Ich bin auf der mentalen Ebene extrem gefordert

BIELER TAGBLATT, 17. SEPTEMBER 2015
«Ich bin auf der mentalen Ebene extrem
gefordert»
Der SC Lyss startet am Samstag auswärts gegen den EHC Adelboden
in die Meisterschaft. Trainer Patrick Glanzmann erklärt, warum er
trotz einer nominell besseren Mannschaft eine schwierigere Saison
erwartet.
Patrick Glanzmann rechnet mit einer schwierigen zweiten Saison als Cheftrainer des
Erstligisten SC Lyss. copyright: carole lauener/bieler tagblatt/a
Interview: Moritz Bill
Patrick Glanzmann, Sie starten am Samstag in Ihre zweite Saison als
Trainer des SC Lyss. Ist der Druck nach der erfolgreichen letzten Saison
weniger gross?
Nein, die letzte Saison ist Vergangenheit. Wenn man erfolgreich sein will, hat man
immer Druck. Der ist auch nötig, sonst erreicht man nichts.
Sie gehen also nicht gelassener in die neue Spielzeit?
Nein, überhaupt nicht. Ich habe Hunger auf mehr. Die letzte Saison hat gezeigt, dass
wir uns mit harter Arbeit verbessern können. Aber das müssen wir auch. Die
Konkurrenz schläft nicht.
Das trifft auch bei den Transfers zu. Hatten Sie nach Peter Steineggers
(Sportchef) Rücktritt mehr Arbeit mit der Kaderplanung?
Pesche (Steinegger) hat ja während der Saison noch mitgeholfen und das Amt ist jetzt
auf mehrere Personen verteilt. In die Kaderplanung war ich aber schon letztes Jahr
involviert. Wir holen keinen Spieler, den ich nicht will. Der Übergang ging gut. Doch
es ist klar, dass Pesche eingespielter war. Er kennt das Metier inn- und auswendig.
Ich muss da auch noch ein bisschen hineinwachsen. Aber jetzt gilt meine
Konzentration der Arbeit auf dem Eis.
Sechs Abgängen stehen vier Zuzüge gegenüber. Wie schätzen Sie das
Team im Vergleich zur letzten Saison ein?
Auf dem Papier haben wir eine qualitativ bessere Equipe. Wir können jetzt mit vier
Linien voll trainieren, weil alle Blöcke fast auf demselben Niveau sind. Das hilft
enorm.
Das Gefälle war letztes Jahr demnach grösser?
Die bisherigen Trainings waren viel besser als letztes Jahr. Wenn Spieler auf dem Eis
stehen, die zumBeispiel keinen Doppelpass spielen können, verlangsamt dies das
Tempo der Übung. Aber ich muss auch festhalten, dass diese Saison für uns
schwieriger wird.
Inwiefern?
Erstens werden uns die Gegner sicher nicht mehr unterschätzen. Zweitens bin ich auf
der mentalen Ebene extrem gefordert. Die Spieler dürfen sich nicht denken:«Wir
sind besser als vergangenes Jahr, jetzt reicht es auch mal, wenn ich drei Prozent
weniger Einsatz leiste.» Das wäre ganz schlecht. Dies hat sich in der Vorbereitung
gegen Wiki gezeigt. Nach zwölf Minuten lagen wir 0:3 zurück und ich musste ein paar
Spieler unter die Wolldecke stecken, ehe alle wieder Vollgas gaben. Wir dürfen nicht
meinen, dass wir nur spielerisch gewinnen werden. Wir müssen auch checken, sonst
reicht es nicht.
Dennoch müsste das Ziel nach der letztjährigen Halbfinal-Teilnahme der
Final sein.
Überhaupt nicht. Sieben Mannschaften sind in etwa auf gleicher Augenhöhe. Letztes
Jahr schafften Basel, Wiki oder Burgdorf überraschend die MasterroundQualifikation nicht, obwohl viele in den Prognosen diese Teams vor uns gesehen
hatten. Wir wollen uns sicher für die Masterround qualifizieren, es ist einfach geil,
gegen die Besten zu spielen. In den Playoffs herrschen dann wieder andere Gesetze.
Klar möchte ich den Final erreichen und diesen auch gewinnen, aber das wollen alle
anderen Trainer auch.
Ein Puzzlestück auf dem Weg dorthin könnte Sven Inniger sein, der
seinen Rücktritt vom Rücktritt gab. Wie wichtig ist er für das Team?
Einer wie Sven tut jedem Team gut, er ist ein Vollblut-Kämpfer. Einen anderen
Spieler hätten wir wohl nicht einfach sofort wieder aufgenommen. Bei ihm war aber
schnell klar, dass der Klub diesen zusätzlichen Aufwand auf sich nimmt. Er hat ja
auch als Junioren-Chef einen super Job gemacht. Und ich habe eigentlich trotz seines
Rücktritts immer mit ihm gerechnet. Sein neues Trikot hatte ich schon vor seiner
Rückkehr bestellt.
Quasi als Ersatz für Inniger wurde Bruno Blatter verpflichtet. Jetzt
können Sie auf die Dienste von beiden zählen. Ein Glücksfall.
Wenn Sven nicht seinen Rücktritt kommuniziert hätte, wären wohl keine Mittel für
Bruno vorhanden gewesen. Es musste wohl einfach so ablaufen, damit wir jetzt diese
Breite in der Offensive haben.
Haben Sie mit diesen neuen Begebenheiten das System angepasst?
Nein, nicht wirklich. Da ich nun auf vier ausgeglichene Linien zählen kann, habe ich
vor, in Über- und Unterzahl nicht mehr die gleichen Spieler zu stark zu forcieren.
Ansonsten hat sich das 1-2-2-System bewährt. Es gilt, die Feinheiten zu justieren.
Am Samstag geht es in Adelboden los. Lyss ist der klare Favorit. Wird das
Spiel ein Selbstläufer?
Adelboden und Belp sind eigentlich die zwei Gegner, gegen die man gewinnen sollte.
So ein Spiel zum Start wird eine grosse Herausforderung. Letztes Jahr hatten wir vor
allem zuhause Mühe, wenn wir das Spiel machen mussten. Aber meine Spieler
wissen, wie sie auftreten müssen.
*********
KADER SC LYSS SAISON 2015/16
Torhüter: Fabian Zaugg, Andrin Vock (EHC Meinisberg, bereits Einsätze letzte
Saison).
Verteidiger: Sascha Aeschlimann (Zuchwil), Adrian Anderegg (Elite EHC Biel),
Oliver Beer, Kenneth Graf (Elite EHC, bereits Einsätze letzte Saison), Jan Junker,
Dominique Robert, Manuel Schaad, Robin Schwab (eigene Junioren).
Stürmer: Marc Balsiger, Bruno Blatter (Burgdorf), Marco Dick, Florin Gerber, Sven
Inniger, Florian Jöhl, Jan Krebs, Nicola Pfeiffer, Jonas Schmid, Lennart Siegenthaler,
Michel Steinegger, Nicola Wälti, Robin Weber.
Trainerstaff: Patrick Glanzmann (Headcoach), Christoph Eicher (Assistenztrainer),
Sandro Stoll und Andrin Vock (beide Sommertrainer).
Abgänge: Reto Brocco, Dominique Bühlmann, Raphael Lauper, Pascal Wohlmuth
(alle 2. Mannschaft), Leroy Friedrich (Rotblau Bern), Nico Schmid (Adelboden). bil