Europäische Kommission - Pressemitteilung Kartellrecht: Kommission bittet um Stellungnahmen zu Verpflichtungsangeboten von ISDA und Markit zu Credit Default Swaps Brüssel, 28. April 2016 Die Europäische Kommission holt Stellungnahmen zu den Verpflichtungspaketen ein, die ISDA und Markit vorgelegt haben, um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission in Bezug auf die Erteilung von Lizenzen für die Nutzung von Daten und Indizes zu Credit Default Swaps (CDS) im Börsenhandel auszuräumen. Die Kommission hat Bedenken, dass die International Swaps and Derivatives Association Inc. (ISDA) und der Finanzdatenanbieter Markit getrennt voneinander gegen EU-Kartellrecht verstoßen haben könnten. Nach den vorläufigen Erkenntnissen der Kommission haben ISDA und Markit sich geweigert, Börsenhandelsplattformen Lizenzen für die Nutzung bestimmter Daten und Indizes zu erteilen, die für die Festlegung von CDS-Preisen verwendet werden. Dies könnte die Entstehung eines Marktes für börsengehandelte Kreditderivate verhindert oder verzögert haben. Die Kommission hatte ISDA und Markit im Juli 2013 mit einer Mitteilung der Beschwerdepunkte über ihre Wettbewerbsbedenken informiert. Credit Default Swaps (CDS) sind Derivatverträge, durch die das Kredit- oder Ausfallrisiko von Schuldverschreibungen übertragen wird. CDS werden von Anlegern zur Absicherung von Risiken und als Investment genutzt. Zur Risikoabsicherung verwendet, deckt ein CDS das Kreditrisiko eines Schuldtitels. Als Anlageinstrument bietet ein CDS die Möglichkeit, auf die künftige Entwicklung der Bonität des Anleiheemittenten zu wetten und dadurch gegebenenfalls Gewinne zu erzielen. Für den Kauf und Verkauf von CDS gibt es zwei Möglichkeiten: CDS können außerbörslich („over the counter“), also privat und über Market Maker, oder „all-to-all“ über Börsenhandelsplattformen gehandelt werden, wobei Angebot und Nachfrage anonym auf einer Handelsplattform zusammengeführt werden. Börsenhandelsplattformen, die den Handel mit CDS-Indizes anbieten wollen, müssen zu folgenden Daten Zugang haben: - zum „Schlusspreis“, für den ISDA Eigentumsrechte geltend macht: Dieser Preis resultiert aus Auktionen, durch die der Abrechnungspreis für Kreditderivatgeschäfte nach dem Zahlungsausfall eines Unternehmens festgelegt wird. Der Schlusspreis wird branchenweit für die Festlegung der CDS-Preise nach Ausfall einer Referenzeinheit genutzt; - zu CDS-Indizes wie den Indizes iTraxx und CDX von Markit, die die meistgehandelten CDS umfassen. Auf diese beiden Indizes, die wegen ihrer hohen Liquidität auch für börsengehandelte Produkte wie Credit Futures oder Optionen geeignet sind, stützen sich die meisten außerbörslich gehandelten CDS-Verträge. Die Kommission hat Bedenken, dass ISDA und Markit Dritten keine Lizenzen zur Nutzung dieser Daten im Börsenhandel erteilt haben. Dies hat möglicherweise die Entstehung eines Marktes für börsengehandelte Kreditderivate verhindert oder verzögert. Ein solcher Markt ist erforderlich, um einen wirksamen Wettbewerb mit Investmentbanken zu ermöglichen, die im außerbörslichen CDS-Handel eine marktbeherrschende Stellung innehaben. Dieser Wettbewerb ist wünschenswert, zumal der börsliche Handel sicherer und im Allgemeinen kostengünstiger ist als der außerbörsliche Handel. Um die Wettbewerbsbedenken der Kommission auszuräumen, hat sowohl ISDA als auch Markit Verpflichtungsangebote vorgelegt. Verpflichtungsangebote ISDA bot zur Entkräftung der Bedenken der Kommission an, - Lizenzen für sämtliche seiner Rechte am Schlusspreis für den Börsenhandel sowie für Clearing und/oder Abwicklung von Kreditderivaten zu fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen (sogenannte FRAND-Bedingungen) zu erteilen; - Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der FRAND-Bedingungen durch ein bindendes Schiedsverfahren beizulegen; - Investmentbanken an der Einflussnahme auf Entscheidungen von ISDA über die Erteilung von