3lette<3iitd)cr3eitttng Mittwoch, 30. Oktober 1963 Das «Hilfswerk für die Kinder der Landstraße» und seine Bestrebungen Vor kurzer Zeit erschien, herausgegeben von der Stiftung Pro Jnventute, ein 80 Seiten starkes Händchen «Kinder der Landstraße»". Dr. A. Siegfried, der Gründer und langjährige Leiter des «Hilfswerks für die Kinder der Landstraße», gibt darin eine Zusammenfassung seiner reichen Erfahrungen, die er während 35jähriger Fürsorgetätigkeit gesammelt hat. Für die kurze Betrachtung, die wir der Eingliederung fahrender Sippen widmen, wurden noch einige weitere Schriften beigezogen. Gründung und Gedanke des Hilfswerks Die Existenz eines «Hilfswerks für die Kinder der Landstraße» in unserem so sehr auf Reinlichkeit bedachten und ordnungsbewußten Staate wird n i mit der besagm a n c h e überraschen, der noch e n ten Institution in Berührung gekommen ist. Wohl Bevölkerung jenen großer Teil der kennt ein Scherenschleifer oder Schirmflicker, der alljährlich an der Haustiirc erscheint und um Arbeit nachsucht; wohl verbinden sich bei andern mit dem Namen einiger bündnerischer Ortschaften vage und romantische Vorstellungen über das Landfahrertum; aber die soziale Realität der Vaganten, von Wohnwagen denen noch einige tausend mit Kai-ren, oder einem alten Auto durch die Schweiz zielten, verborgen. ist den meisten Die Gründung des Hilfswerks fällt ins Jahr 1926, der Anstoß dazu kam von zwei verschiedenen Seiten: aus der (legend von Locarno bekam das Zentralsekretariat der Pro Jnventute die Meldung, Vaganten-Eheein völlig dem Alkohol verfallenes paar hause dort in unglaublichen Verhältnissen mit minderjährigen ältesten beiden Die Kindern. sechs Knaben waren wegen ihrer Diebereien zum Sehrekgeworden. Bevölkerung AbBehördliche ken der hilfe war unmöglich, da die Familie ihre Zelte am Grenzpnnkt dreier Gemeinden aufgeschlagen halte und sie beim Auftauchen des Ortspoliziston nur um ein pnar Meter zu verschieben brauchte, um sich in Sicherheit zu bringen. Der Pro-Juventutc-Fürsorger, der sich der Sache annahm, unterhandelte mit gleichen Tage die den Eltern und nahm noch am beiden Strolche mit sich. Kurze Zeit später ließ vernehmen, man wolle doch, nachsich der Vater dem ihm die beiden Hauptverdiener entzogen seien, In einem ähnauch die andern Kinder abholen. es handelte sich um eine verlotterte lichen Falle wurde die Pro Schirmflickcrfamilie aus Basel Juventute sogar aus dem Bundeshaus um Hilfe angegangen. Die genauere Prüfung dieser beiden Einzelfälle ließ deutlich erkennen, daß eine wirk- Hilfe für die Kinder des fahrenden Volkes nur von einer zentralen schweizerischen Stelle aus mit Erfolg durchgeführt werden könne. Die Hei- same matgemeinden der Fahrenden, die durch deren ständige Unterstützung zum Teil in schwere finanzielle Bedrängnis gebracht worden waren, hatten, auf sich selbst angewiesen, weder die Kraft noch dio Möglichkeit, diese weitgespannte Aufgabe durchzuführen, Herkunft der Vaganten Sovicle Forscher sich ernsthaft an dio Ergründung von Ursprung und Wesen des Vagantentnms gemacht haben, soviele sind auch schließlich an der Frage gestrauchelt. So sagt Ritter in einem Aufsatz über deutsche Vaganten («Der nichtseßhafte Mensch», 1938), daß es schon schwer falle, die Ahnen dieser Menschen überhaupt festzustellen. Für die Schweizer Fahrenden lassen sich wohl die Stammeltorn bis ins 17.