Täterschaft und Teilnahme = Beteiligung (§§ 25 * 32 StGB)

Täterschaft und Teilnahme =
Beteiligung (§§ 25 – 31 StGB)
Begriffe:
Täter, Mittäter, Nebentäter, mittelbarer Täter,
Täter hinter dem Täter, Tatplan, Tatherrschaft,
Beteiligung, Teilnehmer, Anstiftung, Anstifter,
Kettenanstiftung, Beihilfe, psychische Beihilfe,
Gehilfe, limitierte Akzessorietät, strafbarkeitsbegründend/strafbarkeitserhöhend, -mildernd
oder -ausschließend, besondere persönliche
Merkmale, eigene Schuld, bereit erklären, das
Erbieten, Aufgeben, Abwenden, Verhindern,
Freiwilligkeit, Ernsthaftigkeit
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Ein Blick ins Gesetz
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§ 25 I Alt. 1, 2 – Einzeltäter, mittelbarer Täter
§ 25 II - Mittäterschaft
§ 26 – Anstiftung
§ 27 – Beihilfe
§ 28 I, II Strafbarkeit des Beteiligten
§ 29 Nochmals: Strafbarkeit des Beteiligten
§ 30 Versuchte Teilnahme
§ 31 Rücktritt vom Versuch der Beteiligung
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DD – Dualismus & Definitionen
• Täter
• Teilnehmer
(Beide sind „Beteiligte“ – vgl. z. B. § 224 I Nr. 4)
Legaldefinitionen:
§ 28 II: „ … für den Beteiligten (Täter oder
Teilnehmer) …“
§ 28 I: „ … Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) …“
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Alternative 1: z. B. OWiG
• Einheitstäter: O und Ö =
• § 14 OWiG (Was sind „OWis“? Vgl. § 1 OWiG
(L!), früher: Übertretungen, §§ 360 ff. StGB
(1871) – (L!) z. B. I Nr. 11: ruhestörender Lärm,
grober Unfug, Nr. 13: Tierquälerei oder § 370 I
Nr. 4: unbefugtes Fischen und Krebsen, Nr. 5:
„Mundraub“ = „Nahrungs- und Genussmittel
von unbedeutendem Werthe oder in geringer
Menge zum alsbaldigen Verbrauche“
entwenden (von „oben nach unten“ und in
der Ehe: straflos, vgl. aber § 223 II a. F.)
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Alternative 2: z. B. ÖStGB
• § 14 I OWiG: Beteiligen sich mehrere an einer
Ordnungswidrigkeit, so handelt jeder von ihnen
ordnungswidrig. (L!)
• § 12 ÖStGB
„Nicht nur der unmittelbare Täter begeht die
strafbare Handlung, sondern auch jeder, der
einen anderen dazu bestimmt, sie auszuführen
oder sonst zu ihrer Ausführung beiträgt“
= Täterdefinition = alle sind Täter = Einheitstäter
(Differenzierung im Rahmen der Strafzumessung)
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Vergleich
• Dualismus (größere Exaktheit [im TB] = mehr
Gerechtigkeit?)
• Worauf kommt es bei einer Verurteilung an?
• Schuldspruch und Strafausspruch
• Täter – Anstifter – Gehilfe (Vgl. Strafe)
• Nochmals sorgfältig lesen: § 26 !
Strafmilderung § 27
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§ 25 I
• 1. Alt.: Alleintäter, typ. Täter (auch Nebentäter,
d. h. Fälle, in denen Beteiligte unabhängig
voneinander den Erfolg herbeiführen)
• Streng genommen: in jeder Prüfung ist § 25 I
zu nennen, aber: Was sonst, wenn nicht Täter?
• 2. Alt: mittelbarer Täter (durch einen anderen)
Werkzeug/Tatmittler/Defekt/Unterlegenheit
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§ 25 II
• Mittäterschaft
• Bewusstes und gewolltes Zusammenwirken
(Definition Vorsatz?)