Schlusspreis-Lizenzen zu hindern, indem die Zuständigkeit für Lizenzvergabeentscheidungen vom Verwaltungsrat von ISDA auf ihren CEO verlagert wird, der die Banken diesbezüglich nicht zu Rate ziehen darf; - Schlusspreis-Lizenzen nicht unilateral wegen einer befürchteten Manipulation einer Auktion zu widerrufen, außer wenn ISDA einem Überwachungstreuhänder stichhaltige Beweise dafür vorlegt und belegt, dass dieser Gefahr nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen begegnet werden kann. Markit bot zur Entkräftung der Bedenken der Kommission an, - für börsengehandelte Finanzprodukte, die sich auf die Indizes iTraxx und CDX stützen, zu FRANDBedingungen Lizenzen für seine Rechte an den Indizes zu erteilen; - Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der FRAND-Bedingungen durch ein bindendes Schiedsverfahren beizulegen; - Investmentbanken an der Einflussnahme auf Lizenzvergabeentscheidungen des MarkitManagements zu hindern, indem der Einfluss der Banken auf die beratenden Ausschüsse von Markit verringert wird und sie von Diskussionen über Lizenzanträge ausgeschlossen werden. Die Verpflichtungsangebote von ISDA und von Markit würden für einen Zeitraum von zehn Jahren gelten und von einem unabhängigen Treuhänder überwacht. Eine Zusammenfassung der Verpflichtungsangebote wird im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Betroffene Marktteilnehmer können innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung der Verpflichtungsangebote dazu Stellung nehmen. Der vollständige Wortlaut der Verpflichtungen ist auf der Website verfügbar. Hintergrund Die International Swaps and Derivatives Association Inc. (ISDA) ist ein Handelsverband, der mehr als 850 Finanzinstitute vertritt. Er macht Eigentumsrechte am „Schlusspreis“ geltend, der über Auktionen ermittelt wird, durch die der Abrechnungspreis für Kreditderivatgeschäfte nach dem Zahlungsausfall eines Unternehmens festgelegt wird. Für den Schlusspreis gilt seit 2007 eine Nutzungsvereinbarung von ISDA. Diese Vereinbarung enthält die Bedingung für die Nutzung der Daten und sieht unter anderem vor, dass deren Nutzung für börsengehandelte Produkte und Börsentransaktionen ausgeschlossen ist. Markit Ltd. bietet weltweit Finanzinformationsdienste an. Die Kommission leitete im März 2011 eine kartellrechtliche Untersuchung des CDS-Markts ein und weitete diese im März 2013 auf ISDA aus. Im Juli 2013 übermittelte die Kommission ISDA, Markit und 13 Investmentbanken eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sie ihre Bedenken darlegte, dass der Markt für den Börsenhandel mit Kreditderivaten durch ihr Verhalten verhindert wird. Im Dezember 2015 beschloss die Kommission, die Untersuchung zu ISDA und Markit fortzusetzen und die Ermittlungen bezüglich der Banken einzustellen. Wenn der Markttest ergibt, dass die Verpflichtungsangebote geeignet sind, die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission auszuräumen, kann die Kommission sie im Wege eines Beschlusses für ISDA und Markit für bindend erklären (Artikel 9 der EU-Fusionskontrollverordnung 1/2003). Mit einem solchen Beschluss wird nicht festgestellt, dass ein Verstoß gegen die EU-Kartellvorschriften vorliegt, jedoch werden die betreffenden Unternehmen rechtlich zur Erfüllung ihrer Zusagen verpflichtet. Hält ein Unternehmen sich nicht an die Verpflichtungen, so kann die Kommission gegen das Unternehmen es eine Geldbuße von bis zu 10 % seines weltweiten Jahresumsatzes verhängen, ohne einen Verstoß gegen die Kartellvorschriften feststellen zu müssen. Weitere Informationen werden unter der Nummer 39745 im öffentlich zugänglichen Register auf der Website der GD Wettbewerb veröffentlicht. IP/16/1610 Kontakt für die Medien: Ricardo CARDOSO (+32 2 298 01 00) Yizhou REN (+32 2 299 48 89) Kontakt für die Öffentlichkeit: Europe Direct – telefonisch unter 00 800 67 89 10 11 oder per E-Mail
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