- Jahrhundert zurück ermitteln, woher sie aber gekommen sind und auf was für einem Grundstock ihr vom bürgerlichen so verschiedenes Wesen gewachsen ist, läßt sich meistens nicht nachweisen. Es steht indessen fest, daß sie mit den Zigeunern, welche indischen Ursprungs sind und am Ende des Mittelalters nach Europa gekommen sind, nichts zu tun haben. Sie sind aus unsern eigenen Bevölkerungsschichten hervorgegangen. Eine genealogische Untersuchung der Stammbäume nach den üblichen Methoden ist deshalb zum Scheitern verurteilt, weil es nach gesicherten Erkenntnissen die Frau ist, welche die Vagantität weitervererbt. So stellte der Bündner Psychiater Jörger vor 50 Jahren lest, daß die Vagantenfamilien durch «Einheirat liederlicher Weiber» in Bauern- und Tflgelöhnerfnmilien entstanden seien. Diese Erkenntnis bestätigte sieh inzwischen in der Praxis mohrfach: Primitive, willensschwache Abkömmlinge aus ein fachen Familien, die eine Verbindung mit einer Vagantin eingegangen waren, fingen oft innert kurzer Zeit auch das Wanderleben an. Heiratete jedoch n e i Landfnhrer ein Mädchen aus seßhaften Verhältnissen, so gelang es diesem meistens, den jungen Mann auch seßhaft zu machen. Für eine soziologisch-historische Erforschung sodann weitere Schwierigkeiten aus dem Umstand, daß sich die Spuren der Vaganten in der riesigen Menge von Heimatlosen verlieren, welche sich vor der Gründung des Bundesstaates in der Eidgenossenschaft aufhielten. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging der Bürger sehr rasch seines Heimatreebts verlustig; so durch Abfall vom Glauben, illegitime Geburt, unerlaubten fremden Kriegsdienst und aus andern Gründen. Auf mehreren Tngsatzungen zwischen 1803 und 1848 wurde versucht, die Rückeinbürgerung der Heimatlosen durch Konkordate zu regeln, doch die Konkordate scheiterten fast alle am Widerstand einzelner Kantone, und von einem Bürgerrecht für die Fahrenden war d i Rede. Es bestanden im ohnehin noch nicht e Gegenteil Pläne, sie ins Ausland abzuschieben, wie des Vagantcnproblems erwachsen 'Alfred Siegfried, Kinder der Landstraße; ein Versuch zur Scßhaftmadiung von Kindern des fahv o Zentralsekretariat renden Volke«. Herausgegeben m Pro Juvtatutc das damals auch in andern Staaten üblich war mit verdächtigem und unbequemem «Gesindel».- In dieser Zeit wurden die Vaganten recht eigentlich zu Parias gemacht. Der nengegründete Bundesstaat strebte dann eine umfassende Regelung der Vaganten- und Heimatlosenfrage an und schuf 1850 das Bundesgesets, die Heimatlosigkeit betreffend. Dieses Gesetz verpflichtete den Bundesrat, alle Unbeheimateten den Kantonen zur Einbürgerung zuzuweisen ; die Kantone ihrerseits konnten die Einbürgerung in den Gemeinden regeln. Maßgebend für die Zuteilung der Leute durch den Bundesrat waren etwa die Abstammung von Eltern, die schon im Kantone ansässig, der Ort der Trauung und der längste Aufenthalt seit 1803. Die Fahrenden erhielten durch diese Regelung (mit Ausnahme des Biirgernutzens) sämtliche Rechte und Pflichten der seßhaften Bevölkerung, auch das Recht auf Armenunterstüt zung. Daß sich die Zwangseinbiirgerung der Jenischen nicht ohne heftige Auseinandersetzungen abwickelte, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Mit dem Ileimatlosigkcitsgesetz war nun der äußere Rahmen der Bürgerrechtsverhältnisse goregelt; nach Quellenangaben sollen damals 17 000 ansässige und 800 fahrende Heimatlose eingebürgert worden sein. Die Hoffnung, dio Jenischen könnten nun durch die Erteilung des Bürgerrechts seßhaft gemacht werden, erwies sich indessen als trügerisch. In dieser Beziehung hatte der staatliche Versuch fehlgeschlagen, und bei diesem einen staatlichen Eingriff in die Sphäre der Vaganten blich es. Wesensart und Lebensweise Der nach außen am auffälligsten in Erscheinung tretende Wesenszug der Fahrenden ist ihr Wandertrieb. Inwiefern dieser rein äußerlich bedingt ist (durch die