767 Abs. 2 ZPO

Zwangsvollstreckungsrecht
1
Vorlesung Zwangsvollstreckungsrecht
Vorlesung Insolvenzrecht
– Mündliche Prüfung –
für
Erasmus- und Master-Studierende
Im Rahmen der Vorlesungen biete ich zum Ende des Semesters –
voraussichtlich am 26. Januar 2016 ab 14.30 Uhr – eine
mündliche Prüfung für Master- und Erasmus-Studierende an.
Bitte melden Sie sich bis spätestens 11. Januar 2016 per E-Mail
für die Teilnahme an der Prüfung an (unter [email protected]).
Bitte geben Sie dabei Ihren Namen und Ihre Matrikelnummer an.
Geben Sie bitte außerdem an, ob Sie als Master- oder als
Erasmus-Studierende/r an der Prüfung teilnehmen möchten
2
Lehrbücher
Zwangsvollstreckung – Einführung 1
• Zwangsvollstreckung dient Durchsetzung materiellen
Rechts
– Welche Gründe kann es haben, wenn der Schuldner nicht
leistet?
• Selbsthilfeverbot / Gewaltmonopol des Staates
– Kennen Sie Ausnahmen?
• Kehrseite: „Vollstreckungsanspruch“ des Gläubiger
– Gerichtet gegen den Staat, der für den Gläubiger
vollstreckend tätig werden muss
– Teil des Justizgewährungsanspruchs
– Rechtsbehelfe: § 766 Satz 2 ZPO
– Unterscheiden vom materiellrechtlichen Anspruch
Zwangsvollstreckung - 4
Zwangsvollstreckung – Einführung 2
• Zweistufigkeit der Rechtsverwirklichung
• Erkenntnisverfahren – Zwangsvollstreckung
• Weshalb zweispurig?
– EV: Tatsachenfeststellung / Rechtsanwendung
– ZV: faktische Realisierung
„In der Zwangsvollstreckung wird gehandelt, nicht
verhandelt“
– Nicht jedem EV folgt ZV, und nicht jeder ZV geht ein EV
voraus
Zwangsvollstreckung - 5
Gesetzliche Grundlagen
• ZPO 8. Buch
• Systematik des 8. Buchs
– Erster Abschnitt: „Allgemeiner Teil“ (§§ 704-802)
• „Titel, Klausel, Zustellung“
– Zweiter Abschnitt: Zwangsvollstreckung wegen
Geldforderung (§§ 802a-882h)
– Dritter Abschnitt: Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der
Sachherausgabe und von Verhalten (§§ 883-898)
• Weitere Rechtsquellen:
– Zwangsversteigerungsgesetz ZVG
• Regelt Verfahren bei Immobiliarvollstreckung
• § 869 ZPO
Zwangsvollstreckung - 6
Überblick das Verfahren der Zwangsvollstreckung
• Schaffung der Vollstreckungsvoraussetzungen
– Vollstreckungstitel, §§ 704, 794 ZPO
– Vollstreckungsklausel, § 724 ZPO
– Zustellung, § 750 ZPO, §§ 166 ff. ZPO
• Antrag
– Beim Gerichtsvollzieher, § 753 ZPO
– Beim Vollstreckungsgericht, § 834 ZPO
– Auch Prozessgericht
• Vollstreckungsakt
–
–
–
–
Pfändung
Wegnahme
Beschlagnahme
Zwangsgeld-, Zwangshaft
• Verwertung
– Versteigerung / freihändiger Verkauf, Zuschlag, Ablieferung
– Einziehungsprozess bei Forderungen (nach Pfändung und Überweisung)
• Ggf. Erlösauskehr
Zwangsvollstreckung - 7
Formalisierungsgrundsatz 1
• Baut auf Trennung von Erkenntnis- und
Vollstreckungsverfahren auf
• ZwV prüft nicht (nochmals) das materielle Recht
• ZwV beschränkt sich auf das „Formale“
– GVZ muss Ergebnis des Erkenntnisverfahrens akzeptieren
• Formalisierungsgrundsatz:
– Nur formelle Vollstreckungsvoraussetzungen erforderlich
• „TKZ“ / Materiellrechtlicher Bestand der Forderung unerheblich
• Schuldner muss sich ggf. wehren mit Klage (§ 767 ZPO) …
– Formalisierung bei Zugriffstatbeständen
• Gewahrsam (§ 808 ZPO), nicht Eigentum des Schuldners
• Eigentümer muss sich ggf. wehren mit Klage (§ 771 ZPO) …
Zwangsvollstreckung - 8
Formalisierungsgrundsatz 2
Vollstreckungstitel
Gläubiger
Schuldner
§ 767 ZPO
Zwangsvollstreckung - 9
Formalisierungsgrundsatz 3
Vollstreckungstitel
Gläubiger
Schuldner
§ 771 ZPO
Eigentümer
Zwangsvollstreckung - 10
Verfahrensgrundsätze der Zwangsvollstreckung 1
• Kein einheitliches Verfahren
– Richtet sich nach Gläubigerdisposition und
Vollstreckungsobjekt
– Beispiel: Zahlungstitel kann führen zu
• Mobiliarpfändung
• Forderungspfändung
• Immobiliarvollstreckung
• Dispositionsgrundsatz
– Antrag / Rücknahme / Freigabe
– Vollstreckungsverträge
– Freie Reihenfolge des Zugriffs
• Keine „Exekutionsgrade“
Zwangsvollstreckung - 11
Verfahrensgrundsätze der Zwangsvollstreckung 2
• Verhandlungsgrundsatz
– Nur sehr eingeschränkt
– Bei Pfändung gilt Untersuchungsgrundsatz; GVZ muss
ermitteln (§§ 755, 758, 802c ZPO)
• Formalisierung
• Rechtliches Gehör
– Art. 103 GG (vor Gericht!)
– Nicht beim GVZ (aber Erinnerung nach § 766 ZPO zum
Gericht)
• Keine obligatorische mündliche Verhandlung
Zwangsvollstreckung - 12
Beteiligte
• „Gläubiger“ und „Schuldner“
– Nicht „Kläger“/„Beklagte“
• Gläubiger ist, wer einen Vollstreckungstitel hat und
die Zwangsvollstreckung betreibt
• Schuldner ist, gegen wen vollstreckt wird
Zwangsvollstreckung - 13
Vollstreckungsorgane – Überblick
• Gerichtsvollzieher
– „Außendienst“
– Vollstreckung durch Realakt
• Vollstreckungsgericht
– Vollstreckung durch „Rechtsakt“
– Insbesondere bei Forderungen
• Grundbuchamt
– Immobiliarvollstreckung
• Prozessgericht nur ausnahmsweise
– §§ 887 ff. ZPO
Zwangsvollstreckung - 14
Gerichtsvollzieher
• Zuständigkeit nach § 753 ZPO
– Auffangnorm
• GV wird tätig bei körperlichem Zugriff
• Befugnisse § 758 ZPO
• Rechtsstellung
– Beamter, § 154 GVG
• Näheres in Gerichtsvollzieherordnung (GVO) und
Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA)
– Staatshaftung
– Gerichtsvollzieher führt Vollstreckung eigenständig
– Aufsicht des Vollstreckungsgerichts, § 766 ZPO
• Aber kein direktes Weisungsrecht
Zwangsvollstreckung - 15
Vollstreckungsgericht
• Zuständig bei Pfändung von Forderungen und
sonstigen Vermögensrechten, § 828 ZPO
• Amtsgericht „als Vollstreckungsgericht“, § 764 Abs. 1
ZPO
– Funktionell Rechtspfleger zuständig, § 20 Nr. 17 RPflG
• Vollstreckungsgericht als Kontrollorgan
– § 766 ZPO [Nachprüfung des GVZ]
Zwangsvollstreckung - 16
Prozessgericht
• §§ 887, 888, 890 ZPO
• Näherer Bezug zum Erkenntnisverfahren
– Aktenkenntnis
Zwangsvollstreckung - 17
Grundbuchamt
• nur §§ 867, 932 ZPO: Eintragung einer
Sicherungshypothek
• Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
erfolgen durch das Vollstreckungsgericht
– Das das GBA um Eintragungen ersucht, § 19 ZVG
Zwangsvollstreckung - 18
Vollstreckungsobjekte
• In welche Gegenstände kann vollstreckt werden?
– Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen,
Forderung, Grundschuld, Markenrecht, Patent, „sonstige
Vermögensrechte“
• Prinzip der „Gesamtvermögenshaftung“
• Nicht:
– Familien- und Persönlichkeitsrecht
– Arbeitskraft
– Person des Schuldners
• Ausnahmen bei Erzwingung Vermögensauskunft (§ 802g ZPO) und
Durchsetzung von Handlungen und Unterlassungen (§§ 888, 890
ZPO)
Zwangsvollstreckung - 19
Vollstreckungsrechtsverhältnis
Vollstreckungsorgan
Antragsverhältnis
Eingriffsverhältnis
Gläubiger
Schuldner
Basisverhältnis
Zwangsvollstreckung - 20
Einzelvollstreckung – Gesamtvollstreckung
• Gesamtvollstreckung nach InsO:
• Das gesamte pfändbare Vermögen des Schuldners wird
zu einer besonderen Vermögensmasse
zusammengefasst, „Insolvenzmasse“.
• Der Insolvenzschuldner darf nach Insolvenzeröffnung
über die Insolvenzmasse nicht mehr verfügen.
• Verwaltungs- und Verfügungsmacht wird einem
Insolvenzverwalter übertragen, § 80 InsO.
• Gläubiger können nicht in die Insolvenzmasse
vollstrecken (§ 89 InsO).
• Ihnen steht nur eine anteilige Befriedigung im
Insolvenzverfahren zu („Insolvenzquote“).
• Alle Gläubiger werden gleich behandelt.
– Bei Einzelzwangsvollstreckung gilt das Prioritätsprinzip, § 804
Abs. 3 ZPO.
Zwangsvollstreckung - 21
Schuldnerschutz
• Historische Entwicklung:
• Ablösung der Personalvollstreckung durch
Realvollstreckung
• Frühe „Lösungen“
– Hinrichtung des Schuldners
– Schuldknechtschaft
– Schuldhaft („Schuldturm“)
• Heute noch „persönlicher Arrest“, §§ 918, 933 ZPO
• Schuldnerschutz durch Pfändungsbeschränkungen
– Arbeitseinkommen, Pfändungsfreigrenze 1.049,99 Euro
– Unpfändbare Gegenstände, § 811 ZPO
• 1953: § 765a ZPO
• 1999: Rechtschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO)
Zwangsvollstreckung - 22
Naturalexekution
• Materiellrechtlich kann der Gläubiger gegenständlich
Leistung verlangen („Realerfüllung“)
– nicht nur Geldersatz
– Häufig aber § 281 BGB: Schadensersatz statt Leistung (=
Geldersatz)
• In wieweit ist der materiellrechtliche
Primärleistungsanspruch auch vollstreckbar?
• ZPO ermöglicht Naturalexekution
– §§ 883, 885 ZPO: Herausgabe kann real erzwungen werden
– Sogar Handlungen des Schuldners sind erzwingbar, §§ 887, 888
Abs. 1 ZPO
– Nicht aber bei Dienstvertrag, § 888 Abs. 3 ZPO
• Beachte § 893 ZPO
– Gläubiger kann immer „Interesse“ (Geldersatz) verlangen
Zwangsvollstreckung - 23
Verfassungsrechtlicher Rahmen der Zwangsvollstreckung
• Grundrechtseingriff durch Zwangsvollstreckung
–
–
–
–
Art. 14 GG – Pfändung / Beschlagnahme
Art. 13 GG – Durchsuchung der Wohnung
Art. 2 Abs. 1 GG – Ordnungshaft
Art. 1 GG – Existenzminimum
• Sicherung der Grundrechte
– § 817a ZPO; § 85a ZVG – keine Verschleuderung
– §§ 811, 850 ff. ZPO sichern Existenzminimum
– § 758a ZPO – richterliche Durchsuchungsanordnung
• Verhältnismäßigkeitsgrundsatz?
– Auch Gläubiger kann sich auf Grundrechte berufen
– Sonderproblem: Suizidgefahr bei Räumungsvollstreckung
• § 765a ZPO
• Zwangsräumung nur mit Auflagen, BGH NJW 2005, 1859
Zwangsvollstreckung - 24
Gläubiger „gegen“ Schuldner in Zwangsvollstreckung
• Zwangsvollstreckung ist keine „Enteignung“
– Staat wird nicht für sich, sondern für den Gläubiger tätig
– Gläubiger kann sich ebenfalls auf Grundrechte berufen
– In der Zwangsvollstreckung äußert sich „Haftungsfunktion“ der
Vermögensrechte
• Verhältnismäßigkeitsgrundsatz?
