Dazu kommt der aufgelaufene
Zins von 22 020 Franken. Dieser Betrag kam dank 967 einzelnen Spenden zusammen, wie der Regierungsstatthalter vom Emmental, Markus
Grossenbacher, im Namen der Spendenkommission mitteilt. Die Spendenhöhe reichte von 2 bis 50 000
Franken.
VON MARCO WÖLFLI
Am Nydeggstalden Nummer zwei in
der Berner Altstadt ist Weihnachten
noch nicht vorüber. Auf der ausladenden Terrasse trotzt ein Weihnachtsbaum samt Beleuchtung der
warmen Wintersonne. Im Innern des
Hauses steht zwar kein geschmückter Tannenbaum mehr, Hingucker
gibt es aber trotzdem zuhauf. Ölbilder mit kunstvoll geschnitzten Rahmen und etliche Jugendstilmöbel erinnern an ein Museum.
Hier lebt seit 20 Jahren Philippe
Daniel Ledermann mit seiner Frau
Marina. Dass ihr Haus kein starres
Museum ist, beweist der Windhund
Juri, der wieselflink über den Marmorboden flitzt. Bevor Ledermann
und seine Frau im Jahr 1992 in die
Stadt Bern gezogen sind, lebten sie
während 20 Jahren in Herzogenbuchsee. Dort hatte der Zahnchirurg seine
erste eigene Praxis. In Herzogenbuchsee entwickelte er auch die «Ledermann-Schraube», ein Implantat,
das die Zahnmedizin revolutionierte
und dem Erfinder neben Geld und
Ruhm auch viele Feinde bescherte.
Rest an Schwellenkorporationen
An ihrer 7. Sitzung hat die von Josef Reinhardt, Leiter Fachstelle Katastrophenhilfe Schweiz SRK, begleitete
Spendenkommission im Frühjahr
2011 ihre Arbeit abgeschlossen und
die Kommission aufgelöst. Insgesamt
wurden 74 Spendengesuche positiv
beantwortet. An die Geschädigten
wurden total 446 787 Franken ausbezahlt. Elf Gesuche mussten abgelehnt werden, weil kein nachweisbarer Schaden ausgewiesen werden
konnte oder die Kriterien nicht erfüllt waren. Massgebend für die Sprechung von Beiträgen an die Geschädigten waren die Richtlinien der
Glückskette des Schweizerischen Roten Kreuzes, wobei die Bedingungen
grosszügiger gehandhabt wurden.
Den Einwohnergemeinden und
Schwellenkorporationen verbleiben
selbst zu tragende Restkosten von
2,66 Millionen Franken. Die Spendenkommission hat den verbleibenden Betrag von 167 605 Franken auf
Ende Jahr den betroffenen Gemeinden und Schwellenkorporationen anteilsmässig an ihre ungedeckten
Restkosten ausbezahlt. (MGT)
Ein Leben in vier Jahreszeiten
Diesen turbulenten Lebensabschnitt hat Ledermann im dritten
Band seines vierteiligen autobiografischen Romans aufgearbeitet. Die Tetralogie trägt den Titel «Die Papiereltern», die einzelnen Bände sind nach
den Jahreszeiten benannt. In den Büchern fungiert Philippe Daniel Ledermann unter dem Pseudonym Pascal
Laubscher. Auch andere Namen der
real existierenden Personen sind abgeändert. «Aber nur die, die in einem
schlechten Licht erscheinen», erklärt
Ledermann. Nun ist also «Herbst» erschienen, sieben Jahre nach dem
zweiten Band. Die ersten beiden Bücher der Romanfolge thematisierten
seine schwierige Kindheit als Adoptivsohn (daher der Titel «Papiereltern») und die Zeit während der Mechanikerlehre und des Studiums, wobei er seine Frau kennenlernte.
