1 Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben Sommersemester 2009 Vorlesung Einführung in das Strafrecht (Strafrecht Allgemeiner Teil) / Skizze Täterschaft/Teilnahme1 2 Täterschaft3 (eigene Tat): - Einzeltäter - unmittelbare Täterschaft (§ 25 I, 1. Alt.) = eigenhändige4 Deliktsverwirklichung5 - mittelbare Täterschaft (§ 25 I, 2. Alt.) = Einsatz eines menschlichen "Werkzeuges" zur Deliktsverwirklichung) - Mittäterschaft (§ 25 II) = arbeitsteiliges Zusammenwirken (- Nebentäterschaft6) Teilnahme (Mitwirkung an fremder Tat7 als mittelbarer Rechtsgutsangriff8)9: - Anstiftung (§ 26) = psychische Tatveranlassung - Beihilfe (§ 27) = Förderung der Tat Abgrenzung10 11 12 von Täterschaft/Teilnahme13: 1 Literatur: Heinrich, AT II, Rn. 1173-1377; Krey, AT II, Rn. 1-316; Wessels/Beulke, Rn. 505588; Baumann/Weber/Mitsch, § 28-32; Kühl, § 20; vertiefend: Roxin, AT II, § 25-28. 2 Zu Vorstufen der Beteiligung (§ 30), in denen es nicht einmal zum Versuch der in Aussicht genommenen Tat gekommen ist: Kühl, AT, § 20 Rn. 243 ff. 3 Restriktiver Täterbegriff des StGB (also Beteiligung als Haftungsausdehnung); hingegen extensiver Täterbegriff im Ordnungswidrigkeitenrecht (s. § 14 I OWiG: "Beteiligte" → Einheitstäter; s. Mitsch, Ordnungswidrigkeitenrecht, § 9 III); § 14 I 1 OWiG: „Beteiligen sich mehrere an einer Ordnungswidrigkeit, so handelt jeder von ihnen ordnungswidrig.“ 4 Dann stets Täterschaft (ältere Rspr ["Badewannen"- bzw. "Staschinski"-Fall] überholt). Hierzu zählt auch der Fall der Nebentäterschaft (insb. im Bereich der Fahrlässigkeitsdelikte). 6 Mehrere Täter bewirken fahrlässig einen Erfolg; oder mehrere Garanten verhindern unabhängig voneinander - vorsätzlich - einen Erfolgseintritt nicht. 7 Akzessorietät der Teilnahme, genauer: → limitierte Akzessorietät (vgl. Wortlaut der §§ 26, 27). 8 Also nur strafbar, sofern das vom Haupttäter angegriffene Gut auch gerade gegenüber dem Teilnehmer geschützt wird.- Die sog. Korrumpierungstheorie (Teilnahme als Verursachung fremder Schuld) ist überholt. 9 Zur grundsätzlich straflosen "notwendigen Teilnahme": Schönke/Schröder-Heine, vor § 25 Rn. 46 ff.; s.a. Gropp, AT, § 10 RN 157 ff. 5 2 a) Unabhängig vom Theorienstreit: - bei fehlender Täterqualität14 stets nur Teilnahme möglich - bei vollständiger Verwirklichung sämtlicher Tatbestandsmerkmale stets Täterschaft b) in den übrigen Fällen15: -Tatherrschaftslehre (hM) → Täter als Zentralgestalt des Geschehens16 contra17 -Animus-Theorie (RSpr) 10 → Tatbeitrag mit Täterwillen18 Nur zu treffen im Falle vorsätzlichen Handelns (im Falle des Fahrlässigkeitsdeliktes sind alle Beteiligten Nebentäter; Prüfung getrennt; zur str. Mittäterschaft beim Fahrlässigkeitsdelikt: Schönke/Schröder-Heine, vor § 25 RN. 115). 11 Abgrenzungsprobleme zwischen mittelbarer Täterschaft/Anstiftung sowie zwischen Mittäterschaft/Beihilfe. 12 Sofern in Bezug auf ein und dieselbe Tat mehrere Beteiligungsformen vorliegen → Konkurrenzfrage: Zurücktreten der Beihilfe hinter der Anstiftung, der Teilnahme hinter der Täterschaft. 