163b StGB

"Das neue Allgemeine Bilanzstrafrecht
– eine Verbesserung aus Sicht des
Adressaten? Anmerkungen aus der
Praxis"
Graz, 15. Oktober 2015
Dr. Stephan Frotz
Frotz Riedl Rechtsanwälte
Stephan Frotz
Rechtsanwalt seit:
1987, Österreich
Fachgebiete:
Unternehmens-, Gesellschafts- und Bankrecht einschließlich M&A
Tel:
Fax:
E-Mail:
+43 1 890 85 90 10
+43 1 890 85 90 88
[email protected]
Lehrtätigkeiten:
Vortragender zu Zivil-, Unternehmens- und Gesellschaftsrecht
Publikationen (Auszug): "Grenzüberschreitende Verschmelzung", Praxiskommentar, Lexis
Nexis (zweite Auflage 2012);
"Aufgaben des Aufsichtsrats", Handbuch für den Aufsichtsrat (2010);
"Interessenskonflikte im Aufsichtsrat", Handbuch für den Aufsichtsrat
(2010);
"Bilanzpolizei: Das neue Rechnungslegungs-Kontrollgesetz", RdW
2013/118;
"Zur Widerrufbarkeit von Nachstiftungen", in FS Hellwig Torggler
(2013) 271;
"Schadenersatzrechtliche
Zurechnung
bei
Multiorganmitgliedschaften", GesRZ 2011, 334;
"Zur konzernweiten Wirkung von Zustimmungsvorbehalten des
Aufsichtsrates einer AG", RWZ 2011, 161;
"Gesellschaftsrechtliche
Grenzen
der
Ausgestaltung
von
Genussrechten", ZUS 2011/32.
Sprachen:
Deutsch, Englisch, Französisch
2
Bilanzstrafrecht
 Strafrechtsänderungsgesetz 2015
□
□
□
□
Inkrafttreten mit 01.01.2016
Vereinheitlichung der Bilanzdelikte
Erhöhung der Strafdrohungen
Erweiterung der erfassten Rechtsträger
□ Präzisierung der Untreuebestimmung
□ Anhebung der Wertgrenzen
□ Verankerung der Business Judgement Rule
3
Bilanzstrafrecht
 Bilanzfälschung
□ fehlerhafte Mitteilungen, die an andere Organe, an die
Gesellschafter, an Gläubiger, an den Kapitalmarkt oder an die
Öffentlichkeit gerichtet sind
□ geschützt werden sowohl gesellschaftsinterne als auch
gesellschaftsexterne Beziehungen
4
Bilanzstrafrecht vor dem StRÄG 2015
 keine allgemeinen Strafbestimmungen
□ Tatbestände in Materiengesetzen verstreut, ua:
•
§ 255 AktG
•
§ 122 GmbHG
•
§ 18 SpaltG
•
§ 89 GenG
•
kapitalmarktrechtliche Strafbestimmungen (vgl § 15 KMG, § 44 InvFG,
§ 37 ImmoInvFG)
5
Bilanzstrafrecht vor dem StRÄG 2015
□ unterschiedliche Tathandlungen
□ unterschiedliche Strafdrohungen
 zwischen zwei Jahren (vgl ua PSG, SPaltG, KMG) und einem Jahr (zB
AktG, GmbHG GenG)
□ unterschiedlicher Täterkreis
 nicht erfasst waren ua Sparkassen, Personengesellschaften (GmbH & Co
KG) und Vereine
6
Bilanzstrafrecht "Alt"
•
§ 255 Abs 1 AktG
Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen ist vom Gericht
zu bestrafen, wer als Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrates, Beauftragter oder
Abwickler
1. in Berichten, Darstellungen und Übersichten betreffend die Gesellschaft oder mit ihr verbundene
Unternehmen, die an die Öffentlichkeit oder an die Gesellschafter gerichtet sind, wie insbesondere
Jahresabschluss (Konzernabschluss) und Lagebericht (Konzernlagebericht),
2. in einer öffentlichen Aufforderung zur Beteiligung an der Gesellschaft,
3. in Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung,
4. in Auskünften, die nach § 272 UGB einem Abschlussprüfer oder die sonstigen Prüfern der
Gesellschaft zu geben sind, oder
5. in Berichten, Darstellungen und Übersichten an den Aufsichtsrat oder seinen Vorsitzenden
die Verhältnisse der Gesellschaft oder mit ihr verbundener Unternehmen oder erhebliche
Umstände, auch wenn sie nur einzelne Geschäftsfälle betreffen, unrichtig wiedergibt,
verschleiert oder verschweigt.
7
Bilanzstrafrecht "Alt"
 § 255 AktG
□ Blankettregelung
 materieller
Inhalt
ergibt
sich
aus
dem
bilanzrechtlich
(oder
gesellschaftsrechtlich) Gebotenen
□ von größter Relevanz in der Praxis:
 falsche Darstellung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft im
Jahresabschluss
(Konzernabschluss)
und
im
Lagebericht
(Konzernlagebericht)
8
Bilanzstrafrecht "Alt"
 § 255 AktG
□ keine Erheblichkeitsschwelle
 keine gesetzlich normierten "Mindestschwereerfordernisse"
□ keine Tätige Reue
□ Täterkreis
□ Vorstands- Aufsichtsratsmitglieder und Abwickler
□ "Beauftragte"
9
Bilanzstrafrecht "Alt"
 Unbestimmtheit und Unverhältnismäßigkeit
□ Begriffe "Verhältnisse der Gesellschaft" und "erhebliche Umstände"