Der Anstoss kam vom Profi
«Eigentlich wollte ich die Bücher
gar nie veröffentlichen», erinnert
sich Ledermann, der zeit seines Lebens Tagebuch schrieb. Schuld daran, dass die Bücher veröffentlicht
wurden, ist der mittlerweile verstorbene Schriftsteller Hannes Taugwalder. Dieser war Patient von Ledermann. Ihm erzählte Ledermann, dass
er auch schreibe. Taugwalder wollte
die Geschichte seines Zahnchirurgen
unbedingt lesen und riet ihm zur
Veröffentlichung. «Als das erste Buch
im Jahr 2003 herauskam, war ich
vom Erfolg überrascht und kündigte
gleich den nächsten Band an», sagt
Ledermann. Dieser erschien kurz darauf doch danach war Schluss. «Ich
hatte ja immer noch meine Praxis,
die mich stark belastete, deshalb verzögerte sich das dritte Buch», erzählt
der 67-Jährige.
Nie mehr in der Praxis
Nach einer missglückten Operation an der Hand, konnte Ledermann
nicht mehr chirurgisch tätig sein
und gab im Jahr 2006 sein Implantologie-Zentrum in Bern ab. «Seither
habe ich keinen Fuss mehr in die Praxis gesetzt.» Er widmete sich fortan
dem Schreiben, woraus schliesslich
«Herbst» resultierte.
In seiner bildgewaltigen Sprache, die
nur so strotzt von
Metaphern und Vergleichen,
beschreibt
Ledermann, wie sein Pseudonym Pascal
Laubscher in «Buchsi» wirkte.
Bevor Ledermann in den Oberaargau zog, hatte er überhaupt keinen
Bezug zu dieser Region. Auf die Idee
brachte ihn ein Couleurbruder aus
seiner Studentenverbindung, der
ihm an einer Hochzeit von der freien
Praxis in Herzogenbuchsee erzählte.
Nachrichten
Bätterkinden Harmonie
erhält neue Uniformen
Heute beschäftigt sich Philippe Daniel Ledermann lieber mit Hund Juri als mit kaputten Zähnen.
Ledermann, in Meiringen aufgewachsen, wollte sowieso aufs Land und
griff zu. «Nach Herzogenbuchsee zu
gehen, war ein Schritt ins Ungewisse.
Ich kannte dort niemanden», so Ledermann. Doch seine Sorgen waren
unbegründet. Etliche Patienten folgten ihm in den Oberaargau. Die zwei
anderen Zahnärzte im Ort seien sich
Spinnfeind gewesen und sich nichts
gegönnt, erzählt Ledermann. Davon
profitierte er als lachender Dritte, da
beide lieber ihm Patienten abgaben
als ihrem Gegner
Während seiner Zeit in Herzogenbuchsee betrieb Ledermann seine
Praxis an der Oberstrasse 28. Mit seiner Frau und seiner Tochter lebte er
in der Villa Lindenau an der Bernstrasse. Als Ledermann mit seiner
Schraube, die Welt der Zahnimplantate aufrüttelte, zog er den Zorn des
Berufsverbandes
und der Professoren
der
Universität
Bern auf sich. Diese
hielten nach wie
vor einen Hohlzylinder für das beste
Implantat, obwohl dieser Infekte verursachte. Gezeichnet hat er seine
Schraube nach Feierabend mit dem
Reisszeug, das er noch aus seiner
Lehre als Mechaniker besass. Dem
Konflikt mit den Bewahrern räumt
Ledermann in «Herbst» viel Platz ein.
Das kann er sich leisten, schliesslich
hat er sich heute mit seiner Methode
«Eigentlich wollte ich
die Bücher nie veröffentlichen.»
MWO
durchgesetzt. Den Vorwurf, er wolle
nur mit allen Besiegten abrechnen,
weist er weit von sich: «Ich lehnte
mich stets gegen Lügen auf. Im Buch
will ich zeigen, dass man sich bei Ungerechtigkeiten wehren soll.» In den
Anfangszeiten seiner Schraube war
Ledermann auf das Wohlwollen seiner Patienten angewiesen: «Zum Glück
hatte ich in Herzogenbuchsee mutige Patienten, die
sich auf das Neue
einliessen.»
