Leistungsschutzrecht für Presseverleger

Ansgar Heveling
Mitglied des Deutschen Bundestages
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon 030 / 227 - 71 035
Fax 030 / 227 - 76 235
E-Mail: [email protected]
Berlin, 11.06.2015
Leistungsschutzrecht für Presseverleger
Rede zum TOP 11, 109. Sitzung des 18. Deutschen Bundestages
- Es gilt das gesprochene Wort –
Ansgar Heveling (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wenn ich zu wählen hätte zwischen einem Land mit
einer Regierung, aber ohne Zeitung, und einem Land mit
Zeitung, aber ohne Regierung, dann würde ich mich für
das Land ohne Regierung entscheiden.
Auf diese prägnante Formel brachte der dritte Präsident der
Vereinigten Staaten von Amerika, Thomas Jefferson, sein
Verständnis der Bedeutung von Zeitungen für die Demokratie.
Heute würden dem Hauptverfasser der amerikanischen
Unabhängigkeitserklärung wahrscheinlich die Tränen in den
Augen stehen, sollte er sich die Situation des Zeitungsmarktes in
den Vereinigten Staaten von Amerika anschauen. Die USA sind
zwar noch nicht ganz ein Land ohne Zeitungen; aber das
Zeitungssterben in der Fläche ist dort evident.
Wir wollen kein Land ohne Zeitungen sein. Deshalb haben
wir zum Schutz von Presseerzeugnissen ein
Leistungsschutzrecht für Presseverlage eingeführt. Wir haben ein
Recht und keine Rechtunsicherheit geschaffen. Mit „wir“ meine
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ich in der Tat die christlich-liberale Koalition der letzten
Wahlperiode. Allerdings hat der Bundesrat mit einer anderen
politischen Färbung dieses Gesetz in der letzten Wahlperiode
gebilligt.
(Martin Dörmann (SPD): Nein, das stimmt ja gar nicht!)
Zunächst ist festzustellen, dass das Leistungsschutzrecht
für Presseverlage in diesen Wochen spannende Entwicklungen
erlebt. Schauen wir zum einen nach Österreich. Dort wird das
Parlament noch vor der Sommerpause die Einführung eines
Leistungsschutzrechtes für Presseverlage beschließen. Das
Gesetz orientiert sich explizit an der deutschen Regelung.
Allerdings werden bei der Formulierung des Schutzgegenstandes
sowie bei den einzuräumenden Verwertungsrechten teilweise
sogar viel weitreichendere Ansätze als das deutsche Vorbild
vorgeschlagen.
(Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Sie werden noch
sehen, was sie davon haben!)
Zum anderen blicken wir nach Brüssel. Der für den
digitalen Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Günther
Oettinger denkt über die Einführung eines europäischen
Leistungsschutzrechtes nach. Neben Deutschland hat auch
Spanien bereits ein Leistungsschutzrecht eingeführt. In Spanien
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hat Google daraufhin seinen Newsdienst abgeschaltet. Diese
Reaktion ist gerade ein Argument für die Einführung eines EUweiten Leistungsschutzrechtes; denn in der europaweiten
Dimension könnte es sich Google sicherlich nicht leisten, seinen
Newsdienst einfach abzuschalten.
In der EU-weiten Synopse können wir also feststellen,
dass Deutschland mit der Einführung des Leistungsschutzrechtes
eine Vorreiterrolle übernommen hat. Auch deshalb werden wir
den hier vorliegenden Gesetzentwurf der Oppositionsfraktionen
heute ablehnen.
Aber bleiben wir noch einen Moment bei Google: Eric
Schmidt, Google-Chef, verlautbarte vor kurzem, er fühle eine
„moralische Verantwortung, um Nachrichten beim Überleben zu
helfen, ohne die die Demokratie leiden würde“. Das klingt
nachgerade etwas zynisch. Würde Herr Schmidt tatsächlich die
Bedeutung von Medien für die Demokratie und Meinungsvielfalt
anerkennen, die im Übrigen in Deutschland Verfassungsrang hat,
könnte er auch das Leistungsschutzrecht als geltende
Gesetzeslage akzeptieren. Stattdessen streut Google nun in
einer auf drei Jahre befristeten Initiative 150 Millionen Euro über
die europäische Verlagslandschaft als Geschenk aus und
ignoriert gleichzeitig geltendes Recht. Google könnte mit den
Verlagen ohne Weiteres die nötigen Lizenzen abschließen, aus
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deren Einnahmen die Verlage dann in digitale Innovation
investieren könnten. So aber setzt sich Google einfach über
geltendes Recht hinweg.
Aber auch aus weiteren Gründen werden wir dem
vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen. Zum einen steht
die Evaluierung des Leistungsschutzrechts durch die
Bundesregierung noch aus. Diese haben wir vereinbart, und das
werden wir abwarten. Zum anderen ist im Laufe des Sommers zu
erwarten, dass die Entscheidung der Schiedsstelle beim
Deutschen Patent- und Markenamt über den dort vorgelegten
Tarif der VG Media erfolgen wird. Dies ist im Übrigen der für
Verwertungsgesellschaften übliche Weg einer
Tarifveröffentlichung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der Einführung des
Leistungsschutzrechts für Presseverlage haben wir eine
ordnungspolitische Entscheidung getroffen. Diese Entscheidung
stellen wir als CDU/CSU nicht infrage.
(Beifall bei der CDU/CSU)
In seiner knapp zweijährigen Daseinsgeschichte steht das
Leistungsschutzrecht für Presseverleger noch am Anfang seiner
Entwicklung und Durchsetzung. Es ist nicht untypisch im
Urheberrecht, dass einzelne Aspekte eines Gesetzes
streitbehaftet sind. Deswegen müssen wir die Klärung einzelner
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Rechtsbegriffe im Rahmen von Schieds- und Gerichtsverfahren
abwarten. Das ist der natürliche Gang der Dinge. Auch die
stattgefundene Anhörung im Rechtsausschuss hat differenzierte
Ergebnisse erbracht. Diese Ergebnisse sprechen aber aus
unserer Sicht in keiner Weise dafür, dass Leistungsschutzrecht
für Presseverlage aufzuheben.
Die Entwicklungen rund um das Leistungsschutzrecht
werden wir weiter mit Spannung und Interesse verfolgen. Den
vorliegenden Gesetzentwurf werden wir heute ablehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
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