sämtliche Informationen oder nur wesentliche Informationen erfasst ?
□ unrichtige Darstellung der Bilanz

Abgrenzung "richtige" - "unrichtige Bilanz" oftmals schwierig

Bilanz soll ein möglichst getreues Bild der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft
geben

"there is no truth in accounting"
□ interpretationsbedürftiger Begriff des "Beauftragten"
10
StRÄG 2015
 Ziele der Reform
□ Vereinheitlichung der Tatbestände
□ Unterscheidung zwischen der Tatbegehung durch Organe und
externe Prüfer
□ Angleichung
an
Begriffe
des
GesellschaftsRechnungslegungsrechts
□ Erweiterung der erfassten Rechtsformen
und
□ Erfassung von Tathandlungen im Ausland
11
StRÄG 2015
 Vereinheitlichung der Tatbestände
□ einheitlicher Straftatbestand
□ kapitalmarktrechtliche Strafbestimmungen bleiben bestehen
□ Strafrahmen
wird
einheitlich
auf
zwei
Jahre
(bei
Börsennotierung auf drei Jahre) angeglichen
12
StRÄG 2015
 Unterscheidung zwischen der Tatbegehung durch Organe
und externe Prüfer
□ § 163a StGB
 Entscheidungsträger
(oder
im
Auftrag
eines
Entscheidungsträgers
handelnde Personen)
□ § 163b StGB
 externer Prüfer, insbesondere Abschlussprüfer
□ Sonderdelikte mit identen Strafdrohungen
13
StRÄG 2015
 Angleichung
an
Begriffe
Rechnungslegungsrechts
des
Gesellschafts-
und
□ Bilanzrechtsakzessorität
 Angleichung an nationale Regeln (UGB) und internationale Standards
(IFRS)
 keine absolute Richtigkeit bzw Wahrheit in Bilanzfragen
□ Beschränkung auf das wirklich Strafwürdige
 Strafrecht soll nur dort zur Anwendung kommen, wo gesellschafts- und
zivilrechtliche Sanktionen nicht mehr greifen
14
StRÄG 2015
 Erweiterung der erfassten Rechtsformen
□
□
□
□
□
Sparkassen
Offene Gesellschaften
GmbH & Co KG
große Vereine iSd § 22 Abs 2 VerG
ausländische Rechtsträger
 im FB eingetragene Zweigniederlassung
Österreich
oder
Börsennotierung
in
15
StRÄG 2015
 Erfassung von Tathandlungen im Ausland
□
□
□
□
Tathandlungen nach den §§ 163a, 163b StGB
die im Ausland in Bezug auf Verbände begangen werden
die ihre Hauptniederlassung oder ihren Sitz im Inland haben
sind in Österreich strafbar
 nicht anwendbar auf Taten in Bezug auf ausländische Rechtsträger
16
§ 163a StGB I
•
§ 163 Abs 1 StGB
Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren ist zu bestrafen, wer als Entscheidungsträger (§ 2 Abs 1 VbVG) eines
im § 163c StGB angeführten Verbandes oder sonst als von einem Entscheidungsträger mit der
Informationsdarstellung Beauftragter in
1. einem Jahres- oder Konzernabschluss, einem Lage- oder Konzernlagebericht oder einem anderen
an die Öffentlichkeit, die Gesellschaft oder die Mitglieder, an ein aufsichtsberechtigtes oder oberstes Organ
oder deren Vorsitzenden gerichteten Bericht
2. in einer öffentlichen Aufforderung zur Beteiligung an dem Verband,
3. einem Vortrag oder einer Auskunft in der Haupt- oder General- oder Mitgliederversammlung oder sonst