besondere Art der Berufsausülmng und die Flucht vor der Polizei) ist nicht mit Sicherheit zu sagen, bestimmt ist er aber ein Ausdruck der ganz allgemeinen Unstethoit und Planlosigkeit der Jenischen. Diese Unfähigkeit, zielbewußt zu denken und zu handeln, kommt auch zum Ausdruck, wenn man genötigt ist, ihnen dio Kinder wegzunehmen: Da drohen sie zuerst mit Anwalt und Gericht, doch bei dieser Drohung bleibt es dann in fast allen Fällen. Weitere Sehritte bleiben aus, und nach wenigen Wochen scheinen sie das ihnen zugefügte «Unrecht» vergessen zu haben. Obwohl die meisten Vaganten kaum den Anforderungen der Volksschule genügen, kann man nicht behaupten, sie seien lebensuntüchtig. Sie haben zwar keinen Beruf erlernt (was sie nicht hindert, sich als Bemfsarboiter auszugeben) und sind auch wenig schreibgewandt. Dagegen besitzen sie die Gabe, sich beim Gesprächspartner einzuschmeicheln und auf dessen Wünsche einzugehen, was ihnen im Hausierer-, Korber- und Schirmflickcrmetier sehr zustatten kommt. Als Hausierer verdienen sie denn auch recht gut, und viele rühmen sich, daß ihnen ein halber Arbeitstag für ihren Unterhalt genug . einbringe Weitere typische Charaktereigenschaften sind das unsorgfältige Umgeben mit Hab Schlampigkeit und Gut, ihre und ihr Leichtsinn im Erwerb und Verkauf von Waren. Die jenischen sind alle katholisch; ihre Religiosität konzentriert sich jedoch auf ein paar wenige, markante Ereignisse, wie Taufe, Eheschließung und den Empfang der heiligen Sterbesakramente. Für die Lebensweise der Fahrenden ist bemerkenswert, daß sie in mehr oder weniger matriarchatsähnlichen Zustünden leben; die rVau, als normalerweise für das Vagantentum überhaupt Verantwortliche, ist auch in der Gemeinschaft tonangebend. Der Lebensstandard ist ziemlich niedrig, die Budgets sind auf bloße Bedarfsdeckung ausgerichtet. Die oft und gern verbreiteten Schilderungen eines apokalyptischen Sittenzerfalls, von Promiskniüit und Inzest, sind im allgemeinen nicht zutreffend. Auch in Vagantenkreisen ist die Ehe die normale Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau. Es wird von der Sippe der Jenischen ebensowenig gebilligt, daß eine Frau ihren .Mann verläßt, wie von bürgerlichen Kreisen. In diesen Zusammenhang gehört noch ne i Blick auf die Kriminalität der Jenischen. Der Leiter des Hilfswerks hat jährlich eine bis zwei Zcitungsmeldnngen ül>or Verbrechen Jenischer registriert. Darin sind die leichteren Vergehen und liebertretungen nicht inbegriffen. Eigentliche Schwerkriminalität ist selten, l>ei Verbrechen handelt es sich fast immer um AlTekthandlnngon und' selten um Vorbedachtstaten. Aus dem Kreise der vom Hilfswerk betreuten über 500 Zöglinge ist ein einziger Fall eines Schwerverbrechers bekannt, der nach einem erfolgreichen Einbruch in ein Zeughaus seinen Komplizen erschoß. Die hauptsächliche Gefährdung dir Vagantenkinder und die Gründe, die ihre Wegnahme und Versorgung geboten erscheinen lassen, bestehen in der Unfähigkeit der Eltern, den Kindern eine richtige Erziehung zu vermitteln, und in deren Vernachlässigung. Dio Lebensweise der Landfahrer schließt einen geordneten Schulbesuch in der Regel aus. Noch schlimmer ist der früh geförderte Hnng zur Trunksucht. Der Alkohoikonsum der Fahrenden ist riesig, auch die Frauen sind durchweg große Trinkerinnin. Wie die Vagantenkinder schon in frühester Jugend in das Leben der Erwachsenen hincinbezogen werden, da sie schon in zartem Alter ihrem Broterwerb nachgehen müssen, so werden sie auch von Kindsbeinen au Zeugen oder Opfer aller Exzesse der Betrunkenheit, sei es, daß sie dieselben miterleben, oder aber daß sie, von den