Klinische Untersuchungsverfahren 241 FEEL-KJ für den Altersbereich von 5 bis 10 Jahren gespannt sein. sondern beispielsweise auch ein Mangel an sozialer Interaktion als belastend und damit als Stress auslösend gedeutet und abgefragt werden kann. Literatur Der Fragebogen besteht aus neun Skalen mit insgesamt 57 Items. Die Durchführungszeit beträgt 10–15 Minuten. Die neun Skalen erfassen Arbeitsüberlastung, Soziale Überlastung, Erfolgsdruck, Unzufriedenheit mit der Arbeit, Überforderung bei der Arbeit, Mangel an sozialer Anerkennung, Soziale Spannungen, Soziale Isolation und Chronische Besorgnis. Chronische Besorgnis stellt neben den inhaltsgebundenen Skalen eine Besonderheit dar. Da Personen, die generell zur Besorgnis neigen, Stressepisoden intensiver, länger und aversiver erleben als grundsätzlich weniger besorgte Personen, kann die Besorgnis-Skala helfen, die dem Stresserleben zu Grunde liegende objektive Belastung präziser zu erfassen. Gleichzeitig kann speziell diese Skala für die Therapieevaluation interessant sein. Carter, A., Briggs-Gowan, M. J. & Ornstein Davis, N. (2004). Assessment of young children’s social-emotional development and psychopathology: recent advances and recommendations for practice. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 45, 109–134. Petermann, F. & Wiedebusch, S. (2003). Emotionale Kompetenz bei Kindern. Hogrefe: Göttingen. Silvia Wiedebusch, Münster DOI: 10.1026/1616-3443.35.3.240 Schulz, P., Schlotz, W. & Becker, P. (2004). Trierer Inventar zum chronischen Stress (TICS). Göttingen: Hogrefe. Preis: € 49,–. Das Interesse an Messinstrumenten, die Stresserleben erfassen, ist besonders deshalb angestiegen, weil immer deutlicher wird, dass es die andauernden, nicht bewältigten Stressoren zu sein scheinen, die das Befinden, das Gesundheitsverhalten und letztendlich den Gesundheitsstatus beeinflussen können. Mit dem Trierer Inventar zum chronischen Stress (TICS) wird im deutschsprachigen Raum erstmals ein normiertes Instrument vorgelegt, das sich für die Gruppendiagnostik und die individuelle Diagnostik von chronischem Stresserleben eignet. „Stresserleben“ meint in diesem Rahmen die subjektive Stresserfahrung. Dies bedeutet, dass, anders als in einem reizorientierten Stresskonzept, nicht unterschiedliche Stressoren, sondern die persönlichen Bewertungen von Belastungen abgefragt werden. Die Autoren des TICS beziehen sich bei ihrer Definition von Stress auf Semmer und Udris (1995, S. 146), denen zufolge Stress eine aversiv erlebte, von negativen Emotionen begleitete Beanspruchung darstellt. Ob eine Beanspruchung als aversiv bewertet wird, hängt sehr stark von den Ressourcen ab, die eine Person sich selbst zuschreibt (Lazarus, 1986). Während der eine eine bestimmte Situation als sehr belastend empfindet, wird ein anderer möglicherweise durch diese Situation im Sinne einer Herausforderung angespornt. Genau diese Interaktion zwischen dem Stressreiz und der persönlichen Bewertung stellt das zentrale Element der Stressforschung und der Therapie stressabhängiger Störungen dar. Basierend auf diesem interaktionalen Stresskonzept sind im TICS die einzelnen Fragen deshalb so formuliert, dass die Belastung durch die Situation bereits impliziert ist (z.B. Item 03: „Ich mache zu viele Fehler, weil ich mit dem, was ich zu tun habe, überfordert bin“; Hervorhebungen durch die Rezensenten). Es ist wichtig zu erwähnen, dass die Belastungsbereiche, die im TICS untersucht werden, nicht ausschließlich Überlastungen darstellen, Die Autoren raten ausdrücklich davon ab, die Summenwerte der neun Skalen zu einem Gesamtsummenwert zusammen zu fassen. Als Alternative schlagen sie die Screening Scala zum chronischen Stress (SSCS) (Durchführungszeit ca. 3–5 Minuten) vor. Die SSCS besteht aus insgesamt 12 Items aus den folgenden fünf TICS-Unterskalen: Chronische Besorgnis, arbeitsbezogene und soziale Überlastung, Überforderung und Mangel an sozialer Anerkennung. Um die Interpretation der Skalen zu erleichtern, schlagen die Autoren vor, die zehn Skalen inhaltsbezogen in vier Blöcke unterteilt zu betrachten. Der erste Block umfasst hierbei die Skalen Arbeitsüberlastung, Soziale Überlastung und Erfolgsdruck, welche sich alle auf erlebten Stress, der aus hohen Anforderungen resultiert, beziehen. Der zweite Block beinhaltet die Skalen Arbeitsunzufriedenheit, Überforderung bei der Arbeit, Mangel an sozialer Anerkennung, Soziale Spannungen und Soziale Isolation. Diese Gruppe fasst Skalen zusammen, die sich alle durch einen Mangel auszeichnen (Mangel an Sicherheit, Erfolg, Kontakten usw.). Der dritte Block wird allein durch die Skala chronische Besorgnis gebildet. Er ist damit von inhaltlichen Zusammenhängen chronischer Stressoren unabhängig und bildet eher das Persönlichkeitsmerkmal der „Besorgnisneigung“ ab. Im vierten Block werden die Fragen der SSCS zusammengefasst. Dieser Block bezeichnet damit ein Globalmaß für chronisches Stresserleben. Die erste Version des TICS wurde 1999 veröffentlicht und enthielt damals 39 Items (Schulz & Schlotz, 1999) zu den Bereichen Arbeitsüberlastung, Arbeitsunzufriedenheit, soziale Belastung, Fehlen sozialer Anerkennung, chronische Besorgnis und belastende Erinnerungen. Seitdem wurde der Fragebogen zwei Mal überarbeitet und liegt mit dem Handbuch damit als Version 3 vor. Die von Version 2 zu Version 3 im Test verbliebenen Skalen genügen den Anforderungen des ordinalen Rasch-Modells. Die 9 Fak- 242 Klinische Untersuchungsverfahren toren in der neuesten Version des Tests klären insgesamt 57.1 % der Gesamtvarianz auf. Die internen Konsistenzen der TICS Skalen inklusive der Zusatzskala SSCS im Rahmen der klassischen Testtheorie (Cronbachs ) liegen zwischen .82 und .91. Die Reliabilität ist damit als gut bis sehr gut einzustufen. Für die Skalen des Tests liegen Normwerte (Gesamtnormierungsstichprobe N = 604) für die Altersgruppen 16–30, 31–59 und 60–70 vor. Eine Auflistung erster Validierungsstudien im Testhandbuch und eigene Studien deuten auf eine gute externe Validität des TICS im Zusammenhang mit anderen akuten und überdauernden Stressmaßen und überdauernden psychologischen Kriterien (z. B. dispositionelle Stressreaktivität, Stresserfahrungen, Neurotizismus) hin. Das einfach anwendbare Instrument eignet sich sowohl für den Einsatz in gesunden wie auch in klinischen Stichproben. Insbesondere die Baseline-Testung von Probanden bezüglich eines hohen chronischen Stresserlebens und der Vergleich mit den Normwerten des Tests können verhindern, dass Probanden, die unter einer zu großen Stresslast leiden, in Untersuchungen zu Stress einbezogen werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich bei dem Trierer Inventar zum chronischen Stress um ein sehr empfehlenswertes Instrument zur Belastungsevaluation handelt. Zusammenhänge zwischen Stresserleben und anderen Variablen lassen sich mithilfe des TICS gezielt und methodisch fundiert untersuchen. Gleichzeitig enthält der Fragebogen mit der Skala SSCS ein benutzerfreundliches Screeninginstrument. Literatur Lazarus, R. S. (1986). Stress, appraisal and coping. New York: Springer. Schulz, P. & Schlotz, W. (1999). Das Trierer Inventar zur Erfassung von chronischem Streß (TICS): Skalenkonstruktion, teststatistische Überprüfung und Validierung der Skala Arbeitsüberlastung. Diagnostica, 45, 8–19. Semmer, N. & Udris, I. (1995). Bedeutung und Wirkung von Arbeit. In H. Schuler (Hrsg.), Lehrbuch Organisationspsychologie (2 ed., S. 133–166). Bern: Huber. Dr. Beate Ditzen und Dr. Urs M. Nater Emory University School of Medicine, Atlanta, USA DOI: 10.1026/1616-3443.35.3.241
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