einer Versammlung der Gesellschafter oder Mitglieder des Verbandes
4. Aufklärungen und Nachweisen (§ 272 Abs 2 UGB) oder sonstigen Auskünften, die einem Prüfer (§ 163b
Abs 1) zu geben sind, oder die sonstigen Prüfern der Gesellschaft zu geben sind, oder
5. einer Anmeldung zum Firmenbuch, die die Leistung von Einlagen auf Gesellschaftskapital betrifft,
eine die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Verbandes betreffende oder für die Beurteilung der
künftigen Entwicklung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage bedeutsame wesentliche Information,
einschließlich solcher Umstände, die die Beziehung des Verbandes zu mit ihm verbundenen Unternehmen
betreffen, in unvertretbarer Weise falsch oder unvollständig darstellt, wenn diese geeignet ist, einen
erheblichen Schaden für den Verband, dessen Gesellschafter, Mitglieder oder Gläubiger oder für Anleger
herbeizuführen.
17
§ 163a StGB III
 "verbandsinternes Delikt"
 Tatbestandsvoraussetzungen
□ bezieht sich auf Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage der
Gesellschaft
 aktuell und zukünftige Entwicklung
□ zusätzliche Tatbestandvoraussetzungen sind:




wesentliche Information iSd § 189a Z 10 UGB idf RÄG 2014
falsche oder unvollständige Darstellung
Unvertretbarkeit
Erheblichkeitsschwelle
18
§ 163a StGB IV
□ wesentliche Information iSd § 189a Z 10 UGB idf RÄG 2014
 geeignet eine Entscheidung zu beeinflussen
 Wesentlichkeit abhängig von spezifischen Eigenschaften, der Größe des
Postens oder der Fehlerhaftigkeit der Angabe
 Gesamtbetrachtung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage
19
§ 163a StGB V
□ In der Literatur werden Unter – oder Überbewertungen dann als wesentlich
qualifiziert, wenn dadurch insgesamt folgende Grenzwerte überschritten werden:

Das Jahresergebnis wird um mindestens 10 % und außerdem um mindestens 0,25 % der
Bilanzsumme verändert, oder

die Bilanzsumme wird um mindestens 5 % verändert, oder

für die Beurteilung der Gesellschaft oder ihrer Organe besonders wichtige sonstige
Einzelposten des Jahresabschlusses werden um mindestens 10 % verändert, oder

eine
Überschreitung
gesellschaftsrechtlich
relevanter
Grenzen
(zB
betreffend
die
Größenklasseneinteilung, Verlust von 50 % des Grundkapitals oder Überschuldung) wird
dadurch vereitelt.
20
§ 163a StGB VI
□ falsche oder unvollständige Darstellung


die bisherigen Tathandlungen "unrichtig wiedergeben", "verschweigen",
"verschleiern", "unzureichende Angaben machen" wurden vereinheitlicht
Informationsempfänger hat Anspruch auf inhaltlich (möglichst) richtige und
vollständige Darstellung sowie auf ordnungsgemäße Darstellung der einzelnen
Posten
□ in unvertretbarer Weise

außerhalb zulässiger Bewertungs- oder anderer Ermessensspielräume

Bilanzrechtsakzessorität (UBG, IFRS)

soll Vorsatzkomponente zum Ausdruck bringen
21
§ 163a StGB VII
□ Erheblichkeitsschwelle

