Laudatio auf Professor Dr. Otmar Pachinger anläßlich der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft der ÖGIM Hohes Präsidium, sehr geehrte Festgäste, Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde und Familie Professor Pachinger, lieber Otmar ! Es kommt wahrscheinlich selten vor, dass der zu Ehrende und sein Laudator nach einem 5-jährigen Zeitintervall mit vertauschten Rollen zur gleichen Ehrung auf das Podest gebeten werden. Umso mehr habe ich mich gefreut zu erfahren, dass die Österreichische Gesellschaft für Innere Medizin den einstimmigen Beschluss gefasst hat, Dir, lieber Professor Pachinger, die Ehrenmitgliedschaft der ÖGIM zu verleihen und ich dabei Dein Laudator sein darf. Wir sind einander erstmals in den Sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts begegnet, beide jung, sprühend vor Tatendrang und Ehrgeiz und beide mit dem Ziel, Internisten zu werden. Der Ort unserer Begegnung war die zweite Medizinische Universitätsklinik in Wien, damals geleitet vom legendären Arzt der Könige, Karl Fellinger. Fellinger war Gründungs-Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin im Jahre 1966 und später das 1. Ehrenmitglied. Du lieber Otmar wirst heute zum 17. Ehrenmitglied ernannt. Das war 1962 aber noch nicht ab zu sehen, als Du nach ausgezeichnet bestandener Matura von Deinem Heimatort Wels mit dem Autobus nach Wien gefahren bist um Dich in der medizinischen Fakultät zum Studium ein zu schreiben. Als Studenten haben wir einander nicht bewusst wahr genommen sondern erst später an der Klinik, wo Du Dich sehr früh für die von Fritz Kaindl geleitete Herzstation auf Zimmer 107/108 im Alten AKH (heute das Institut für Romanistik) interessiert hast. Vielleicht hat Dich auch die Möglichkeit gereizt, an einer historischen NeuEntwicklung der Struktur der Inneren Medizin mit zu wirken, dem Aufbau der ersten selbständigen Kardiologischen Klinik in Österreich. Fritz Kaindl hatte 1967 die Gründung eines Extraordinariates an der zweiten Medizinischen Universitätsklinik in Wien durchgesetzt, das 1969 zum Ordinariat und 1970 zur selbständigen Kardiologischen Klinik erhoben wurde. Neben Eva Mannheimer und Konrad Steinbach war vor allem Peter Kühn Dein erster klinischer Lehrer, der Dir die Perkussion und Auskultation des Herzens und speziell das EKG beigebracht hat. Aber Du wolltest mehr. Da erregte ein Vortrag von Albrecht Fleckenstein Dein wissenschaftliches Interesse so sehr, dass Du den berühmten deutschen Pharmakologen und damaligen Lehrstuhlinhaber der Physiologie in Freiburg im Breisgau im 9.Hof des alten AKH fragtest, ob Du bei ihm arbeiten könntest. Fleckenstein, der damals die Kalzium-Antagonisten gerade als eine neue Arzneistoffgruppe entdeckt und propagiert hatte, bedauerte, dass er keine Arztstelle frei hätte, bot Dir aber eine minder bezahlte Stelle als Technischer Assistent an – Du packtest die Gelegenheit beim Schopf und das war der Einstieg in Deine wissenschaftliche Karriere. Ergebnisse Deiner experimentellen Arbeit bei Fleckenstein sind in Pflüger´s Archiv und anderen Journalen nachzulesen. Nicht verwunderlich behandeln sie den Kalzium overload als determinierenden Faktor der Katecholamin induzierten Myokardläsionen und die erfolgreiche Prävention von MyokardNekrosen durch Absenkung des Plasma Kalzium Spiegels mittels Calcitonin. Aber auch eine Reihe weiterer pharmakologischer Wirkmechanismen wichtiger Medikamentengruppen wurde von Dir grundlegend bearbeitet. Keine Angst – ich werde jetzt nicht alle mir in PubMed zugänglichen 279 Originalarbeiten von Otmar Pachinger zitieren. Aber ich finde es bemerkenswert, wie zielstrebig, hartnäckig und mit welch wissenschaftlichem drive Otmar Pachinger seine weitere fachliche Entwicklung voran trieb. Schon der nächste Schritt, besser gesagt Sprung, führte ihn nach Amerika, wo er am Huntington Memorial Hospital in Pasadena und der University of Southern California Los Angeles bei Richard J.Bing seine