13 Aufbau: (1) Abgrenzung nicht abstrakt vor die Klammer - gar etwa pauschal für sämtlich in Betracht kommenden Strafvorschriften - zu ziehen, sondern im Tatbestand im Rahmen der jeweiligen Tathandlung abzuhandeln. (2) Erst Täter, dann Teilnehmer untersuchen (ggf. verschiedene Rollen je nach Handlungskomplexen)! 14 Also bei eigenhändigen Delikten (z.B. §§ 315c, 316 / 153 ff.) sowie Sonder- (z.B. §§ 203, 348) und Pflichtdelikten (z.B. §§ 142, 266 sowie § 13); ebenso bei Fehlen tatbestandsspezifischer Absichten. 15 Ferner für den Bereich des unechten Unterlassungsdelikts strittig, ob bei der Einstufung eines gegen fremde Straftat nicht einschreitenden Garanten statt der Tatherrschaftslehre (bzw. der animus-Theorie) auf die Natur der jeweiligen Garantenstellung abzustellen (Unterlassungstäterschaft für "Obhutsgaranten", Beihilfe durch Unterlassen bei "Überwachungsgaranten") oder stets Täterschaft des Garanten (Pflichtdelikt) anzunehmen ist bzw. umgekehrt mangels Tatherrschaft stets nur Beihilfe in Betracht kommt. Merke: Von diesem Problem (Teilnahme durch Unterlassen) strikt zu trennen ist die Frage einer nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilenden und nach ganz hM strafbaren - Teilnahme am Unterlassungsdelikt durch aktive Handlung! 16 Also finale Steuerung des tb-mäßigen Geschehens = vom Vorsatz umfasstes In-den-HändenHalten des tb-mäßigen Geschehensablaufs = planvoll lenkende bzw. mitgestaltende Herrschaft über das Ob und Wie der Tatbestandsverwirklichung → Handlungsherrschaft (§ 25 I, 1. Alt.); Wissensoder Willensherrschaft (§ 25 I, 2. Alt.); funktionelle Tatherrschaft (§ 25 II). 17 Aber: Im Gutachten wird regelmäßig eine Streitentscheidung entbehrlich sein, da auch nach der subjektiven Abgrenzung (animus) der Täterwille aus einer wertenden Gesamtschau unter Einschluss der Tatherrschaft oder zumindest des Tatherrschaftswillens zu erschließen ist; i.d.R. wichtiger → ordentliche Untersuchung, inwieweit überhaupt Tatherrschaft besteht. 18 Täterwille (animus auctoris im Gegensatz zum animus socii des Teilnehmers) zu erschließen aus dem Interesse am Taterfolg, aber auch aus dem Umfang der Tatbeteiligung, also der Tatherrschaft, oder zumindest aus dem Willen zur Tatherrschaft (also: Täterwille nicht als psychischer Befund, sondern auf Grund verschiedener [kombinierter] Indizien wertend zu ermitteln!). 3 Mittelbare Täterschaft19 (§ 25 I, 2. Alt.) I. Tatbestand20: - objektiver TB: -TB-Merkmale21, einschließlich der Tathandlung22 → hier dann Zurechnung23 des Verhaltens des Tatmittlers24 - subjektiver TB: Vorsatz25 inklusive Tatherrschaftsbewusstsein26 II./ III. Rechtswidrigkeit und Schuld 19 Aufbau: Zuerst i.d.R. die Strafbarkeit des Tatnächsten (also des Werkzeuges/Tatmittler) prüfen und insoweit einen nach h.L erforderlichen "Defekt" (s. a. Fn. 22) eruieren, auf den dann im Rahmen der Prüfung von § 25 I, 2. Alt. Bezug genommen werden kann. Mögliche "Defekte" → Tatmittler handelt objektiv nicht tatbestandsmäßig (insb. unfreie [str., ob insoweit die