Eignung einen erheblichen Schaden (abstraktes Gefährdungsdelikt)

für den Verband, dessen Gesellschafter, Mitglieder oder Gläubiger oder für
Anleger herbeizuführen

spürbare Beeinträchtigung

Schadenseintritt ist keine Voraussetzung

ultima Ratio Prinzip
22
§ 163a StGB VIII
 Täterkreis
□ Entscheidungsträger
 Geschäftsführer, Vorstandsmitglied, Prokurist
 Mitglied
des
Aufsichtsrats
oder
des
Verwaltungsrats
oder
jmd
der
Kontrollbefugnisse in leitender Stellung ausübt
 jmd der maßgeblichen Einfluss auf die GF hat (zB faktischer GF)

entscheidend ist nicht die rechtliche Stellung, sondern der tatsächlich maßgebliche Einfluss
 Liquidatoren
23
§ 163b StGB I
 § 163b Abs 1 StGB
Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren ist zu bestrafen, wer als Abschlussprüfer,
Gründungsprüfer, Sonderprüfer, Verschmelzungsprüfer, Spaltungsprüfer, Revisor,
Stiftungsprüfer, Mitglied der Prüfungskommission /§ 40 ORF-Gesetz) oder sonst als
aufgrund verbandsrechtlicher Bestimmungen bestellter Prüfer mit vergleichbaren
Funktionen eines in § 163c StGB angeführten Verbandes in
1. seinem Prüfungsbericht oder,
2. einem Vortrag oder einer Auskunft in der Haupt- oder Generalversammlung oder
sonst einer Versammlung der Gesellschafter oder Mitglieder des Verbandes
in unvertretbarer Weise wesentliche Informationen (§ 163a Abs 1) falsch oder
unvollständig darstellt oder verschweigt, dass der Jahres- oder
Konzernabschluss, der Lage- oder Konzernlagebericht oder sonst der geprüfte
Abschluss, Vertrag oder Bericht wesentliche Informationen (§ 163a Abs 1) , in
unvertretbarer Weise falsch oder unvollständig darstellt, wenn dies geeignet ist, einen
erheblichen Schaden für den Verband, dessen Gesellschafter, Mitglieder oder
Gläubiger oder für Anleger herbeizuführen.
24
§ 163b StGB II
 § 163b Abs 2 StGB
Ebenso ist zu bestrafen, wer als Prüfer (Abs 1)
1. in unvertretbarer Weise einen inhaltlich unrichtigen
Bestätigungsvermerk erteilt, wenn dies geeignet ist, einen erheblichen
Schaden für den Verband, dessen Gesellschfter, Mitglieder oder Gläubiger
oder für Anleger herbeizuführen, oder
2. einen Bericht nicht erstattet, der angesichts der drohenden
Bestandsgefährdung des Verbandes gesetzlich geboten ist.
25
§ 163b StGB III
 "verbandsexternes Delikt" ("Prüferdelikt")
 Tathandlungen nach Abs 1
□ Unvertretbare falsche oder unvollständige Darstellung
wesentlicher Informationen über bestimmte Verbände in
 einem Prüfungsbericht
 einem Vortrag oder einer Auskunft in einer Versammlung
□ erfasst ist auch hier die aktuelle Vermögens-, Finanz- oder
Ertragslage
26
§ 163b StGB IV
□ Verschweigen der falschen oder unvollständigen Darstellung
 bezieht sich unmittelbar auf die Tätigkeit des Abschlussprüfers
 vergleichbare,
von
einem
Organ
erstellte
Abschlüsse
und
Verträge
(Verschmelzungsvertrag, Spaltungsbericht) sind ebenfalls erfasst
□ zwischen den einzelnen Tathandlungen geht jeweils die
zeitlich vorangehende Tat der nachfolgenden Tat vor
□ Nach Abs 1 ist nicht zu bestrafen, wer schon wegen der
