Vorlesung 15.05.2015

Mittelstandsrecht
SoSe 2015
ra-freimuth.de
Vorlesung vom 15.05.2015, 08.00 – 09.30 Uhr
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Indirekter Vertrieb
Händler/Fachhändler,
keine besondere Regelung
Handelsvertreter,
§§ 84 ff. BHGB
Handelsmakler,
§§ 93 ff. HGB
Kommissionär,
§§ 383 ff. BGB
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1.2 Indirekter Vertrieb
1.2.1 Unternehmensunabhängige Vertriebsorganisation
1.2.1.1 Absatzhelfer
1.2.1.1.1 Handelsvertreter
1.2.1.1.1.1 Begriff, Arten und Abgrenzungsfragen
- selbständiger Gewerbetreibender, § 84 Abs.1 S. 1 HGB
- Dienstverhältnis mit Unternehmer (kein Arbeitsvertrag)
- Vorteil für Unternehmer:
- keine Lagerhaltung
- keine Lohnkosten, da kein Arbeitnehmer
- HV ist Vertreter nach §§ 164 ff. BGB, also nicht Vertragspartner
- schließen Kaufverträge, Mietverträge, Bausparverträge u.ä. ab
- Dauerschuldverhältnis gem. § 675 BGB (Geschäftsbesorgungsvertrag)
- keine Weisungs- und Direktionsbefugnis
- HV kann Kaufmann sein (§§ 1 ff HGB) oder
- Kleingewerbetreibender
- Ausgleichsanspruch § 89 b HGB
- Ausnahme: Der Einfirmenvertreter ist Arbeitnehmer
- Bezirksvertreter, § 87 Abs. 2 HGB: Provisionsansprüche auch
ohne seine Mitwirkung
- Generalvertreter mit eigenen Untervertretern (schließen
entweder Verträge im Namen des Unternehmers oder des GV ab.
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1.2.1.1.1.2 Innenverhältnis zum Unternehmer
- Form: Formfrei
- Inhalt: Vertragsfreiheit, §§ 84 ff. HGB sind nicht dispositiv
- § 86 Abs. 1 HGB Abschluss von Geschäften und
Interessenwahrnehmung des Unternehmers
- § 86 Abs. 2 HGB: Pflicht zur Berichterstattung
- HV ist nur in engen Grenzen weisungsgebunden ( da ja
selbständig), z.B. Auswahl der Vertragspartner, Vertragsinhalte u.ä.
- Verschwiegenheitspflicht, § 90 HGB
- Wettbewerbsverbot nach Vertragsende, § 90 a HGB: Nur nach
Vereinbarung, maximal zwei Jahre und Schriftform
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1.2.1.1.1.3 Rechte des HV
Provisionsanspruch (Abschlussprovision), §§ 87, 87 a HGB
- Voraussetzung für die Fälligkeit: Ausführung des Geschäfts, § 87
a HGB
- kein Anspruch, wenn der Dritte nicht leistet oder Unternehmer
wg. Umständen nicht leistet, die er nicht zu vertreten hat (Streik,
Insolvenz).
Provisionshöhe: nach Vereinbarung, sonst der übliche Satz, § 87 b
HGB
Fälligkeit: am letzten Tag des Monats, § 87 c HGB
(Ausführungsmonat des Unternehmers)
Weitere Provisionsart: Inkassoprovision und Delkredereprovision
(Vertreter steht für die Erfüllung der Kundenverbindlichkeit ein)
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1.2.1.1.1.4 Außenverhältnis zum Kunden
- kein Vertragsverhältnis
- Allenfalls gem. §§ 177 – 179 BGB (Vertreter ohne
Vertretungsmacht: Anspruch des Kunden auf Schadensersatz
oder Erfüllung)
- bei arglistiger Täuschung des Kunden durch HV: Anfechtung
gem. 123 BGB. HV ist nicht „Dritter“ i.S. des § 123 Abs. 2 BGB
1.2.1.1.1.5 Beendigung des Vertragsverhältnisses
- Zeitablauf (§ 620 BGB)
- Aufhebungsvertrag
- Tod des Handelsvertreters (wg. § 613 BGB und §§ 675, 673
BGB)
- Insolvenz des Unternehmers, § 116 InsO
- Kündigung nach § 89, 89 a HGB
-- ordentliche Kündigung:1 Monat (erstes Jahr), 2 Monate
(zweites Jahr), 3 Monate (drittes – fünftes Jahr) danach sechs
Monate
-- außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (nicht
ausschließbar oder beschränkbar, § 89 a Abs. 1 HGB) und
Unzumutbarkeit
-- Wichtige Gründe für den Unternehmer: Vertragsverletzungen
wie unzulässige Konkurrenztätigkeit, Nichtmeldung von
Geschäftsabschlüssen, dauernde Nachlässigkeiten, Unfähigkeit
u.ä
-- für den HV: Verletzung von Abrechnungs- und
Zahlungsverpflichtungen, Abwerben von Kunden u.a.