allgemeinen Grundsätze der Einwilligung oder die Regelungen für den strafrechtlichen Verantwortungsausschluss [also §§ 19, 20, 35 StGB, § 3 JGG] heranzuziehen sind] Selbstschädigung; evtl. auch absichtsloses [nur Schädigungs-, aber weder Selbst- noch Drittzueignungsabsicht im Falle von § 242] oder qualifikationsloses Werkzeug [z.B. Vollstreckungsschuldner V veranlasst Nicht-Vollstreckungsschuldner N zum Beiseiteschaffen von Vermögensbestandteilen des V: §§ 288, 25 I, 2. Fall durch V sowie Beihilfe durch N (dem die Täterqualität fehlt)?: Kühl § 20 RN 54 ff.) bzw. unvorsätzlich („Sirius“) bzw. rechtmäßig (z.B. gutgläubiger Richter ordnet U-Haft an) bzw. ohne Schuld (z.B. im sog. Nötigungsnotstand i.S.v. § 35). 20 Ggf. kann vorab festgestellt werden, dass mangels Täterqualität jede Form der Täterschaft, also auch die mittelbare Täterschaft, ausscheidet (s.o. in Fn. 13). 21 Bezogen auf den mittelbaren Täter. 22 Versuchsbeginn für mittelbaren Täter dann gegeben, wenn er nach seiner Einwirkungshandlung das Werkzeug in der Vorstellung eines unmittelbar anzusteuernden Deliktserfolge entlässt (hM). 23 Bei einem Exzess des Werkzeugs entfällt mbr. Täterschaft; ggf. aber Strafbarkeit aus Fahrlässigkeitsdelikt. 24 Hat der mbr. Täter sich also "fremder Hände" zur Verwirklichung des Tatbestandes bedient → tatherrschaftliche Steuerung eines Werkzeuges (+) → sofern beim Tatmittler ein Strafbarkeitsmangel („Defekt“) besteht (str., ob darüber hinaus mbr. Täterschaft anzuerkennen ist in Fällen eines "Täters hinter dem Täter" → organisatorische Machtapparate ("Politbüro"/Unternehmen) / Irrtum über konkreten Handlungssinn (z.B. Schadenshöhe oder Opfer-Unterschiebung {Dohna-Fall}) / vermeidbarer Verbotsirrtum {"Katzenkönig"} sowie einer Steuerung durch den Hintermann infolge Überlegenheit in Wissen oder Willen [nach der Animus-Theorie würde jeglicher Verursachungsbeitrag genügen, der mit Täterwillen geleistet wurde]; str., ob darüber hinaus eine bloße normative Tatherrschaft anzuerkennen ist. 25 Str., ob sich ein unbeachtlicher Objektsirrtum des Werkzeugs für den Hintermann als aberratio ictus darstellt (insb. wenn dem Werkzeug die Opfer-Individualisierung überlassen wurde). 26 Bei irrig angenommener Tatherrschaft, objektiv aber vorliegender Anstiftung: Strafbarkeit aus vollendeter Anstiftung (nach a.A. [Anstiftung als aliud]: versuchte mbr. Täterschaft).- Bei Unkenntnis objektiv gegebener Tatherrschaft, aber irrig angenommener Anstiftung: Ggf. Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung (§ 30 I). 4 Mittäterschaft (§ 25 II)27 I. Tatbestand: - objektiver TB: -TB-Merkmale, einschließlich der Tathandlung28 → hier dann Zurechnung des Verhaltens des/der Mittäter(s): → (a) bewusstes und gewolltes (b) Zusammenwirken: - (a) gemeinsamer Tatplan29 30 31 - (b) gemeinsame Tatausführung32 unter Mit-Tatherrschaft33 bzw. kausaler Tatbeitrag mit Täterwillen34: - subjektiver TB: deliktsspezifische Absichten35 II./ III. Rechtswidrigkeit und Schuld 27 Aufbau: (1) Sofern kein Beteiligter sämtliche