Erzeugern irgendwo liegengelassen, die Nncht im Freien zu- bringen müssen. Rechtsprobleme bei der Versorgung der Kinder Beim Versagen der elterlichen Erziehung greifen die gesetzlichen Sanktionen von Art. 283 285 ZGB ein, von denen für den vorliegenden Fall vor allem die beiden letzten (Versorgung der Kinder und Entziehung der elterlichen Gewalt), meist beide miteinander verbunden, in Frage kommen. Es hat sich immer wieder gezeigt, daß der angestrebten Eingliederung von Kindern der Landstraße eigentlich nur dann Erfolg beschieden war, wenn sie sowohl aus der Vagantensippe entfernt wurden und auch den Eltern die elterliche Gewalt entzogen wurde; denn ib e der bloßen Wegnahme bleibt den Eltern nicht nur die Entscheidungsbefugnis, sondern auch die Nutzung des Kindesvermögens. Voraussetzung für die Versorgung der Kinder sind dauernde Gefährdung oder Verwahrlosung; dio Verwahrlosung kann das leibliche, geistige und (nach Egger) auch das sittliche Wohl betroffen. Voraussetzungen für den Entzug der elterlichen Gewalt (die schärfste Maßregel) sind nach ZGB Unfähigkeit dor Eltern, schwerer Mißbrauch oder grobe Vernachlässigung ihrer Pflichten. Die Unfähigkeit, auf die man sich seitens des Hilfswerks meistens berief, kann unter anderem bestellen in Unfähigkeit zur Ernährung, Pflege, Erziehung, in Geistesschwäche, oder Lebenswandel unstetem Trunksucht. Das Kind muß unter der Unfähigkeit leiden und dauernd und ernstlieh gefährdet sein (Egger, Kommentar ZGB). Wie wir oben gesehen haben, sind bei den Vaganteneltern meist mehrere Voraussetzungen erfüllt. e Morgenausgab Blatt 7 Nr. 4412 Die in den letzten Monaten in der «Neuen Zürcher Zeitung» erschienene Artikelreihe über «Das Projekt für die Schiffbarmachung des Hochrheins» ist soeben in Broschürenform erschienen. Das umstrittene, an Aktualität noch gewinnende Binnenschiffahrtsprojekt findet in der Sammlung von acht Aufsätzen aus der Feder sachkundiger Persönlichkeiten eine konlradiktorische Darstellung. Der 80 Seiten umfassende Sonderdruck kann smn Preise von 4 Fr. beim Buchverlag der «Neuen Zürcher Zeitung», Hauptpost fach, Zürich 1, an unsern Schaltern Falkenstraße 12 und Bahnhofstraße 70 bezogen werden. dio Kinder keine Berührungsmöglichkeiten mit ihren Erzeugern hatten. Nach der Versorgung der Kinder ist die Fürsorgetäfigkeit keineswegs beendet, es folgt die sogenannte nachgehende Fürsorge.. Der Fürsorger muß auch mit. den in Familien untergebrachten Kindern in ständigem Kontakt bleiben, und der Leiter des Hilfswerks hat alle Zöglinge über dreißig Jahre lang selbst betreut. Besonders wichtig ist die nachgehende Fürsorge bei Heimzöglingen. Durch dio Schaffung von Patenschaften wurde hier versucht, dio Beziehungslosigkeit zu überwinden und Verbindungen zur Außenwelt zu schaffen. Die Ergebnisse der Resozialisierung Tm Laufe von 35 Jahren wurden 542 Kinder betreut, von denen inzwischen rund vier Fünftel volljährig geworden sind. Von diesen waren rund Stetigkeit der Betreuung. Bei der bloßen Weg- 35 Prozent in Graubünden beheimatet, dio andern nähme waren Konflikte zwischen Pflegeeltern bzw. rekrutierten sieh vorwiegend aus den Kantonen Anstaltsleitern und leiblichen Eltern unvermeidlich. St. Gallen, Schwyz und Tessin. Für eine BerafsFrage, Die größten Schwierigkeiten rechtlicher Natur lehro kamen mehr als die Hälfte nicht in ergaben sich in der Frage der örtlichen Zuständig- weil sie es kaum bis zur fünften Primarkla.sse geirgendeiner keit. Für diese ist (nach Egger) Bundesrecht maß- bracht hatten oder kein Interesse an gebend; es ist wie bei der Entmündigung grund- Tätigkeit bekundeten und nur das taten, was ihnen