Nichterstattung des Berichts (Abs 2 Z 2) strafbar ist
27
§ 163b StGB V
 Tathandlungen nach Abs 2
□ Erteilung eines unrichtigen Bestätigungsvermerks
 Voraussetzung: Schadenseignung
 Bestätigungsvermerk muss inhaltlich unrichtig sein
 nicht zu bestrafen ist, wer schon wegen der falschen oder unvollständigen
Darstellung nach Abs 1 mit Strafe bedroht ist
□ Berichtspflicht
 ausschließlich bei Bestandsgefährdung (§ 273 Abs 2 Fall 1)
28
§ 163b StGB VI
 Täterkreis
□ externe Prüfer
 die aufgrund verbandsrechtlicher Bestimmungen tätig werden
 auch ausländische Prüfer sind erfasst
 Bankprüfer
 Revisor
29
§ 163a und § 163b StGB
 Subsidiaritätsbestimmung
□ Strafbarkeit wegen beider Taten wäre überschießend
□ Wegen Beteiligung ist nicht zu bestrafen, wer schon nach den
§§ 163a, 163b StGB als unmittelbarer Täter strafbar ist
□ ausdrücklich Subsidiaritätsbestimmung in den §§ 163a Abs 4
und 163b Abs 5 StGB
30
Auswirkungen
 Verjährung
□ strafrechtliche Verjährung
 durch die Erhöhung der Strafdrohung verlängert sich die Verjährungsfrist
auf fünf Jahre
 Übergangsregelung
für
Bilanzdelikte,
für
die
am
31.12.2015
ein
Ermittlungsverfahren anhängig ist; Verjährung richtet sich nach der alten
Strafdrohung
□ zivilrechtliche Verjährung
 Nach § 1489 Satz 2 2. Variante ABGB verjähren Schadenersatzansprüche
aus Vorsatzdelikten, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht
sind, in 30 Jahren ab Schadenseintritt
31
Beispiele I
 denkbare Fallkonstellationen
 Ein Wertberichtigungsbedarf in dreistelliger Millionenhöhe (in Euro) ist
jedenfalls – auch bei Unternehmen mit überdurchschnittlich hohen Bilanzoder
Eigenkapitalsummen
oder
mit
besonders
hohem
Jahresertrag
geeignet, die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der zu beschreibenden
Gesellschaft erheblich verzerrt darzustellen
 Keine
Bildung
einer
Drohverlustrückstellung
für
Verluste
aus
einem
schwebenden Derivatsgeschäft
32
Beispiele für Bilanzdelikte II
 Die Aufwertung von Liegenschaften, die zur hypothekarischen Besicherung
von ausufernden oder gar notleidenden Krediten dienen, mit Hilfe günstiger
Gutachten, um bankinterne Belehnungsgrenzen noch einhalten zu können.
Dazu wird in der Lehre vertreten, dass dies unabhängig von der
Gesamtauswirkung auf die Bankbilanz jedenfalls immer tatbestandsmäßig
ist
 Das
Ausweisen
von
Beteiligungen
im
JA
mit
historischen
Anschaffungskosten, obwohl sie zum Bilanzerstellungszeitpunkt wertlos
sind
33
Beispiele für Bilanzdelikte III
 Erteilung
eines
uneingeschränkten
Bestätigungsvermerks
trotz
widmungsfremder Geschäftsgebarung
 Eine Immobilien AG bietet eine Liegenschaft am Markt zum Verkauf an, und
muss erkennen, dass der Verkehrswert der Liegenschaft nur etwa die Hälfte
des Buchwertes beträgt. Um keine Realisierung des Verlustes in den
Büchern hinzunehmen, wird die Liegenschaft nicht veräußert. Dennoch wird
die Liegenschaft im nächsten Jahr nicht abgewertet (JA hatte einen
uneingeschränkten Bestätigungsvermerk)
34
Beispiele für Bilanzdelikte IV
 Voraussichtlich
uneinbringliche
Forderungen
werden
(noch)