Tatbestandsmerkmale in seiner Person verwirklicht → alle Beteiligten (außer denen, die mangels Täterqualifikation ohnehin vorab ausscheiden) sind zusammen zu prüfen (zunächst die Tathandlung ansprechen und dann feststellen, dass diese mittäterschaftlich begangen worden ist. (2) Anderenfalls: Prüfung des Tatnächsten, der die Tathandlung allein durchgeführt hat; anschließend untersuchen, ob dieser Tatbeitrag weiteren Beteiligten über § 25 II als mittäterschaftlich begangen zugerechnet werden kann. 28 Sofern Haupttat nicht einmal in das Versuchsstadium eingetreten ist: § 30 II, 3. Alt. beachten! 29 = gemeinsamen Wollen, eine bestimmte Tat durch arbeitsteiliges Handeln als gleichberechtigte Partner zu begehen. 30 Keine Haftung für darüber hinausgehende Aktionen von Mittätern (sog. Exzess); hingegen ist ein Objektsirrtum eines Mittäters unbeachtlich (Verfolgerfall); str.; s. Kühl, AT, § 20 Rn. 117 ff. 31 Nach noch hM: keine Mittäterschaft beim Fahrlässigkeitsdelikt (insoweit Nebentäterschaft [+], sofern Kausalität bewiesen werden kann). 32 Versuchsbeginn für alle Mittäter, sobald einer von ihnen plangemäß die Versuchsschwelle überschreitet; eine bloße Annahme entsprechen Ansetzens genügt nicht (str.). Zum Rücktritt als persönlichem Straffaufhebungsgrund: § 24 II. 33 Mitwirkung im Ausführungsstadium nicht erforderlich (str.), da ein entsprechendes Minus durch ein Plus an planerischer Gestaltung ausgeglichen werden kann: Funktionale Mit-Tatherrschaft; ferner auch alternative sowie additive Mittäterschaft möglich (s. Kühl, § 20 Rn. 109). 34 Nach der Rspr ist noch zwischen Vollendung und Beendigung ein nachträglicher Zusammenschluss zur sukzessiven Mittäterschaft möglich (entsprechend: Zurechnung bereits verwirklichter Erschwerungen); nach hL hingegen keine Mit-Tatherrschaft nach tatbestandlicher Vollendung des Delikts. 35 Etwa Zueignungs- und Bereicherungsabsicht (§ 242 bzw. § 263); fehlen sie (aber: „Dritt“-Absicht genügt!), so ist zweckmäßigerweise vorab mangels Täterqualität Mittäterschaft abzulehnen (keine Zurechnung über § 25 II!) und Teilnahme zu prüfen. Eine Prüfung des subjektiven Tatbestandes im Übrigen entfällt, da der Vorsatz bereits im Rahmen des "bewussten und gewollten" Zusammenwirkens „abgearbeitet“ worden ist. 5 Anstiftung (§ 2636) I. Tatbestand: a) objektiver TB: -Haupttat: vorsätzliche37 38 rechtswidrige Tat39 eines Dritten -Tathandlung des Anstifters: Bestimmen40 → Hervorrufen41 des Tatentschlusses42 b) subjektiver TB: - "doppelter" Vorsatz43 des Anstifters: - Vorsatz → fremde, vorsätzlich rechtswidrige Haupttat44 45 46 - Vorsatz → Anstiftungshandlung 36 Im Gutachten: Immer zusammen mit der Haupttat, also etwa: §§ 212, 26. Auch ein erfolgsqualifiziertes Delikt (zB § 227 nF) stellt eine teilnahmefähige Haupttat dar (§§ 11 II, 29), also etwa: Strafbarkeit aus §§ 227, 26 (obgleich Haupttäter sich ggf. nur aus § 223 strafbar gemacht hat), sofern der Anstifter vorsätzlich bezüglich des vorsätzlich verwirklichten Grunddeliktes und gerade hinsichtlich der die schwere Folge verursachenden Täterhandlung einerseits, fahrlässig bezüglich der schweren Folge andererseits handelte. Entsprechendes gilt für die 38 Im Falle eines in einem Erlaubnistatbestandsirrtum handelnden Haupttäters liegt keine teilnahmeBeihilfe. fähige Vorsatztat mehr vor (str.); ggf. mbr. Täterschaft! 