aufgezwungen wurde. sätzlich der Wohnsitz des Gewaltträgers zuständig. durch die äußern Verhältnisse jedoch von diesen haben sich im Leben als Nun hält es schwer, den Landfahrern einen Wohn- Viele Bauhandlangcr, oder Ausläufer Lrmdknechtc nirgends nachzuweisen, sitz da sie sich mit der Abbewährt, und die Mädchen wurden oft sicht dauernden Verbleibens aufhalten. Sogar der ordentlich tüchtige Hausfrauen und Mütter. Von den Befeststellbar, Aufenthaltsort ist manchmal nicht gabteren sind einige Schmiede und Malor, andere ganz abgesehen davon, daß diese Gemeinden nicht Metzger, Spengler und Fabrikarbeiter geworden. daran interessiert sind, fremden Leuten die elterden begabteren Mädchen wurde eines Heilliche Gewalt zu entziehen. Das Hilfswerk hat sich Von gymnastin, eines Sekretärin und eines gar erste Entzugs Anordnung sz w e c k dos meistens an die Heimatgcmeindo gewandt und ist auf diesem an- Verkäuferin. Für dio betreuten Bündner Kinder wurde eine scheinend unrechtmäßigen Weg fast immer zum Erfolgsstatistik aufgestellt. Nach dieser könZiele gelangt. Man kann sich direkt fragen, ob für Art den Vaganten nicht der Heimatort in den meisten nen genau die Hälfte als gut geraten bezeichnet Fällen als Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungcn werden, von der andern Hälfte sind je fünfzig angesehen werden muß, denn mit der Heimat- Prozent unsicher oder schlecht geraten. Knapp gemeinde kommt er doch immerhin beim Bezug der zwanzig Prozent aller Betreuten vagieren heute Armenuntcrstützung in Kontakt. So ergab sich hier wieder. eine praktische Lösung, die zwar noch nicht durch Auch wenn der höhere soziale Standard und die dio Rechtsprechung sanktioniert ist. die aber schon Konjunktur wesentlich zum Rückgang des Vagandurch eine Stelle im Kommentar Egger (N 15 zu tentums in den letzten Jahren beigetragen haben, ZGB 37(5) angebahnt wurde und die der Lage am ist der Erfolg des Hilfswerks beträchtlich. Es ist ehesten gerecht wird. der Erfolg einer unermüdlichen, liberalen und sich mit den individuellen Gegebenheiten befassenden Fürsorgetätigkeit des Hilfswerks Fürsorgctäf igkeit seines. Gründers und Leiters. Rudolf Starten Jetzt erst, nach dieser oft langwierigen Vorarbeit, setzt dio eigentliche Tut igkeit des Hilfswerks ein. Es liegt in dor Bestimmung der Pro Juventute, Aus der Oekumene daß es sich dabei nur um Fürsorge für Kinder handeln konnte. Ihr Ziel war es, die einzelnen der Hilfe für die Waldcnserkirehc Einflußsphäre schädlichen zu entziehen und sie in die Gesellschaftsordnung einzugliedern; «general-rlm. Die Waldenserkirche Italiens, dio unpräventive» Absichten, wie etwa die Ausmerzung gefähr 35 000 Mitglieder zählt, wird hauptsächlich evangelides Landfahrertums, standen völlig im Hinter- von der deutschon und der schweizerischen grund. Der Gründer dieser sich über Jahre orstrek- schen Kirche unterstützt. Ohne diese Hilfe könnte dringend nötigen sie Acn. Ausund Aufbau ihrer kenden Fürsorgeaktion mußte zum größten Teil Gemeinden nicht bewerkstelligen. Im vergangenen neue Woge gehen. Die heutigen Grundsätze der Jahr entfaltete dio Waldon-serkircho eine besonders Betreuung waren damals kein Programm, sie haben reqe Tätigkeit Die Gemeinde in Caltaauf Sizilien. sich eist im Laufe der Jahre entwickelt. nisetta bekam einen neuen Gottesdienstrauin, da das alte Haus, in dem sie bis jetzt zusammenDie hauptsächlichsten Schwierigkeiten hatte man gekommen war, geräumt werden mußte. In Palermo erwartet im Kampf mit den Gemeindebehörden. wurde die Sozialarbeit unter den Kindern im Viel bedeutender waren jedoch die Probleme, die Elendsquartier intensiviert. In