nicht
abgeschrieben
 Fehlen jeglicher Hinweise auf mögliche bestandsgefährdende Risiken
 Nichtbilanzieren von Verbindlichkeiten
 Die fehlerhafte Bewertung von Immobilien im Entwicklungsstadium.
 Die fehlende Abschreibung von nicht mehr werthaltigen Beteiligungen
(Impairment)
35
Offenlegung von Umständen
 Offenlegung als geeignetes Schutzinstrument ?
□ IFRS: Vorschriften über die Berichterstattung über
Schätzungen und Ermessensentscheidungen
 Strafbarkeit bei geeigneter Offenlegung ausgeschlossen
□ UGB: keine Bestimmungen zur Angabe von
Schätzungsunsicherheiten und Ermessensentscheidungen
 UGB Bilanzierung weniger ermessensabhängig ?
□ keine Strafbarkeit bei Einhaltung der maßgeblichen
bilanziellen Regeln
36
Tätige Reue I
 Tätige Reue nach § 163d StGB
□ bisher nur in § 18 Abs 2 SpaltG
□ Ziel: Schadensvermeidung
□ nur bestimmte Begehungsformen reuefähig
37
Tätige Reue II
 § 163a StGB
□ Täter muss falsche Angaben richtigstellen oder unvollständige
Angaben nachtragen, bevor
 im Falle eines Berichts an ein aufsichtsberechtigtes Organ die Sitzung
beendet ist,
 sich jemand an dem Verband beteiligt hat,
 die
Haupt-,
General-
oder
Mitgliederversammlung
oder
sonst
die
Versammlung der Gesellschafter oder Mitglieder des Verbandes beendet ist,
 der betreffende Prüfer seinen Bericht vorgelegt hat,
 die Eintragung im FB angeordnet ist
38
Tätige Reue III
 nicht erfasste Fälle von § 163a StGB
□ erheblich unrichtige Darstellung wesentlicher Informationen in
Jahres- und Konzernabschlüssen, Lage- und
Konzernlageberichten oder Berichten sowie
□ der Verstoß gegen die (unverzügliche)
Sonderberichterstattungspflicht (§ 163a Abs 2 StGB)
39
Tätige Reue IV
 § 163b StGB
□ Der Prüfer muss freiwillig die verschwiegenen Angaben
nachtragen, bevor
 die
Haupt-,
General-
oder
Mitgliederversammlung
oder
sonst
die
Versammlung der Gesellschafter oder Mitglieder des Verbandes beendet ist
40
Tätige Reue V
 nicht erfasste Fälle von § 163b StGB
□ der erheblich unrichtige Prüfungsbericht (§163b Abs 1 Z 1
StGB)
□ das Verschweigen der unrichtigen Darstellung (§163b Abs 1
StGB)
□ die Erteilung des unrichtigen Bestätigungsvermerks (§ 163b
Abs 2 Z1 StGB)
□ der Verstoß gegen die Berichtspflicht (§ 163b Abs 2 Z 2)
41
Tätige Reue VI
 Kritik
□ Reuebestimmungen letztlich sehr eng gefasst
 keine Möglichkeit der Strafaufhebung bei praxisrelevanten Fällen
 Nach den Materialien konnte "kein Ergebnis ausgemacht werden kann, bis
zu dem eine Tätige Reue noch möglich sein könnte, ohne dass Dritte
bereits Dispositionen getroffen haben"
□ begrenztes Zeitfenster
 bis zum Abschluss der Informationserteilung
 Wunsch des Gesetzgebers nach einem schnellen Entschluss des Täters
42
Tätige Reue VII
□ Begründung überzeugt nicht
 tätige Reue sollte auch Ziel verfolgen, die richtige Information
schnellstmöglich einem Dritten zugänglich zu machen
 derzeit kein Verfahren, das gewährleistet, dass Geschädigte von der
Unrichtigkeit der Darstellung erfahren
□ Schadenswiedergutmachung nicht denkbar (abstraktes
Gefährdungsdelikt)