– Verbot der Überpfändung, § 803 Abs. 1 Satz 2 ZPO
– Vollstreckung wegen Bagatellforderungen
– Gläubiger vollstreckt in Hausgrundstück, obgleich Pfändung
einer Forderung möglich wäre
– Suizidgefahr bei Räumungsvollstreckung
• § 765a ZPO
• BGH NJW 2005, 1859: Zwangsräumung mit Auflagen
• Anwesenheit Facharzt / Unterbringung gefährdeter Person in
Heilanstalt
Zwangsvollstreckung - 25
§ 7. Verfahrensvoraussetzungen
•
Deutsche Gerichtsbarkeit
– §§ 18-20 GVG „Gerichtsfreie“: Diplomaten usw.
•
Rechtsweg
– Frage stellt sich nicht
– Maßgeblich ist Vorliegen eines Urteils der Zivil- oder Arbeitsgerichtsbarkeit (§ 62 Abs. 2
ArbGG) oder eines Titels nach § 794 ZPO
•
•
Antrag
Zuständigkeit
– §§ 764 Abs. 2 [Bezirk der ZV], 828 Abs. 2 ZPO [Sitz Schuldner]; § 802 ZPO: „ausschließlich“
•
Vollmacht
– § 81 ZPO
•
Parteifähigkeit
– § 50 ZPO
•
Prozessfähigkeit
– § 52 ZPO
•
Prozessführungsbefugnis
– „Richtige“ Parteistellung bestimmt sich nach Titel
– Nicht nach materiellem Recht
•
Postulationsfähigkeit
– § 78 ZPO; Anwaltszwang daher nur wenn Landgericht als Prozessgericht tätig
§§ 887, 888, 890 ZPO
•
„Rechtsschutzbedürfnis“
Zwangsvollstreckung - 26
§ 8. Vollstreckungstitel
• Vollstreckungstitel
– § 704 ZPO: Zwangsvollstreckung aus Endurteilen
– § 794 ZPO
• „Vollstreckungstitel ist eine öffentliche Urkunde, die
den zu verwirklichenden Anspruch erkennen lässt
und vom Gesetz mit der Wirkung der
Vollstreckbarkeit ausgezeichnet ist.“
• Vollstreckungstitel tragendes Element:
– Ohne Titel keine Zwangsvollstreckung
– Titel begründet die Zwangsvollstreckung
• Nicht materielles Recht, nicht „Schuldschein“
– Fehlt Titel, sind Vollstreckungsmaßnahmen nichtig
Zwangsvollstreckung - 27
Vollstreckbarkeit
• Titel muss vollstreckbar sein
• Vollstreckbarkeit beruht auf:
– Gesetz: § 704 ZPO, § 794 ZPO
– Gericht: §§ 708 ff. ZPO [„vorläufige Vollstreckbarkeit“]
• Unterscheiden von anderen Urteilswirkungen
– Rechtskraft
– Gestaltungswirkung
– Tatbestandswirkung
• Vollstreckbarkeit hat nichts zu tun mit dem Bestehen
des materiellen Rechts/Anspruchs
– Vorläufig vollstreckbares Urteil kann falsch sein!
Zwangsvollstreckung - 28
Vollstreckungstitel bestimmt … 1
• Inhalt und Umfang der Zwangsvollstreckung
– Bestimmtheitserfordernis
– Urteil kann ausgelegt werden
– Klage auf Feststellung des Urteilsinhalt statthaft
(§ 256 ZPO)
– Bestimmbarkeit genügt:
• § 247 BGB [Bezugnahme auf Basiszinssatz]
• Koppelung einer Geldleistung an einen Lebenshaltungskostenindex
• Nicht: „Zahlung von 1.000 Euro nebst Zinsen“
– Ist der Inhalt nicht bestimmbar, entfällt
Zwangsvollstreckung
• „Herausgabe eines Gemäldes“
Zwangsvollstreckung - 29
Vollstreckungstitel bestimmt … 2
• Subjekte der Zwangsvollstreckung
• Gläubiger und Schuldner richten sich nur nach dem
Titel
– Nicht nach Forderung ...
Zwangsvollstreckung - 30
Zwangsvollstreckung bei Vertrag zugunsten Dritter, § 328 BGB
Titel: „Der Beklagte wird verurteilt, an D 1.000 Euro zu zahlen“
Versprechensempfänger
„Gläubiger“
Versprechender
§ 328 BGB
Forderung
Dritter D
Zwangsvollstreckung - 31
Titel bestimmt Gläubiger
• Auch bei Abtretung nach Titulierung
Gläubiger
Titel
Schuldner
§ 398 BGB
Forderung
Abtretungsempfänger
Zwangsvollstreckung - 32
Titel bestimmt Gläubiger
• Auch bei „Zug um Zug“ Verurteilung
• „Beklagter ist nicht Gläubiger
Kläger
„Zahlung von 10.000 Euro
Zug um Zug gegen Übereignung
des Pkws Marke xyz …“
Beklagter
Zwangsvollstreckung - 33
§ 9. Endurteil als Vollstreckungstitel
• Systematik des Gesetzes:
– §§ 704-793: Zwangsvollstreckung aus Endurteilen
– § 794: weitere Vollstreckungstitel
– § 795: Verweisung auf §§ 724-793
• „Endurteil“ meint Urteil nach § 300 ZPO
– Endurteil beendet die Instanz, nicht notwendig den
Rechtsstreit
– auch Teilurteil, VU, Anerkenntnisurteil
– Vorbehaltsurteil (§§ 302 Abs. 3, 599 Abs. 3 ZPO)
– Nicht Zwischenurteile (vgl. § 280 Abs. 2 ZPO)
– Ausnahme § 888 Abs. 3 ZPO
Zwangsvollstreckung - 34
Endurteil als Vollstreckungstitel, § 704 ZPO
Zwangsvollstreckung aus Endurteilen
Rechtskraft
vorläufige Vollstreckbarkeit
aufgrund Erklärung
des Gerichts
Ggf. Schadensersatz
Zwangsvollstreckung - 35
Endurteil als Vollstreckungstitel
• Rechtskraft:
– „formelle Rechtskraft“ [Unanfechtbarkeit]
– § 705 ZPO: Ungenutzter Ablauf der Rechtsmittelfrist
– Rechtsmittel unstatthaft (Revisionsurteil BGH)
• Nachweis: Rechtskraftzeugnis, § 706 ZPO
Zwangsvollstreckung - 36
Endurteil als Vollstreckungstitel
• Vorläufige Vollstreckbarkeit
• Entscheidung trifft Gericht im Erkenntnisverfahren
– Nicht das Vollstreckungsorgan!
• Beispiel für Tenor:
I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.000 Euro
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit 1.10.2015 zu bezahlen.
II. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des jeweils beizutreibenden Betrags vollstreckbar.
III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Zwangsvollstreckung - 37
Vorläufige Vollstreckbarkeit / Warum?
• Weshalb Zwangsvollstreckung vor Rechtskraft?
– VV gefährdet Schuldner
– Urteil kann falsch sein
• VV nimmt Anreiz für Rechtsmittel
– Die nur eingelegt werden, um Zwangsvollstreckung zu
verzögern
• VV begründet Gefahren für Schuldner
• Ausgleich:
– Schadensersatz, § 717 Abs. 2 ZPO
– Sicherheitsleistung, § 709 Satz 1 ZPO
• [Regelfall; Ausnahmen § 708 ZPO]
Zwangsvollstreckung - 38
Sicherheitsleistung
• „Normalfall“ § 709 ZPO: VV, aber gegen SiL
– Nicht wenn Gläubiger SiL nicht erbringen kann, § 710 ZPO
• Ausnahmefall § 708 ZPO: VV ohne SiL
– Nr. 1 – 3: Schuldnerverhalten (Anerkenntnis; Verzicht) im
Erkenntnisverfahren; Schuldner nicht schutzwürdig.
– Nr. 4 und 5: Schärfe des Wechselprozesses.
– Nr. 6.
– Nr. 7 – 9: Vollstreckung soll aus materiellrechtlichen
Gründen erleichtert werden (Räumung, Unterhalt,
Besitzschutz).
– Nr. 10: Berufungsurteile gelten als weithin zutreffend.
– Nr. 11: Bagatellstreitigkeit.
• § 711 ZPO: Abwendungsbefugnis des Schuldners
Zwangsvollstreckung - 39
Höhe der Sicherheitsleistung 1
• § 108 ZPO: Gericht bestimmt
• SiL soll Schadensersatzanspruch nach § 717 Abs. 2
ZPO abdecken.
– Beitreibbarer Betrag plus Vollstreckungskosten
– Angabe nach § 708 Satz 2 ZPO
• Nicht „absolut“ sondern relativ zum konkret vollstreckten Betrag
Zwangsvollstreckung - 40
Art der Sicherheitsleistung 2
• § 108 ZPO: Gericht bestimmt
• Regelfall Bankbürgschaft
Bank
Bürgschaft
Schadensersatz § 717 Abs. 2 ZPO
Gläubiger
Schuldner
Vollstreckungstitel
Zwangsvollstreckung - 41
Wirkungen der vorläufigen Vollstreckbarkeit
• Zwangsvollstreckung bis zur Befriedigung
– Nicht nur Sicherungsvollstreckung, vgl. 720a ZPO
• Erfüllungswirkung?
– hM: Erfüllung bis zur Rechtskraft aufgeschoben
– Sonst würde die Leistung den Rechtsstreit erledigen
Zwangsvollstreckung - 42
Wegfall der vorläufigen Vollstreckbarkeit 1
• Mit Verkündung des den Titel aufhebenden Urteils
– § 717 ZPO
• Vollstreckungsmaßnahmen sind aufzuheben
– §§ 776 Satz 1, 775 Nr. 1 ZPO
Zwangsvollstreckung - 43
Wegfall der vorläufigen Vollstreckbarkeit 2
• Schadensersatzhaftung nach § 717 Abs. 2 ZPO
– Bei Hausdurchsuchung wird Wohnungstür aufgebrochen
– Wegen Pfändung seines Autos muss der Schuldner
Mietwagen nehmen
– Einstellung des Geschäftsbetriebs bei Unterlassung
Nutzung Patent
• Nur Schaden „aus der Vollstreckung“
– Nicht Schäden Dritter
• Beispielsweise bei Pfändung eines Pkws, der nicht dem Schuldner
gehört
• Verschulden nicht erforderlich
– „prozessuale Risikohaftung“
– Gläubiger trägt Risiko des Irrtums des Gerichts erster
Instanz
Zwangsvollstreckung - 44
Wegfall der vorläufigen Vollstreckbarkeit 3
• Bereicherungshaftung nach § 717 Abs. 3 ZPO
– Bei OLG Urteil
– Kein Schadensersatz
– Gläubiger soll sich auf OLG-Urteil eher verlassen können.
Zwangsvollstreckung - 45
§ 10. Vollstreckung ausländischer Urteile
• §§ 722, 723 ZPO
– Vollstreckbarerklärung in einem Vollstreckungsurteil
• Europäischer Rechtsraum
– EuGVVO: Titelfreizügigkeit
– Vollstreckbarkeit ohne Vollstreckbarerklärung
Zwangsvollstreckung - 46
§ 11. Weitere Vollstreckungstitel, § 794 ZPO
• Prozessvergleich
– Prozessbeendigung
– Neue materiellrechtliche Grundlage
– Vollstreckbarkeit (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)
• Voraussetzungen Prozessvergleich als
Vollstreckungstitel, § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO:
– Vor deutschem Gericht
– Zur Beendigung des Rechtsstreits
– Prozesshandlung
• ggf. Anwaltszwang
– Protokoll, § 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO
– Vollstreckbarer Inhalt
Zwangsvollstreckung - 47
Prozessvergleich – Beteiligung Dritter
• § 794 Abs. 1 ZPO: „Dritten“
• Dritter muss am Vergleichsschluss mitwirken
– Wenn er „Gläubiger“ sein soll
• BGHZ 82, 160: kein Anwaltszwang
Zwangsvollstreckung - 48
Prozessvergleich – materiellrechtliche Regelung
• § 779 BGB
– Ein rein materiellrechtlicher Vergleichsvertrag ist kein
Vollstreckungstitel
• „gegenseitiges Nachgeben“
• Tragung von Prozesskosten genügt
Zwangsvollstreckung - 49
Prozessvergleich – Rechtsnatur
• Wirkungen: Prozessbeendigung und materiellrechtliche
Regelung
• Daraus folgt „Doppelnatur“ (hM)
– Prozesshandlung und materielles Rechtsgeschäft zugleich
• Wirksamkeitsmängel:
– Liegt ein Mangel auf prozessualer oder materiellrechtlicher Ebene, ist
immer der gesamt Prozessvergleich betroffen
– Beispiele:
• Anfechtung nach § 123 BGB
• Fehlerhafte Protokollierung
• Folge:
– Prozess ist nicht beendigt worden
– Antrag auf Fortführung bei Gericht
• Keine erneute Klage, da Rechtshängigkeit
– Ist Unwirksamkeit streitig, dann ebenfalls im „alten“ Prozess klären
• Keine andere Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit!