Der
Mut von Ledermann und seinen
Patienten wurde belohnt und der
Aufstand gegen die Obrigkeit schadete seiner Praxis nicht. Dank den neuen Implantaten setzten sich Patienten aus der ganzen Schweiz und aus
dem Ausland auf seinen Behandlungsstuhl in Herzogenbuchsee.
planten Hörsaal 15 Notbetten für den
Zivilschutz installiert würden.
Das war das Ende von Ledermanns
Zeit im Oberaargau. Der Zahnchirurg
fühlte sich gekränkt. Zufälligerweise
wurde ihm zur gleichen Zeit das Haus
am Berner Nydeggstalden angeboten.
Ledermann zögerte nicht und griff zu.
«Es stimmt, dass ich
manchmal ein bisschen cholerisch bin
und handle, statt zu
überlegen», gesteht
er. Ein Wesenszug,
den man ihm kaum
glaubt. Wenn er Juri
auf seinem Schoss
krault und von früher erzählt, erinnert er mehr an den gutmütigen
Grossvater. Es stimme schon, er sei ruhiger als früher, sagt Ledermann: «Daran ist meine Frau schuld, die mir immer geraten hat durchzuatmen, bevor
ich lospoltere.»
Abschied vom Oberaargau
Vom Erfolg angestachelt wollte Ledermann ende der achtziger Jahre in
Herzogenbuchsee Grosses schaffen.
Die Praxis wollte er in eine richtige
Klinik verwandeln mitsamt einem
Hörsaal im Keller. «Mir schwebte ein
Zentrum der Implantologie vor», sagt
Ledermann wehmütig. Die Behörden
der Gemeinde konnten seine Euphorie nämlich nur bedingt teilen. Die
Baubewilligung erhalte er nur,
schrieben die Behörden, wenn im ge-
Versöhnung mit Herzogenbuchsee
Den Umzug nach Bern habe er einige Male bereut, als die Hypothekenzinsen das Ehepaar zu erdrücken
drohten. Mit Herzogenbuchsee hat er
sich deshalb längst versöhnt: «Neben
Meiringen und Bern gehört auch
Herzogenbuchsee zu meiner Heimat.» Besonders gern erinnert er sich
heute noch an die Patienten aus der
ländlichen Umgebung: «Diese waren
in Herzogenbuchsee viel weniger
kompliziert als in Bern.»
«Die Patienten in Herzogenbuchsee waren
viel weniger kompliziert
als in Bern.»
Im Jahr 2006 hat die Gemeinde
der Musikgesellschaft Bätterkinden neue Uniformen finanziert.
Analog dazu erhält jetzt auch
die
Harmonie
Bätterkinden
neue Uniformen. Der Gemeinderat sprach dafür einen Nachkredit in der Höhe von 2300
Franken. (MGT)
Murgenthal Leicht mehr
Einwohner
Die Gemeinde Murgenthal zählte am 31. Dezember 2856 Einwohnerinnen und Einwohner.
Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einer Zunahme von
40 Personen oder 1,4 Prozent.
Der Ausländeranteil liegt bei
433 Personen (Vorjahr 412) oder
15,2 Prozent (Vorjahr 14,6 Prozent). Die meisten Ausländer
stammen aus Serbien und
Deutschland (je 76) gefolgt vom
Kosovo (74). Deutlich dahinter
liegen Italien (48), die Türkei
(28) und Kroatien (24). Insgesamt leben in der Gemeinde
Murgenthal Menschen aus 37
Nationen. (MGT)
Madiswil Wahlausschuss
hat neuen Präsidenten
Auf Vorschlag der SP Madiswil
hat der Gemeinderat Karl Scheidegger-Kämpf aus Kleindietwil
zum Präsidenten des Wahlausschusses für das Jahr 2012 gewählt. Als Sekretärin amtet Marie Anne Erhard aus Ghürn, Madiswil. (MGT)