Grundlagenforschung fortsetzte und als Erstautor 1973 einen schädigenden Effekt von Alkohol auf den mitochondrialen Myokardstoffwechsel berichtete – wohlgemerkt im Journal of Clinical Investigation. Wir Gastroenterologen hatten damals die alkoholische Fettleber zwar zur Kenntnis – aber noch nicht wirklich ernst genommen. Die für Deine spätere Karriere als Klinischer Kardiologe bedeutsamste Chance bot sich Dir gleich next door mit der Möglichkeit, beim Pionier der Koronarangiographie in den USA, Melvin P. Judkins als Fellow in Cardiovascular Radiology der University of Loma Linda, die damals modernste Technik der Koronarangiographie zu erlernen. Die wissenschaftliche Tätigkeit konzentrierte sich auch hier auf das Gebiet der Koronardurchblutung, wobei erstmals auch neue radioaktive Substanzen eingesetzt wurden. Die großartigen Möglichkeiten zur wissenschaftlichen und auch zur klinischen Arbeit an der University of Loma Linda waren eine schier unwiderstehliche Verlockung für Dich in Kalifornien zu bleiben und die Heimkehr nach Wien hinaus zu schieben. Ich erinnere mich gut an lange Gespräche mit Dir während eines Wien-Urlaubs, in denen Du hinsichtlich Deiner Zukunft sehr verunsichert warst. Deine Mentoren in Kalifornien rechneten jedenfalls fix mit Deinem Bleiben in den USA. Ob Deine Entscheidung für Wien und gegen Kalifornien richtig war, musst Du selbst beurteilen – Deiner beruflichen Karriere hat sie jedenfalls nicht geschadet. Der dänische Theologe und Philosoph Sören Kirkegaard sagt: „Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, leben muss man vorwärts“. Ja, Otmar, Du hast mit Hingabe und Leidenschaft für Deinen Beruf und mit bewundernswerter Empathie für Deine Patienten vorwärts gelebt und Dich zu einer der führenden Persönlichkeiten der Österreichischen und Internationalen Kardiologie entwickelt. Die Marksteine dieser Entwicklung sind bekannt: In Wien hast Du Dein primäres Ziel, Internist zu werden, erreicht, hast an der Kardiologischen Klinik zusammen mit Peter Probst das Herzkatheter-Labor auf den letzten Stand der Technik gebracht, wurdest 1979 Dozent mit Lehrbefugnis für Innere Medizin, und hast dann - für viele überraschend – 1986 die Klinik in Wien verlassen und die Leitung der Kardiologischen Abteilung am Landeskrankenhaus Wels als Primarius übernommen. Der Anreiz bestand unter anderem darin, dass eine vorbestehende 240-Betten Abteilung für Innere Medizin auf 3 noch immer große Interne Schwerpunktabteilungen umstrukturiert wurde: Gastroenterologie, Nephrologie und Kardiologie. Du wurdest mit dem Aufbau der Kardiologischen Abteilung mit Herzchirurgie betraut und hast zusammen mit dem renommierten Herzchirurgen Manfred Deutsch Wels zu einem Zentrum der Kardiologie in Oberösterreich gemacht, das Patienten aus Wien bis Vorarlberg und darüber hinaus magnetisch anzog. Doch das war noch nicht alles: 30 Jahre nach der Gründung der ersten Kardiologischen Universitätsklinik Österreichs in Wien war auch in Innsbruck die Neu- Strukturierung der Inneren Medizin nicht mehr länger auf zu halten. Es wurde eine Berufungskommission der Universität beauftragt, einen VollblutKardiologen für die Funktion eines Ordentlichen Universitätsprofessors zu suchen und Otmar Pachinger wurde 1997 zum Ordinarius für Kardiologie berufen und zum Leiter der Kardiologischen Abteilung an der Universität Innsbruck ernannt. Mit Deinem leidenschaftlichen Engagement für die Weiterentwicklung der Kardiologie ist es Dir gelungen, in Innsbruck aus einer rudimentären Herzüberwachungsstation eine regional und international geachtete Klinik aufzubauen, einen Schwerpunkt in der kardiovasculären Forschung zu etablieren und die Innsbrucker Kardiologie an vorderste Stelle in Österreich zu bringen. Lehre und Fortbildung waren Dir ein besonderes Anliegen: Du hast 15 Jahre hindurch regelmäßig Kardiologische Kongressveranstaltungen in Innsbruck organisiert, hast unzählige Vorträge gehalten und bist für die studentische