Zwangsvollstreckung - 50
Prozessvergleich – Fallbesprechung
B fährt zu schnell mit seinem Pkw und kollidiert mit dem Fahrradfahrer
A. A klagt gegen B und dessen Haftpflichtversicherung V auf
Schadensersatz in Höhe von 3.000 Euro und Schmerzensgeld in der
Größenordnung von 2.000 Euro. In der mündlichen Verhandlung
erklärt B, er habe seine hochschwangere Frau ins Krankenhaus fahren
müssen. Unter dem Eindruck dieser Einlassung schließt A mit B und V
folgenden Vergleich:
1. V zahlt an A 2.500 Euro.
2. Damit sind alle Ansprüche des A gegen die Beklagten aus
dem Verkehrsunfall abgegolten.
Der Vergleich wird gerichtlich protokolliert und V zahlt.
Später erfährt A, dass B keineswegs auf der Fahrt ins Krankenhaus,
sondern zu einer Motorrennsportveranstaltung unterwegs war. A
widerruft den Prozessvergleich durch Erklärungen gegenüber B und V.
Fragen: Welche Ansprüche stehen A zu? Wie sollte A jetztZwangsvollstreckung
vorgehen?- 51
Prozessvergleich – Fallbesprechung
B
A
V
Zwangsvollstreckung - 52
Prozessvergleich – Fallbesprechung
Fallabwandelung:
Nach Klageerhebung verhandeln A und ein Vertreter
der V in den Räumen der V. Man einigt sich auf einen
Betrag von 4.000 Euro zur Abgeltung aller Ansprüche. V
übernimmt auch alle Kosten des Verfahrens. A
verpflichtet sich, die Klage zurück zu nehmen, wenn V
bezahlt habe. Dies wird schriftlich niedergelegt und von
beiden Beteiligten unterschrieben.
1. V zahlt. A nimmt die Klage nicht zurück; wie kann V
vorgehen?
2. V zahlt nicht. Was kann A unternehmen?
Zwangsvollstreckung - 53
Vollstreckbare Urkunde, § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO
• Schuldner kann sich vor einem Notar der
Zwangsvollstreckung „unterwerfen“
• Textbeispiel:
– „Wegen aller in der notariellen Urkunde [X] eingegangenen
Zahlungsverpflichtungen unterwirft sich S der sofortigen
Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in sein gesamtes
Vermögen“
• Große Praktische Bedeutung
– Gläubiger kann sofort vollstrecken
– Vorsprung, § 804 Abs. 3 ZPO
• Gefahren für Schuldner
– Wie immer: Vollstreckungsorgan prüft materiellen Anspruch
nicht
– Daher notarielle Errichtung
– Belehrungspflichten, § 17 BeurkG
Zwangsvollstreckung - 54
Vollstreckbare Urkunde, § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO
• Voraussetzungen
–
–
–
–
Notar / Gericht
Parteien vergleichsbefugt
Bestimmte Regelung
Unterwerfung unter Zwangsvollstreckung
• Unterwerfungserklärung
– Persönliche Unterwerfungserklärung
– Dingliche Unterwerfungserklärung
– Unterwerfung zu Lasten des Rechtsnachfolgers, § 800 ZPO
Zwangsvollstreckung - 55
§ 12. Vollstreckungsklausel
• § 724 Abs. 1 ZPO: „mit einer Vollstreckungsklausel
versehene Ausfertigung des Urteils (vollstreckbare
Ausfertigung)“
• „Vollstreckungsklausel ist ein amtliches Zeugnis, dass
ein konkreter Vollstreckungstitel vollstreckbar ist.“
• Wortlaut und Form § 725 ZPO
Zwangsvollstreckung - 56
Unterscheide
• (1) „Urteil“ als (unkörperlicher) Entscheidungsakt des
Gerichts
• (2) Die Urschrift des Urteils
– „Original“, vgl. § 734 ZPO, eine Urkunde
– Bleibt immer bei den Gerichtsakten
• (3) Die Abschrift des Urteils
– einfache Kopie
• (4) Ausfertigung des Urteils
– Abschrift, die von der Behörde stammt, die die Urschrift
angefertigt hat
– die Ausfertigung vertritt die Urschrift im Rechtsverkehr
• (5) vollstreckbare Ausfertigung: eine Ausfertigung mit
einer Vollstreckungsklausel
– Grundlage der Zwangsvollstreckung
Zwangsvollstreckung - 57
Unterscheide
Erkenntnisverfahren
Klauselerteilungsverfahren
Zwangsvollstreckung
Zwangsvollstreckung - 58
Gründe für Klausel (-erteilungsverfahren)
• Prüfung der Vollstreckungsfähigkeit des Titels ist
nicht den Vollstreckungsorganen überlassen
• Schuldnerschutz gegen mehrfache
Zwangsvollstreckung
– § 757 ZPO: Aushändigung vA
– § 733 ZPO: (grundsätzlich) nur 1 vA
Zwangsvollstreckung - 59
Arten der Vollstreckungsklausel
• Einfache Klausel, § 724 ZPO
– Normalfall
• Titelergänzende Klausel, § 726 ZPO
– Zwangsvollstreckung hängt von weiteren Kriterien ab,
beispielsweise Bedingungseintritt
• Titelübertragende Klausel, §§ 727 ff. ZPO
– Änderung des Subjekte der Zwangsvollstreckung
• Weitere vollstreckbare Ausfertigung, § 733 ZPO
Zwangsvollstreckung - 60
„Titelübertragende“ Klausel
• Ausgangspunkt: § 750 ZPO:
– Parteien der Zwangsvollstreckung müssen genannt sein
• Wie bei Rechtsnachfolge? - § 727 ZPO
K
B
Urteil
§ 398 BGB
D
Zwangsvollstreckung - 61
Titelumschreibung Gläubigerseite
• Einzelrechtsnachfolge
– Abtretung, Übereignung, Legalzession
• Teilrechtsnachfolge
– (Ver-)Pfändung
• Gesamtrechtsnachfolge
– § 1922 BGB, Erbfall
Zwangsvollstreckung - 62
Beispiel: Rechtsnachfolge bei Bürgenzahlung
Titel
G
S
Bürgschaft
B
Zwangsvollstreckung - 63
Titelumschreibung Schuldnerseite
• Erbfall
• Schuldübernahme (str.)
– Ja bei befreiender SÜ, § 414 BGB
• Besitznachfolge
Zwangsvollstreckung - 64
Beispiel: Besitznachfolge
Herausgabetitel
G
S
§ 727 ZPO
B
Zwangsvollstreckung - 65
„Titelergänzende Vollstreckungsklausel“
• § 726 Abs. 1 ZPO
• Voraussetzung: Titel, aus dem die
Zwangsvollstreckung nur betrieben werden darf,
wenn aus dem Titel ersichtliche besondere
Voraussetzungen vorliegen
• Beispiele:
– Bedingungseintritt
– Rechtskraft des Scheidungsurteils bei Unterhaltstitel
– Nachweis einer Ersatzwohnung bei Räumungstitel
• Bei Befristung gilt § 751 ZPO
– Vollstreckungsorgan prüft selbst
Zwangsvollstreckung - 66
Zug-um-Zug-Verurteilung
• § 726 Abs. 2 ZPO
• Nachweis nicht schon im Klauselerteilungsverfahren
– Keine Vorleistung des Gläubigers
• Nachweis erst in der Zwangsvollstreckung
– § 751 ZPO
– § 765 ZPO
Zwangsvollstreckung - 67
Klauselerteilungsverfahren
• Einfache Klausel: § 724 Abs. 2 ZPO: UdG
• Qualifizierte Klausel
– Rechtspfleger, § 20 Nr. 12 RPflG
– Klage nach § 731 ZPO
Zwangsvollstreckung - 68
Klauselerteilungsverfahren
• Einfache Klausel: § 724 Abs. 2 ZPO: UdG
• Qualifizierte Klausel
– Rechtspfleger, § 20 Nr. 12 RPflG
– Klage nach § 731 ZPO
Zwangsvollstreckung - 69
Zustellung
• § 750 Abs. 1 ZPO: Urteil muss zugestellt werden
– Wegen § 317 ZPO regelmäßig bereits erfüllt
– Gläubiger selbst kann zustellen, § 750 Abs. 1 Satz 2 ZPO
• Heilung bei Zustellungsmängel?
– Nachholung der Zustellung
– Rückwirkung str.
• hM verneint; nur ex nunc Wirkung
• Wichtig, wenn vor Nachholung ein anderer Gläubiger gepfändet
hatte
– Beispiel:
• G pfändet einen Pkw am 1.2, eine Zustellung des Titels war
zunächst unterblieben. Am 1.3. pfändet Gläubiger A. Am 1.4. lässt
G den Titel noch zustellen. Der Erlös reicht nicht für G und A. Wer
ist vorrangig?
Zwangsvollstreckung - 70
§ 14. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen
Systematik
Geldvollstreckung
bewegliches
Vermögen
Individualvollstreckung
unbewegliches
Vermögen
Sachen Forderungen
sonst. Rechte
Zwangsvollstreckung - 71
Vermögenshaftung
• Welche Gegenstände haften?
• Haftung = Zugriffsunterworfenheit
• Es haften:
– Alle Vermögensrechte
– Die dem Schuldner gehören
Zwangsvollstreckung - 72
Anfechtungsgesetz (AnfG)
• Erweiterung der Vermögenshaftung
• Rechtshandlungen, die Gläubiger benachteiligen,
können angefochten werden
• Fallgruppen:
– § 3 AnfG Vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung (10 Jahre)
– § 4 AnfG Unentgeltliche Leistung (4 Jahre)
–…
• Klage gegen den Empfänger der Leistung
(„Anfechtungsgegner“)
– „Duldung der Zwangsvollstreckung“
Zwangsvollstreckung - 73
Prioritätsprinzip
• § 804 Abs. 3 ZPO
• Zeitpunkt der Pfändung entscheidet über
Befriedigungsreihenfolge
• Wichtig, wenn Erlös nicht für alle Pfändungsgläubiger
ausreicht.
• Bewertung des Prioritätsprinzips
–
–
–
–
Zeitlicher Zufall entscheidet
Entspricht materiellem Recht (Rang)
Andere Rechtsordnungen folgen „Ausgleichsprinzip“
In Deutschland in der Insolvenz
Zwangsvollstreckung - 74
Vermögensauskunft
• Informationsproblem: Wo hat Schuldner Vermögen?
• Bis 2012: Offenbarungsversicherung
– Erste wenn Zwangsvollstreckung erfolglos war
• Seit 2013: § 802c ZPO: Vermögensauskunft
– Zu Beginn der Zwangsvollstreckung
– Versicherung an Eides Statt, § 802c Abs. 3 ZPO
• §§ 156, 163 StGB
– Erzwingungshaft, §§ 802g ff. ZPO
• Max. 6 Monate
– Auskunftspflichten Dritter, § 802l ZPO
• Kenntnis von Lohnansprüchen, Bankkonten und Fahrzeugen
• Schuldnerverzeichnis, §§ 882b ff. ZPO
– „Schwarze Liste“
Zwangsvollstreckung - 75
§ 15. Zwangsvollstreckung in körperliche Sachen
• § 803 ZPO: „Pfändung“
• Zuständig Gerichtsvollzieher, § 808 ZPO
• Antrag des Gläubigers
– § 753 Abs. 1 ZPO: „Auftrag“
• Disposition des Gläubigers:
– Rücknahme des Antrags
– Beschränkung der Zwangsvollstreckung auf Teilforderung
– Bestimmung des Gegenstands der Zwangsvollstreckung
• § 754 ZPO: Antrag begründet Inkassobefugnis des
GVZ
Zwangsvollstreckung - 76
Befugnisse des Gerichtsvollziehers
• Aufzählung § 802a Abs. 2 ZPO
• § 758 ZPO Durchsuchung usw.
• § 802b ZPO „gütliche Erledigung“
– Ratenzahlungsvereinbarung / Vollstreckungsaufschub
– Ohne Gläubigerauftrag!
– Aber Widerspruch des Gläubigers, § 802b Abs. 3 Satz 2
ZPO
Zwangsvollstreckung - 77
„Gewahrsam“
• § 808 Abs. 1 ZPO „im Gewahrsam“
– Auch § 809 ZPO
• Unmittelbarer Besitz
– Tatsächliche Sachherrschaft
– Formalisierung des Zugriffs
– GVZ prüft nicht Eigentum
• Nicht genügen:
– Mittelbarer Besitz (§ 868 BGB)
– Mitbesitz (§ 866 BGB)
• Es sei denn § 809 Fall 2 ZPO
– Besitzdienerschaft (§ 855 BGB)
• Besitzherr hat Gewahrsam
– Str.: Erbenbesitz (§ 857 BGB)
Zwangsvollstreckung - 78
Gewahrsam bei Ehegatten
• § 739 Abs. 1 ZPO
– Kontrafaktische Fiktion
• „nur“ der Schuldner ist Alleingewahrsamsinhaber
• Beispiel: GVZ G pfändet für den Gläubiger A ein
Gemälde im Wohnzimmer des Schuldners S. Die
Ehefrau E protestiert, verweist auf ihr Eigentum am
Gemälde, und legt sogleich Erinnerung nach § 766
ZPO zum Vollstreckungsgericht ein.