• Arbeits-, Rollenteilung
• Gemeinsamer Tatentschluss (vgl. Versuch) =
gemeinsamer Tatplan
• Gemeinsame Tatbestandsverwirklichung =
gemeinsame Tatausführung
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§§ 26, 27
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Anstiftung (L!) und Beihilfe (L!)
Teilnahme (schon begrifflich: woran?)
Akzessorietät (Abhängigkeit) v. Haupttat
(L!): vorsätzliche und rechtswidrige Tat (vgl.
zur rewi Tat § 11 I Nr. 5)
• Folge: fehlender Tatbestand (Suizid), fehlender
Vorsatz (Fahrlässigkeit), fehlende Rechtswidrigkeit (Rechtfertigung) = keine Teilnahme
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Man muss das Zeug dazu haben …
Tauglichkeit zum Täter (vgl. § 316, §§ 11 f. FEV)
• Vgl. Einteilung der Delikte: sog. Sonderdelikte
• §§ 203 I, 266 a I, §§ 331 ff, 339 ff.
• Erinnerung: § 340 (unecht SondD – Warum?), s. a.
§ 258a (Deliktsgruppe? Welche unechten Delikte
kennen Sie noch?)
• Fehlende Eigenschaft: max. Teilnehmer
• … oder das Delikt sich eignen: Eigenhändigkeit:
§ 323a „sich“, §§ 153 ff., § 173, § 142, § 339
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Abgrenzung TuT
• Folge des Dualismus: Entscheidung, ob Täter o.
Teilnehmer (Rengier: erhebliche Probleme,
umstritten) – Könnte man sich mit einem
Einheitstäter sparen …
• Tatsächliches Geschehen vs. innere Haltung
• Rein (extrem) objektiv: Verwirklichung des
Tatbestandes (Problem: Mittelbarer Täter wäre
kein Täter; allerdings ließe sich darin auch eine
gesetzlich angeordnete Ausnahme sehen)
• Rein (extrem) subjektiv: Täterwille (RGSt 74, 84
[Badewannenfall], Hartung, JZ 54, 430; BGHSt
18, 87)
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Tatherrschaftslehre
• Deskriptiv-definierend: Das vom Vorsatz (=
Wi&Wo obj. TB) umfasste In-den-Händen-Halten
des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufes
• Handlungs- (§ 25 I 1. Alt), Wissens-, Willens-,
Organisat.-Herrschaft (§ 25 I 2. Alt.) bzw. funktionelle Tatherrschaft (§ 25 II)
• Täter als Zentralgestalt (planvoll = Tatplan)
lenkend, mitgestaltend, hemmen/ablaufen
• Teilnehmer als Randfigur ohne Tatherrschaft
• Subjektiv: Wille o. fehlend. Wille zur Tatherrschaft
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Subjektive „Theorie“ (RSpr)
• Auch hier: Schlag- o. Stichworte (nicht Waffen!):
• Täter ist, wer mit Täterwillen (animus auctoris)
handelt, die Tat als eigene will („Mein Haus,
mein Auto, meine Tat“?)
• Teilnehmer, wer mit Teilnehmerwillen (animus
socii) handelt, die Tat als fremde fördern o.
veranlassen will (theoretisches Konzept einer expost-Betrachtung) – denn welcher Täter denkt in
diesen Kategorien („Ich will diese Tat als fremde
fördern …“)?
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„Objektivierung“
• Wertende Gesamtbetrachtung (Vorteil: sämtliche
Umstände des einzelnen Falles können
berücksichtigt werden)
• Parameter: Grad des Interesses am Taterfolg,
Umfang an der Beteiligung, Tatherrschaft oder
wenigstens der Wille dazu
• Daraus folgt:
Vermischung/Vermengung/Kombination
• Entscheidend bei Abgrenzung: § 25 II zu 27
• Gutachten: Täterschaft vor Teilnahme
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Problem:
Mittäter trotz Beitrag vor der Tat
• Wann muss der Tatbeitrag (nicht Beihilfe!)
geleistet werden?