Lehre mehrmals als teacher of the year ausgezeichnet worden. Seit 2009 hast Du als Geschäftsführender Direktor des Departments für Innere Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck mit großer Fairness auch noch die übrigen Abteilungen des Departments administrativ koordiniert. Nicht genug damit hast Du seit 2001 Dein Konzept zur Schaffung eines Universitären Herzzentrums energisch vorangetrieben. Auch wenn Du die Früchte dieser visionären Konzeption nicht mehr ernten kannst, das Herzzentrum Innsbruck bleibt untrennbar mit Deinem Namen verbunden. Für Deine hervorragenden Verdienste um die Herzgesundheit ihrer Bürger bedankte sich die Stadt Wels im Jahre 2009 mit der Verleihung des Ehrenrings der Stadt. Du bist Preisträger des Kulturpreises des Landes Oberösterreich für Medizin, Ehrenmitglied der Medizinischen Gesellschaft für Oberösterreich, Träger des Ehrenzeichens des Landes Tirol, Ehrenmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgie, seit 2010 Präsident des Österreichischen Herzfonds, Gastprofessor der Universität Yangzhou, China Du warst 2011 Tagungs - Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin und 2013 President of the International College of Angiology. Die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin reiht sich würdig an diese Auszeichnungen an. Deine abgerundet erfolgte Grundausbildung in Innerer Medizin hat Dein ärztliches Denken und Handeln geprägt. Deinen Patienten bist Du warmherzig, mit Respekt und Einfühlungsvermögen begegnet, warst Vorbild für Deine Studenten und ärztlichen Mitarbeiter, der in seiner Leistungsbereitschaft aber auch schonungslosen Einsatz von seinem gesamten Personal forderte. Du bist ein Pionier in Österreich für die Entwicklung neuer HerzkatheterTechniken und Interventionen am Koronargefäß-System, der gerne auch die Diskussion mit den Kollegen der Herzchirurgie gesucht hat, um in heiklen Fragen die technischen Möglichkeiten der interventionellen Kardiologie mit den invasiv chirurgischen Möglichkeiten abzugleichen. Trotz aller beruflichen Höhenflüge bist Du immer bescheiden geblieben, selbstkritisch, ja geradezu selbst-quälerisch in Deinem Anspruch, jederzeit mit all Deinem Wissen und Können und mit vollem persönlichen Einsatz für Patienten und Mitarbeiter da zu sein. Solche Qualitäten blühen nicht im Verborgenen und es überrascht daher nicht, dass Otmar Pachinger auch in die langwierigen Verhandlungen über die neue Ausbildungsordnung eingebunden war, die erst vor wenigen Wochen in Kraft getreten ist. Dabei hast Du Dich nicht wie manch anderer Kardiologe für ein eigenes Sonderfach der Kardiologie eingesetzt sondern an der Einheit der Inneren Medizin fest gehalten, mit allen Möglichkeiten zu differenzierten SpezialAusbildungen, wie Du das im Krankenhaus Wels und im Department für Innere Medizin der Universität Innsbruck vorgelebt hast. Diese Haltung hast Du bekräftigt durch Deine Bereitschaft, der Wiener Klinischen Wochenschrift, der wissenschaftlichen Fachzeitschrift unserer Gesellschaft für Innere Medizin, als Editor der Sektion Kardiologie zur Verfügung zu stehen. Lieber Otmar, dass es Dir gelungen ist, bei dem von mir nur kurz skizziertem Arbeitspensum auch noch ein Familienleben zu führen, drei Töchter umsichtig und liebevoll in ihr selbständiges Leben zu begleiten, Deine liebe Carolyn bei Stimmung zu halten und Dich jetzt auch als Großvater von 4 Enkelkindern zu bewähren, dazu gratuliere ich Dir ganz besonders herzlich! Du hast bei Deinem Abschiedssymposium vor 2 Jahren gesagt: „Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll“. Ich hoffe, Du spürst, dass die Österreichische Gesellschaft für Innere Medizin Dich heute mit freudigem Herzen in die Reihe ihrer Ehrenmitglieder aufnimmt und ich wünsche Dir, dass dieser Festakt positiv auf Dein Herz und auf die Herzen Deiner Familie wirkt! em.O.Univ.Prof.Dr.Alfred Gangl Salzburg, den 24. September 2015
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