• Wie wird das Gericht entscheiden?
• Was kann E tun?
Zwangsvollstreckung - 79
§ 809 ZPO
• Pfändung bei Gewahrsam des Gläubigers
• Drittgewahrsam nur bei Herausgabebereitschaft
Vermieter
Mieter
Vollstreckungstitel
Gläubiger
Zwangsvollstreckung - 80
Was ist bewegliches Vermögen?
• Unterscheide:
– Bewegliches Vermögen → Pfändung
– Unbewegliches Vermögen → Beschlagnahme
• § 864 ZPO: Definition unbewegliches Vermögen
– Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte (WEG) , Miteigentum
an Grundstücken
• § 865 Abs. 1 ZPO: Gegenstände des
Hypothekenhaftungsverbands
– §§ 1120 ff. BGB [Erzeugnisse, Bestandteile, Zubehör]
– Pfändbar vor Beschlagnahme des Grundstücks, § 865 Abs. 2
Satz 2 ZPO
• § 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO: Zubehör nicht pfändbar
– Beispiel: Traktor auf einem landwirtschaftlichen Hof
• Alles andere ist bewegliches Vermögen!
Zwangsvollstreckung - 81
Pfändungsverbote § 811 ZPO 1
• Gläubigeranspruch / Schuldnerschutz
• Liste des § 811 Abs. 1 ZPO …
– Nr. 1 Kleidung, Hausrat, Wohnung
– Nr. 2 – 4a, 8, 12 Existenzminimum
– Nr. 5 Arbeitsmittel bei persönlicher oder geistiger Arbeit
• Nicht bei kapitalistischer Nutzung
– Nr. 7, 9 weitere Arbeitsmittel
– Nr. 10 – 14 Persönlichkeitsschutz
• Ausnahme § 811 Abs. 2 ZPO
– Gläubiger könnte ohnehin nach Rücktritt gemäß § 985 BGB
Herausgabe verlangen
Zwangsvollstreckung - 82
Fall
• K kauft im Möbelhaus V ein neues Bett zum Preis von 2.000 Euro in
Raten zu monatlich je 200 Euro. Die Lieferung erfolgt
vereinbarungsgemäß unter Eigentumsvorbehalt. Nachdem der K nach
12 Monaten nur 5 Raten bezahlt hat, klagt V auf Zahlung von 1.000
Euro. Der Gerichtsvollzieher erscheint bei K und pfändet das Bett, das
er als einzigen Vermögensgegenstand vorfindet. Später wird es zur
Versteigerung abgeholt.
K fragt, ob er sich gegen die weitere Zwangsvollstreckung wehren
kann.
?
V
K
Zwangsvollstreckung - 83
Pfändungsverbote § 811 ZPO 2
• Verzicht auf Pfändungsschutz?
– hM: Während der Zwangsvollstreckung, nicht aber „im
Voraus“
• Austauschpfändung, § 811a ZPO
Zwangsvollstreckung - 84
Vollzug der Pfändung, § 808 ZPO
• Inbesitznahme durch GVZ
– Die bloße Erklärung („… ist gepfändet …“) genügt nicht
• Wie weiter verfahren? [§ 808 Abs. 2 ZPO]:
– Geld, Kostbarkeiten, WP wegschaffen
– Andere Sachen bleiben zunächst beim Schuldner
• Pfandsiegel
Zwangsvollstreckung - 85
Anschlusspfändung, § 826 ZPO
• Ist Sache gepfändet:
• für weitere Pfändung genügt Protokollaufnahme
– GVZ muss Schuldner nicht aufsuchen
• Vorsicht: Anschlusspfändung nur wirksam, wenn
Hauptpfändung wirksam ist
– Im Zweifel nochmals nach § 808 ZPO pfänden lassen
Zwangsvollstreckung - 86
Wirkungen der Pfändung
• Drei Ebenen:
– Besitz
– Verstrickung
– Pfändungspfandrecht
Zwangsvollstreckung - 87
Pfändung – Besitzverhältnisse
• [Wiederholung] Besitz:
–
–
–
–
Mittelbarer/unmittelbarer [§ 868 BGB]
Eigen-/Fremdbesitz
Vermieter – Mieter – Untermieter
Wichtig wegen Besitzschutzrechte, §§ 869, 861 f. BGB
• Nimmt GVZ das Pfandgut mit gilt:
– GVZ
– Gläubiger
– Schuldner
unmittelbarer Fremdbesitzer
mittelbarer Fremdbesitzer
mittelbarer Eigenbesitzer
• Belässt GVZ Pfandgut beim Schuldner gilt:
– Schuldner
– GVZ
– Gläubiger
unmittelbarer Fremdbesitzer
mittelbarer Fremdbesitzer
mittelbarer Eigenbesitzer
Zwangsvollstreckung - 88
Wirkungen der Pfändung
Zwangsvollstreckung:
Pfändung → Verwertung → Erlösauskehr
Verstrickung Verfügungs- Pfändungsverbot
pfandrecht
Zwangsvollstreckung - 89
Pfändung → Verstrickung 1
• In ZPO nicht ausdrücklich geregelt
• Staatliche Beschlagnahme
– § 136 StGB: Verstrickungsbruch
• Grundlage der Verwertung
– Ersteigerer erwirbt Eigentum allein aufgrund Verstrickung
• Nach Ablieferung
– Bestehen von titulierter Forderung oder Eigentum des
Schuldners unerheblich
Zwangsvollstreckung - 90
Pfändung → Verstrickung 2
• Verstrickung entsteht
– Wirksame Pfändung
– Fehlerfreie und „leicht“ fehlerhafte Pfändung
• Keine Zustellung des Titels
• örtliche Unzuständigkeit des GVZ
• Verstoß gegen § 811 ZPO
– Nicht bei „schwer“ fehlerhafter Pfändung (nichtige
Pfändung)
• Zwangsvollstreckung ohne Titel
• keine Inbesitznahme nach § 808 ZPO
• Verstrickung endet durch
– Verwertungsakt
– „Entstrickung“ nach gerichtlicher Entscheidung, Freigabe
Zwangsvollstreckung - 91
Pfändung → Veräußerungsverbot
• Nach §§ 135, 136 BGB
• Steht für Sachpfändung nicht im Gesetz
– Aber § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO / § 23 ZVG
• Verhindert Erwerb nach Pfändung
Zwangsvollstreckung - 92
Pfändung → Pfändungspfandrecht
• § 804 ZPO
– Abs. 2 verweist auf §§ 1204 ff. BGB
Zwangsvollstreckung - 93
Wiederholung: Pfandrecht nach BGB
• Wirkungen:
–
–
–
–
Befriedigungsrecht des Gläubigers, § 1204 BGB
Verwertungsrecht, § 1228 BGB
Rang, § 1209 BGB
Schutz, § 1227 BGB iVm §§ 985, 823, 989, 1004 BGB
• Voraussetzungen:
– Einigung und Übergabe, § 1205 BGB
– Forderung des Gläubigers, § 1204 Abs. 1 BGB
– Eigentum des Schuldners, arg. § 1207 BGB
Zwangsvollstreckung - 94
Pfändungspfandrechtstheorien 1
• Unter welchen Voraussetzungen entsteht ein
vollstreckungsrechtliches Pfändungspfandrecht?
• Privatrechtliche Theorie
– Pfändung + Forderung + Eigentum
• Öffentlich-rechtliche Theorie
– Pfändung
– Mit jeder Pfändung entsteht Pfändungspfandrecht
• Auch an Sachen Dritter, auch wenn Gläubiger materiellrechtlich
keine Forderung zusteht
• „Gemischt“-privatrechtlich-öffentlichrechtliche
Theorie (hM)
– Fehlerfreie Pfändung + Forderung + Eigentum
Zwangsvollstreckung - 95
Pfändungspfandrechtstheorien 2
• Bedeutung des Pfändungspfandrechts?
• Privatrechtliche Theorie
– Pfandrecht ist Grundlage für Verwertung und Rechtsgrund für Erlös
– Ohne Pfandrecht keine wirksame Verwertung
• Wenn beispielsweise der Schuldner nicht Eigentümer ist oder die Forderung
nicht besteht
• Öffentlich-rechtliche Theorie
– Pfandrecht immer Grundlage für Verwertung und Erlösauskehr
– Nicht aber Rechtsgrund für „Behaltendürfen“ des Erlöses; ggf. § 812
BGB
• „Gemischt“-privatrechtlich-öffentlichrechtliche Theorie (hM)
– Verstrickung Grundlage der Verwertung
• Nicht Pfändungspfandrecht
– Pfandrecht Rechtsgrund des Behaltendürfen des Erlöses
• Also nur, wenn Schuldner-Eigentum und Forderung bestehen
Zwangsvollstreckung - 96
Pfändungspfandrechtstheorien
Beispiel: Wegen eines titulierten Zahlungsanspruchs des
Gläubigers G1 iHv. 1.000 € pfändet der Gerichtsvollzieher am
1.10.2015 ein Gemälde des Schuldners S. Am 15.10.2015 pfändet
er das Gemälde erneut zugunsten des Gläubigers G2, der gegen S
einen Zahlungstitel iHv. 2.000 € erwirkt hat. Erst am 1.11.2015
wird der Titel des G1 zugestellt. Die Versteigerung des Gemäldes
erlöst 1.500 €. Wie ist dieser Erlös auf G1 und G2 zu verteilen?
• Verteilungsreihenfolge nach Rang des Pfandrechts, § 804 Abs. 3
ZPO
• nach öffentlich-rechtlicher Theorie wird fehlerhafte Pfändung
nachträglich geheilt: G1 hat Vorrang
• nach gemischt-privatrechtlich-öffentlich-rechtlicher Theorie
(h.M.) führt Maßnahme vom 1.10.2015 nur zur Verstrickung,
schafft wegen des Verfahrensmangels (fehlende
Titelzustellung) aber kein Pfändungspfandrecht: G2 hat Vorrang
Zwangsvollstreckung - 97
Verwertung [Überblick]
– Pfändung / Verstrickung stellt Pfandgut „sicher“
• Anschließend muss verwertet werden
• Unterscheide:
– Pfändung von Geld und Wertpapieren, §§ 815, 821 ZPO
– Pfändung sonstiger Sachen: Versteigerung, §§ 814 ff. ZPO
Zwangsvollstreckung - 98
Gepfändetes Geld
• § 808 Abs. 2 ZPO
• § 815 Abs. 1 ZPO: Ablieferung beim Gläubiger
– Keine Versteigerung
• (Erst) Ablieferung verschafft dem Gläubiger Eigentum
an Geldzeichen
– Nicht schon die Wegnahme, arg. § 815 Abs. 2 ZPO
– § 815 Abs. 3 ZPO kein Gegenargument (hM)
• keine Regelung über Eigentum, sondern Gefahrtragung
• Gläubiger trägt „Transportrisiko“ des gepfändeten Geldes
Zwangsvollstreckung - 99
Gepfändete „sonstige“ Sachen
• Verwertung durch Versteigerung, § 814 ZPO
• Öffentliche Versteigerung
– vor Ort, § 814 Abs. 3 Nr. 1 ZPO
– im Internet, § 814 Abs. 3 Nr. 2 ZPO: www.justiz-auktion.de
Zwangsvollstreckung - 100
Phasen der Versteigerung
• Grundsatz: öffentlich-rechtlicher Vorgang
• Gebot
– Kein Angebot, sondern Antrag auf Zuschlag, § 817 Abs. 1 S. 3 ZPO, § 156 BGB
• Keine Anfechtung
• Zuschlag; im Internet Zuschlagsfiktion
– Muss dem Meistbietenden erteilt werden, § 817 Abs. 1 ZPO
– Öffentlich-rechtlicher kaufähnlicher Vertrag
• Keine Leistungsklage, vielmehr § 766 ZPO
– Keine Änderung der Eigentumslage an Pfandsache (anders nach § 90 ZVG)
• Ablieferung
– Reale Sachübergabe
– Meistbietender wird Eigentümer kraft Hoheitsakts, § 817 Abs. 2 ZPO
• Verstrickung erforderlich, nicht Pfändungspfandrecht
• Daher Eigentum des Schuldners unerheblich
– Keine Gewährleistung, § 806 ZPO
• Erlöszahlung an Versteigerer
– dingliche Surrogation, vgl. § 1247 BGB: Verstrickung und Pfändungspfandrecht
am Erlös
• Erlösauskehr
– An Gläubiger durch Hoheitsakt
Zwangsvollstreckung - 101
– Abzüglich Kosten der Zwangsvollstreckung, arg. § 817 Abs. 4 ZPO, § 169 GVGA
Ausgleichansprüche nach Beendigung der
Zwangsvollstreckung
• erst Erlösauskehr an den Gläubiger beendet
Zwangsvollstreckung
– Ersteigerer wird erst mit Ablieferung Eigentümer
– Bis zur Ablieferung noch §§ 767, 771 ZPO statthaft
• Ausgleichansprüche nach Beendigung der
Zwangsvollstreckung relevant, wenn
(1) keine Forderung (mehr) bestand;
Rechtsbehelf während der Zwangsvollstreckung: § 767 ZPO
(2) versteigerte Sache nicht dem Schuldner
gehörte („schuldnerfremde Sache“);
Rechtsbehelf während der Zwangsversteigerung: § 771 ZPO
(3) versteigerte Sache unpfändbar war
(fehlerhaftes Verfahren);
Rechtsbehelf während der Zwangsversteigerung: § 766 ZPO
Zwangsvollstreckung - 102
Ausgleichansprüche nach Beendigung der
Zwangsvollstreckung
Beispiel 1: Nachdem der von Gläubiger G beauftragte
Gerichtsvollzieher ein Gemälde („Das blaue Quadrat“) des
Schuldners S gepfändet hat, zahlt S auf die Titelforderung. Der
hiervon nicht informierte Gerichtsvollzieher versteigert gleichwohl
das Gemälde an E. Den Versteigerungserlös zahlt der
Gerichtsvollzieher an G.