• Fortwirken während der Tat
• Stärkeres Gewicht: Plus in der Vorbereitung
• Klassiker: Beuteanteil und Schmiere stehen
sowie der Bandenchef, mit oder ohne
Mobiltelefon in der Oper o. ä
• Warum hilft § 8 nicht? Was folgt aus § 8?
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Alleintäterschaft, § 25 I 1. Alt.
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* Bedarf keiner weiteren Erläuterung
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(§ 25 I 1. Alt.) NEBENTätersch. (§ 25 I 1. Alt.)
• derselbe Erfolg
• Fälle alternativer Kausalität (Vorsatz)
• Fälle auf Fahrlässigkeit folgender Vorsatz
(Waffe)
• Fahrlässigkeit und Fahrlässigkeit
• Täter hinter dem Täter
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§ 25 II
• Mittäterschaft: Bewusstes und gewolltes Zusammenwirken, Arbeits-, Rollenteilung, gemeinsam:
Tatentschluss u. Tatbestandsverwirklichung (s. o.)
• Ausdrücklich/konkludent, einseitig: Beihilfe
• Sukzessive Mittäterschaft möglich (während)
• Zwischen Vollendung und Beendigung? (Dazu
BGHSt 54, 69, 129, NStZ 08, 280; 09, 631; RR 14,
73 [L!])
• Objektiv: Tatbeitrag, Zurechnung, Arbeitsteilung
z. B. Raub: A Gewalt, B Wegnahme
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Einzelheiten: Tatplan
• Wichtig, s. o., tauglicher Täter und Absichten (§§
242, 249, 252, 263) ansonsten § 25 II (-), ebenso
bzgl. § 18 (vgl. § 227), täterspezifische
Qualifikationsmerkmale
• Tatplan als Tatentschluss: Koinzidenzprinzip ...
(muss bei Begehung noch vorhanden sein):
Aussteigerfälle (Vorbereitung (§ 25 II [-], aber § 30
II bzw. Fortwirken), Versuchsstadium - § 24 II
• Unbeachtlichkeit des Irrtums eines Mittäters,
wenn weiteres Handeln i. R. des Tatplanes
• Tatbezog. QualifikatMerkmale (Vorsatz = Tatplan)
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Exzess eines Mittäters
• Grundsätzlich keine Zurechnung (Tatplan),
Ausnahme bei Gefährdungen und nahe
liegendem Erfolgseintritt/Gleichgültigkeit/
Substitution durch gleichwertige Handlungen
Tatplan: A, B: §§ 223, 25 II, Tat: B: + § 211
• Abzugrenzen von teilweiser Mittäterschaft:
• A, B: § 212, B: subj. MM = § 211
• A, B: § 223, A: gef. Werkzeug = § 224 I Nr. 2
• BGHSt 11, 268 (s. Rengier, AT, § 44, Rz. 32 ff.)
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Tatausführung
• Zeitgleich, am Ort? Mitwirkung bei der
Ausführg?
• Objektiver, wesentlicher, fördernder (?)
Tatbeitrag (Diskussion s. o.)
• Wie wichtig ist das Auto, die Waffe … Wertung
• Nochmals: Theorien „entstehen“ durch Fälle,
auf die das Gesetz angewendet wird. Dessen
Merkmale werden definiert. Darunter wird
subsumiert.
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Prüfung
Einzeln oder zusammen?
- Systematisch: Jeder Mittäter ist Täter, daher im
Zweifel getrennt
- Schwerpunkt bei einem Beteiligten: als Einzeltäter
- Mehrere handeln wie eine Person: § 25 II
- Zusammensetzung zu einer Tat (Arbeitsteilung):
Einzeln, dann zusammen bzw. gleich zusammen
- Abgrenzung Täterschaft-Teilnahme immer unter
§ 25 (II), nie unter § 27 (§ 26)!
- Nie abstrakt prüfen (Tatplan enthält d. Wort Tat)!