39 Strafbarer Versuch genügt! Also zu unterscheiden: Anstiftung zum versuchten Delikt des Täters (zB §§ 212, 26) von versuchter Anstiftung (zB § 30 I, 212; zum Aufbau insoweit: Gropp, AT, § 9 RN 105 f.)! 40 Sonderformen: Einschalten eines Dritten (Kettenanstiftung bzw. Anstiftung in mbr. Täterschaft) sowie gemeinschaftliche (§ 25 II) verübte Mitanstiftung. 41 Nach hM soll jeder Verursachung des Tatentschlusses (also auch ohne kommunikative Beeinflussung oder gar "Unrechtspakt" genügen. 42 Ein "omnimodo facturus" kann nicht angestiftet werden (dann ggf. § 30 [versuchte Anstiftung] bzw. psychische Beihilfe. Aber: Auch der zur Begehung eines Grunddeliktes (etwa § 249) bereits Entschlossene kann noch zur Verwirklichung einer Qualifikation (etwa § 250) angestiftet werden ("Aufstiftung"), sofern eine konkrete Unrechtssteigerung vorliegt (nach a.A. nur Beihilfe).- Von - mangels unerlaubter RisikoSchaffung auch als psych. Beihilfe strafloser - "Abstiftung" spricht man hingegen dann, wenn der Täter zu einer minderschweren Begehungsform überredet wird (also etwa statt einer gefährlichen lediglich eine einfache Körperverletzung begeht); zur Umstiftung (als Anstiftung zu einem aliud): Geppert JK § 26/5 (zu BGH NStZ-RR 1996, 1). 43 Bedingter Vorsatz genügt. 44 Kongruenz von Vorsatz und Haupttat: Der Anstifter muss die Haupttat in ihren wesentlichen Unrechtsdimensionen (LK-Roxin, § 26 Rn. 9) bzw. als hinreichend (umrisshaft, vgl. BGHSt 34, 63 mit den dort genannten Indikatoren) individualisiertes Geschehen in seinen Vorsatz aufnehmen (sonst nur § 111); bei Exzess des Angestifteten: § 16 I (ggf. Fahrlässigkeitsstrafbarkeit möglich). 45 Der Anstifter muß als "mittelbar Angreifer" die Vollendung der Haupttat wollen → Straflosigkeit des agent provocateur, der lediglich den Versuch der Haupttat bzw. (str.) keine materielle Rechtsgutsverletzung will. Zusatzproblem: Auswirkung einer jeden bzw. einer rechtsstaatswidrigen staatlichen Provokation mittels eines polizeilichen Lockspitzels auf den staatlichen Strafanspruch: Nach BGH → lediglich Berücksichtigung im Rahmen der Strafzumessung; vgl. Schönke/Schröder-Heine, § 26 Rn. 21; zu hiermit häufig verbundenen strafprozessualen Problemen (Verfahrenshindernis? / behördliche Sperrerklärung): Beulke, Strafprozessrecht Rn. 288, 423 ff. 46 Ein Irrtum des Täters über das Tatobjekt soll für den Anstifter - zumindest bei unwesentlicher Tatabweichung (insb. wenn dem Angestifteten die Opfer-Individualisierung überlassen wurde) unbeachtlich sein; nach a.A. → aberratio ictus (Fall Rose-Rosahl); vgl. Geppert, Jura 1992, 163 ff. 37 6 [c) ggf. Tatbestandsverschiebung gemäß § 28 II] II. Rechtswidrigkeit47 III. Schuld IV. Weitere Bestrafungsvoraussetzungen (entsprechend zum "normalen" Vorsatzdelikt48) [ V. ggf. Strafmilderung gemäß § 28 I ] Beihilfe (§ 2749) I. Tatbestand: a) objektiver TB: - Haupttat: vorsätzlich rechtswidrige Tat50 eines Dritten - Tathandlung51 des Gehilfen: Fördern52 53 → Ermöglichen oder Erleichtern der Haupttat54 durch Rat55 oder Tat56 b) subjektiver TB: - "doppelter" Vorsatz57 des Gehilfen: - Vorsatz → fremde, vorsätzlich rechtswidrige Haupttat58 47 → Bezogen auf das Verhalten des Anstifters. Also Fehlen von Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgründen sowie Vorliegen von Strafverfolgungsvoraussetzungen. 49 Im Gutachten: Immer zusammen mit der Haupttat, also etwa: §§ 212, 26. 50 Strafbarer Versuch genügt! Merke: Anders als im Falle der versuchten Anstiftung (§ 30 I) bleibt die versuchte mbr. Täterschaft straflos. 51 Nach hM Beihilfe auch noch im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung möglich; MM lehnt sukzessive Beihilfe unter Hinweis auf Art. 103 II GG ab. 52 Zum Sonderproblem, inwieweit eine Unterstützung des Haupttäters durch sog. neutrales Alltagsverhalten unter die Beteiligungsvorschriften fällt: Hillenkamp, 32 Probleme aus dem Strafrecht AT, 28. Problem.; zur Parallelproblematik beim fahrlässig Handelnden: Roxin, AT 1, § 24 Rn. 26 ff. (Vertrauensgrundsatz). 53 Achtung: versuchte Beihilfe ist straflos! 54 Strittig, ob der Gehilfenbeitrag für den Erfolg der Haupttat kausal sein muss oder ob bloße Förderung der Täterhandlung (RSpr) oder gar die Erhöhung des Risikos (vgl. auch die Diskussion um die Zurechnung beim Fahrlässigkeits- sowie Unterlassungsdelikt, vgl. Kühl, § 17 Rn. 47 ff., sowie § 18 Rn. 35 ff.) der Tatbegehung genügt. 55 Umstritten, inwieweit die psychische Beihilfe durch Bestärkung des Tatentschlusses strafbar ist. 56 Strittig, ob der Gehilfenbeitrag für den Erfolg der Haupttat kausal gewesen sein muss oder ob ihre bloße Förderung ausreicht. 57 Bedingter Vorsatz genügt. 48 7 - Vorsatz → Beihilfehandlung [ c) ggf. Tatbestandsverschiebung gemäß § 28 II59] II. Rechtswidrigkeit60 III. Schuld IV. Weitere Bestrafungsvoraussetzungen (entsprechend zum "normalen" Vorsatzdelikt61) [ V. ggf. Strafmilderung gemäß § 28 I ] § 28 I + II StGB [für LiC-Studium nicht relevant!] - gemeinsame Voraussetzung von Abs. 1 und 2: - besonderes persönliches (d.h. täter- nicht tatbezogenes62) Merkmal63 - - - - - - - ---- § 28 I StGB: besonderes persönliches Merkmal strafbegründend64 - beim Täter gegeben, fehlt aber beim Teilnehmer65: → Bestrafung des Teilnehmers aus dem vom Täter verwirklichten Delikt (Akzessorietät)66, aber obligatorische Strafmilderung - beim Teilnehmer gegeben, fehlt aber beim Täter:67 → kein Fall des § 28 StGB - § 28 II StGB: bes. pers. Merkmal strafmodifizierend68 58 Auch der Gehilfe muss die Vollendung der Haupttat wollen (s.o., Fn. 44)! Zu den - im Verhältnis zur Anstiftung geringeren - Konkretisierungsanforderungen in Bezug auf die Haupttat: BGHSt 42, 135, aber auch Roxin, JZ 1997, 210 ff. 59 Siehe am Ende dieser Übersicht! 60 → der Tatbestandsverwirklichung seitens des Gehilfen. 