Was kann S von E und G verlangen?
Zwangsvollstreckung - 103
Ausgleichansprüche nach Beendigung der
Zwangsvollstreckung
G
S
E
• gegenüber E: keine Ansprüche; E erwarb Eigentum durch Hoheitsakt
• gegenüber G:
- (Neben-)Pflichtverletzung, §§ 241 II, 280 I BGB ?
- Delikt, §§ 823 I, 826 BGB?
- Bereicherungsrecht, § 812 I 1 Fall 2 BGB
• → vor Zuschlag Vollstreckungsabwehrklage, § 767 ZPO; danach materiellrechtlicher Ausgleich („verlängerte Vollstreckungsabwehrklage“: beachte
Rechtskraft analog § 767 II, III ZPO)
Zwangsvollstreckung - 104
Ausgleichansprüche nach Beendigung der
Zwangsvollstreckung
Beispiel 2: Der von Gläubiger G beauftragte Gerichtsvollzieher
pfändet in der Wohnung des Schuldners ein Gemälde des Dritten D
und versteigert es an E. Den Versteigerungserlös zahlt der
Gerichtsvollzieher an G.
Was kann D von E, G und S verlangen?
Zwangsvollstreckung - 105
Ausgleichansprüche nach Beendigung der
Zwangsvollstreckung
G
S
E
D
• gegenüber E: keine Ansprüche; E erwarb Eigentum durch Hoheitsakt
• gegenüber G:
- (Neben-)Pflichtverletzung, §§ 241 II, 280 I BGB ?
- Delikt, §§ 823 I, 826 BGB ?
- Bereicherungsrecht, § 812 I 1 Fall 2 BGB
• gegenüber S: keine Ansprüche; S hat nichts erlangt
• → vor Zuschlag Drittwiderspruchsklage, § 771 ZPO; danach nur noch
materiell-rechtlicher Ausgleich (»verlängerte Drittwiderspruchsklage«)
Zwangsvollstreckung - 106
Ausgleichansprüche nach Beendigung der
Zwangsvollstreckung
• BGHZ 58, 207
• Sachverhalt: Der Beklagte hatte einen Lkw bei einer GmbH pfänden lassen,
der dem Kläger gehörte. Der Kläger forderte den Rechtsanwalt des Beklagten
mehrfach unter Vorlage eigentumsbezeugender Urkunden auf, den Lkw frei
zu geben, was (zunächst) nicht erfolgt. K verlangt Schadensersatz.
Rechtsanwalt
K
[Eigentümer Lkw]
SE
Bekl
Titel/Pfändung Lkw
GmbH
Zwangsvollstreckung - 107
Ausgleichansprüche nach Beendigung der
Zwangsvollstreckung
• BGHZ 58, 207 Schadensersatz des Gläubigers wegen
Nichtfreigabe?
– BGHZ 58, 207, 214 geht von durch Pfändung begründeter
privatrechtlicher Sonderrechtsbeziehung aus
– Pflicht zur Prüfung und ggf. Freigabe
– Anknüpfungspunkt in BGHZ 58, 207 schuldhaft verspätete Freigabe
• Unterlassen
– Zurechnung Anwaltsverschulden?
• Nach § 278 BGB
• BGHZ 118, 205: Eigenhaftung des Rechtsanwalts aus § 823
Abs. 1 BGB?
– Nicht wenn Rechtsanwalt durch Weisung des Gläubigers an Freigabe
gehindert war
Zwangsvollstreckung - 108
Ausgleichansprüche nach Beendigung der
Zwangsvollstreckung
Beispiel 3: Der von Gläubiger G beauftragte Gerichtsvollzieher
pfändet den Kühlschrank des Schuldners S und versteigert ihn an E.
Den Versteigerungserlös zahlt der Gerichtsvollzieher an G. S
verweist auf die Unpfändbarkeit des Kühlschranks und verlangt
von E dessen Herausgabe, hilfsweise von G Auszahlung des Erlöses.
Zu Recht?
Zwangsvollstreckung - 109
Ausgleichansprüche nach Beendigung der
Zwangsvollstreckung
G
S
E
• Übereignung durch Ablieferung, § 817 Abs. 2 ZPO
– kein Herausgabeanspruch gegen E nach §§ 985, 812 Abs. 1 BGB
• Zahlungsanspruch gegen G: Kühlschrank war unpfändbar, § 811 Abs. 1 Nr. 1
ZPO
– öffentlich-rechtliche Theorie: Verfahrensfehler lässt Pfändungspfandrecht unberührt, kein
Herausgabeanspruch nach §§ 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2, 818 BGB
– gemischte Theorie (h.M.): kein Pfändungspfandrecht, kein Rechtsgrund zum Behalten, G
muss Erlös herausgeben, §§ 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2, 818 BGB
• → Vor Zuschlag wäre Erinnerung (§ 766 ZPO) möglich gewesen.
Zwangsvollstreckung - 110
§ 16. Zwangsvollstreckung in Geldforderungen
Schuldner
Drittschuldner
Gepfändete Forderung
Titel
Einziehungsklage
Gläubiger
Zwangsvollstreckung - 111
§ 16. Zwangsvollstreckung in Geldforderungen
• Die ZPO unterscheidet:
– Zwangsvollstreckung in Geldforderungen des Schuldners
(§§ 828 – 845, 850 – 853 ZPO),
– in Sachforderungen (§§ 846 ff.) und
– in andere Vermögensrechte (§§ 857 – 863 ZPO)
Zwangsvollstreckung - 112
Zwangsvollstreckung in Geldforderungen
• Zur Terminologie der ZPO:
– 1:2:3 „Schuldner/Drittschuldner/Gläubiger“
• Anders im materiellen Recht im BGB:
– „Zedent/Schuldner/Zessionar “
– „Altgläubiger/Schuldner/Neugläubiger“
• Bei rechtsgeschäftlicher Verpfändung:
– „Gläubiger/ Schuldner/Pfandgläubiger“
1
2
3
Zwangsvollstreckung - 113
Überblick: Zwangsvollstreckung in Geldforderungen
• Vollstreckungsorgan: Vollstreckungsgericht
– Nicht GVZ
• Antrag
• Pfändungsbeschluss
– Keine Inbesitznahme
– Zustellung an Drittschuldner
– Pfändung wirksam
• Überweisung an Gläubiger
– Ebenfalls durch Beschluss
• Ggf. Einziehungsprozess
– Gläubiger (!) klagt gegen Drittschuldner
Zwangsvollstreckung - 114
Vollstreckungsorgan
• § 828 ZPO: Vollstreckungsgericht
– Amtsgericht, § 794 Abs. 1 ZPO
– Rechtspfleger, § 20 Nr. 16 RPflG
• Wohnsitz des Schuldners
– § 828 Abs. 2 ZPO
Zwangsvollstreckung - 115
Die gepfändete Forderung
• Unterscheiden:
– Forderung, wegen der gepfändet wird
• Titelforderung
– Forderung, die gepfändet wird
• Vollstreckungsobjekt
S
G
DS
Zwangsvollstreckung - 116
Die gepfändete Forderung
• Alle auf Geld gerichtete Forderungen
– Auch bedingte Forderung
– Auch künftige Forderung
• Drittschuldner muss bekannt sein
• Pfändung geht weniger weit als Abtretung künftiger Forderungen
• Nur übertragbare Forderung
– Arg. § 851 Abs. 1 ZPO
– Beispiel: § 717 Satz 1 BGB
• Ausnahme § 851 Abs. 2 ZPO
– Bei Abtretungsverbot nach § 399 Fall 2 BGB
– Abtretungsverbot soll Zwangsvollstreckung nicht
ausschließen
Zwangsvollstreckung - 117
Pfändung Arbeitseinkommen
• Große praktische Bedeutung
– Häufig der einzige greifbare Vermögenswert
• §§ 832, 833 ZPO: Pfändung erstreckt sich auch auf
künftige Bezüge
Zwangsvollstreckung - 118
Pfändungsschutz Arbeitseinkommen
• §§ 850 ff. ZPO
– Aus sozialen Gründen; Grundlage der Lebensführung
– Abwägung Schuldner-/Gläubigerinteresse
• Welche Forderungen sind unpfändbar?
– § 850 Abs. 2/3 ZPO; abgrenzen zu Kapitaleinkommen
• § 850a ZPO: absolut unpfändbar
– Zweckgebundene Gelder
• § 850b ZPO: subsidiär pfändbar
– insbesondere Unterhaltsrenten, § 1601 BGB, § 1360 BGB
– pfändbar wenn kein sonstiges Vermögen (Abs. 2)
Zwangsvollstreckung - 119
Pfändungsschutz Arbeitseinkommen
• § 850c Abs. 1 ZPO: Pfändungsfreibetrag
– Dynamisierung nach Grundfreibetrag, § 850c Abs. 2a ZPO
– § 850c Abs. 2a Satz 2 ZPO:
Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung
• [2013:] 1.045, 04 Euro; bei 3 Unterhaltsberechtigten 1.876,58 Euro
• [2015:] 1.073, 88 Euro;
“
1.928,38 Euro
– „Blankettbeschluss“ [§ 850c Abs. 3 Satz 2 ZPO]
• Drittschuldner „muss rechnen“ / trägt Risiko
Zwangsvollstreckung - 120
Pfändungsschutz Arbeitseinkommen
• Nicht bei gesetzlichen Unterhaltsansprüchen, § 850d
ZPO
– Unterhaltsgläubiger sind privilegiert
– Dem Schuldner ist der notwendige Unterhalt zu belassen
– Problem: Unterhaltsvergleich (gesetzlich?)
• Erhöhung der Pfändbarkeitsgrenze auf Antrag, § 850f
Abs. 1 ZPO
– Härteklausel, aber nur auf Antrag!
• Absenkung für Deliktsgläubiger, § 850f Abs. 2 ZPO
Zwangsvollstreckung - 121
Pfändungsschutz
• § 850i ZPO bei nicht wiederkehrenden Leistungen
– Honorarforderungen von Rechtsanwälten, Ärzten usw.
• § 850k ZPO „P-Konto“
– Wenn Arbeitseinkommen auf P-Konto einbezahlt,
„automatischer“ Pfändungsschutz
– Schuldner kann in Höhe der Pfändungsfreibeträge
verfügen
– P-Konto muss vereinbart werden, § 850k Abs. 7 ZPO
– Nach Barauszahlung gilt § 811 Nr. 8 ZPO
Zwangsvollstreckung - 122
„Lohnschiebungsverträge“
• § 850h Abs. 1 ZPO: Leistung an Dritten
– Pfändung beim Dritten möglich
• § 850h Abs. 2 ZPO: unentgeltliche Arbeit
Zwangsvollstreckung - 123
§ 16. Zwangsvollstreckung in Geldforderungen
Schuldner
Drittschuldner
Gepfändete Forderung
Titel
Einziehungsklage
Gläubiger
Zwangsvollstreckung - 124
Pfändungsbeschluss Verfahren 1
• Vorbemerkung:
 Praxis: „PfÜB“ …
• Pfändung und Überweisung in „einem“ Beschluss
• Formular
 Rechtlich müssen Pfändung und Überweisung streng
getrennt werden!