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§ 25 I 2. Alt.
• Durch einen anderen die Tat begehen – Werk
des Hintermannes, Tatmittler, Werkzeug, Defekt
• planvolles in den Händen Halten des
Gesamtgeschehens kraft lenkenden Willens
• Auch hier: Täterqualität, d. h. nicht bei
eigenhändigen Delikten o. Sonderdelikten
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Einzelne Konstellationen
• Tatbestandslos (BGHSt 30, 363 [Raub-Mord];
32, 38 [Siriusfall] Werkzeug gegen sich selbst –
wichtig „einen (anderen) Menschen tötet“ vgl.
§ 26 [!], s. a. BGHSt 43, 177)
• vorsatzlos/absichtslos (z. B. § 242)
• rechtmäßig (z. B. §§ 112, 127 StPO)
• schuldunfähig (Verbotsirrtum, unvermeidbar)
– Anstiftung möglich! Freiverantwortliches
Opfer?
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Ausnahmen
• Täter hinter dem Täter = zwei Täter
• Mittelbare Täterschaft kraft organisatorischen
Machtapparats
• NS-Unrechtstaten und DDR-Unrecht
• 1. Hierarchische Struktur, 2. Rechtsgelöstheit, 3.
Fungibilität (Austauschbarkeit [Rädchen im
Getriebe“]), 4. erhöhte, organisationsspezifische
Tatgeneigtheit (a. A. Anstiftung, Mittäterschaft)
• Rechtsprechung: auch in Wirtschaftsunternehmen – a. A. wohl h. M.
• BGHSt 35, 347 (Katzenkönig): vermeid. VerbotsIrr.
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Mittelbare Täterschaft und Irrtum
• Grundlage: Es sind zwei Menschen beteiligt, so
dass es zu Missverständnissen (Irrtum über das
Werkzeug) kommen kann
• Unbeachtlich: Anstiftung eines unerkennbar
schuldlos Handelnden, vgl. § 26 StGB [L!]
(Hintermann: Tatherrschaft ohne Willen dazu –
unproblemat, v. a. weil SchuldUnfäh nicht
HandlUnfäh meint)
• Ebenso: Hintermann stellt sich SchuldUnfähigk vor,
Werkzeug aber schuldfäh = Anstiftung (obj.) –
Versuch der Tat in mittelbarer Täterschaft?
Entscheid ist unmitt. Ansetzen
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• Annahme der „Bösgläubigkeit“ des
Vordermannes, z. B. § 164 StGB: H glaubt, V
wisse, dass der Tatvorwurf gegen D falsch ist
und bestimmt ihn zur Anzeige: § 25 I 2. Alt. (-),
da nur Vorsatz bzgl. § 26 – aber §§ 164, 26 (-),
weil keine vorsätzliche Haupttat. § 30 nur für
Verbrechen = Gesetzeslücke, nicht unerträgl
• Annahme der „Gutgläubigkeit“ (= vorsätzl.) –
nach subj. Theorie: Täterschaft (Wille),
TatherrschL (-) Folge: § 26 (Anstiftervorsatz
als wesengleiches Minus – a. A. Verstoß gg § 1,
Art. 103 II GG
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• Anders §§ 160, 271: täterschaftliches Handeln
geringer bestraft als Anstiftung (§§ 154, 348) mit Tatherrschaft Handelnder darf nicht
schlechter gestellt werden, weil Werkzeug
nicht gutglaubig war = Vertrauensschutz des
Täters (Fall: Beulke, KK III, Rz. 531)
• Objektverwechslung dch Werkzeug als
aberratio ictus (h. M.) – die Tat geht fehl, also
Versuch und Fahrlässigkeit (Strafrahmen)
a. A.: bei Auswahlermessen des Werkzeugs ist
dessen Irrtum unbeachtlich (error i. p. v. o.)
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Vorschau: 11./12. November
• Anstiftung und Beihilfe
• Akzessorietät
• Versuchte Teilnahme und Rücktritt
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