Vittoria (ebenfalls sich aus der Beziehungslosigkeit der Kinder zu ihrer auf Sizilien) ist das erste cvangclisehc Altersheim in Süditalien eröffnet worden. Es können dort Umwelt ergaben. Das angeborene Mißtrauen der dreißig Betagte aufgenommen werden. Die BiblioJenischen und das oft abweisende Verhalten der bürgerlichen Bevölkerung machten das Verwachsen thek der Evangelischen Theologischen Fakultät in Rom ist erweitert und ein lnformationsbnreau mit ihr besonders schwierig. Große Sorgen berei- eröffnet worden. Villar Pcrosa ist eine Stadt, teten ferner die Unaufrichtigkeit, die Haltlosigkeit welche 1698 zur Zeit der Verfolgungen von den Evangelischen verlassen werden mußte. Diese und e d i Verfiihrbarkeit. Deutschland aus und gründeten in Bei der Unterbringung ergaben sich die Mög- wanderten nach Stuttgart die, Dörfer Groß-Vilhir, der Nähe von lichkeiten der Heimerziehung, der Erziehung in Klein-Villar, Pinacho, Perouso u. a. m. Nach einem Pflegefamilien (unte ständigem Kontakt mit dem r Unterbruch von 250 Jahren hat sich in Villar Hilfswerk) und der Adoption. Die besten Erfah- Perosa wieder eine Waldcnsergemeindc gebildet, rungen wurden mit dor Unterbringung in Pflege- die im vergangenen Jahr ein Gotteshaus einweihen familien gemacht. Im Schöße einer solchen Familie durfte. Interessant ist auch die jüngste Geschichte dor konnte dem Zögling am n e h e s t e das geboten werden, was ihm im Kreise der Sippe, wo er schon evangelischen Gemeinde Fcrcntino an der Straße Rom-Neapel. Während 15 Jahren kam dio Geherangezogen versagt wurde, früh zum Broterwerb kleinen Privathaus zusammen, wo blieb: der Genuß einer unbeschwerten Kindheit. meinde in einem wonig Sitzplätze Verfügung nur Raum für Nicht allen Kindern konnte leider das Glück dieses stund. Immer neu widersetzten sichzur die Ortsbehörzweiten Elternhauses beschert werden. Günstige den dem Bau einer kleinen Kirche und selbst gegen Pflegeplätzo waren für die zum großen Teil unter- die Aufstellung einer vorfabrizierten Kapolle auf begabten Geschöpfe schwer zu finden. Zur Adop- eigenem Grund und Boden. Jeden Sonntagmorgen mußte der Fußboden des Gottesdienstrnnmes in der tion wurde von Seiten des Hilfswerks nur selten darunterliegenden geraten. Die. Unterschiede in den Anlagen und Küche mit Pfählen abgestützt werden, bis es schließlich gelang, im Zentrum der Interessen zwischen angenommenen Kindern und zu erworben. (Adoptiv-)Eltorn waren oft so groß, daß ed i Eltern Stadt ein passendes Haus käuflich Nun findet der Gottesdienst im ehemaligen Eßvor großen Enttäuschungen nicht bewahrt blieben. zimmer dieses Hauses statt. Die übrigen Räume So mußten eben die meisten Kinder in Heimen dienen als Pfarrwohnung. Das e untergebracht werden. Wir wollen uns hier nicht Waldcnserhilfc Zürich konnte der K o m i t e für die Waldcnserkirche in dio Kontroverse über Vor- und Nachteile von im vergangenen Jahr se t w a mehr als 40 000 FranAufgaben übenveisen. Wenn auch Heim- und Pflegefamilienorziehung einschalten, ken für diese Kirche nur einen sehr kleinen Teil der Bevölaber die Möglichkeit, dem Zögling im Erziehungs- diese kerung darstellt, so sind doch ihre Aufheim ein Gefühl von Heimat und Geborgenheit zu gal)on Italiens Blick auf Verkündigung und Liebestätigvermitteln, dürfte kleiner sein als in einer Familie. keit soimgroß, daß ein vermehrter Zustrom auslänstretg geachtet, darauf daß discher Gaben sehr wünschenswert wäre. In allen Fällen wurde Dor immer angestrebte Entzug der elterlichen Gewalt, ist vor allem wünschenswer t hinsichtlich der Neue Zürcher Zeitung vom 30.10.1963
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