 § 829 ZPO Pfändung: Beschlagnahme/Pfandrecht
 § 835 ZPO Überweisung: Grundlage für Klage
Zwangsvollstreckung - 125
Pfändungsbeschluss Verfahren 2
Zwangsvollstreckung - 126
Pfändungsbeschluss Verfahren 3
• Antrag des Gläubigers
–
–
–
–
„Pfändungsgesuch“
Zuständigkeit
Titel, Klausel, Zustellungsurkunde
genaue Bezeichnung der zu pfändenden Forderung
• Nach Rechtsgrund und Drittschuldner
– gesamte Forderung wird gepfändet
• Wenn nicht betragsmäßig im Antrag beschränkt
• Schuldner wird nicht gehört, § 834 ZPO
– Warum?
• Schuldner soll nicht gewarnt werden
– Anhörung vor Überweisung?
• Praktischer Gesichtspunkt: Kein Raum, da Pfändung und Überweisung
in einem Beschlussformular
– Art 103 Abs. 1 GG?
• § 766 ZPO
Zwangsvollstreckung - 127
Pfändungsbeschluss Verfahren 4
• Gericht prüft nicht Bestehen der Forderung
– Keine materielle Prüfung im Vollstreckungsverfahren
• Gepfändet wird die „angebliche“ Forderung
– Grundlage Schlüssigkeitsprüfung nach Gläubigerangaben
• Ob Forderung wirklich besteht und dem Schuldner
zusteht, wird erst im Einziehungsprozess
Gläubiger/Drittschuldner festgestellt
– Besteht die Forderung nicht, geht die Pfändung ins Leere
– Keine Wirkungen des Pfändungsbeschlusses
• Zustellung
– An Drittschuldner, § 829 Abs. 2 Satz 1 ZPO
– An Schuldner, § 829 Abs. 2 Satz 2 ZPO
• Zustellung an Drittschuldner entscheidend, § 829 Abs. 3
ZPO
Zwangsvollstreckung - 128
Fall – Pfändung schuldnerfremder Gegenstände 1
• S hat Schulden bei der Bank B. Diese verlangt die Stellung neuer
Sicherheiten. S übereignet seinen Lkw an B zur Sicherung und tritt eine
Forderung gegen DS zur Sicherheit ab. Gläubiger G, der die
Sicherungsgeschäfte nicht kennt, pfändet den Lkw und die Forderung.
Später erklärt B die Freigabe der Sicherheiten.
• Kann G den Lkw und die Forderung nach deren Überweisung verwerten?
B
SiZ / SiA
S
DS
Titel
G
Zwangsvollstreckung - 129
Fall – Pfändung schuldnerfremder Gegenstände 2
• Verwertung Lkw?
– Verstrickung entsteht – unabhängig von Eigentum
– Mit Rückerwerb („Freigabe“) entsteht auch
Pfändungspfandrecht analog § 185 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB
• Verwertung Forderung?
– Einziehungsklage nach Überweisung?
– Nach BGHZ 56, 339, 350 wird die Forderung der B von Pfändung
bei S nicht erfasst; die Pfändung gehe „ins Leere“
– Bei Rückerwerb keine Analogie zu § 185 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB
– Andere Rechtslage als bei Sachpfändung!
• Wie sollte G vorgehen?
– Forderung nochmals pfänden nach Rückübertragung
– Für Profis: Pfändung des Rückgewähranspruchs aus
Sicherungsvertrag
Zwangsvollstreckung - 130
Wirkungen der Pfändung
• § 829 Abs. 1 ZPO
– Satz 1: Zahlungsverbot an Drittschuldner
– Satz 2: Verfügungsverbot an Schuldner
• Es entstehen daher:
– Verstrickung [nicht im Gesetz]
– Pfändungspfandrecht, § 804 ZPO
– Verfügungsverbot, § 829 Abs. 1 ZPO
• Abtretung durch Schuldner ist dem Gläubiger gegenüber relativ
unwirksam, §§ 135, 136 BGB
• Zahlung des Drittschuldners an Schuldner ist unwirksam
– Drittschuldner muss nochmals an Gläubiger zahlen
Zwangsvollstreckung - 131
Pfändung – Stellung des Schuldners
• Schuldner bleibt Inhaber der Forderung
• Er darf aber nicht verfügen, § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO
– Einziehung, Erlass, Aufrechnung usw.
• Verfügungen, die die Forderung nicht
beeinträchtigen, sind aber wirksam
– „Erhaltungsrechte“, beispielsweise Fälligkeitskündigung
– Klage gegen Drittschuldner auf Leistung an Gläubiger (hM)
• Verfügungen über das Rechtsverhältnis bleiben
wirksam
– Schuldner als Vermieter kann das Mietverhältnis auch
nach Pfändung des Mietzinsanspruchs kündigen
– Rückwirkend werden Pfändungen aber nicht unwirksam
Zwangsvollstreckung - 132
Pfändung – Stellung des Drittschuldners
• Drittschuldner kann nicht mit befreiender Wirkung an
Schuldner leisten, § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO
– BGHZ 105, 358: Überweisung muss nicht wiederrufen werden
• Auskunftspflicht, § 840 ZPO
– Zweck: Gläubiger soll die nötigen Informationen für das weitere
Vorgehen / eine Klage erhalten
• Anerkenntnis nach § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
 Kein materiellrechtliches Anerkenntnis nach § 780 BGB
 Wissenserklärung / Beweislastumkehr
• Keine Klage auf Erfüllung nach § 840 ZPO (hM)
• Vielmehr nur Schadensersatz § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO:
– Drittschuldner erklärt nichts: Ersatz des Schadens aus
vergeblichem Zahlungsprozess gegen Drittschuldner
– Drittschuldner erkennt zu Unrecht an: Schaden wegen Verzichts
auf andere Vollstreckungsmöglichkeiten
Zwangsvollstreckung - 133
Fall – Anerkenntnis nach § 840 ZPO
G hat eine titulierte Forderung gegen S in Höhe von 25.000 Euro. G lässt eine
Forderung des S gegen des DS aus einem Darlehen in Höhe von 25.000 Euro
pfänden (und überweisen). DS erklärt auf Aufforderung schriftlich, er erkenne
die Forderung an und werde zahlen. Daraufhin sieht G von der Pfändung des
Pkws des S ab, der einen Wert von 10.000 Euro hat.
Gleichwohl erfolgt keine Zahlung. G klagt daraufhin gegen DS. Im Prozess
wendet der DS ein, sein Vertreter V habe bereits vor der Pfändung an S
bezahlt, was er, DS, aber nicht gewusst habe.
Welche Rechte hat G gegen DS? Wie soll er prozessual vorgehen?
V
S
DS
Titel 25T€ g
Klage
G
Zwangsvollstreckung - 134
Fall – Anerkenntnis nach § 840 ZPO
• Anspruchsgrundlage Forderung S/DS?
– Erloschen durch Zahlung, § 362 BGB
• Anspruchsgrundlage § 781 BGB?
– Nein, Anerkenntnis nach § 840 ZPO keine Willenserklärung
• Anspruchsgrundlage Schadensersatz § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO?
– Dem Grunde nach gegeben
– Verschulden? Kenntniszurechnung/Organisationsverschulden?
– Höhe des Schadensersatzes?
• 25.000 Euro? Nein, Gläubiger ist nicht so zu stellen als bestünde die Forderung
• 10.000 Euro? Ja, bei richtiger Auskunft hätte Gläubiger den Pkw gepfändet.
• Ferner Kosten aus Prozess gegen Drittschuldner
• Prozessual?
– Klageänderung, § 263 ZPO
Zwangsvollstreckung - 135
Überweisungsbeschluss
• § 835 ZPO
– Verwertung der Forderung
• Überweisung zur Einziehung
– Regelfall
• § 836 Abs. 1 ZPO:
– Einziehungsermächtigung
Zwangsvollstreckung - 136
Überweisungsbeschluss – Stellung des Gläubigers
• Gläubiger kann alle Rechtsgeschäfte zur Einziehung (=
Durchsetzung) der Forderung vornehmen
– Kaufpreis, Mahnung, Aufrechnung
– Nicht: Abtretung, Stundung, Verzicht [keine Rechtsdurchsetzung]
• Klage gegen Drittschuldner
– Im eigenen Namen
– Nicht als Vertreter des Schuldners
– Grundlage: Einziehungsrecht
• Pflichten des Gläubigers
– § 841 ZPO: Streitverkündung an Schuldner
– § 842 ZPO: Schadensersatz bei verzögerter Beitreibung
• Daher wichtig: Möglichkeit zum Verzicht, § 843 ZPO
• Nichtstun ist gefährlich!
• Zahlt der Drittschuldner,
– erlischt das Einziehungsrecht
– erlischt die überwiesene Forderung
– wird der Schuldner frei
Zwangsvollstreckung - 137
Überweisungsbeschluss – Stellung des Drittschuldners
• Drittschuldner darf nicht schlechter gestellt werden
– §§ 404 ff. BGB analog
– Drittschuldner kann alle Einwendungen und Einreden gegen die
Forderung dem Gläubiger entgegen halten
• Schutz des Drittschuldners über § 836 Abs. 2 ZPO
• Zwei Fälle:
– Überweisung wirksam, dann aufgehoben, Drittschuldner zahlt in
Unkenntnis
– Überweisung fehlerhaft, aber nur anfechtbar, Drittschuldner zahlt
Zwangsvollstreckung - 138
Überweisungsbeschluss – Stellung des Drittschuldners
• Frage: Schützt § 836 Abs. 2 ZPO auch bei nichtigem
Überweisungsbeschluss?
– BGHZ 121, 98 (= NJW 1993, 735) verneint
– Sachverhalt: Es war aufgrund eines Arrestbeschlusses eine Forderung
überwiesen worden
– BGH: Arrest lässt Überweisung nicht zu [vgl. § 930 Abs. 1 ZPO];
Überweisung nichtig, für nichtige Überweisung gelte § 836 Abs. 2 ZPO
nicht
– Einschränkend BGHZ 127, 146 (= NJW 1994, 3225): bei nichtiger
Überweisung „Vertrauensschutz“
Zwangsvollstreckung - 139
Überweisungsbeschluss – Stellung des Drittschuldners
• Frage: Schützt § 836 Abs. 2 ZPO auch, wenn die überwiesene
Forderung zuvor abgetreten worden war?
• Fall: S tritt eine Forderung gegen den D über 10.000 Euro an
den Z ab. D wird von der Abtretung nicht informiert. Später
ergeht zugunsten des G ein Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss, der dem D zugestellt wird. Daraufhin
zahlt D an G 10.000 Euro. Z verlangt nochmals Zahlung von D.
Zu Recht?
• Z
§ 398 BGB
S
D
Zahlung
G
Zwangsvollstreckung - 140
Überweisungsbeschluss – Stellung des Drittschuldners
• Frage: Schützt § 836 Abs. 2 ZPO auch, wenn die überwiesene
Forderung zuvor abgetreten worden war?
• Nein
– § 836 Abs. 2 ZPO nimmt Drittschuldner nur das Risiko, dass
Überweisung aufgehoben wird
– Nicht das Risiko, dass Forderung einem anderen zusteht
• Schutz des Drittschuldners über § 408 Abs. 2 BGB
Zwangsvollstreckung - 141
Überweisung an Zahlungs statt
• § 835 Abs. 2 ZPO: Forderung geht auf den Gläubiger über
• Gläubiger gilt als befriedigt, soweit Forderung besteht
• Gläubiger trägt aber Durchsetzungsrisiko
– Überweisung an Zahlungs statt hat daher wenig praktische Bedeutung
Zwangsvollstreckung - 142
§ 17. Zwangsvollstreckung in Herausgabeansprüche
• Ausgangsbeispiel:
S hat sein Fahrrad an DS vermietet. Wie kann Zahlungsgläubiger
G des S auf das Fahrrad zugreifen?
S
Drittschuldner
Titel
G
GVZ
Zwangsvollstreckung - 143
Zwangsvollstreckung in Herausgabeansprüche
• §§ 846 ff. ZPO
• § 847 Abs. 1 ZPO: Pfändungsbeschluss lautet auf Herausgabe
an Gerichtsvollzieher
– Nicht an Schuldner!
– Nicht an Gläubiger!