 oft ist auch nicht klar, wer der Geschädigte ist
□ Verhältnis zu Selbstanzeige nach § 29 FinStrG
43
rechtliche Würdigung I
 Reform aus Sicht der Praxis grundsätzlich
begrüßenswert:
□ Schaffung eines eigenen "Prüferdelikts"
□ geeignet, wirtschaftliche Entscheidungen zu entkriminalisieren
□ Rechtssicherheit durch Angleichung an
Rechnungslegungsvorschriften
44
Untreue I
 Untreuetatbestand
□ ermöglicht Anknüpfung an das Zivil-, Gesellschafts- und
Bankrecht
□ Beispiele aus der jüngeren Zeit sind etwa BAWAG, Styrian
Spirit und LIBRO
□ Unsicherheit in der Praxis, ob und wann eine Handlung einen
Befugnismissbrauch darstellt
45
Untreue II
 Initiativantrag
□ Neuregelung des Untreuetatbestandes mit 01.01.2016
□ Regelung des Befugnismissbrauchs
 nicht
übernommen
Zustimmungserklärung
wurde
die
tatbestandsausschließende
□ Präzisierung des Schadensbegriffs
□ Erhöhung der Wertgrenzen
□ Verankerung der Business Judgement Rule (§§ 84 Abs 1a
AktG, 25 Abs 1a GmbHG)
46
Untreue II
 Untreue nach § 153 StGB idF StRÄG 2015
□ "Wer seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen
anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch dem anderen
am Vermögen schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit
Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."
□ NEU: Seine Befugnis missbraucht, wer in unvertretbarer Weise gegen
solche Regeln verstößt, die dem Vermögensschutz des wirtschaftlich
Berechtigten dienen
□ Übersteigt der verursachte Schaden EUR 5.000,-/EUR 300.000,-, steigt die
Strafdrohung auf Freiheitsstrafe von 1 bis zu 10 Jahren.
47
Untreue III
□ Inanspruchnahme von Befugnis
□ Befugnismissbrauch
 Verstoß gegen interne Regeln
 maßgeblichen Regeln des internen Dürfens müssen dem Vermögensschutz
des wirtschaftlich Berechtigten dienen
□ wirtschaftlich Berechtigter
 ausdrückliche
Bezugnahme
auf
die
Interessen
des
wirtschaftlich
Berechtigten
□ Vermögensschaden
□ Tätige Reue nach § 167 StGB
48
Business Judgement Rule I
 §§ 84 Abs 1a AktG und 25 Abs 1a GmbHG
Ein Vorstandsmitglied bzw ein GF
"[…] handelt jedenfalls im Einklang mit der Sorgfalt eines ordentlichen und
gewissenhaften Geschäftsleiters, wenn er sich bei einer unternehmerischen
Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der
Grundlage angemessener Informationen annehmen darf, zum Wohle der
Gesellschaft zu handeln."
49
Business Judgement Rule II
□
□
□
□
□
an § 93 Abs 1 dAktG angelehnt
"Safe-Harbour Charakter"
gilt auch für den Aufsichtsrat
in Lehre und Rsp seit geraumer Zeit anerkannt
Orientierungshilfe bei der Urteilsfindung
50
Rechtliche Würdigung II
 rechtliche Würdigung
□ im Ergebnis positiv
□ Entlastung der Organe durch die Einführung der BJR
□ Entschärfung der Strafbarkeit durch Bezugnahme auf die
Interessen des wirtschaftlich Berechtigten
□ umfassende Rechtssicherheit wurde nicht erreicht
51
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit.
Dr. Stephan Frotz
Frotz Riedl Rechtsanwälte
Schottengasse 10/12
1010 Wien
T +43 (1) 890 85 90-10
F +43 (1) 890 85 90-88
[email protected]
www.frra.at