Leserbrief von Rudolf Kunstmann

Leserbrief: Thema "TTIP-Poker im Schatten der US-Wahlen" von Mirjam Moll, sowie
"Eingekreist" von Mirjam Moll, NN vom 30.04.2016
Frau Moll nannte in ihrem Artikel das einzige Argument, das für alle Freihandelsabkommen
spricht: man könnte unnötige Mehrkosten sparen durch Vereinheitlichung von Normen. Diese
könnte man aber auch durch internationale technische Kommissionen unter dem Dach des
WTO vereinheitlichen. In ihrem Kommentar wird sie dann deutlich. Es geht gegen
Schwellenländer und den Ausbau "unserer" Marktmacht.
Dass aber nur internationale Großkonzerne und die hinter ihnen stehenden Banken profitieren
ergibt sich daraus, dass so ein Schiedsgerichtsverfahren mindestens 70 Millionen $ kostet.
Ein Beispiel um zu zeigen, was mit TTIP und CETA auf uns zu käme: 1995 trat das
Freihandelsabkommen NAFTA zwischen Mexiko, USA und Kanada in Kraft. Mexiko wurde
überschwemmt von billigen Nahrungsmitteln aus den USA, die billiges Fruktosesyrup aus
Mais (High Fructose Corn Syrup = HFCS) enthielten. Ergebnis: 75 % der mexikanischen
Kinder sind übergewichtig! Daraufhin erließ die Regierung von Mexiko eine Sondersteuer
von 20 % auf Produkte mit über 5 % HFCS. Amerikanische Unternehmensverbände
verklagten daraufhin Mexiko vor einem internationalen Schiedsgericht und gewannen.
Mexiko musste 48 Millionen $ für "entgangene Gewinne" bezahlen. Aber das schlimmste
war, dass das Gesetz zurückgenommen werden müsste.
Wenn ein solches Abkommen in Kraft tritt, kann an rechtsstaatlichen Gerichten, sowie an
Gesetzen und Verfassungen vorbei unsere Demokratie so ausgehebelt werden, dass unsere
Regierung nicht einmal mehr die Gesundheit unserer Kinder zu schützen in der Lage wäre.
Ich bitte daher, in Zukunft darauf zu achten, dass Artikel, die so einseitig geschrieben sind,
nicht auch noch einschließlich Kommentar des gleichen Autors unkritisch von unserer
Zeitung übernommen werden.
Wozu "Freihandel" zwischen reichen Riesen? Bräuchten wir nicht eher "Fairhandel" für alle
unter Berücksichtigung der Interessen der Entwicklungsländer?
Rudolf Kunstmann, Koldestr. 8 b, 91052 Erlangen, Kunden-Nr. 1009103563.