• Erst mit Herausgabe an GVZ erlangt Gläubiger
Pfändungspfandrecht an der Sache
– Surrogation: Pfändungspfandrecht an Herausgabeanspruch setzt sich
an Sache fort
• Gibt Drittschuldner nicht heraus, muss Gläubiger klagen
– Grundlage: Überweisungsbeschluss
– Vollstreckung: § 883 ZPO
• § 847 Abs. 2 ZPO: GVZ hat zu verwerten
– Wie wenn Sache direkt gepfändet worden wäre
Zwangsvollstreckung - 144
Zwangsvollstreckung in Herausgabeansprüche
• Herausgabe von Grundstücken
• § 848 Abs. 1 ZPO: Herausgabe erfolgt an „Sequester“
– „Treuhänder“
• Anschließend Zwangsvollstreckung nach ZVG, § 848 Abs. 3
ZPO
• War gepfändeter Anspruch auf Übereignung gerichtet, ist an
Sequester als Vertreter des Schuldners aufzulassen, § 848
Abs. 2 ZPO
– Beispiel: Drittschuldner hatte Grundstück an Schuldner verkauft
– Schuldner wird Eigentümer
– Gläubiger erlangt Sicherungshypothek (§ 867 ZPO), § 848 Abs. 2 Satz 2
ZPO
Zwangsvollstreckung - 145
§ 18. Zwangsvollstreckung in „andere“ Vermögensrechte
• § 857 Abs. 1 ZPO: erfolgt durch Pfändung
– Auffangnorm
– Ähnlich § 413 BGB bei Abtretung „sonstiger Rechte“
• „Andere“ Vermögensrechte
– Vermögensrechte außer Sachen, Forderungen und Immobilien
• Beispiele: Miteigentum, Grundschuld, Gesellschaftsanteile [GbR, OHG, KG, GmbHAnteil], Miterbenanteil, Anwartschaftsrechte, Immaterialgüterrechte
– Nicht pfändbar sind:
• Akzessorische Rechte (Hypothek, Forderung aus Bürgschaft)
• Unselbständige Handlungsrechte (Kündigungs-, Rücktrittsrecht)
• § 857 Abs. 2 ZPO: wenn kein Drittschuldner, dann Zustellung
nur an Schuldner
– Beispiel: Patent, Marke
– Bei Miterbenanteil, Gesellschaftsanteil, Miteigentum usw.: andere
Beteiligte sind „Drittschuldner“
Zwangsvollstreckung - 146
§ 19. Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen
• §§ 864 – 871 ZPO
– § 869 ZPO: ZVG vom 24.3.1897
– Bestimmungen der ZPO auch bei ZVG anwendbar (Voraussetzungen
der Zwangsvollstreckung, Rechtsbehelfe)
• § 866 Abs. 1 ZPO: Arten der Zwangsvollstreckung
– Freie Wahl, § 866 Abs. 2 ZPO
• Zwangsversteigerung
– Verwertung der Substanz des Grundstücks
• Verspricht höchsten Ertrag
– Für persönliche oder „dingliche“ Gläubiger
• Zwangsverwaltung
– Zugriff auf Nutzungen (Erträge)
• Eintragung einer Sicherungshypothek (Zwangshypothek)
– Gläubiger bekommt nur eine dingliche Sicherung für seine Forderung
Zwangsvollstreckung - 147
Gegenstand der Immobiliarvollstreckung, §§ 864 f. ZPO
• Grundstücke
– einschl. wesentlicher Bestandteile, § 94 BGB.
• Berechtigungen, für welche die sich auf Grundstücke
beziehenden Vorschriften gelten
– Erbbaurechte (§ 11 ErbbauRG); Wohnungseigentum;
Bergwerkseigentum
• § 864 Abs. 2 ZPO: Bruchteilsrechte an Grundstücken
– Miteigentumsanteil und Rechte daran
• § 865 Abs. 1 ZPO: Gegenstände, die nach §§ 1120 ff. BGB für
die Hypotheken haften
– „Haftungsverband“ …
Zwangsvollstreckung - 148
§ 865 ZPO: Haftungsverband
• §§ 1120 ff. BGB
• Erzeugnisse
– Ernte
• Bestandteile
• Zubehör
– § 97 BGB
• z. B. Traktor bei einem landwirtschaftlichen Grundstück
– Nach § 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist bei Zubehör stets nur
Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen statthaft
• Traktor kann nicht gepfändet werden
• Beschlagnahme erstreckt sich daher auch auf Zubehör, § 20 Abs. 2 ZVG
– Erhaltung wirtschaftlicher Einheit von Grundstück und Zubehör
• Miet- und Pachtzinsforderungen, § 1123 BGB
Zwangsvollstreckung - 149
Vollstreckungsorgane
• § 1 ZVG: Vollstreckungsgericht
• Bei Zwangshypothek: Grundbuchamt, § 867 ZPO
Zwangsvollstreckung - 150
Sicherungshypothek
• § 866 Abs. 1 ZPO
– § 867 ZPO spricht (synonym) von Zwangshypothek
• Gewährt nur eine Sicherung, keine Befriedigung
– hat daher nur Zweck, wenn der Gläubiger nicht bereits dinglich
gesichert ist, etwa durch eine Grundschuld.
• Antrag § 867 ZPO
• GBA prüft Vollstreckungsvoraussetzungen
– Eintragung nach GBO
– Bewilligung (§ 19 GBO) (natürlich!) nicht erforderlich
• Verwertung durch Zwangsversteigerung
– § 867 Abs. 3 ZPO: Grundlage Zahlungstitel!
– Kein Duldungstitel erforderlich
Zwangsvollstreckung - 151
Zwangsversteigerung
• Antrag
– § 15 ZVG
– Voraussetzung: Eintragung des Schuldners, § 17 ZVG
• Keine materielle Prüfung des Schuldner-Eigentums
• Anordnung
– Versteigerungsbeschluss
• Zustellung an Schuldner, § 22 Abs. 1 ZVG
• Eintragung im Grundbuch, § 19 ZVG
– § 20 ZVG: Beschlagnahme des Grundstücks
– § 23 ZVG: Veräußerungsverbot; kein Pfandrecht!
– § 11 Abs. 2 ZVG: Prioritätswirkung
• Versteigerung
• Zuschlag
– § 85 ZVG: an Meistbietenden
– § 90 ZVG: Eigentumserwerb
• an allen „Gegenständen der Versteigerung“, §§ 55 Abs. 2, 20 ZVG
• Verteilungsverfahren
– §§ 105 ff. ZVG
– Teilungsplan nach §§ 10, 11 Abs. 2 ZVG
Zwangsvollstreckung - 152
Beispiel zu § 23 ZVG
• Hinsichtlich des Grundstücks des S wird am 1.2. die Zwangsversteigerung
angeordnet; der Beschluss wird am 15.2. eingetragen und zugestellt. Am
1.3. vermietet der S das Grundstück an seinen Freund F zu einem
besonders günstigen Mietzins (50% unter marktüblichem Zins). E erhält
den Zuschlag und verlangt von F Räumung und Herausgabe. F beruft sich
auf den Mietvertrag.
• S
Mietvertrag
F
Herausgabe?
• G
E
Zwangsvollstreckung - 153
Zwangsverwaltung
• §§ 146 ff. ZVG
• Zugriff auf Nutzungen
– Durch Beschlagnahme
– Insbesondere Miet- und Pachtzins
• § 148 Abs. 1 ZVG (von Beschlagnahme umfasst)
– Eigentum bleibt beim Schuldner
• § 148 Abs. 2 ZVG: Nutzung entzogen
• § 149 ZVG: Wohnung darf er behalt
• Einsetzung eines Zwangsverwalters, § 150 ZVG
– Aufgaben § 152 ZVG
• Fortführung grundstücksbezogener Gewerbebetriebe (BGH NJW-RR 2005, 1175)
• § 152 Abs. 2 ZVG: Eintritt in Miet- und Pachtverträge
– Haftung § 154 Satz 1 ZVG
– Vergütung § 152a ZVG iVm ZwVwV (Zwangsverwalterverordnung)
• Verteilungsplan, § 155 ZVG
Zwangsvollstreckung - 154
Vollstreckung von „Individualansprüchen“
• Individualvollstreckung
– Zwangsvollstreckung wegen „sonstiger Ansprüche“
– Andere als Geldforderungen
• Individualansprüche sind:
– Herausgabe (§§ 883 – 886 ZPO)
– Verhalten (§§ 887 – 898 ZPO)
– Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO)
• Nach deutschem Recht ist der Primäranspruch durchsetzbar
– § 893 ZPO stellt klar, dass Sekundäranspruch unberührt bleibt
Zwangsvollstreckung - 155
§ 20. Die Vollstreckung von Herausgabeansprüchen
• Beispiel: G leiht dem S einen Staubsauger. S wird zur Rückgabe
verurteilt. Wie ist der Vollstreckungstitel durchzusetzen?
• G
S
Zwangsvollstreckung - 156
Vollstreckung von Herausgabeansprüchen
• § 883 Abs. 1 ZPO: GVZ hat dem Schuldner den Staubsauger
wegzunehmen und dem Gläubiger zu übergeben.
• § 883 ZPO darf nicht mit § 808 ZPO vermengt werden
– Keine Pfändung bei § 883 ZPO
– § 811 ZPO gilt nicht!
• § 883 ZPO gilt für dingliche und obligatorische
Herausgabeansprüche
Zwangsvollstreckung - 157
Vollstreckung von Herausgabeansprüchen
• Befindet sich die herauszugebende Sache im Gewahrsam
eines Dritten, ist nach § 886 ZPO der Herausgabeanspruch
des Schuldners zu pfänden und zu überweisen
– Gläubiger kann dann gegen den Drittschuldner auf Herausgabe an sich
(den Gläubiger) klagen
– Keine Wegnahme beim Dritten aufgrund Titel gegen Schuldner
• G
S
D
Zwangsvollstreckung - 158
Herausgabe eines Grundstücks
• § 885 Abs. 1 ZPO
– Entsetzung und Besitzeinweisung
• Bewegliche Sachen (Mobiliar) werden Schuldner übergeben,
§ 885 Abs. 2 ZPO
– Sonst Verwahrung, § 885 Abs. 3 ZPO
– Kosten trägt Schuldner, aber als Antragsteller auch Gläubiger
• Es sind nach § 788 ZPO Kosten der Zwangsvollstreckung
• Problem: Vollstreckungstitel gegen Ehegatten/Kinder?
– Arg. § 750 Abs. 1 ZPO
– Früher hM: trotz § 750 ZPO sei kein Titel gegen Ehegatte/Kinder
erforderlich; arg. § 739 ZPO analog
– Nach früherem Güterrecht war Ehefrau Besitzdienerin des Mannes
bzgl. Wohnung
Zwangsvollstreckung - 159
§ 21. Vollstreckung von Handlungsansprüchen
Anspruch auf Vornahme einer Handlung
Vertretbare Handlung
Ersatzvornahme
§ 887 ZPO
Unvertretbare Handlung
Zwangsgeld/ -haft,
§ 888 ZPO
Zwangsvollstreckung - 160
Vertretbare Handlung, § 887 ZPO
• Handlung kann von Drittem vorgenommen werden, ohne dass
sich der wirtschaftliche Charakter ändert
– Handwerkerleistung, Reinigung, Anfertigung von Sachen, Reparatur
• Verfahren
– Antrag des Gläubigers zur Ermächtigung zur Selbstvornahme, § 887
Abs. 1 ZPO
– Zuständig ist Prozessgericht
– Verurteilung zur Vorschusszahlung, § 887 Abs. 2 ZPO
• Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO
• Schuldner kann trotz Ermächtigung noch selbst erfüllen
– Und dann nach § 767 ZPO klagen
Zwangsvollstreckung - 161
Unvertretbare Handlung, § 888 ZPO
• Ersatzvornahme (durch Dritten) nicht möglich
– Anspruch auf Auskunftserteilung, Ausstellung Arbeitszeugnis,
Widerruf einer Beleidigung
• Zwangsgeld (ersatzweise Zwangshaft) oder Zwangshaft
– Willensbeugung
– Zwangsgeld geht an die Staatskasse
• Nicht an den Gläubiger
• Voraussetzung ist, dass Vornahme ausschließlich vom Willen
des Schuldners abhängt
• Nicht bei Leistung von Diensten, § 888 Abs. 3 ZPO
– Arbeitsleistung soll nicht gegen den Willen des Schuldners erzwungen
werden
– Aber bei vertretbaren Handlungen § 887 ZPO
– § 887 Abs. 3 ZPO sperrt hier nicht
Zwangsvollstreckung - 162
§ 22. Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen
• Beispiel: Der Schuldner wird verurteilt, Klavierspielen in der
Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr in seiner Wohnung zu
unterlassen.
• § 890 ZPO
– Ordnungsgeld / Ordnungshaft
– Nach Verstoß gegen Unterlassungspflicht
• Anwendungsbereich: Unterlassung …
– der Verletzung absoluter Rechte wie Eigentum, Patent, Urheberrecht
– ehrenrühriger Behauptungen
– unlauteren Wettbewerbs
Zwangsvollstreckung - 163
Verfahren - Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen
• Androhung des Ordnungsmittels
• § 890 Abs. 2 ZPO
• Art / gesetzliches Höchstmaß
• Zuwiderhandlung
• Nach der Androhung
• Festsetzung des Ordnungsmittels
• Neuer Antrag erforderlich
• Gericht prüft, ob Schuldner gegen Titel verstoßen hat
• Verschulden erforderlich
> Kein § 278 BGB!