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1.2.1.1.1.6 Ausleichsanspruch
-§ 89 b HGB: Weitere Vertragsabschlüsse des Unternehmers mit
den Kunden nach Vertragsende möglich
- § 89 b Abs. 3 HGB: Ausschluss des Anspruchs, wenn HV die
Beendigung des Vertrags zu vertreten hat
1.2.1.1.1.7 Wettbewerbsabreden
(s.o) mit Karenzentschädigung in Höhe von 50 % der letzten
Provisionen, § 90 a HGB
1.2.1.1.1.8 Kartellrechtliche Aspekte
-GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen): Verbot von
Absprachen
- gilt nicht für den echten, sondern nur für den unechten HV, also
solche, die über die Vertretertätigkeit weitere Risiken
übernehmen (Haftung für Vertragserfüllung, Haftung für
Produktschäden, Lagerhaltung, Beteiligung an
Werbemaßnahmen, Übernahme von Reparatur- und
Garantieleistungen u.ä.
- Kontrolle durch die Kartellbehörde
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1.2.1.1.2 Handelsmakler
1.2.1.1.2.1 Begriff, Charakteristika und Abgrenzungen
- Vermittlung von Geschäften, § 93 HGB
(Versicherungsmakler)
- handelt gewerbsmäßig, muss kein Kaufmann sein, § 93 HGB
- Formfrei
1.2.1.1.2.2 Rechte und Pflichten
- Keine Verpflichtung zum Tätigwerden
- Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns
- Verpflichtung zur Neutralität (unparteiischer Makler)
- Anspruch auf Maklerlohn, § 99 HGB, im Zweifel gegen beide
Parteien jeweils in Höhe der Hälfte
1.2.1.1.3 Kommissionär (Kommisionsgeschäft, §§ 383 ff HGB)
1.2.1.1.3.1 Begriff, Abgrenzungen und Charakteristika
- Kauft/verkauft Ware/Wertpapiere für einen anderen
(Kommittent) im eigenen Namen
- Kommissionsvertrag mit dem Kommittenten =
Abwicklungsgeschäft
- Ausführungsgeschäft zwischen Kommissionär und Drittem
(i.d.R. Kaufvertrag)
Kommissionär
Abwicklungsgeschäft
Kommittent
Ausführungsgeschäft,
z.B. Kaufvertrag, § 433
BGB
Dritter
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1.2.1.1.3.2 Rechte und Pflichten
- Geschäftsbesorgungsvertrag, §§ 675, 662 ff. BGB
- Beachtung von Sorgfalts- und Informationspflichten im
Rahmen des Abwicklungsgeschäftes
- Herausgabe des Erlangten
- Provisionsanspruch des Kommissionärs mit Abschluss und
Ausführung des Ausführungsgeschäftes, § 396 Abs. 1 HGB
- Aufwendungsersatzanspruch des Kommissionärs, § 675, 670
BGB
1.2.1.1.3.3 Ausführungsgeschäft
Zwischen dem Kommissionär und dem Dritten
- Kommissionär ist nicht Stellvertreter des Kommittenten
- Problem bei Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen des
Dritten gegenüber dem Kommissionär, der keinen Schaden
daraus hat, da dieser beim Kommittenten eintritt. Folge:
Drittschadensliquidation: Kommissionär macht den Schaden
des Kommittenten gegenüber dem Dritten geltend und ist zur
Herausgabe des erhaltenen Schadensersatzes an den
Kommittenten verpflichtet.
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Unterschied zwischen Verkaufs- und Einkaufskommission
- Verkaufskommission: Kommittent bleibt Eigentümer,
Kommissionär wird Besitzer, Eigentumswechsel findet statt bei
Veräußerung und Einigung und Übergabe zwischen
Kommissionär und Drittem § 929, 185 BGB (§185 BGB:
Verfügung eines Nichtberechtigten mit Genehmigung des
Berechtigten)
- Einkaufskommission: Kommissionär schließt schuldrechtliches
und dingliches Geschäft im eigenen Namen ab und wird deshalb
Eigentümer.
- Kommittent ist nicht Vertragspartei des Ausführungsgeschäfts,
Kommittent hat also keine Ansprüche gegen den Dritten, gem. §
392 Abs.1 HGB erst nach Abtretung durch den Kommissionär
- aber: Ansprüche werden als solche des Kommittenten
behandelt.