61 S.o. in Fn. 47. 62 Tatbezogen = Kennzeichnung des sachliche Unrechts der Tat (z.B. Heimtücke bei § 211, aber auch Zueignungsabsicht u.ä.). 63 Also: Motive und Tendenzen, die die Einstellung des Täters zu seiner Tat kennzeichnen sowie höchstpersönliche Pflichtenstellungen 64 Z.B. Vermögensfürsorgepflicht bei § 266 (str.); Amtsträgereigenschaft bei § 352; Garantenstellung (str.); Habgier bei § 211 (im Verhältnis zu § 212 nach Auffassung der Rechtsprechung). 65 Z.B Nicht-Richter stiftet Richter zur Rechtsbeugung (§ 339) an. 66 Aber nur dann, wenn der Teilnehmer auch hinsichtlich dieses beim Täter vorhandenen bes. pers. Merkmals vorsätzlich handelte! 67 Z.B (nach Rspr): Anstiftung aus Habgier zu einem vom Täter begangenen Totschlag. 68 Z.B. Amtsträgereigenschaft bei § 340 (im Verhältnis zu § 223); oder: Niedriger Beweggrund bei § 211 (im Verhältnis zu § 212 nach Auffassung der Literatur). 8 - beim Täter gegeben, fehlt aber beim Teilnehmer69: → „Tatbestandsverschiebung“ (also z.B. mildere70 Bestrafung aus dem Delikt, dessen Merkmale der Teilnehmer erfüllt hat71)72 - beim Teilnehmer gegeben, fehlt aber beim Täter73: → „Tatbestandsverschiebung“ (also z.B. härtere74 Bestrafung aus dem Delikt, dessen Merkmale der Teilnehmer erfüllt hat)75 Wichtiges Anwendungsfeld für § 28 → Verhältnis von §§ 211 / 212: - Rechtsprechung: Aliud-Verhältnis76 (also nur § 28 I) - Literatur: § 211 als Qualifikation (also § 28 II in Bezug auf die Mordmerkmale der 1. + 3. Gruppe anwendbar77) 69 Z.B. Anstiftung zur Veruntreuung (§ 246 II) durch jemanden, dem das Tatobjekt nicht anvertraut war. 70 Aber auch z.B. strafbare Anstiftung seitens eines Nicht-Angehörigen zur straflosen (§ 258 VI) Strafvereitelung durch einen Angehörigen. 71 Insoweit im Ergebnis ohne Belang, ob Teilnehmer hinsichtlich des vom Täter verwirklichten bes. pers. Merkmals vorsätzlich handelte. 72 Also im Beispiel o. Fn. 69: Strafbarkeit des Anstifters nach §§ 246 I (!), 26. 73 Z.B. Beihilfe zum Diebstahl eines „Außenstehenden“ (= § 242) durch ein Bandenmitglied (§ 244 I Nr. 2; str.); oder Anstiftung eines „Gelegenheitshehlers“ (= § 259) durch einen gewerbsmäßigen Hehler (§ 260 I Nr. 1). 74 Aber auch z.B. straffreie (§ 258 VI) Anstiftung durch einen Angehörigen zur Strafvereitelung seitens eines - strafbaren - Nichtangehörigen. 75 Also im Beispiel o. Fn. 71: Strafbarkeit des Teilnehmers gemäß §§ 244 I Nr. 2, 27 bzw. § 260 I Nr. 1, 26. 76 Aber Begehung von Mord und Totschlag in Mittäterschaft möglich; weiterer "Systembruch": Gekreuzte Mordmerkmale (→ keine Strafmilderung nach § 28 I, sofern dem Teilnehmer ein sonstiges bes. pers. Merkmal zur Last fällt). 77 Entsprechend die Lösung der Literatur im Verhältnis §§ 211, 212 zu § 216 (ferner: § 217 a.F.) : Motiviert-Sein durch Tötungsverlangen (Depressionslage der nichtehelichen Mutter) als strafmildernder persönlicher Umstand i.S.v. § 28 II; also für Teilnehmer ggf. TB-Verschiebung zu § 212 oder gar zu § 211.
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