• Bei juristischen Personen Ordnungshaft gegen Organ
• Vollstreckung des Ordnungsmittels
• Zugunsten der Staatskasse
• Justizbeitreibungsordnung
Zwangsvollstreckung - 164
§ 23. Erwirken einer Willenserklärung
• § 894 ZPO
 Geht § 888 ZPO vor
• Abgabe der Willenserklärung wird fingiert
• Voraussetzung
 Urteil
> Nicht Prozessvergleich
 Willenserklärung
> Nicht Wissenserklärung, Arbeitszeugnis
 Rechtskraft
• Wirkungen
 Willenserklärung wird fingiert
 Fiktion ersetzt jede Form
 Nicht aber den Zugang der Willenserklärung
> In der Regel Kenntnis des Urteils aufgrund Zustellung
• Bei Übereignung (§ 929 BGB) mit Herausgabevollstreckung (§ 883
ZPO) kombinieren
Zwangsvollstreckung - 165
Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung
formelle
Mängel
§ 766
§ 793
§ 71 GBO
materielle
„Gegenrechte“
§ 767
§ 771
§ 805
sittenwidrige
Härte der ZV
§ 765a
Zwangsvollstreckung - 166
§ 24. Vollstreckungsgegenklage
• Ausgangspunkt: Schuldner hat beispielsweise schon geleistet
• § 767 ZPO: „Einwendungen“ gegen „Anspruch“
Zwangsvollstreckung - 167
Vollstreckungsgegenklage
Titel
Gläubiger
Schuldner
Beklagter
Kläger
§ 767 ZPO
Zwangsvollstreckung - 168
Vollstreckungsgegenklage
• Ausgangspunkt Formalisierungsgrundsatz
– Vollstreckungsorgan prüft nur Titel
– Keine materiellrechtliche Prüfung, ob Schuldner leisten muss
> Aufgabe des Erkenntnisverfahrens
– § 767 ZPO „kompensiert“ Formalisierungsgrundsatz
• § 767 ZPO: Schuldner muss gegen Gläubiger klagen
– Erkenntnisverfahren über Einwendung
– Vorlage an Vollstreckungsorgan, § 775 Nr. 1 ZPO / § 776 ZPO
• Beispiele:
– Der Schuldner behauptet, er habe die Forderung getilgt, aufgerechnet,
sie sei erlassen worden, gestundet worden, der Gläubiger habe
verzichtet, usw.
– Verlust der Inhaberschaft an der Forderung …
Zwangsvollstreckung - 169
Vollstreckungsgegenklage
• Beispiel: G klagt gegen S auf Zahlung von 3.000 Euro. S wird
antragsgemäß verurteilt. G beauftragt den GVZ mit
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, tritt die Forderung dann
aber an Z ab. GVZ pfändet bei S.
G
Titel
S
§ 398 BGB
Forderung
Z
Zwangsvollstreckung - 170
Vollstreckungsgegenklage
• Ausnahmen
– § 775 Nr. 4 ZPO: Erfüllung / Stundung mit Urkunde belegbar
> Quittung!
– § 775 Nr. 5 ZPO: Überweisungsbeleg
• Wird auch vom Vollstreckungsorgan beachtet ohne
Vollstreckungsklage
Zwangsvollstreckung - 171
Überblick Verfahren Vollstreckungsgegenklage
• Zuständig ist Prozessgericht erster Instanz
– Keine Klage beim Vollstreckungsgericht
• Klage ist statthaft, sobald ein Vollstreckungstitel vorliegt
– Sie ist auch zulässig, wenn die Zwangsvollstreckung noch nicht
begonnen hat.
• Klagen darf nur der Schuldner
– gegen den der Vollstreckungstitel gerichtet ist
• Klagegegner ist der Vollstreckungsgläubiger
– Wer im Titel oder in der Klausel als Gläubiger genannt ist
• Gericht kann nach § 769 ZPO zum Schutze des Schuldners
einstweilige Anordnungen treffen
– Zu deren Geltendmachung vgl. § 775 Nr. 2 ZPO
– Im Urteil sind Eilanordnungen möglich nach § 770 ZPO
• Gewöhnliches Erkenntnisverfahren
– Schuldner muss Einwendung behaupten und ggf. beweisen
Zwangsvollstreckung - 172
Vollstreckungsgegenklage
• Ziel: Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Titels
– Nicht hingegen die Beseitigung einzelner
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
• Beispiel Klageantrag:
– „Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom
… Az … wird für unzulässig erklärt.“
• Prozessuale Gestaltungsklage
– Dem Titel wird die Vollstreckbarkeit genommen
Zwangsvollstreckung - 173
Vollstreckungsgegenklage
• Klage und Urteil nach § 767 ZPO lassen Rechtskraft des Titels
unberührt
• Beispiel:
– S wird verurteilt, an G 1.000 Euro zu zahlen. Nach Rechtskraft des
Urteils zahlt S an G. Gleichwohl will G, der seine Kontoauszüge nicht
liest, die Zwangsvollstreckung betreiben. S obsiegt mit der
Gegenklage.
– S kann die Zwangsvollstreckung nach § 775 Nr. 1 ZPO blockieren
– S kann aber nicht die 1.000 Euro zurück verlangen
Zwangsvollstreckung - 174
Vollstreckungsgegenklage
• Klage und Urteil nach § 767 ZPO lassen den titulierten
Anspruch unberührt
• Beispiel:
– G vollstreckt gegen S aus einer notariellen Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5
ZPO). S meint, bereits bezahlt zu haben, unterliegt aber mit der
Vollstreckungsgegenklage, weil das Gericht zu dem Ergebnis kommt, S
habe an einen Dritten gezahlt.
– Steht jetzt auch fest, dass der materielle Anspruch des G besteht?
– BGH NJW-RR 1990, 49: nein. Entschieden wird nur über die
Einwendung und Vollstreckbarkeit des Titels
– Nicht über den materiellen Anspruch
• S kann daher die von G vollstreckte Leistung zurück fordern
nach § 812 BGB
– Notarielle Urkunden erwachsen nicht in Rechtskraft!
Zwangsvollstreckung - 175
§ 767 Abs. 2 ZPO – Einwendungsausschluss
• Einwendungen sind nur zulässig, soweit sie nach der letzten
mündlichen Verhandlung entstanden sind
– Nur „neue“ Einwendung
– die im Prozess, der zum Titel führte, nicht berücksichtigt werden konnten
• Zweck: Sicherung der Rechtskraft des Urteils
– Parteien sind präkludiert infolge Rechtskraft
– Auch über Gegenklage keine Alt-Einwendungen möglich
• Folge:
– Einwendungen, die bereits behandelt worden waren, können nicht
nochmals erhoben werden
– Aber auch Einwendungen, die nicht vorgetragen worden waren, sind mit §
767 ZPO nicht mehr nachholbar
> Präklusionswirkung der Rechtskraft
> Auf Verschulden kommt es nicht an
• § 767 Abs. 2 ZPO lassen sich die „zeitlichen“ Grenzen der
Rechtskraft entnehmen
Zwangsvollstreckung - 176
§ 767 Abs. 2 ZPO – Einwendungsausschluss
• Maßgeblicher Zeitpunkt:
– letzte mündliche Verhandlung in der Berufungsinstanz
– In der Revisionsinstanz vor dem BGH können keine neuen Tatsachen
geltend gemacht werden (Rechtsprüfung)
Zwangsvollstreckung - 177
§ 767 Abs. 2 ZPO – Einwendungsausschluss
• Wann ist eine Einwendung aufgrund Gestaltungsrechts
„entstanden“?
– Entstehung des Gestaltungsrechts?
– Ausübung des Gestaltungsrechts?
Zwangsvollstreckung - 178
§ 767 Abs. 2 ZPO – Einwendungsausschluss
Klage
letzte mündl. Verh.
t
Gestaltungsrecht
- Täuschung
- Entstehung Gegenforderung
- Rücktrittsgrund [usw.]
Ausübung
- Anfechtung
- Aufrechnung
- Rücktrittserklärung
Zwangsvollstreckung - 179
§ 767 Abs. 2 ZPO – Einwendungsausschluss
• Beispiel: G klagt gegen S aus einem Kaufvertrag. S erfährt
während des Prozesses, dass G ihn arglistig getäuscht hat. Erst
nach Rechtskraft des Urteils, aber noch innerhalb der Frist des
§ 124 BGB, ficht S gemäß § 123 BGB an. Kann S mit Erfolg nach
§ 767 ZPO klagen?
• BGHZ 24, 97, 99: Entstehung des Gestaltungsrechts
– Bestätigt in BGH NJW 2009, 1671, Rn. 11:
„Sind die Gründe vor der letzten Tatsachenverhandlung entstanden und
wird die Rechtswirkung der Einwendung erst durch eine Willenserklärung
ausgelöst, so ist nach gefestigter Rechtsprechung des BGH der Zeitpunkt
maßgebend, in dem die Willenserklärung objektiv abgegeben werden
konnte.“
– Zweck: Vorbeugung gegen Verschleppung
• H. Lit.: Ausübung des Gestaltungsrechts
– S soll materiellrechtliche Frist ausschöpfen können
Zwangsvollstreckung - 180
§ 767 Abs. 2 ZPO – Einwendungsausschluss
• Beispiel:
• Schuldner S wird zur Zahlung von 10.000 Euro an G verurteilt. Nach
Rechtskraft rechnet er mit einer Gegenforderung auf, die bereits
vor der Klage des G entstanden war. Gleichwohl vollstreckt G.
Klageforderung
G
S
Gegenforderung
• Hat die Vollstreckungsgegenklage des S Erfolg?
• S klagt nach Vollstreckung auf Rückzahlung der beigetriebenen
10.000 Euro (§ 812 BGB). Mit Aussicht auf Erfolg?
• Was kann S noch tun?
– Klage Gegenforderung?
– Gegenforderung untergegangen durch Aufrechnung? …
Zwangsvollstreckung - 181
Klage aufrechnungspräkludierte Gegenforderung
• BGH NJW 2009, 1671, Rn. 11: Die Gegenforderung ist nicht
durch die präkludierte Aufrechnungserklärung unter
gegangen:
„Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung hat die Präklusion
der Aufrechnung nicht nur verfahrensrechtliche Wirkung. Vielmehr
treten auch die materiell-rechtlichen Wirkungen der Aufrechnung (§ 389
BGB) nicht ein. Die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen des
Titelschuldners … werden so behandelt, als sei die Aufrechnung nie
erklärt worden. Sie können folglich vom Titelschuldner selbstständig
gegen den Titelgläubiger geltend gemacht und durchgesetzt werden.“
Zwangsvollstreckung - 182
§ 767 Abs. 3 ZPO – Bündelungsgebot
• Schuldner muss sogleich alle Einwendungen geltend machen
• Eine frühere Vollstreckungsgegenklage präkludiert
Einwendungen
– Zwangsvollstreckung soll nicht durch immer wieder erhobene
Einwendungen verzögert werden
• § 767 Abs. 2 ZPO und § 767 Abs. 3 ZPO streng zu trennen!
– Abs. 2 bezieht sich auf den Vorprozess
– Abs. 3 auf die erste Vollstreckungsgegenklage
Zwangsvollstreckung - 183
§ 767 Abs. 3 ZPO – Bündelungsgebot
Klage
767 Abs. 2
letzte mündl. Verh.
Erhebung 767
Urteil 767
767 Abs. 3
Zwangsvollstreckung - 184
§ 767 Abs. 3 ZPO – Bündelungsgebot
• § 767 Abs. 3 ZPO setzt Verschulden voraus (str.)
– Kannte der Schuldner die Einwendung bei der ersten VGK nicht, ist er
nicht präkludiert
Zwangsvollstreckung - 185
Übungsfall
Zwangsvollstreckung Folie 61
G hat gegen S ein rechtskräftiges Urteil vom 1.2. über
20.000 Euro. Am 1.4. erhebt S
Vollstreckungsgegenklage mit der Begründung, er habe
bereits bezahlt. Die Klage wird abgewiesen, weil S die
Erfüllung nicht beweisen kann.
Anschließend erhebt S erneut Vollstreckungsgegenklage
mit der Begründung, wie er erst jetzt erfahre, habe am
1.3. der Prokurist P des G dem Angestellten A des S die
Forderung erlassen.
1. Hat die Vollstreckungsgegenklage Aussicht auf
Erfolg?
2. Kann S die später von G im Wege der
Zwangsvollstreckung beigetrieben Leistung zurück
verlangen?
Titel
G
S
1. Vollstreckungsgegenklage [BGB 362]
2. Vollstreckungsgegenklage [BGB 367]
P
A
Zwangsvollstreckung - 186
Übungsfall
• Vollstreckungsgegenklage wegen § 397 BGB hat keine
Erfolgsaussicht
– § 767 Abs. 3 ZPO
– Verschulden? Zurechnung § 278 ZPO
•
Erfolgsaussicht Kondiktionsklage?
– Gegeben
– Mit dem Einwand „Erlass“ ist S nur gemäß § 767 Abs. 3 ZPO bei einer
Vollstreckungsgegenklage präkludiert, nicht jedoch für die
Kondiktionsklage.
Zwangsvollstreckung - 187