Einkaufskommission
Kommissionär
Kauft ein, wird Eigentümer
Kommittent
Kaufvertrag, § 433
BGB
Einigung und
Übergabe § 929 BGB
Dritter =
Verkäufer
Verkaufskommission
Kommissionär
Verkauft als Besitzer
Kommittent
Eigentumswechsel
Dritter = Käufer
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1.2.1.2 Absatzmittler
1.2.1.2.1 Überblick
- Händler/Fachhändler
- erwerben Eigentum an der Ware
- anschließende Weiterveräußerung
- Rahmenlieferungsvertrag bei ungebundenem Einzel- und
Großhandel oder
- Fachhändlervertrag mit konkreten Bestimmungen
1.2.1.2.2 Einzel- und Großhandel
1.2.1.2.2.1 Belieferungs- und Vertriebsvertrag
- Festlegung von Rahmenbedingungen (Belieferungsvertrag)
zunächst ohne Kaufverpflichtung, z.B. über Mindestmengen,
Preisrahmen, Zahlungsziele, Zahlungsarten , Skonti und Rabatte,
Eigentumsvorbehalte, Regelung über Gewährleistung bei
mangelhafter Ware, Informationspflichten des Abnehmers
(Verkaufszahlen, Reklamationen durch Kunden), Rückgabe von
Ware bei Beendigung des Vertrages
- Im Grunde handelt es sich um vorgezogene Allgemeine
Geschäftsbedingungen
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Konkrete Verkaufsbedingungen bei konkretem Vertrag:
Kaufvertrag, § 433 BGB
- Form: Formlos (Grundsätzlich)
- Beteiligte: Verkäufer und Käufer
- Verpflichtungen: Eigentumsübertragung und Bezahlung
- Abstraktionsprinzip
- Trennung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft
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1.2.1.2.2.2 Mängelgewährleistung: Kaufgegenstand muss frei
von Mängeln sein, § 433 Abs. I S. 2 BGB
- Mangelfreie Sache, § 434 BGB
 Vereinbarte Eigenschaft, sonst
 nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung, sonst
 gewöhnliche Verwendung und übliche Beschaffenheit
 Frei von Rechten Dritter (z.B. nicht vermietet), § 435 BGB (z.B.
nicht vermietet)
 Keine fehlerhafte Montage/Bedienungsanleitung
 Mangel: auch Falschlieferung
- Zum Zeitpunkt der Übergabe, § 434 Abs. 1 S. 1 BGB
(Beweisproblem)
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Rechtsfolge: Gewährleistungsansprüche, §§ 437 ff. BGB
- Zunächst (wegen § 323 BGB Fristsetzung): Nacherfüllung, §
439 BGB
- entweder Nachbesserung oder Neulieferung
- Umfang bestimmt zunächst der Käufer, Verkäufer kann
beschränken
-Erst dann Wandelung, Minderung, Schadensersatz
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- Verjährung, § 438 BGB
unter anderem in
 5 Jahren bei Bauwerken
 Im übrigen in 2 Jahren
 Verjährungsbeginn: bei Übergabe der Grundstücke, im
übrigen
 mit Ablieferung der Sache
 Bei arglistigem Verschweigen des Mangels durch den
Verkäufer:
Regelmäßige Verjährungsfrist, also 3 Jahre ab Jahresschluss, §§
195, 199 BGB
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1.2.1.2.2.3 Garantien
Unselbständige Garantien
- Beziehen sich nur auf die Sache
- Rechtsgrundlage: § 443 BGB (Beschaffenheitsgarantie)
- Selbständige Verpflichtung, geht über die Gewährleistung hinaus
- Inhalt: Zusicherung von Eigenschaften, recht auf Rücktritt,
Lieferung von Ersatzgeräten
Oder: Haltbarkeitsgarantie (§ 443 Abs. 1 Alt. 2 BGB):
Mängelfreiheit für eine bestimmte Nutzungsdauer, also nicht, wie
im Gewährleistungsrecht, Mängelfreiheit bei Gefahrübergang
Selbständige Garantien
- Eigenes Schuldverhältnis, § 241 BGB über einen weitergehenden
Erfolg
- geht über die Bestands- und Haltbarkeitsgarantie hinaus
- z.B. höherer Umsatz oder Gewinn
Herstellergarantie
- Garantievertrag zwischen Hersteller und Kunden
- über Verkäufer als Bote/Vertreter/Vermittler
- durch Angebot und Annahme (§ 145 ff. BGB)
- Ergebnis: Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer und
den Hersteller
- bei Deckungsgleichheit: gesamtschuldnerische Haftung, §§ 421 ff.
BGB
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1.2.1.2.2.4 Sondervorschriften Verbrauchsgüterkauf
Folge der Privatautonomie im Kaufrecht:
Umfang der Gewährleistung kann vereinbart und durch
Einzelvertrag (nicht durch AGB bei neuen Sachen) vollständig
ausgeschlossen werden
- Ausnahme: Verbrauchsgüterkauf, §§ 474 ff. BGB zwischen
Unternehmer (§ 14 BGB) und Verbraucher (§ 13 BGB)
- keine Vereinbarung über Mängel vor Kenntnis des Mangels, §
475 BGB
-Beweislastumkehr in den ersten 6 Monaten, § 476 BGB
- aber: Beweislastumkehr ist ausgeschlossen, wenn sie mit der Art
der Sache oder des Mangels nicht vereinbar ist, z.B. bei
gebrauchten Gegenständen.
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